VwGH 96/19/1584

VwGH96/19/158418.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1958 geborenen ZN in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres 1.) vom 18. August 1995, Zl. 302.517/2-III/11/95 (hg. Zl. 96/19/1584), sowie 2.) vom 26. März 1996, Zl. 302.517/3-III/11/96 (hg. Zl. 96/19/3188), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
AufG 1992 §6 Abs3;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
AufG 1992 §6 Abs3;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 1.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, verfügte über Wiedereinreisesichtvermerke im Zeitraum vom 3. Jänner 1992 bis 30. März 1993.

In einem an die Bundespolizeidirektion Wien (Fremdenpolizeiliches Büro) gerichteten Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer am 29. September 1994 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung eines Sichtvermerksantrages sowie die Erteilung eines Sichtvermerkes. Mit Schriftsatz vom 6. April 1995 beantragte er den Übergang der Entscheidungspflicht über diesen Antrag an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien übermittelte mit Schreiben vom 4. August 1995 den vorliegenden Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes und auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) an den Landeshauptmann von Wien, wo dieses Schreiben am 8. August 1995 einlangte. Der solcherart übermittelte Antrag wird in weiterer Folge - der Bezeichnung des Landeshauptmannes von Wien folgend - als "Antrag vom 8. August 1995" bezeichnet.

Am 15. März 1995 hatte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, eingelangt beim Landeshauptmann von Wien am 17. März 1995, gestellt. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag vom 15. März 1995 mangels rechtzeitiger Antragstellung gemäß § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mit Bescheid vom 19. April 1995 zurück. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er eine Adresse in Wien angab und vorbrachte, die nach Ansicht der Behörde notwendige Neuantragstellung vom Ausland aus hätte zur Folge, daß er aufgrund der Quotenbeschränkung keinerlei Möglichkeit einer Wiedereinreise nach Österreich hätte und er in seinem Grundrecht nach Art. 8 (gemeint: MRK) im Hinblick auf eine aufrechte Ehe beeinträchtigt wäre.

Die belangte Behörde wies mit dem zu hg. Zl. 96/19/1584 angefochtenen Bescheid vom 18. August 1995 diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG sowie § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ab. Die belangte Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer sei zur ausnahmsweisen Antragstellung vom Inland aus nicht berechtigt und halte sich seit Ablauf seiner letzten Aufenthaltsberechtigung (letzter gültiger Sichtvermerk am 30. März 1993) unerlaubt im Bundesgebiet auf. Diese Tatsache stelle eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar, da das Verhalten des Beschwerdeführers auf andere Fremde durchaus Beispielswirkung haben könnte. § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG findet durch den § 5 Abs. 1 AufG direkte Anwendung. Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß durch den Aufenthalt seiner Gattin und seiner Kinder im Bundesgebiet unabsprechbare private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden. Die verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 2 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor dem Hintergrund des Art. 8 MRK ergebe, daß lediglich eine kurzfristige Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Antragstellung den Fremden trotzdem zur Inlandsantragstellung berechtige, wenn er sich jahrelang bzw. seit Geburt rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer habe die Frist zur Stellung des Antrages auf Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung um zwei Jahre versäumt, weshalb eine analoge Heranziehung des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG ausgeschlossen sei und dies auch mit Art. 8 MRK vereinbar wäre. Die Inlandsantragstellung sei für den Beschwerdeführer somit ausgeschlossen gewesen.

Der Landeshauptmann von Wien wies den gemäß § 7 Abs. 7 FrG weitergeleiteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Bescheid vom 18. Oktober 1995 zurück. Eine über die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung ergangene Entscheidung des Bundesministers für Inneres ist nicht aktenkundig.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. November 1995 wurde der Antrag vom 8. August 1995 mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 AufG unter Berücksichtigung der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1995, BGBl. Nr. 408/1995 abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in welcher er darauf hinwies, daß seine Ehegattin über eine Aufenthaltsbewilligung und eine Arbeitserlaubnis verfüge und er daher als Familienangehöriger im Sinne des § 3 AufG nach der obgenannten Verordnung zur Antragstellung vom Inland aus berechtigt sei.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 26. März 1996 diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG sowie § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ab. Die Begründung des unter hg. Zl. 96/19/3188 angefochtenen Bescheides deckt sich im wesentlichen mit der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 18. August 1995.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18. August 1995 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 27. Februar 1996, B 2908/95-7, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und mit Beschluß vom 24. Mai 1996, B 2908/95-9, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. August 1995 gerichtete und ergänzte Beschwerde sowie die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. März 1996 wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat hierüber erwogen:

§ 6 Abs. 2 AufG lautete:

"§ 6. (2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. .... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: .....; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. ..."

