VwGH 95/18/0418

VwGH95/18/041819.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des Y in K, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. Jänner 1995, Zl. Fr-3601/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 5. Jänner 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei mit einem "Einreisesichtvermerk", gültig vom 26. August 1991 bis zum 26. September 1991, am 7. September 1991 in das Bundesgebiet gelangt. Aus diesem Sichtvermerk sei ersichtlich gewesen, daß er als "LKW-Fahrer" nach Österreich eingereist sei. Trotz des Endes der Gültigkeit dieses Sichtvermerkes habe der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nicht verlassen, sondern sich weiterhin ohne Berechtigung in Österreich aufgehalten. Am 6. März 1993 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gestellt; die Erteilung dieses Sichtvermerkes sei ihm mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 17. März 1994 versagt worden. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei somit seit dem 27. September 1991 rechtswidrig, da dieser auch über keine andere der in § 15 FrG aufgezählten Berechtigungen verfüge. An diesem Umstand vermögen auch seine Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin am 21. Jänner 1992 sowie der in der Folge ausgestellte Befreiungsschein nichts zu ändern.

Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu.

Der Beschwerdeführer bringe in seiner Berufung vor, daß er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und die Ausweisung daher gegen § 19 FrG verstoße. Zwar werde durch die Ausweisung in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen, doch sei seine Ausweisung im Grunde des § 19 FrG zulässig, da diese zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei.

Die Eheschließung des Beschwerdeführers könne nicht zu seinen Gunsten ausschlagen, da sie zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als dieser rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich habe rechnen dürfen. Dem Interesse an einem geordneten Fremdenwesen liefe es grob zuwider, wenn der Beschwerdeführer auf solche Weise den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte. Die belangte Behörde sei trotz Würdigung der privaten Interessen des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis gelangt, daß die öffentlichen Interessen bzw. die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Ausweisung unverhältnismäßig schwerer wögen als die Auswirkung einer Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Mit der Verfügung der Ausweisung sei nicht zwangsläufig die Abschiebung des Beschwerdeführers in sein Heimatland verbunden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "wegen Rechtswidrigkeit" aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer seit dem Ende der Geltungsdauer seines Sichtvermerkes, d.h. ab 27. September 1991, nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte, unbekämpft. Diese Beurteilung der belangten Behörde begegnet keinem Einwand. Damit liegt die in § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG normierte Voraussetzung für die Erlassung einer Ausweisung vor. Zu prüfen bleibt sohin die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 19 FrG.

2. Dazu vertritt die Beschwerde die Meinung, daß die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet zur Folge hätte, daß dieser bis zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von seiner Gattin getrennt leben müßte, wobei er hinsichtlich der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung "mit einer jahrelangen Wartefrist" rechnen müßte. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides bringt zweifelsfrei zum Ausdruck, daß die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Ausweisung einen im Sinn des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers darstelle, dessen persönliche Interessen aber gegenüber dem einen hohen Stellenwert einnehmenden maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, welches die Ausweisung des Beschwerdeführers dringend gebieten würde, zurückzustehen hätten. Diese Beurteilung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Denn einerseits kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0116). Andererseits sind die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich angesichts seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet in der Dauer von mehr als drei Jahren und drei Monaten - ein rechtmäßiger Aufenthalt bestand lediglich in der Dauer von 20 Tagen im September 1991 - nicht so stark ausgeprägt, und zwar auch nicht unter Bedachtnahme auf seine Eheschließung, daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse, zumal die Eheschließung - wie der angefochtene Bescheid zutreffend festhält - zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als der Beschwerdeführer nicht mit einem längeren rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich rechnen durfte und die Ehe somit nicht von wesentlichem Gewicht ist und folglich nicht zu seinen Gunsten auszuschlagen vermag.

3. Da - wie ausgeführt - dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte