Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 1990/447;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 1990/447;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Fachlehrer (Verwendungsgruppe L2a2) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Höhere Technische Bundeslehranstalt Salzburg, in der er fachpraktische Gegenstände auf dem Gebiet der Elektrotechnik und Nachrichtentechnik unterrichtet.
Nach erfolgreichem Abschluß seiner schulischen Ausbildung war der Beschwerdeführer im Fachgebiet der Elektrotechnik ab 1. Juni 1974 bei verschiedenen Unternehmen der Privatwirtschaft tätig, wobei er vorerst als Meßtechniker mit Qualitätskontrolle und -sicherung betraut war. Dann war er nach mehrmonatiger Zusatzausbildung im Ausland ab 1981 bei der M.-GmbH als Servicetechniker, insbesondere für "COM-Anlagen" tätig.
Im September 1989 wurde der Beschwerdeführer als Vertragslehrer bei seiner bereits genannten Dienststelle verpflichtet. In der Folge absolvierte er seine pädagogische Ausbildung und nahm an verschiedenen didaktisch-pädagogischen Ausbildungsveranstaltungen teil.
Mit 1. Juli 1995 wurde er in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis ernannt. Bereits mit Bescheid vom 8. Juni 1995 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 23. Juni 1995) setzte der Landesschulrat den Vorrückungsstichtag mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1995 mit 21. Februar 1980 fest; hiebei wurden die letzten beiden Jahre der privaten Vordienstzeiten des Beschwerdeführers zur Gänze nach § 12 Abs. 3 GG berücksichtigt.
In der dagegen erhobenen Berufung begehrte der Beschwerdeführer die volle Berücksichtigung seiner "Praxiszeiten" bei bestimmten einschlägigen Unternehmungen, weil er während seiner privaten Vordienstzeiten immer in Bereichen "höchster Technologien" eingesetzt worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers "im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt" gemäß § 12 Abs. 3 GG 1956, BGBl. Nr. 54, in der derzeit geltenden Fassung, ab.
In der Begründung führt die belangte Behörde nach Hinweis auf das erstinstanzliche Verfahren und der Wiedergabe des § 12 Abs. 3 GG weiter aus, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei der Beurteilung der im § 12 Abs. 3 GG genannten Tatbestandsmerkmale des "öffentlichen Interesses" und der "besonderen Bedeutung" stets von jener Situation auszugehen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund gewesen sei. Die Prüfung nach dem Vorliegen der genannten Tatbestandsmerkmale sei also in jedem Dienstverhältnis (privatrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem) neu vorzunehmen. Im gegenständlichen Berufungsverfahren komme es nur auf die Bedeutung der Vortätigkeit für den Verwendungserfolg zum Zeitpunkt der Anstellung des Beschwerdeführers als Bundeslehrer (1. Juli 1995) an. Der Beschwerdeführer habe ab Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund fachpraktische Gegenstände auf dem Gebiet der Elektronik und Nachrichtentechnik unterrichtet. Wie sich aus dem vorgelegten Zeugnis der Firma M.-GmbH vom 1. September 1989 ergebe, sei der Beschwerdeführer während der gesamten Zeit seiner Firmenzugehörigkeit im Rahmen des technischen Kundendienstes als Außendiensttechniker eingesetzt gewesen. In dieser Funktion sei er für die Reparatur und Wartung von Mikrofilmsystemen und Computer-output-microfilm-Anlagen zuständig gewesen. Weiters sei ihm die Erstellung von Kostenvoranschlägen sowie die Durchführung von technischen Modifikationen an Maschinen, die Vornahme von Materialtests und Kundenschulungen oblegen.
