VwGH 96/12/0218

VwGH96/12/021822.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dkfm. Mag. H in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 25. April 1996, Zl. 224.431/19-III/16f/96, betreffend Vorrückungsstichtag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §68 Abs1;
GehG 1956 §12 Abs3;
AVG §37;
AVG §68 Abs1;
GehG 1956 §12 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1942 geborene Beschwerdeführer steht als Professor, Verwendungsgruppe L1, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Bundeshandelsakademie St. Pölten.

Der Beschwerdeführer war nach erfolgreichem Abschluß seines Studiums an der Hochschule für Welthandel (1968) in verschiedenen, überwiegend leitenden Positionen in der Privatwirtschaft tätig. Auf Grund seines besonderen Interesses für den Lehrberuf - so die Beschwerde - wechselte der Beschwerdeführer mit September 1983 als Vertragslehrer in den Schuldienst und absolvierte im Anschluß daran ein Studium der Wirtschaftspädagogik, das er 1991 erfolgreich abschloß.

Mit Dekret vom 9. April 1992 wurde der Beschwerdeführer unter Nachsicht von verschiedenen Ernennungserfordernissen mit 1. Juli 1992 in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis ernannt.

Die Festsetzung des Vorrückungsstichtages des Beschwerdeführers nahm der Landesschulrat für Niederösterreich mit Bescheid vom 2. Juni 1995 vor. Im Spruch dieses Bescheides sind die zwischen dem 18. Geburtstag des Beschwerdeführers und seiner Ernennung in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis liegenden Zeiten sowie deren Berücksichtigung als Vordienstzeiten (Halb- oder Ganzanrechnung) mit Angabe der Rechtsgrundlage dargestellt. Daraus folgt der Vorrückungsstichtag mit 1. Mai 1974. Die Begründung dieses Bescheides erschöpft sich in einem allgemeinen Hinweis auf die "einschlägigen Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54/1956, in der derzeit geltenden Fassung".

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im wesentlichen darauf hinwies, daß seine Berufspraxis, in der er verschiedene leitende Funktionen bekleidet habe und die für seine erfolgreiche Verwendung als Lehrer von besonderer Bedeutung gewesen sei, nicht voll angerechnet worden sei.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer mit an seine Dienstbehörde gerichtetem Schreiben der belangten Behörde vom 17. November 1995 - aber ohne Fristsetzung - aufgefordert, detailliert anzugeben, worin die besondere Bedeutung seiner Praxiszeiten im Sinne des § 12 Abs. 3 GG 1956 zu sehen sei. Die Erledigung dieses Schreibens wurde von der belangten Behörde bei der Behörde erster Instanz am 26. Februar 1996 urgiert.

Die Behörde erster Instanz übermittelte nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens daraufhin mit Schreiben vom 10. April 1996 ein an den Landesschulrat gerichtetes Schreiben des Beschwerdeführers vom 30. März 1996, in dem er "zu Ihrem Schreiben v. 13.3.1996" mitteilte, daß er an einer Weiterverfolgung der Vollanrechnung interessiert sei und seine Berufung aufrechterhalte.

In der Folge erging - soweit feststellbar, ohne weitere Erhebungen - der angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung gemäß § 12 Abs. 3 GG 1956, BGBl. Nr. 54, in der derzeit geltenden Fassung, abgewiesen wurde.

Zur Begründung wird nach verkürzter Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiters ausgeführt, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei der Beurteilung der im § 12 Abs. 3 GG 1956 genannten Tatbestandsmerkmale des "öffentlichen Interesses" und der "besonderen Bedeutung" stets von jener Situation auszugehen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund bestanden habe. Die Prüfung nach dem Vorliegen der genannten Tatbestandsmerkmale sei also in jedem Dienstverhältnis (privatrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem) neu vorzunehmen. Im gegenständlichen Berufungsverfahren komme es nur auf die Bedeutung der Vortätigkeit für den Verwendungserfolg zum Zeitpunkt der Anstellung des Beschwerdeführers als öffentlich-rehtlicher Bundeslehrer (1. Juli 1992) an.