§ 3 Z. 3 der im Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides geltenden Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 war inhaltsgleich mit § 4 Z. 4 der im Zeitpunkt der Erlassung des zweitangefochtenen Bescheides in Geltung stehenden Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 und hatte folgenden Wortlaut:

"§ 3. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

3. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörige im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."

Der Beschwerdeführer verfügte weder nach seinem Vorbringen noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung, weshalb die belangte Behörde beide Anträge zu Recht nicht als Verlängerungsanträge im Sinne des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG wertete.

Für den Beschwerdeführer kam auch eine Anwendung des § 13 Abs. 1 zweiter Satz AufG, somit die Beantragung der Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften, in beiden Antragsfällen nicht in Betracht. Nach den unbestrittenen Bescheidfeststellungen der belangten Behörde war der letzte Sichtvermerk des Beschwerdeführers bereits am 30. März 1993 abgelaufen. Er hielt sich demnach zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes (am 1. Juli 1993) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Dieser Umstand alleine würde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Anwendung des § 13 Abs. 1 zweiter Satz AufG in Ausnahmefällen nicht ausschließen, weil es zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Auslegungsergebnisses geboten sein kann, Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung mehr verfügen, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung den Bestimmungen über rechtzeitig gestellte Verlängerungsanträge zu unterstellen. Solche Bewilligungsanträge wären daher - ungeachtet der Fristversäumnis - als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die auch vom Inland aus gestellt werden können, zu werten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475).

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers hielt sich dieser seit seiner Einreise nach Österreich im Jahr 1991 bis zum Ablauf seines letztgültigen Sichtvermerkes am 30. März 1993 längstens zwei Jahre rechtmäßig in Österreich auf. Selbst bei Zugrundelegung eines zweijährigen rechtmäßigen Aufenthaltes erweist sich jedoch die Fristversäumung (gerechnet vom Ablauf des letztgültigen Sichtvermerkes) von eineinhalb Jahren (bezogen auf die Einbringung des Antrages vom "8. August 1995" am 30. September 1994 bei der Bundespolizeidirektion Wien) bzw. von zwei Jahren (bezogen auf den Antrag vom 15. März 1995) nicht mehr als geringfügige Versäumung im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148) sowie die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das oben erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997).

Eine Antragstellung vom Inland aus wäre für den Beschwerdeführer demnach nur dann zulässig gewesen, wenn er zu dem Personenkreis zählte, der gemäß § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt ist. Weder nach dem Beschwerdevorbringen noch nach der Aktenlage sind jedoch Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Beschwerdeführer zu diesem begünstigten Personenkreis zählt. Die Anwendung des § 3 Z. 3 bzw. § 4 Z. 4 der erwähnten Verordnungen ist deshalb ausgeschlossen, weil der Beschwerdeführer nach dem bisher Gesagten noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht ausreichend, daß die Personen, für die eine ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligung ausgestellt ist, über eine Aufenthaltsbewilligung verfügten, sondern bedürfen auch die Familienangehörigen im Sinne des § 3 AufG einer Aufenthaltsbewilligung, um in den Anwendungsbereich der genannten Verordnungsbestimmungen zu fallen. Der Beschwerdeführer verfügte nun zwar über Sichtvermerke, allerdings noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bieten die genannten Verordnungen aber keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" im ersten Satz der zitierten Bestimmung etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 3 oder Z. 4 (vgl. zur Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1997, Zl. 96/19/1003). Die Berechtigung zum Aufenthalt aufgrund von Wiedereinreisesichtvermerken fällt nicht unter diesen Begriff. Der Beschwerdeführer konnte sich somit nicht auf die Ausnahmebestimmungen der zitierten Verordnungen stützen.

