VwGH 95/18/1404

VwGH95/18/14048.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der V, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Oktober 1995, Zl. SD 748/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. Oktober 1995 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die Beschwerdeführerin, die am 7. Jänner 1993 in das Bundesgebiet eingereist sei, habe am 11. Februar 1993 einen österreichischen Staatsbürger geheiratet und im Hinblick auf den aufgrund der Eheschließung am 12. Februar 1993 erworbenen Befreiungsschein eine Aufenthaltsbewilligung für den Zeitraum vom 14. Juli 1993 bis 1. Februar 1995 erhalten. Mittlerweile sei die Ehe der Beschwerdeführerin vom Bezirksgericht Fünfhaus gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Aus den Entscheidungsgründen des seit 14. April 1994 rechtskräftigen Urteiles ergebe sich, daß die Ehe nur deshalb geschlossen worden sei, um der Beschwerdeführerin eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung zu verschaffen. Angesichts dieses Sachverhaltes sei die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 FrG gegeben seien.

Auf dem Boden der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne nämlich ein Aufenthaltsverbot rechtens ausschließlich auf diese Gesetzesstelle gestützt werden, wenn triftige Gründe vorlägen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im § 18 Abs. 2 FrG angeführten Fälle aufwiesen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigten.

Im vorliegenden Fall sei das im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG relevante Gesamt(fehl)verhalten der Beschwerdeführerin in der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger - daß diese vom Gericht rechtskräftig für nichtig erklärt worden sei, bleibe in der Berufung unbestritten - zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen (Beschäftigungsbewilligung, Aufenthaltsberechtigung) zu erblicken. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin handle es sich bei diesem Rechtsmißbrauch um ein die öffentliche Ordnung erheblich beeinträchtigendes, seinem Gehalt nach dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 leg. cit. gleichzusetzendes Verhalten, das eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 1 leg. cit. darstelle, welche die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremden- und Ausländerbeschäftigungswesen) rechtfertige. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 leg. cit. entgegenstünden.

Diesbezüglich sei zunächst festzuhalten, daß die Berechtigung der Beschwerdeführerin zum Aufenthalt und zu ihrer Beschäftigung letztlich auf der rechtsmißbräuchlich eingegangenen Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger basierten. Selbst wenn man unbeschadet dessen dennoch einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin annehmen wollte, weil sie mit ihrem am 12. Dezember 1994 geborenen Sohn, dessen Vater in Jugoslawien aufhältig sei, im Bundesgebiet lebe, so wäre damit für sie nichts gewonnen. Denn diesfalls wäre die Erlassung des Aufenthaltsverbotes aufgrund des Dringend-geboten-seins dieser Maßnahme nach der genannten Bestimmung zulässig. Wer, wie die Beschwerdeführerin, grob rechtsmißbräuchlich (ausschließlich) zu dem Zweck vorgehe, sich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes wesentliche Berechtigungen zu verschaffen, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig erscheinen ließen.

Bei Annahme eines Eingriffes in das Privatleben der Beschwerdeführerin und der demnach - neben der Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot dringend geboten sei - auch erforderlichen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG sei die Zulässigkeit dieser Maßnahme auch nach dieser Bestimmung zu bejahen. Da das Ausmaß der Integration der Beschwerdeführerin im Hinblick darauf, daß Aufenthalt und Beschäftigung auf das besagte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführen seien, nicht wesentlich zu ihren Gunsten zu veranschlagen sei, wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf ihre Lebenssituation keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung hat die belangte Behörde zutreffend - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - die Eingehung einer Ehe allein zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen als Rechtsmißbrauch qualifiziert, der als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens anzusehen ist und solcherart die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt und der auch zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten erscheinen läßt und demnach diese Maßnahme im Grunde des § 19 FrG zulässig macht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/18/1333).

2. Die Bekämpfung der von der belangten Behörde - für den Fall des Vorliegens eines relevanten Eingriffes in das Privatleben der Beschwerdeführerin im Sinne des § 19 FrG (was vorliegend zu bejahen ist) - zu Recht als erforderlich angesehenen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG mit der Behauptung, es seien die privaten Interessen in keiner Weise entsprechend gewürdigt und berücksichtigt worden, ist nicht geeignet, die Abwägung und deren Ergebnis als rechtswidrig darzutun. Die belangte Behörde hat berücksichtigt, daß sich die Beschwerdeführerin seit 7. Jännner 1993 im Bundesgebiet aufhalte, ihr am 12. Dezember 1994 geborener Sohn im Bundesgebiet lebe und sie einer Beschäftigung nachgehe. Die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Ansicht, daß die - hinsichtlich der jeweiligen Berechtigung bloß auf das besagte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführenden - Tatsachen eines mehrjährigen Aufenthaltes und einer Beschäftigung sowie das daraus ableitbare Ausmaß einer Integration nicht wesentlich zu ihren Gunsten zu veranschlagen sei, ist unbedenklich. Es kann daher keine Rede davon sein, daß die belangte Behörde die privaten Interessen der Beschwerdeführerin "in keiner Weise entsprechend gewürdigt und berücksichtigt" hätte.

Das von der belangten Behörde gewonnene Abwägungsergebnis dahin, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme, begegnet im Hinblick auf die beschriebene große Beeinträchtigung öffentlicher Interessen durch das Verhalten der Beschwerdeführerin keinem Einwand.

3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahrens als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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