Der Beschwerdeführer habe ab Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund kaufmännische Fächer (Rechnungswesen, Betriebswirtschaftslehre, betriebswirtschaftliche Übungen und Projektarbeit) unterrichtet. Wie sich aus den vorgelegten Firmenzeugnissen ergebe, sei der Beschwerdeführer als kaufmännischer Angestellter und in der Folge als kaufmännische Führungskraft tätig gewesen. Bei Steyr-Daimler-Puch (vom 5. Juni 1970 bis 30. September 1978) sei der Beschwerdeführer ab 1. Oktober 1976 u. a. mit der kaufmännischen Leitung betraut gewesen; er habe als Geschäftsführer und Projektleiter wichtige und verantwortungsvolle Aufgaben zu erfüllen gehabt (z.B. die finanzielle Führung des Unternehmens). Daraus könne zweifellos abgeleitet werden, daß die Vortätigkeit des Beschwerdeführers für seine nunmehrige Unterrichtsgestaltung wertvoll und nützlich sei. "Allein dieser Umstand als auch die nach den lehrplanmäßigen Bestimmungen geforderte und als normalmäßig angesehene Praxisnähe bzw. Praxisbezogenheit" der Vortätigkeit lasse das Tatbestandsmerkmal der "besonderen Bedeutung" - wie es § 12 Abs. 3 GG 1956 fordere - noch nicht als gegeben erscheinen. Im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt werde nunmehr festgehalten, daß eine über 20-jährige Praxis (Lehrtätigkeit als Vertragslehrer + Zeit in der Privatwirtschaft) ausreichen müsse, um den überdurchschnittlichen Verwendungserfolg als "pragmatischer Lehrer" sicherzustellen; dies noch dazu, wenn ein wesentlicher Teil der höheren Qualifikation während der Bundesdienstzeit als Vertragslehrer erworben worden sei. Der Beschwerdeführer sei mit 1. Juli 1992 zum Beamten der Verwendungsgruppe L1 ernannt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei er bereits fast neun Jahre als Vertragslehrer in der gleichen Verwendung tätig gewesen. Es sei wohl anzunehmen, daß er in diesem verhältnismäßig langen Zeitraum die für seine Dienstobliegenheiten notwendigen Fertigkeiten sich habe aneignen können. In diesem Zusammenhang müsse festgehalten werden, daß sich ein Bediensteter während seiner früher erbrachten Praxiszeit einschlägiges Wissen angeeignet habe. Es dürfe hiebei aber nicht übersehen werden, daß auch bei Bestehenbleiben dieser Tatsache jedenfalls dann, wenn zwischen ihr und dem Zeitpunkt der vorzunehmenden Prüfung eine verhältnismäßig lange Zeit verstrichen sei, seither eingetretene Umstände, die unbezweifelbar gleichfalls Ursachen für den Erfolg der Verwendung seien, die Bedeutung der weiter zurückliegenden Ursache verringerten und deren allfällige besondere Bedeutung aufheben würden. Die zeitlich weit zurückliegende Praxiszeit des Beschwerdeführers sei somit gegenüber der jahrelangen, dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis unmittelbar vorangegangenen Tätigkeit als Vertragslehrer in den Hintergrund getreten. Bei einer derartigen Sachlage könne daher nicht behauptet werden, daß der Erfolg des Beschwerdeführers in seiner Verwendung als Bundeslehrer ohne die Praxiszeit nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben gewesen wäre. Da sohin das wesentliche Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs. 3 GG 1956, nämlich das Vorliegen der "besonderen Bedeutung", nicht habe als erwiesen angesehen werden können, sei die spruchmäßige Feststellung zu treffen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat - nach Urgenz - nur ihre Akten des Berufungsverfahrens, nicht aber auch die Akten der Dienstbehörde erster Instanz vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über einen Antrag auf Vollanrechnung von Vordienstzeiten nach § 12 Abs. 3 GG 1956 samt entsprechender Verbesserung seines Vorrückungsstichtages und seiner besoldungsrechtlichen Einstufung durch unrichtige Anwendung der genannten gesetzlichen Bestimmung sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Im Beschwerdefall ist allein die Frage strittig, ob und inwieweit allenfalls eine Vollanrechnung der privaten Vordienstzeiten des Beschwerdeführers gemäß § 12 Abs. 3 GG 1956 im Hinblick auf deren behauptete besondere Bedeutung für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis vorzunehmen ist oder nicht.

Nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, im wesentlichen in der Fassung BGBl. Nr. 447/1990, können Zeiten gemäß Abs. 1 lit. b (Anm.: das waren sonstige Zeiten), in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, mit Zustimmung des Bundeskanzlers im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten sind jedoch ohne Zustimmung des Bundeskanzlers zur Gänze zu berücksichtigen, soweit sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis nach dem ersten Satz, nach § 26 Abs. 3 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 oder nach einer gleichartigen Bestimmung einer anderen Rechtsvorschrift zur Gänze berücksichtigt worden sind und der Beamte bei Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nach wie vor die hiefür maßgebende Verwendung ausübt.

Im Beschwerdefall ist sachverhaltsmäßig unbestritten davon auszugehen, daß der unter Nachsicht erfolgten Ernennung des Beschwerdeführers mit 1. Juli 1992 eine mehrjährige Vertragsbedienstetenzeit vorgelagert war. Nach den - wie bereits ausgeführt - nur unvollständig vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens hat der Beschwerdeführer bereits bei seiner Aufnahme als Vertragslehrer einen Antrag auf Vordienstzeitenanrechnung gestellt. Einem Schreiben der belangten Behörde an den Landesschulrat vom 18. April 1995 ist nämlich zu entnehmen, daß die belangte Behörde im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen die Zustimmung zu einer Vollanrechnung nach § 26 Abs. 3 VBG nicht erteilt habe. "Gemäß Einsichtsbemerkung des Bundeskanzleramtes" sei ein angeblich bei der Aufnahme als Vertragslehrer am 5. September 1983 gestellter Antrag auf Vordienstzeitenanrechnung gemäß § 26 Abs. 3 VBG im Bundeskanzleramt nicht eingelangt; es habe daher darüber auch nicht entschieden werden können. Nach der Aktenlage sei der Beschwerdeführer am 12. Juni 1991 nach Abschluß des Studiums der Wirtschaftspädagogik in das Entlohnungsschema l1 überstellt worden. Die "Pragmatisierung" sei am 1. Juli 1992 unter Nachsicht vom Erfordernis der zweijährigen facheinschlägigen Berufspraxis erfolgt. Bei der Überstellung in das Entlohnungsschema l1 sei eine Neuberechnung des Vorrückungsstichtages mit Berücksichtigung des Überstellungsverlustes notwendig gewesen. Ein Antrag gemäß § 26 Abs. 3 VBG hätte auf Grund der geänderten Verwendung erneut erfolgen müssen. Der Vorrückungsstichtag sei integraler Bestandteil eines Dienstvertrages, weil dieses Dienstverhältnis aber nicht mehr bestehe, könne eine Anrechnung gemäß § 26 Abs. 3 VBG nicht mehr erfolgen. Bei Vordienstzeiten, die vor Erfüllung des Ernennungserfordernisses gelegen seien, sei ein besonders strenger Maßstab anzulegen, die in Frage kommenden Zeiträume wären daher für eine Anrechnung gemäß § 26 Abs. 3 VBG nicht geeignet. Es sei auszuschließen, daß der Erfolg der Verwendung ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre.

Da die in diesem Zusammenhang erwähnte Entscheidung für die Vertragsbedienstetenzeit des Beschwerdeführers nicht Verfahrensgegenstand ist und eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur inhaltlichen Beurteilung dieser Entscheidung nicht besteht, muß eine weitere Auseinandersetzung damit unterbleiben.

Wenn Vordienstzeiten bereits im Vertragsbedienstetenverhältnis voll angerechnet worden sind, dann ist hinsichtlich solcher Zeiten für die Vollanrechnung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eine (eingeschränkte) gesetzliche Bindungswirkung mit BGBl. Nr. 447/1990 statuiert worden. Umgekehrt ist aus der Tatsache der Nichtanrechnung von Vordienstzeiten im privatrechtlichen Dienstverhältnis aber kein Ausschluß dieser Möglichkeit für die Anrechnung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorgesehen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1993, Zl. 92/12/0107). Es ist also jedenfalls geboten, in einem Verfahren nach § 12 Abs. 3 GG 1956 - selbst wenn vorher nach § 26 Abs. 3 VBG hinsichtlich der Vollanrechnung negativ entschieden worden sein sollte - neuerlich ein entsprechendes Verwaltungsverfahren durchzuführen.

