Normen
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
ZustG §17 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
ZustG §17 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ungarn, beantragte mit Schreiben vom 5. Dezember 1994 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Die Behörde erster Instanz wies den Antrag gemäß § 5 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufG) ab.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer an seine von ihm im Antrag namhaft gemachte Adresse 1150 Wien, R-Gasse 30/3, laut dem im Akt erliegenden Rückschein am 24. März 1995 zuzustellen versucht und in der Folge beim Postamt 1150 Wien mit Beginn der Abholfrist 25. März 1995 hinterlegt. Mit Schriftsatz vom 11. April 1995 gab Rechtsanwältin Dr. H die ihr erteilte Vollmacht zur Vertretung des Beschwerdeführers bekannt und erhob im gleichen Schriftsatz Berufung. Der Schriftsatz wurde am 11. April 1995 zur Post gegeben.
Mit Schriftsatz vom 17. Juli 1995, zur Post gegeben am 28. Juli 1995, stellte der Beschwerdeführer durch seine Vertreterin den "Wiedereinsetzungsantrag in die Berufungsfrist zur Berufung vom 11.4.1995". Er führte im Antrag aus, daß dem Rechtsfreund des Beschwerdeführers der erstinstanzliche Bescheid am 11. April 1995 "per Fax" übermittelt worden sei; es sei dem Rechtsfreund nicht mitgeteilt worden, daß der Bescheid bereits "am 24.3.1995 hinterlegt" worden sei. Der Bescheid sei "an die Geschäftsadresse der V & C OHG, deren Gesellschafter der Antragsteller ist, in Wien, P-Gasse 22, adressiert" gewesen. Der Hinterlegungsschein sei "infolge eines Kanzleiversehens in ein falsches Ablagefach" gelangt. Der Antragsteller habe sich vom 24. März 1995 bis 10. April 1995 "im Ausland auf Urlaub" befunden. Im Antrag wurden weder nähere konkrete Daten genannt noch Beweise angeboten.
Der Rechtsfreund des Antragstellers habe vom Ablauf der Berufungsfrist keine Kenntnis gehabt. Der Antragsteller sei durch ein unvorhersehbares und unüberwindliches Ereignis an der rechtzeitigen Einbringung der Berufungsschrift gehindert gewesen.
Die Behörde erster Instanz wies mit dem Bescheid vom 3. August 1995 diesen Antrag gemäß § 71 Abs. 2 AVG zurück, weil für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages die Frist ab "KENNTNIS der Verspätung des eingebrachten Rechtsmittels zu bezeichnen" sei. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 17. August 1995 (Übernahme durch einen Arbeitnehmer der berufsmäßigen Parteienvertreterin Dr. H in deren Kanzlei) zugestellt. Der Bescheid erwuchs nach dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes in Rechtskraft.
Die belangte Behörde erließ daraufhin den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. September 1995, mit welchem sie die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der ersten Instanz vom 17. März 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) und § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abwies.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen hat:
Ist die Berufung verspätet eingebracht worden, reicht die aus der Einbringung der Berufung erwachsende Zuständigkeit der Berufungsbehörde nur soweit, daß sie die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG durch verfahrensrechtlichen Bescheid (vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 535) zurückzuweisen hat (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 582). Mit der meritorischen Erledigung der wegen Verfristung zurückweisenden Berufung hingegen überschreitet die Berufungsbehörde ihre Zuständigkeit und belastet ihren Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit infolge ihrer Unzuständigkeit (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 172; weiters das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1994, Zl. 93/07/0167).
Der Beschwerdeführer ging in seinem seinerzeitigen Wiedereinsetzungsantrag selbst von der Verspätung der am 11. April 1995 erhobenen Berufung aus. Zwar machte er mit dem Vorbringen, er sei urlaubsbedingt im Ausland gewesen, inhaltlich einen Zustellmangel geltend, doch wurde mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit, welche lediglich durch Nennung des Abwesenheitszeitraumes konkretisiert wurde, der jedoch nähere Angaben (etwa zum konkreten Aufenthaltsort) und ein Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel fehlten, das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1995, Zl. 95/17/0072, uva.).
Da ausgehend vom Datum der Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist 25. März 1995 die Frist zur Erhebung der Berufung am Montag, dem 10. April 1995, ablief, wurde die am 11. April 1995 zur Post gegebene Berufung verspätet erhoben.
Die belangte Behörde war daher zur Sachentscheidung nicht berechtigt, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Stempelgebührenersatz war nur in Höhe von S 270,-- (Beschwerde zweifach, angefochtener Bescheid einfach) zuzusprechen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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