Aus den ausführlichen Tätigkeitsbeschreibungen sowie der Stellungnahme des Schulleiters vom 3. Februar 1995 könne zweifellos abgeleitet werden, daß die Vortätigkeit des Beschwerdeführers für seine nunmehrige Unterrichtsgestaltung wertvoll und nützlich gewesen sei. Allein dieser Umstand als auch die nach den lehrplanmäßigen Bestimmungen geforderte und als normalmäßig angesehene Praxisnähe bzw. Praxisbezogenheit der Vortätigkeiten lasse das Tatbestandsmerkmal der "besonderen Bedeutung" - wie es § 12 Abs. 3 GG fordere - noch nicht als gegeben erscheinen. Der Beschwerdeführer sei seit September 1989 im Schuldienst tätig. Für die Tätigkeit bei der bereits genannten Firma M.-GmbH seien ihm bereits vier Jahre nach § 26 Abs. 2 Z. 7 und Abs. 3 VBG für die Vorrückung in höhere Bezüge angerechnet worden. Im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt werde nunmehr festgehalten, daß eine knapp zehnjährige Praxis (Lehrtätigkeit als Vertragslehrer und Zeit in der Privatwirtschaft) ausreichen müsse, um den überdurchschnittlichen Verwendungserfolg als "pragmatischer Lehrer" sicherzustellen; noch dazu, wenn ein wesentlicher Teil der höheren Qualifikation während der Bundesdienstzeit als Vertragslehrer erworben worden sei. Der Beschwerdeführer sei mit 1. Juli 1995 zum Beamten der Verwendungsgruppe L2a2 ernannt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei er bereits knapp sechs Jahre als Vertragslehrer in gleicher Verwendung tätig gewesen. Es sei wohl anzunehmen, daß er in diesem verhältnismäßig langen Zeitraum die für seine Dienstobliegenheiten notwendigen Fertigkeiten sich habe aneignen können. Es müsse festgehalten werden, daß sich ein Bediensteter während seiner früher erbrachten Praxiszeit einschlägiges Wissen angeeignet habe. Hiebei dürfe auch nicht übersehen werden, daß bei Bestehenbleiben dieser Tatsache jedenfalls dann, wenn zwischen ihr und dem Zeitpunkt der vorzunehmenden Prüfung eine verhältnismäßig lange Zeit verstrichen sei, seither eingetretene Umstände, die unbezweifelbar gleichfalls Ursachen für den Erfolg der Verwendung seien, die Bedeutung der weiter zurückliegenden Ursache verringerten und deren allfällige besondere Bedeutung aufheben würden. Die zeitlich doch zurückliegenden Praxiszeiten des Beschwerdeführers seien somit gegenüber der jahrelangen, dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis unmittelbar vorangegangenen Tätigkeit als Vertragslehrer in den Hintergrund getreten. Bei einer derartigen Sachlage könne nicht behauptet werden, daß der Erfolg der Verwendung des Beschwerdeführers als Bundeslehrer ohne die privaten Praxiszeiten nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben gewesen wäre. Da sohin das wesentliche Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs. 3 GG, nämlich das Vorliegen der "besonderen Bedeutung", nicht als erwiesen angesehen werden könne, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf richtige bzw. gesetzeskonforme Auslegung des § 12 Abs. 3 GG und auf gesetzeskonforme Anwendung und Einhaltung der Verfahrensbestimmungen, insbesondere auf vollständige Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, verletzt.
Nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, im wesentlichen in der Fassung BGBl. Nr. 447/1990, können Zeiten gemäß Abs. 1 lit. b (Anm.: das waren sonstige Zeiten), in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, mit Zustimmung des Bundeskanzlers im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten sind jedoch ohne Zustimmung des Bundeskanzlers zur Gänze zu berücksichtigen, soweit sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis nach dem ersten Satz, nach § 26 Abs. 3 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 oder nach einer gleichartigen Bestimmung einer anderen Rechtsvorschrift zur Gänze berücksichtigt worden sind und der Beamte bei Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nach wie vor die hiefür maßgebende Verwendung ausübt.
Wenn Vordienstzeiten bereits im Vertragsbedienstetenverhältnis voll angerechnet worden sind, dann ist hinsichtlich solcher Zeiten für die Vollanrechnung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eine (eingeschränkte) gesetzliche Bindungswirkung mit BGBl. Nr. 447/1990 statuiert worden. Umgekehrt ist aus der Tatsache der Nichtanrechnung von Vordienstzeiten im privatrechtlichen Dienstverhältnis aber kein Ausschluß dieser Möglichkeit für die Anrechnung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorgesehen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1993, Zl. 92/12/0107). Es ist demnach gemäß § 12 Abs. 3 GG 1956 - selbst wenn vorher nach § 26 Abs. 3 VBG hinsichtlich der Vollanrechnung negativ entschieden worden sein sollte - neuerlich ein entsprechendes Verwaltungsverfahren durchzuführen. In einem solchen Verfahren nach § 12 Abs. 3 GG 1956 ist rechtlich davon auszugehen, daß eine Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung eines Beamten von Bedeutung ist, wenn sie sich als eine ihrer Ursachen darstellt und von besonderer Bedeutung ist, d.h. wenn der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre (vgl. ausgehend vom Erkenntnis vom 20. April 1972, Zl. 341/72, u.a. die Erkenntnisse vom 5. September 1972, Zl. 522/72, und vom 14. September 1972, Zl. 778/72). Die Frage nach der besonderen Bedeutung einer Vortätigkeit des Beamten für seine erfolgreiche Verwendung muß in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren geklärt werden. Es ist demnach festzustellen, welche tatsächlichen Verrichtungen während der Vordienstzeit besorgt wurden, in welchem Ausmaß dies geschehen ist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiebei erworben wurden. Andererseits ist festzustellen, welche tatsächlichen Tätigkeiten der Anrechnungswerber auf dem Dienstposten, auf den er aufgenommen wurde, und zwar im ersten Halbjahr des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Mai 1988, Zl. 87/12/0035, oder vom 19. Februar 1992, Zl. 91/12/0024), zu verrichten hatte, inwieweit sein Verwendungserfolg in diesem Rahmen über dem von Beamten ohne ähnliche Vortätigkeit lag und ob die Vortätigkeit für diesen Verwendungserfolg als Beamter ursächlich war. Trifft dies alles zu und wäre der durch die Vortätigkeit verursachte Verwendungserfolg ohne diese nur in einem beträchtlich geringeren Maß gegeben gewesen, dann ist die Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung als Beamter von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GG (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 22. Februar 1991, Zl. 90/12/0221).
Vorweg ist zu bemerken, daß das zu beurteilende Verwaltungsverfahren daran leidet, daß weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde die angewendete Rechtslage entsprechend dargestellt und zitiert haben. Der Hinweis auf das "Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 in der derzeit geltenden Fassung" wird dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG zur Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung insbesondere dann nicht gerecht, wenn die Rechtslage vielfach geändert worden ist, weil dadurch dem rechtsunkundigen Beschwerdeführer die Verfolgung seines Rechtes wesentlich erschwert wird.
In der Sache selbst beschränkt die belangte Behörde ihre Feststellungen über die Tätigkeit des Beschwerdeführers lediglich darauf, daß er "fachpraktische Gegenstände auf dem Gebiet der Elektronik und Nachrichtentechnik" unterrichtet. Damit mangelt es dem angefochtenen Bescheid an überprüfbaren Feststellungen über den Inhalt der angegebenen Fächer und die Art der Unterrichtserteilung; weiters wurde nicht festgestellt, mit welchem Erfolg der Beschwerdeführer diese Fächer unterrichtete und wie sich der Erfolg dieser Verwendung im Verhältnis zu Lehrpersonen mit gleicher Dienstzeit und Vorbildung, aber ohne die praktischen Erfahrungen des Beschwerdeführers in der Privatwirtschaft gestalteten. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers wäre eine sinnvolle Unterrichtstätigkeit ohne seine privaten Vordienstzeiten praktisch gar nicht möglich. Im Hinbick auf die Vollanrechnung der letzten beiden Jahre der privaten Vordienstzeiten des Beschwerdeführers ist im Beschwerdefall davon auszugehen, daß die Kenntnisse des Beschwerdeführers aus seiner privaten Vordienstzeit neben seiner Vertragslehrerzeit jedenfalls von besonderer Bedeutung für seinen Lehrerfolg gewesen sind. Dafür, daß den privaten Vordienstzeiten des Beschwerdeführers nur im Umfang von zwei Jahren diese besondere Bedeutung beigemessen werden kann, fehlt es dem angefochtenen Bescheid an entsprechenden Darlegungen. Wenn die belangte Behörde unter Hinweis auf das Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt "festhält", daß eine knapp 10-jährige Praxis (Lehrtätigkeit + Zeit in der Privatwirtschaft) ausreichen muß, um den überdurchschnittlichen Verwendungserfolg als öffentlich-rechtlicher Lehrer sicherzustellen, so ist damit nicht klar, welche Bedeutung den Zeiten des Beschwerdeführers in der Privatwirtschaft von seiten der Dienstbehörde zugemessen wird. Selbst bei einer fünf Jahre dauernden Verwendung als Vertragslehrer und der Vollanrechnung eines kleinen Teiles der Privatdienstzeiten kann bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage nicht gesagt werden, daß mit der erfolgten Vollanrechnung schon ausreichend den speziellen Fachkenntnissen des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit in der Privatwirtschaft bezogen auf die von ihm gelehrten Fächer hinreichend Rechnung getragen worden ist. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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