In einem solchen Verfahren nach § 12 Abs. 3 GG 1956 ist rechtlich davon auszugehen, daß eine Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung eines Beamten von Bedeutung ist, wenn sie sich als eine ihrer Ursachen darstellt und von besonderer Bedeutung ist, d.h. wenn der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre (vgl. ausgehend vom Erkenntnis vom 20. April 1972, Zl. 341/72, u.v.a.). Die Frage nach der besonderen Bedeutung einer Vortätigkeit des Beamten für seine erfolgreiche Verwendung muß in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren geklärt werden. Es ist demnach festzustellen, welche tatsächlichen Verrichtungen während der Vordienstzeit besorgt wurden, in welchem Ausmaß dies geschehen ist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiebei erworben wurden. Andererseits ist festzustellen, welche tatsächlichen Tätigkeiten der Anrechnungswerber auf dem Dienstposten, auf den er aufgenommen wurde, und zwar im ersten Halbjahr des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Mai 1988, Zl. 87/12/0035, oder vom 19. Februar 1992, Zl. 91/12/0024), zu verrichten hatte, inwieweit sein Verwendungserfolg in diesem Rahmen über dem von Beamten ohne ähnliche Vortätigkeit lag und ob die Vortätigkeit für diesen Verwendungserfolg als Beamter ursächlich war. Trifft dies alles zu und wäre der durch die Vortätigkeit verursachte Verwendungserfolg ohne diese nur in einem beträchtlich geringeren Maß gegeben gewesen, dann ist die Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung als Beamter von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GG 1956 (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes,

vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 22. Februar 1991, Zl. 90/12/0221).

Das vorliegend zu beurteilende Verwaltungsverfahren leidet schon daran, daß weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde die angewendete Rechtslage entsprechend dargestellt und zitiert haben. Der Hinweis auf das "Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54/1956 in der derzeit geltenden Fassung" wird dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG zur Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung insbesondere dann nicht gerecht, wenn die Rechtslage vielfach geändert worden ist, weil dadurch dem rechtsunkundigen Beschwerdeführer die Verfolgung seines Rechtes wesentlich erschwert wird.

Daß der Bescheid erster Instanz keine Begründung im Sinne des § 60 AVG enthält, würde dann keinen relevanten Verfahrensmangel darstellen, wenn auf Grund der Berufung die belangte Behörde die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage in ihrem Bescheid - nach Durchführung des Parteiengehörs - klar und übersichtlich zusammengefaßt hätte.

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid aber nicht gerecht.

Wie bereits dargestellt, hat die belangte Behörde zwar versucht, durch Befassung des Beschwerdeführers im Wege seiner Dienstbehörde zu erfragen, worin er die besondere Bedeutung seiner Vordienstzeiten "für den Verwendungserfolg als Bundeslehrer" sieht und wodurch ohne diese "Praxiszeiten" der Erfolg seiner Verwendung nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre. Insoweit diese Frage als Rechtsfrage zu werten ist, ist dies von der Behörde zu beurteilen; der diesbezüglichen Fragestellung und der unterbliebenen Beantwortung durch den Beschwerdeführer kann von vornherein keine entscheidende Bedeutung zukommen. Es kann der belangten Behörde aber auch nicht gefolgt werden, wenn sie als Gegenargument zur vom Beschwerdeführer behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften in ihrer Gegenschrift vorbringt, der Beschwerdeführer habe auf die Ermittlungsversuche der belangten Behörde und die Urgenz erst am 30. März 1996 dahingehend reagiert, daß er mitgeteilt habe, daß er "an der Weiterverfolgung der Vollanrechnung seiner Berufszeiten interessiert sei", jedoch auf die aufgeworfenen sachrelevanten Fragen nicht eingegangen sei. Die belangte Behörde übersieht nämlich dabei offensichtlich, daß ihre Anfrage vom 17. November 1995 und die Urgenz vom 26. Februar 1996 an den Landesschulrat gerichtet waren. Ob und inwieweit diese nicht befristeten Schreiben dem Beschwerdeführer überhaupt zugekommen sind, bleibt daher unklar. Der Beschwerdeführer selbst bezieht sich in seiner "Antwort" jedenfalls auf ein Schreiben vom 13. März 1996, dessen Inhalt nicht aktenkundig ist. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kann ausgehend von diesen Umständen nicht davon gesprochen werden, daß der Beschwerdeführer der ihm zukommenden Mitwirkungsverpflichtung im Verfahren bzw. der ihm gebotenen Äußerungsmöglichkeit im Parteiengehör nicht entsprochen habe.

