Normen
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 28. Juli 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit §§ 19 bis 21 FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer, der im Alter von zwölf Jahren in das Bundesgebiet eingereist und seither hier aufhältig sei, wiederholt durch inländische Gerichte rechtskräftig verurteilt worden sei. Die zuletzt erfolgte rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Innsbruck vom 2. April 1993 wegen des Vergehens der (teils schweren und teils leichten) Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten erfülle den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 erster Fall FrG. Im Zusammenhang mit den weiteren rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers durch das Bezirksgericht Telfs vom 14. Mai 1992, durch das Bezirksgericht Innsbruck vom 27. Juli 1987 sowie durch das Bezirksgericht Innsbruck vom 5. Oktober 1985, jeweils wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 StGB, sei auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG verwirklicht, wobei beide vorangeführten Tatbestände für sich allein die im § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. umschriebene Annahme, daß durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Sicherheit gefährdet werde, begründeten. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei ein schwerer Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers; sie sei aber im Hinblick auf das gewichtige öffentliche Interesse und die aus den vorangeführten Straftaten hervorgehende schädliche Neigung des Beschwerdeführers zur Erreichung des im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles des Schutzes der Rechte anderer und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen des Beschwerdeführers dringend geboten (§ 19 FrG).
Der Beschwerdeführer sei seit 17 Jahren in Österreich, hier mit einer kroatischen Staatsangehörigen verheiratet und habe für drei minderjährige Kinder (geboren in den Jahren 1987, 1988 und 1991) zu sorgen. Seiner Ehefrau sei die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft unter der Voraussetzung mittels Bescheides zugesichert worden, daß sie binnen zwei Jahren aus dem Verband ihres bisherigen Heimatstaates ausscheide. Die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG gehe zum Nachteil des Beschwerdeführers aus. Die zweifellos erheblichen Bindungen zum Bundesgebiet überwögen nicht die gegenläufigen erheblichen öffentlichen Interessen an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes, dies im Hinblick auf den seit 1978 (damals sei der Beschwerdeführer auf andere Kinder mit einem "Spitzbohrer" losgegangen) aktenkundig dokumentierten Hang des Beschwerdeführers "zur Brutalität und Unbeherrschtheit". Auch § 20 Abs. 2 FrG hindere nicht die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer. Der für die Beurteilung, ob die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 gegeben seien, entscheidende Zeitpunkt sei der der Rechtskraft der vorletzten der rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers. Bezogen auf diesen Zeitpunkt sei die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgestz 1985 nicht gegeben, weil aufgrund der bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten wiederholten Bestrafungen davon auszugehen gewesen sei, daß der Beschwerdeführer gegenüber den zum Schutz der körperlichen Integrität anderer Personen erlassenen Vorschriften negativ eingestellt sei und daher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle.
Angesichts der aufgezeigten Straftaten und des Umstandes, daß durch diese der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. "doppelt" verwirklicht werde, sei die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes zulässig.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst den Verfassungsgerichtshof angerufen, der die Behandlung seiner Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat (Beschluß vom 28. November 1994, Zl. B 1.878/94-6).
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die aufgrund des obigen Sachverhaltes zutreffende Beurteilung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, wird vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Ebensowenig wendet sich die Beschwerde gegen die Schlußfolgerung im angefochtenen Bescheid, daß angesichts der Anzahl und der Schwere der Straftaten die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen Ziele im Grunde des § 19 FrG zulässig, weil dringend geboten sei. Auch gegen die Auffassung der belangten Behörde, § 20 Abs. 2 FrG stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes aus den angeführten Gründen nicht entgegen, finden sich in der Beschwerde keine Ausführungen, sodaß es hier genügt, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die von der belangten Behörde vertretene Auffassung nicht als rechtswidrig angesehen werden kann (vgl. hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0491, vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0533, und vom 17. November 1994, Zl. 93/18/0271 für viele andere).
Die Beschwerde hält allerdings die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung für unzutreffend, weil die belangte Behörde nicht ausreichend die "tatsächlichen Auswirkungen (des Aufenthaltsverbotes) auf das Privat- und Familienleben überprüft und untersucht" habe. Die Behörde hätte die "familiäre Situation, ihre Struktur und die Stellung des Beschwerdeführers innerhalb der Familie, insbesondere im Hinblick auf die finanzielle Versorgung der Familie" erheben müssen. Dazu wäre eine Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau erforderlich gewesen. Die Behörde hätte feststellen müssen, daß "die Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich wesentlich stärker als in jedem anderen Land der Welt" sei.
