VwGH 95/18/0530

VwGH95/18/05305.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in U, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 30. Jänner 1995, Zl. Fr 3553/94, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 30. Jänner 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1994 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Jugoslawien gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen und festgestellt, daß die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat Jugoslawien zulässig sei.

Der Beschwerdeführer habe beantragt festzustellen, daß er in "Restjugoslawien", insbesondere im Kosovo, gemäß § 37 Abs. 1 bzw. Abs. 2 FrG bedroht sei. Er habe vorgebracht, im Jahr 1989 als Bergbauarbeiter aus politischen Gründen an einem Streik teilgenommen zu haben. In der Folge sei es seitens der serbischen Behörden zu Repressalien gekommen, insbesondere seien der Beschwerdeführer und seine Kollegen verhaftet worden. Es drohe dem Beschwerdeführer nunmehr als Angehörigem der albanischen Volksgruppe allein aus diesem Grund von den serbischen Behörden Verfolgung. Viele seiner damaligen "Streikkollegen" seien ohne Verfahren verhaftet und manche auch geschlagen worden. Von der Erstbehörde einvernommene Zeugen hätten den Streik bestätigt; behördliche Übergriffe und Mißhandlungen des Beschwerdeführers hätten jedoch nicht untermauert werden können. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß sein 17jähriger Sohn aus der Schule heraus verhaftet und von der Polizei geschlagen worden sei. Ein Bekannter des Beschwerdeführers sei nach seiner Abschiebung aus Deutschland verhaftet und im Gefängnis erschossen worden. Die serbischen Sicherheitskräfte im Kosovo würden planmäßig Terror und Folter gegenüber der albanischen Bevölkerungsgruppe betreiben. Frühere Arbeitskollegen des Beschwerdeführers würden, da er selbst nicht greifbar sei, immer wieder gegen seine Familie vorgehen.

Der Beschwerdeführer sei im Besitz eines am 30. August 1993 in Mitrovica (jener Stadt, in welcher im Jahr 1989 der besagte Streik stattgefunden habe) ausgestellten gültigen jugoslawischen Reisepasses, mit dem er ordnungsgemäß habe ausreisen können. Wie die Erstbehörde komme auch die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in der "Bundesrepublik Jugoslawien" gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei. Die Bedrohung müsse konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtet sein und nicht gegen Familienangehörige oder Bekannte. Der Hinweis auf die Situation im Kosovo reiche für sich allein nicht hin, um von einer Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 oder 2 leg. cit. ausgehen zu können, zumal die persönliche Situation des Fremden zu beurteilen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften vertritt die Beschwerde die Ansicht, daß die belangte Behörde noch weitere Ermittlungen hätte durchführen müssen, insbesondere eine Anfrage an die zuständigen Sicherheitsbehörden bzw. Verwaltungsbehörden im Bereich der Heimatstadt des Beschwerdeführers hätte richten müssen, ob der Beschwerdeführer "mit Repressalien bzw. Gefängnis oder Todesstrafe zu rechnen hätte, darüber hinaus auch versuchen müssen, meine Familie im Rechtshilfeweg einzuvernehmen".

1.2. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß es dem Fremden obliegt, von sich aus alles für eine Beurteilung der (allfälligen) Unzulässigkeit der Abschiebung nach § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen.

2.1. Diese Glaubhaftmachung hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG zum Gegenstand, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0049).

2.2. Wenn die belangte Behörde vorliegend zu dem Ergebnis gelangte, daß dem Beschwerdeführer die Glaubhaftmachung von ihm im Fall seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Jugoslawien drohenden Gefahren i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG nicht gelungen sei, so haftet dieser Beurteilung unter Zugrundelegung des hiefür im angefochtenen Bescheid als maßgeblich angenommenen - in der Beschwerde unbestritten gebliebenen - Sachverhaltes keine Rechtswidrigkeit an. Mit dem unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit erstatteten unkonkretisierten Beschwerdevorbringen, wonach er insbesondere in seiner Berufung "klar und nachvollziehbar nachgewiesen habe, daß nicht nur meiner Volksgruppe und einzelnen meiner Familienangehörigen, sondern mir ganz konkret und persönlich" Gefahren i.S. des § 37 Abs. 1 und 2 FrG im Fall der Rückkehr nach "Restjugoslawien" drohten, vermag der Beschwerdeführer die gegenteilige Annahme der belangten Behörde nicht zu entkräften. Vor allem verabsäumt er es darzutun, weshalb die Behörde angesichts der Ausstellung eines jugoslawischen Reisepasses an den Beschwerdeführer am 30. August 1993 verbunden mit einer darauf folgenden ungehinderten Ausreise nach Österreich zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, er sei aufgrund seiner Jahre zurückliegenden Teilnahme an einem Streik mit anschließender Verhaftung nunmehr im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat dort i. S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bedroht. Daß der pauschale Hinweis auf die Situation im Kosovo (in Ansehung der albanischen Volksgruppe) nicht geeignet ist, das Vorliegen stichhaltiger Gründe i.S. der vorgenannten Bestimmungen in bezug auf die Person des Beschwerdeführers glaubhaft zu machen, wurde von der belangten Behörde zutreffend erkannt.

3. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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