VwGH 95/21/1182

VwGH95/21/11825.8.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des AHF, geboren am 1. Jänner 1965, in Engelhartszell, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 17. Oktober 1995, Zl. St. 315/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §6;
AsylG 1968 §7 Abs1;
AsylG 1968 §9 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
AsylG 1968 §6;
AsylG 1968 §7 Abs1;
AsylG 1968 §9 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 17. Oktober 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei laut eigenen Angaben im Asylverfahren am 15. September 1995 unter Umgehung der Grenzkontrolle und unter Mißachtung der Paß- und der Sichtvermerkspflicht in einem LKW versteckt an einem unbekannten Ort in das Bundesgebiet gelangt. Der am selben Tag gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18. September 1995 abgewiesen worden. Über seine dagegen erhobene Berufung sei noch nicht entschieden. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 des Asylgesetzes 1991 komme dem Beschwerdeführer nicht zu, weil er weder aus dem Staat, in dem er behaupte, Verfolgung befürchten zu müssen, noch aus einem Staat eingereist sei, in den er nicht gemäß § 37 FrG hätte zurückgewiesen werden dürfen. Daß er in Ungarn, sollte er aus diesem Land nach Österreich eingereist sein, nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, werde von ihm nicht behauptet. Im Asylverfahren habe er sogar angegeben, während seiner Reisebewegungen in den von ihm bereisten Drittstaaten in keiner Weise verfolgt worden zu sein.

Der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG treffe auf den Beschwerdeführer, der innerhalb eines Monates nach Einreise betreten worden sei, ebenso zu wie jener des § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG, weil der Beschwerdeführer angegeben habe, nur einen Geldbetrag von S 3,10 zu besitzen, und er innerhalb dieses Monates den Besitz der Mittel für seinen Unterhalt nicht habe nachweisen können. Die Ermessensübung im Sinne des § 17 Abs. 2 FrG zum Nachteil des Beschwerdeführers sei gerechtfertigt, weil er, wie er selbst ausgeführt habe, in der kurdisch autonomen Zone des Nordiraks, in die er nach einem Aufenthalt im Iran von März 1992 bis Mai 1992 zurückgekehrt wäre, sicher gewesen sei. Bei einer solchen Situation sei das Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK), näherhin eines geordneten Fremdenwesens, bereits als vorrangig anzusehen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde tritt der Rechtsansicht der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer unter Mißachtung der Paß- und Sichtvermerkspflicht und unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist und innerhalb eines Monates nach seiner Einreise betreten worden sei sowie daß er innerhalb desselben Zeitraumes den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht habe nachweisen können, nicht entgegen. Sie vertritt indes die Meinung, daß dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zukomme, die der Erlassung des angefochtenen Bescheides entgegengestanden sei. So sei der Beschwerdeführer durch Ungarn gereist, das einen Vorbehalt zur Genfer Flüchtlingskonvention bezüglich außereuropäischer Länder abgegeben habe und wo ihm kein effektives "Abschiebungsverfahren" zur Verfügung gestanden sei. Er sei also nicht nur in seinem Heimatland selbst, sondern auch in Ungarn bzw. in der Türkei nicht vor Rückschiebung sicher gewesen.

1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Gemäß § 9 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 findet § 17 FrG unter anderem nur auf Asylwerber Anwendung, denen eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes nicht zukommt. Nur jene Asylwerber haben eine derartige vorläufige Aufenthaltsberechtigung, die - neben der Rechtzeitigkeit der Antragstellung - auch die Voraussetzung des § 6 des Asylgesetzes erfüllen. Letzteres trifft aber auf den Beschwerdeführer nicht zu. Dieser ist nach seinen eigenen Angaben, die von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurden, in einem LKW und somit nicht direkt aus dem Staat (Irak), in dem er behauptet, Verfolgung befürchten zu müssen, eingereist (§ 6 Abs. 1 des Asylgesetzes). Daß er über Ungarn eingereist, ihm dort kein effektives "Abschiebungsverfahren" zur Verfügung gestanden und er in Ungarn bzw. in der Türkei vor Rückschiebung nicht sicher gewesen sei, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zur Erlassung der Ausweisung nicht behauptet; sein diesbezüglich erstmals in der Beschwerde erstattetes Vorbringen stellt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Die Bestimmung des § 17 FrG ist somit auf den Beschwerdeführer anwendbar.

2. Soweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, daß die belangte Behörde das Interesse der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 17 Abs. 2 FrG falsch interpretiert habe und sein Aufenthalt in Österreich in keiner Weise die öffentliche Ordnung gefährde, ist ihm zu entgegnen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten ein hoher Stellenwert zukommt. Nur bei einer geringfügigen Störung der öffentlichen Ordnung ist in den Fällen des § 17 Abs. 2 FrG von der Erlassung einer Ausweisung abzusehen; von solcher Geringfügigkeit kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 24. Jänner 1996, Zl. 95/21/1170, und vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0549, mwH). Von daher gesehen ist nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde von dem ihr bei Anwendung des § 17 Abs. 2 FrG eingräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte.

3. Schließlich geht auch der Beschwerdeeinwand ins Leere, daß der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, in sein Heimatland zurückzukehren.

Mit der Erlassung der Ausweisung ist zwar die Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verbunden (§ 22 FrG), es wird jedoch nicht darüber abgesprochen, daß der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. Juli 1995, Zl. 95/21/0527).

4. Die im Grund des § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG verfügte Ausweisung erweist sich daher nicht als rechtswidrig, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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