Normen
AMSG 1994 §74 Abs1;
AMSG ÜbertragungsV Aufgaben des Bundes 1994 §3;
AuslBG §28a idF 1994/314;
AuslBG §34 Abs13 idF 1994/314;
AVG §62 Abs3;
AVG §63 Abs5;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §26 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AMSG 1994 §74 Abs1;
AMSG ÜbertragungsV Aufgaben des Bundes 1994 §3;
AuslBG §28a idF 1994/314;
AuslBG §34 Abs13 idF 1994/314;
AVG §62 Abs3;
AVG §63 Abs5;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §26 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr im Umfang der Einstellung des Strafverfahrens angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 16. Dezember 1994 wurde - unter anderem und soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - der Berufung der mitbeteiligten Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24 und 51 VStG insoweit Folge gegeben, als das hinsichtlich der Ausländerin B geführte Strafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt wurde.
Gegen diesen Bescheid, jedoch nur im Umfang der genannten Verfahrenseinstellung, richtet sich die vorliegende "Bescheidbeschwerde". Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem von ihr angenommenen Recht, daß "die Beschuldigte gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG bestraft werde", verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde wegen fehlender Beschwerdelegitimation zurückzuweisen; hilfsweise wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die mitbeteiligte Partei erstattete gleichfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Art. 131 Abs. 1 und 2 B-VG lauten:
"(1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen
Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:
1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges;
2. in den Angelegenheiten der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 sowie in jenen Angelegenheiten, in denen dem Bescheid eines Landes- oder Bezirksschulrates ein kollegialer Beschluß zugrunde liegt, der zuständige Bundesminister, soweit die Parteien den Bescheid im Instanzenzug nicht mehr anfechten können;
3. in den Angelegenheiten des Art. 15 Abs. 5 erster Satz die zuständige Landesregierung gegen Bescheide des zuständigen Bundesministers.
(2) Unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten Fällen Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit zulässig sind, wird in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen bestimmt."
Soweit die beschwerdeführende Partei ihre Beschwerde auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG stützt, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang ihr wegen ihrer Organparteistellung im Verwaltungsstrafverfahren eine derartige Beschwerdebefugnis zukommt. Das von ihr geltend gemachte Recht auf Bestrafung der mitbeteiligten Partei steht ihr jedenfalls nach dem AuslBG nicht zu. Ihre Beschwerde ist daher, soweit sie sich auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG beruft, schon deshalb zurückzuweisen, weil sie kein subjektives Recht auf Bestrafung des Beschuldigten (der mitbeteiligten Partei) hat.
Soweit die Beschwerde als Amtsbeschwerde nach § 28a AuslBG iVm Art. 131 Abs. 2 B-VG zur Wahrung der objektiven Rechtmäßigkeit zu werten ist, ist folgendes zu bemerken:
Mit dem am 28. April 1994 im Bundesgesetzblatt kundgemachten Arbeitsmarktservice-Begleitgesetz (AMS-BegleitG; BGBl. Nr. 314/1994) sind mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1994 folgende im Beschwerdefall in Betracht zu ziehende Änderungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG; Stammfassung BGBl. Nr. 218/1975) erfolgt:
"§ 28a lautet:
"Beteiligung am Verwaltungsstrafverfahren
§ 28a. Das Arbeitsinspektorat hat im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung und ist berechtigt, Berufung gegen Bescheide sowie Einspruch gegen Strafverfügungen zu erheben. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist berechtigt, gegen Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Dem § 34 wird folgender Absatz 13 angefügt:
(13) Die §§ 2 Abs. 4, 3 Abs. 3, 4 und 5, 4 Abs. 6 Z. 1 und Abs. 9, 4b Abs. 2 Z. 2, 5 Abs. 3, 6 Abs. 1 und 3, 8 Abs. 2, 14 Abs. 2, 14d Abs. 1 und 2, 14f Abs. 3, 15 Abs. 4, 16 Abs. 3, 18 Abs. 3, 4, 5, 6 und 7, 19 Abs. 1, 3, 4 und 7, 20, 20a, 20b, 22, 23, 26 Abs. 1 und 5, 27, 28 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3, 28a, 30 und 30a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 314/1994 treten mit 1. Juli 1994 in Kraft. Bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales gemäß § 74 Abs. 1 des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. Nr. 313/1994, obliegen die Aufgaben und Befugnisse der Arbeitsinspektorate und des Bundesministers für Arbeit und Soziales gemäß §§ 28a, 30 und 30a den jeweiligen Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und die Aufgaben und Befugnisse der Arbeitsinspektorate gemäß §§ 26, 27 und 28 den jeweiligen regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice."