Aber selbst wenn dem Beschwerdeführer das Schreiben der belangten Behörde vom 17. November 1995 zugekommen wäre, kann dem nicht die Bedeutung eines Parteiengehörs zukommen, weil damit nur versucht wurde, die Auffassung des Beschwerdeführers zu erfragen, nicht aber dieser vom Ergebnis einer Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt wurde. Die Verpflichtung nach § 37 AVG, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Äußerung zu geben, trifft aber die Behörde.

Die belangte Behörde hat - wie der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist - die in Frage stehenden privaten Vordienstzeiten des Beschwerdeführers zwar ansatzweise durch die Angabe der Zeit und die Bezeichnung der Funktion angesprochen, dem kann aber nicht hinreichend der Inhalt der Tätigkeiten und deren Bedeutung bzw. besondere Bedeutung für die nachfolgende Lehrtätigkeit im ersten Halbjahr des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses entnommen werden. Hinsichtlich dieser Lehrtätigkeit mangelt es an überprüfbaren Feststellungen im angefochtenen Bescheid über den Inhalt der angegebenen Fächer, mit welchem Erfolg der Beschwerdeführer diese Fächer unterrichtete und wie sich der Erfolg dieser Verwendung im Verhältnis zu Lehrpersonen mit gleicher Dienstzeit und Vorbildung aber ohne die praktischen Erfahrungen des Beschwerdeführers in der Privatwirtschaft gestaltete. Auch die Tatsache der Ernennung des Beschwerdeführers unter Nachsicht auf bestimmte Ernennungserfordernisse deutet wohl auf ein besonderes Interesse des Dienstgebers an der Verwendung des Beschwerdeführers hin.

Wenn die belangte Behörde unter Hinweis auf das Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt (- mangels Unterlagen nicht nachvollziehbar -) "festhält", daß eine über 20-jährige Praxis (Lehrtätigkeit + Zeit in der Privatwirtschaft) ausreichen muß, um den überdurchschnittlichen Verwendungserfolg als öffentlich-rechtlicher Lehrer sicherzustellen, so ist damit zumindest unklar, welche Bedeutung den Zeiten des Beschwerdeführers in der Privatwirtschaft von seiten der Dienstbehörde zugemessen wird. Selbst bei einer neun Jahre dauernden Verwendung als Vertragslehrer und völlig ungeklärten Umständen hinsichtlich der Nichtanrechnung von Vordienstzeiten während der Vertragszeit kann bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage nicht gesagt werden, daß den speziellen Fachkenntnissen des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit in der Privatwirtschaft bezogen auf die von ihm gelehrten Fächer zur Gänze von vornherein die besondere Bedeutung abgesprochen werden kann. Es ist vielmehr im Beschwerdefall davon auszugehen, daß die Verbindung der Kenntnisse des Beschwerdeführers aus der praktischen Ausübung der kaufmännisch-wirtschaftlichen Tätigkeit mit den Erfahrungen der späteren Lehrtätigkeit einen "Quantensprung" bedeuten kann, dessen wesentliche Ursache in der erstgenannten Verwendung des Beschwerdeführers in der Privatwirtschaft liegt; eine solche Voraussetzung kann auch durch die verhältnismäßig lange Vertragslehrerzeit, die primär zu einer Erweiterung pädagogischer Kenntnisse und Fähigkeiten in der Umsetzung der fachspezifischen Praxiskenntnisse im Schulalltag führt, nicht ausgeschlossen werden. Diese Betrachtung wird - worauf die Beschwerde besonders hinweist - noch dadurch unterstützt, daß die Lehrpläne für die Fächer, in denen der Beschwerdeführer unterrichtet, besonders auf die berufliche Praxis abstellen.

Da ein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis allenfalls in Form der Vollanrechnung eines Teiles seiner privaten Vordienstzeiten nicht ausgeschlossen werden kann, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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