Die belangte Behörde hatte die Anträge des Beschwerdeführers daher jeweils an § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zu messen. Nach dieser Bestimmung ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Beschwerdeführer tritt den in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Feststellungen, er habe den jeweiligen Antrag nicht vor seiner Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt, nicht entgegen. Er räumt vielmehr die Antragstellung im Inland jeweils ausdrücklich ein. Da das im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung über den Antrag vom Ausland aus abzuwarten, nicht als bloße Formvorschrift (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010), sondern als Voraussetzung zu werten ist, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/0895), kann die Abweisung der Anträge durch die belangte Behörde angesichts des unbestrittenen Inlandsaufenthaltes des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Antragstellung nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Daran ändert auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 3 AufG nichts, weil entgegen seiner Auffassung ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nur dann besteht, wenn ein Antrag sämtliche Erfolgsvoraussetzungen, darunter auch die Antragstellung vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet, erfüllt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1997, Zl. 95/19/0804). Die Abweisung der Anträge durch die belangte Behörde erfolgt demnach zu Recht.

Dieses Ergebnis erweist sich auch im Hinblick auf Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig. Der Beschwerdeführer kann nach seinem Beschwerdevorbringen zwar auf einen mehrjährigen Aufenthalt in Österreich verweisen. Der Gesetzgeber der Novelle zum AufG, BGBl. Nr. 351/1995, hat jedoch mit den §§ 2 Abs. 3 Z. 4 und 6 Abs. 2 dritter Satz AufG sowie mit der darin enthaltenen - von der Bundesregierung auch genützten - Verordnungsermächtigung jedenfalls in Ansehung von Angehörigen von Fremden bereits auf die durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten familiären Interessen Bedacht genommen. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Behörde kommt daher nicht in Betracht. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen, daß die Umschreibung desjenigen Personenkreises, der ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt ist, Art. 8 MRK nicht entspräche, sind beim Verwaltungsgerichtshof auch aus Anlaß der Fälle des Beschwerdeführers nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde zu hg. Zl. 96/19/1584 weiters vor, die Behörde erster Instanz habe mit der Erlassung eines zurückweisenden Bescheides ihre Zuständigkeit zur meritorischen Erledigung eines gemäß § 6 AufG verspätet gestellten Antrages auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung abgelehnt und mit dem Berufungsbescheid sei die dadurch ausgesprochene Unzuständigkeit bestätigt worden. Dazu ist zu bemerken, daß die erstinstanzliche Behörde zwar den Antrag des Beschwerdeführers vom 15. März 1995 "als unzulässig zurückgewiesen" hat, weil dieser nicht vor der Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde. Der Charakter einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung als Sacherledigung ist jedoch aus dem Gesamtinhalt des Bescheides abzuleiten. Läßt die Bescheidbegründung - wie im vorliegenden Fall - erkennen, daß die Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz deshalb versagt werde, weil die (materiell-rechtliche) Voraussetzung des § 6 Abs. 2 erster Fall nicht erfüllt worden sei, handelt es sich bei der spruchmäßigen Zurückweisung eines solchen Antrages um ein bloßes Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis, daß tatsächlich eine meritorische Erledigung in Form einer "Abweisung" des Antrages des Fremden vorliegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/1109, 1111, u.a.). Durch die Abweisung der Berufung hat auch die belangte Behörde eine abweisliche Sachentscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers getroffen.

Der Hinweis des Beschwerdeführers in beiden Bescheiden auf die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg zur Frage der Zulässigkeit einer Ausweisung geht deshalb fehl, weil Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Verfügung einer Ausweisung sondern die Frage der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ist.

Auch die Verfahrensrügen des Beschwerdeführers vermögen den Beschwerden nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der Beschwerdeführer die Relevanz des gegebenenfalls der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels nicht darzulegen vermag. So kann angesichts des Obgesagten ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre, wenn der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren vorbringen hätte können, in gutem Glauben vorerst keinen Sichtvermerksverlängerungsantrag gestellt zu haben.

Angesichts dessen, daß die belangte Behörde die vorliegenden Anträge bereits wegen Nichtentsprechung der Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zu Recht abweisen konnte, erübrigte sich ein Eingehen auf den von der belangten Behörde in beiden Beschwerdefällen weiters herangezogenen Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der jeweils beantragten mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, zumal die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung in der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 MRK dem nicht entgegensteht.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1997.

Wien, am 18. September 1998

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte