VwGH 95/21/0933

VwGH95/21/093313.11.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde der V in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. August 1995, Zl. IV-650.382/FrB/95, betreffend Durchsetzungsaufschub, den Beschluß gefaßt:

Normen

FrG 1993 §22 Abs1;
FrG 1993 §22 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
FrG 1993 §22 Abs1;
FrG 1993 §22 Abs2;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. August 1995 wurde der am 14. Juli 1995 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin, einer kroatischen Staatsbürgerin, auf Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 22 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß gegen die Beschwerdeführerin mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 4. Juli 1995 gemäß § 18 Abs. 1 i. V.m. Abs. 2 Z. 1 FrG ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, weil sie im Jahre 1989 einen österreichischen Staatsbürger zum Schein geehelicht habe, um dadurch leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt und in der Folge auch eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten und mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11. April 1995 wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden sei. Der Lebensgefährte sowie der Sohn der Beschwerdeführerin sowie ihre sonstigen Verwandten lebten in Österreich. Zwar sei die Beschwerdeführerin während ihres Aufenthaltes in Österreich beschäftigt gewesen, jedoch könne dies nicht als Integrationsnachweis gewertet werden, weil sie diese Beschäftigung lediglich aufgrund der durch die Scheinehe erschlichenen Beschäftigungsbewilligung ausüben habe können. Aufgrund der vorliegenden Tatsachen seien die öffentlichen Interessen an einer sofortigen Ausreise höher zu werten als ihr Interesse an der Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes zur Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse. So sei auch bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen worden, weil die vorzeitige Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im öffentlichen Interesse wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erstattete einen ergänzenden Schriftsatz.

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid im wesentlichen deswegen für rechtswidrig, weil die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, daß sie eine "Scheinehe" zum Zwecke der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen geschlossen habe, unrichtig und die diesbezügliche Begründung im angefochtenen Bescheid grob aktenwidrig sei. Sie habe auf diesen Fehler bereits in ihrer Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz, mit welchem ein Aufenthaltsverbot gegen sie erlassen worden sei, hingewiesen. Die belangte Behörde habe sich jedoch darüber hinweggesetzt und aus der getroffenen Annahme vielmehr abgeleitet, sie könne ihre Integration im Bundesgebiet nicht nachweisen.

Die belangte Behörde führt in ihrer Gegenschrift im wesentlichen aus, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde bei Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 22 Abs. 1 FrG in zeitlicher Hinsicht dahingehend eingeschränkt sei, daß dieser gleichzeitig mit dem Aufenthaltsverbot auszusprechen sei. Ein Durchsetzungsaufschub könne also nicht mehr angeordnet werden, wenn die Durchsetzbarkeit bereits eingetreten sei. Dies sei der Fall gewesen, weil die Behörde bei Erlassung des gegen die Beschwerdeführerin verhängten Aufenthaltsverbotes vom 4. Juli 1995 gemäß § 64 Abs. 2 AVG einer dagegen erhobenen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt habe. Der Antrag auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes sei erst nach Erlassung dieses Bescheides gestellt worden. Die Behörde hätte ihn daher nicht abzuweisen, sondern zurückzuweisen gehabt, welcher Umstand jedoch keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle.

Gemäß § 22 Abs. 1 FrG kann die Behörde auf Antrag "bei der Erlassung ... eines Aufenthaltsverbotes den Eintritt der Durchsetzbarkeit auf höchstens drei Monate hinausschieben (Durchsetzungsaufschub); hiefür sind die öffentlichen Interessen an einer sofortigen Ausreise gegen jene Umstände abzuwägen, die der Fremde bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat".

Aus der Formulierung "bei der Erlassung ... eines Aufenthaltsverbotes" hat der Verwaltungsgerichtshof abgeleitet, daß zur Entscheidung über einen Antrag auf Durchsetzungsaufschub die Behörde hiebei in zeitlicher Hinsicht dahingehend eingeschränkt ist, daß ein Ausspruch über einen Durchsetzungsaufschub gleichzeitig mit dem Aufenthaltsverbot zu treffen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0095, Slg. Nr. 13.812 A).

Im vorliegenden Fall muß dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurecht abgewiesen hat, ihn allenfalls hätte zurückweisen müssen oder ob sie im Hinblick darauf zu seiner Behandlung unzuständig gewesen ist, weil er als ein lediglich hilfsweise für den Fall der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes durch die Berufungsbehörde an diese gestellter Antrag zu verstehen war. Seit Erlassung des Bescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. November 1995, mit welchem aufgrund der von ihr erhobenen Berufung gegen die Beschwerdeführerin ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde - sie hat dagegen am 21. Dezember 1995 eine (zur hg. Zl. 95/18/1428 protokollierte) Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben - ist nämlich jener Zeitraum von drei Monaten, für welchen ein Durchsetzungsaufschub höchstens hätte erteilt werden können, jedenfalls abgelaufen. Damit käme einer Entscheidung über die Beschwerde nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zu, ohne daß der Beschwerdeführerin ein Erreichen des Verfahrenszieles den erwünschten Erfolg - nämlich die Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes - bringen könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 94/18/0913).

Infolge dieses nachträglichen Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses war die Beschwerde - ohne daß ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Ein Aufwandersatz findet bei dieser verfahrensrechtlichen Konstellation nicht statt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1990, Zl. 90/03/0097, Slg. Nr. 13.293 A).

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