Ausgehend von dieser ab 1. Juli 1994 neu geschaffenen Normenlage steht demnach die Befugnis zur Erhebung einer Amtsbeschwerde in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (Art. 131 Abs. 2 B-VG i.V.m. § 28a AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994) gegen Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate dem Bundesminister für Arbeit und Soziales zu. Hingegen ist die beschwerdeführende Partei (Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol) lediglich zu einer zeitlich begrenzten Wahrnehmung der dem Bundesminister für Arbeit und Soziales zukommenden Beschwerdebefugnis ermächtigt. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat von der gemäß § 34 Abs. 13 AuslBG eingeräumten Verordnungsermächtigung durch Erlassung der Verordnung vom 20. Dezember 1994 (BGBl. Nr. 994/1994) Gebrauch gemacht. In dieser Verordnung hat der genannte Bundesminister folgendes verordnet:
"Aufgrund des § 74 Abs. 1 des Arbeitsmarktservicegesetzes (AMSG), BGBl. Nr. 313/1994, und des § 14 Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 6 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (ArbIG), BGBl. Nr. 27, wird verordnet:
§ 1. Die in den §§ 26, 27, 28, 28a, 30 und 30a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung des Art. 11 des Arbeitsmarktservice-Begleitgesetzes, BGBl. Nr. 314/1994, und des Art. X des Arbeitnehmer Innenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, den Arbeitsinspektoraten zugeordneten Aufgaben und Befugnisse gehen mit Wirkung vom 1. Jänner 1995 von den jeweiligen Landesgeschäftsstellen und regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice auf die Arbeitsinspektorate für den
8. Aufsichtsbezirk in St. Pölten, für den 10. Aufsichtsbezirk in Salzburg, für den 11. Aufsichtsbezirk in Graz, für den
13. Aufsichtsbezirk in Klagenfurt, für den 14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck, für den 15. Aufsichtsbezirk in Bregenz, für den
16. Aufsichtsbezirk in Eisenstadt, für den 19. Aufsichtsbezirk in Wels und an das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien über. Der örtliche Wirkungsbereich dieser Arbeitsinspektorate für die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erstreckt sich auf das jeweilige Bundesland. Auch die übrigen Arbeitsinspektorate haben im Rahmen ihres örtlichen Wirkungsbereiches auf die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu achten und die Arbeitsinspektorate für den 8., 10., 11., 13., 14., 15., 16. und 19. Aufsichtsbezirk sowie das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten bei der Wahrnehmung der ihnen zugeordneten Aufgaben und Befugnisse nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu unterstützen. Die in den §§ 28a und 30 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dem Bundesminister für Arbeit und Soziales zugeordneten Aufgaben und Befugnisse gehen mit Wirkung vom 1. Jänner 1995 von den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice auf den Bundesminister für Arbeit und Soziales über.
§ 2. Durch die Übertragung von Aufgaben des Bundes vom Arbeitsmarktservice auf Behörden des Bundes entsteht kein vom Bund einem anderen Rechtsträgern zu ersetzender Aufwand.
§ 3. Die Landesgeschäftsstellen und regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice haben sämtliche am 31. Dezember 1994 anhängigen Geschäftsfälle und Verfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen."
Nach der genannten Verordnung geht die in Rede stehende Beschwerdebefugnis somit grundsätzlich mit 1. Jänner 1995 auf den Bundesminister für Arbeit und Soziales über. Zur Erhebung der vorliegenden, am 22. Mai 1995 dem Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde wäre die beschwerdeführende Partei (Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice) demnach nur dann berechtigt gewesen, wenn das Verfahren im Sinne des § 3 der genannten Verordnung am 31. Dezember 1994 noch anhängig gewesen ist.
Die Betrachtung des Verfahrensverlaufes vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zeigt jedoch, daß der angefochtene Bescheid am Ende der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 1994 in Anwesenheit des Vertreters der mitbeteiligten Partei und des Vertreters der beschwerdeführenden Partei mündlich verkündet wurde. Diese Bescheidverkündung wurde in der Niederschrift über die Verhandlung vom 16. Dezember 1994 ordnungsgemäß beurkundet.
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bereits durch den mündlich verkündeten Bescheid am 16. Dezember 1994 abgeschlossen wurde. Daran hat das am 14. April 1995 (mithin nach Ablauf der Frist des § 62 Abs. 3 AVG) an die belangte Behörde gerichtet gewesene Verlangen der beschwerdeführenden Partei, eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides zuzustellen, nichts mehr geändert. Im Hinblick auf den bereits mit seiner mündlichen Verkündung am 16. Dezember 1994 erlassenen und daher rechtlich existierenden Bescheid konnte nämlich diese Zustellung einer schriftlichen Bescheidausfertigung nur mehr für den Lauf einer Rechtsmittelfrist von Bedeutung sein (vgl. hiezu sinngemäß die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1994, Zl. 93/09/0048, und vom 29. September 1992, Zl. 91/09/0186). Bezogen auf die Sach- und Rechtslage des vorliegenden Beschwerdefalles hätte die belangte Behörde die am 18. April 1995 ihr zugekommene schriftliche Bescheidausfertigung im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 4 VwGG dem im damaligen Zeitpunkt zur Erhebung der Amtsbeschwerde befugten Organ (Bundesminister für Arbeit und Soziales) zur Kenntnis bringen müssen.
Da somit das Verfahren am 31. Dezember 1994 nicht mehr anhängig (sondern bereits am 16. Dezember 1994 abgeschlossen) war, fehlte aber der beschwerdeführenden Partei die Ermächtigung, im vorliegenden Beschwerdefall die im Zeitpunkt ihrer Erhebung bereits dem Bundesminister für Arbeit und Soziales zukommende Amtsbeschwerdebefugnis wahrzunehmen. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung (fehlende Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Partei) in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz an die mitbeteiligte Partei beruht auf den §§ 47 Abs. 3 und 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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