Insoweit damit die Beschwerde die Verletzung des Parteiengehörs des Beschwerdeführers geltend macht, ist nicht ersichtlich, warum die Einvernahme des Beschwerdeführers, aber auch die seiner Ehefrau, für die Entscheidung von Relevanz gewesen sein sollte. Nach ständiger hg. Judikatur führt die Verletzung des Parteiengehörs für sich allein noch nicht zur Aufhebung einer mit diesem Verfahrensmangel behafteten Entscheidung. Es genügt nicht, einen Verfahrensfehler aufzuzeigen, sondern der Beschwerdeführer hat auch KONKRET darzutun, worin die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels beruht. Wenn der Beschwerdeführer dazu geltend macht, es hätte festgestellt werden müssen, der Beschwerdeführer sei in Österreich "wesentlich stärker verankert als in jedem anderen Land", so wird damit mangels näherer Konkretisierung lediglich der von der Behörde ohnehin berücksichtigte Umstand vorgebracht, daß er sich nun schon seit 17 Jahren in Österreich aufhalte und sich hier der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befinde. Die weitere - als Feststellung gewünschte - Behauptung, der Beschwerdeführer werde im Falle seiner Abschiebung von seiner Familie getrennt werden, stellt lediglich die Konsequenz der Erlassung des Aufenthaltsverbotes dar, der sich die Behörde bewußt war, die ausdrücklich auf die "Schwere des Eingriffes" durch das Aufenthaltsverbot verwies; dazu bedurfte es keiner weiteren Erhebungen. Da der Beschwerdeführer seinen Unterhaltsverpflichtungen auch von einem anderen Land aus nachkommen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0064), bedurfte es auch keiner Klärung der Frage der "finanziellen Versorgung der Familie nach seiner Abschiebung"; welche Feststellungen dazu konkret hätten getroffen werden sollen, wird überdies in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Daß die belangte Behörde bei der Interessenabwägung darauf Bedacht genommen hat, daß der Beschwerdeführer nicht hier geboren, sondern die Grundschule in seiner ehemaligen Heimat besucht und die do. Sprache gelernt hat, nach Österreich erst im Alter von zwölf Jahren gekommen ist, ist durchaus zulässig und nicht unerheblich. Im übrigen wird mit dem Aufenthaltsverbot ausschließlich das Verbot, sich weiter in Österreich aufzuhalten, ausgesprochen, nicht jedoch darüber befunden, in welches Land der Fremde auszureisen habe, allenfalls abgeschoben werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0552 u.a.). Soweit der Beschwerdeführer auf seinen langen Aufenthalt im Bundesgebiet und die daraus abgeleitete Integration verweist, ist dem entgegenzuhalten, daß die dafür wesentliche soziale Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. März 1995, Zl. 95/18/0286). Die Anzahl und insbesondere die Schwere der der zuletzt angeführten Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten stellen ein Fehlverhalten dar, das eine gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit begründet. Der bisher in Österreich dokumentierte gesellschaftliche Lebenslauf des Beschwerdeführers ist vom Anfang an gekennzeichnet durch eine krasse Geringschätzung der körperlichen Integrität anderer Menschen, wobei er sich trotz mehrfacher Verurteilungen nicht davon abhalten ließ, im Jahr 1992 neuerlich Gewalttaten (auch eine schwerwiegende) gegen dieses von der Rechtsordnung besonders geschützte Rechtsgut zu begehen. Im Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rechtsmittelgericht wurde dazu festgehalten, daß "die (auch bei Vorstraftaten) zu Tage getretene brutale Vorgangsweise des in einer Kampfsportart geübten Angeklagten" und sein immer wieder zutage getretener Hang zur Brutalität und Unbeherrschtheit eine unbedingte Freiheitsstrafe erforderlich mache. Der Beschwerdeführer zeigte selbst anläßlich des Strafverfahrens keine Reue, sondern versuchte vielmehr eines seiner Opfer sogar noch wegen der Erhebung von Schmerzengeldansprüchen lächerlich zu machen (vgl. dazu ebenfalls die Begründung im vorerwähnten Urteil). Sein Hang zur Brutalität zeigt sich besonders in der zuletzt begangenen Straftat, als er am 7. Dezember 1992 aus Ärger über das Einparken eines anderen Lenkers in eine von ihm entdeckte Parklücke aus seinem PKW ausstieg und dem anderen einen Faustschlag in die linke Gesichtshälfte versetzte, wodurch sein Opfer einen verschobenen Jochbeinbruch sowie einen Bruch des Augenhöhlenbodens erlitt. Auf den zu Boden Gefallenen trat der Beschwerdeführer noch mit seinen Füßen, bevor er - den Verletzten liegen lassend - wieder davonfuhr. Wenn dazu in der Beschwerde ausgeführt wird, es handle sich hier lediglich um Straftaten, die "keine Besonderheiten im Gerichtsalltag darstellten", so wird damit in einer nicht nachvollziehbaren Weise die Schwerkriminalität bagatellisiert. Abgesehen davon hat die belangte Behörde zutreffend auch auf die in § 18 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers hingewiesen. Wiederholte Bestrafungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen können demnach auch dann zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes führen, wenn der Fremde nicht zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder die Verurteilung nicht wegen Straftaten erfolgt ist, die mit hohen Freiheitsstrafen bedroht sind.
Insgesamt betrachtet kann also die Auffassung im angefochtenen Bescheid, ungeachtet des schweren Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seien die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zumindest ebenso zu gewichten, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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