Normen
AVG §62 Abs2;
BDG 1979 §103 Abs4 idF 1991/362 ;
BDG 1979 §103 Abs4 idF 1991/362;
BDG 1979 §124 Abs12;
BDG 1979 §124 Abs14;
BDG 1979 §126 Abs3;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §93;
BDG 1979 §95 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs3;
BDGNov 02te 1991 Art1 Z9;
B-VG Art131 Abs2;
Novellen BGBl1991/362 Art8 Abs1 Z6;
AVG §62 Abs2;
BDG 1979 §103 Abs4 idF 1991/362 ;
BDG 1979 §103 Abs4 idF 1991/362;
BDG 1979 §124 Abs12;
BDG 1979 §124 Abs14;
BDG 1979 §126 Abs3;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §93;
BDG 1979 §95 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs3;
BDGNov 02te 1991 Art1 Z9;
B-VG Art131 Abs2;
Novellen BGBl1991/362 Art8 Abs1 Z6;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die Mitbeteiligte steht als Revidentin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; ihre Dienststelle war das Postamt XY, das sie seit 1. Jänner 1984 leitete; derzeit ist sie bei einer Dienststelle des Fernmeldebetriebsdienstes eingesetzt. Der Beschwerdeführer ist der seit 7. Dezember 1989 bestellte Stellvertreter des Disziplinaranwaltes bei der Disziplinaroberkommission für den Bereich des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr.
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erließ folgendes Disziplinarerkenntnis vom 18. Dezember 1990:
"F, Revidentin, Postamt XY, ist schuldig:
- 1. im Zeitraum Juni 1985 bis zumindest April 1990 in das PSK-Privatsparbuch, Nr. nnn, Beträge in unbekannter bzw. in der Höhe von S 5.000,-- eingetragen, mit dem Orts- und Tagesstempel ordnungsgemäß bestätigt, jedoch nicht für die Österreichische Postsparkasse verrechnet,
- 2. am 27. Oktober und 23. November 1988, 12. Jänner und 14. April 1989 in vier widerrechtlichen Zugriffen aus dem PSK-Privatsparbuch zu KontoNr. nn1 den Betrag von
S 214.000,--,
- 3. im Zeitraum Juli 1986 bis September 1988 in insgesamt 26 widerrechtlichen Zugriffen aus dem PSK-Sparbuch zu KontoNr. nn2 den Betrag von S 519.727,99,
- 4. am 15. Juni und 6. Juli 1989 in zwei widerrechtlichen Zugriffen aus dem PSK-Sparbuch zu KontoNr. nn3 den Betrag von S 200.000,-- sowie
- 5. am 12. September 1989 und 22. Jänner 1990 in zwei widerrechtlichen Zugriffen aus dem PSK-Privatsparbuch zu KontoNr. nn4 den Betrag von S 200.000,-- abgehoben und in weiterer Folge für Privatzwecke verwendet zu haben.
Diesbezüglich hat die Staatsanwaltschaft Eisenstadt die zu den Punkten 1 bis 5 erstattete Strafanzeige am 29. August 1990 zurückgelegt.
Durch ihr Verhalten hat Revidentin F gegen die Pflichten, ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979) sowie in dem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 leg. cit.), verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 leg. cit. begangen. Es wird deshalb über sie gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt."
Der Begründung dieses Bescheides ist zu entnehmen, daß die Mitbeteiligte seit 13. September 1976 im Postdienst steht; vom 23. April bis einschließlich 13. August 1990 habe sie sich gemäß § 5 des Mutterschutzgesetzes in Schutzfrist und dann bis 17. Juni 1991 in einem Karenzurlaub gemäß § 15 des Mutterschutzgesetzes befunden. Anläßlich einer Sparguthabensauflösung eines Kunden am 5. Juli 1990 sei festgestellt worden, daß der Betrag des Guthabens lediglich
S 1.187,46 ausmache. Eine unverzüglich eingeleitete Überprüfung durch die zuständigen Stellen der Postsparkasse habe ergeben, daß zum genannten Sparbuch insgesamt vier Rückzahlungen verrechnet worden seien, die im Privatsparbuch nicht verbucht worden seien. Dazu sei am 5. Juli 1990 die Mitbeteiligte durch Organe der Postinspektion niederschriftlich einvernommen worden. Sie habe dabei zugegeben, bei insgesamt vier widerrechtlichen Zugriffen aus dem genannten Sparbuch einen Betrag von 214.000 S abgehoben zu haben. Zuzüglich der Zinsen bis 5. Juli 1990 habe sich sohin ein Betrag in der Höhe von
S 224.553,87 ergeben. Die Mitbeteiligte sei geständig gewesen und habe zugegeben, den Betrag in der genannten Höhe veruntreut zu haben. An den jeweiligen Tagen der widerrechtlichen Abhebungen habe sie einen Rückzahlungsschein selbst ausgefüllt und in weiterer Folge im Schalterstreifen und in der blauen Tagesrechnung in anderen Summen mitverrechnet. Das Losungswort zu dem Sparbuch habe sie deshalb gewußt, weil auf jedem Postamt ein Stammblatt mit den jeweiligen Daten der Sparer aufliege. Auch ein allfälliger Guthabensrest habe daher leicht eruiert werden können. Der widerrechtlich abgehobene Betrag sei von der Mitbeteiligten noch am gleichen Tage zur Gänze beglichen worden. Weiters habe die Mitbeteiligte zugegeben, folgende Beträge widerrechtlich abgehoben und für private Zwecke verwendet zu haben:
- "a) Aus dem Privatsparbuch "Prämien-Treuesparen" zu KontoNr. nn4, Bezeichnung; E am 12. September 1989
S 100.000,-- und am 22. Jänner 1990 S 100.000,--,
- b) aus dem Privatsparbuch "Prämien-Treuesparen" zu KontoNr. nn3, Bezeichnung: D am 15. Juni 1989 S 100.000,-- und am 6. Juli 1989 S 100.000,--, somit insgesamt
S 400.000,--. Auch dazu habe sich die Beschuldigte bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme voll geständig gezeigt und zugegeben, den genannten Betrag auf die gleiche Art und Weise veruntreut zu haben. Ferner habe die Beamtin zugegeben, ab Juli 1986 bis September 1988
26 widerrechtliche Abhebungen aus dem Privatsparbuch KontoNr. nn2 in der Gesamthöhe von S 519.727,99 (ohne Zinsen) vorgenommen zu haben. Auch hiezu habe sich die Beschuldigte voll geständig gezeigt. Unter Berücksichtigung der Zinsenerträge ergebe sich zu diesem Zeitpunkt eine Schadenssumme von S 989.266,36. Dieser Betrag sei von der Beamtin am 13. Juli 1990 auf das Konto der Postdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland eingezahlt worden. Als Grund für ihre Handlungsweise habe die Beschuldigte finanzielle Schwierigkeiten (Kredite in der Höhe von S 1,600.000,--, große Rückzahlungsraten) angegeben. Am 11. September 1990 sei die Beamtin auch zu Manipulationen, die sie ebenfalls auf einem Sparbuch ihrer Großmutter vorgenommen gehabt habe, befragt worden. Sie sei geständig gewesen, für das PSK-Privatsparbuch, Bezeichnung "XXX", lautend auf C, mit der Nummer nn5 das am 4. Juni 1985 eröffnet worden sei, nur fallweise S 5.000,-- eingezahlt und auch im Schalterstreifen verrechnet zu haben, in den meisten Fällen und zwar in der Zeit von Juni 1985 bis zumindest April 1990 jedoch lediglich S 5.000,-- oder Beträge in unbekannter Höhe in das Sparbuch zwar eingetragen und mit dem Orts- und Tagesstempel bestätigt, aber nicht für die Österreichische Postsparkasse verrechnet, sondern für sich verwendet zu haben. Deshalb habe die Postsparkasse auch keine Aufzeichnungen darüber führen können. Eine exakte Prüfung der Angelegenheit hätte nur dann erfolgen können, wenn die Inhaberin des Privatsparbuches ihre Zustimmung zur Einsicht erteilt hätte. Um die Manipulationen zu verschleiern und den Kontostand bei der Postsparkasse auch den tatsächlichen Kontostand dem Sparbuch anzugleichen, habe die Beschuldigte am 20. April 1990 den Betrag von S 116.905,-- eingezahlt und der Verrechnung zugeführt, aber nicht im Sparbuch eingetragen, denn sonst würde ja ein Betrag von weit über S 200.000,-- aufgeschienen sein. Darüber hinaus ist am 6. Mai 1990 von der Großmutter der Beschuldigten auf das genannte Sparbuch ein Betrag von S 5.000,-- eingezahlt worden, sodaß der derzeitige Kontostand per Saldo 10. September 1990 laut Auskunft der Österreichischen Postsparkasse auf S 128.656,61 laute. Es liege sohin kein wie immer gearteter Schaden vor. Als Motiv für ihre Handlungsweise habe die Beschuldigte große finanzielle Engpässe, bedingt durch Kreditaufnahmen, angegeben. Sie habe daher keine andere Möglichkeit gesehen, als auf diese Art und Weise Geld zu beschaffen. Die Strafanzeige gegen die Beamtin sei am 29. August 1990 in der Staatsanwaltschaft Eisenstadt zurückgelegt worden.
Die Disziplinarkommission sei davon ausgegangen, daß die Mitbeteiligte in den im Spruch angeführten Zeitraum voll zurechnungsfähig gewesen sei, vorsätzlich gehandelt habe und es ihr hätte zugemutet werden können, daß sie sich auf Grund ihrer Intelligenz, der mehrjährigen Erfahrung im Postdienst und der abgelegten Dienstprüfungen sowie ihrer Stellung als Amtsleiterin rechtmäßig verhalte. Durch das durchgeführte Beweisverfahren sei eindeutig bewiesen, daß die Anschuldigungen zu Recht bestünden. Die Mitbeteiligte sei daher schuldig zu sprechen gewesen, wobei als entscheidendster Gesichtspunkt angenommen worden sei, daß sich die Post- und Telegraphenverwaltung auf die Vertrauenswürdigkeit bei einer Amtsleiterin in Ausübung ihres Dienstes verlassen können müsse. Dieses Vertrauensverhältnis sei die Grundlage des österreichischen Beamtentums und sei in diesem Fall so schwer erschüttert worden, daß auf Grund der mangelnden moralischen und charakterlichen Festigkeit der Mitbeteiligten eine weitere Tragbarkeit für einen geordneten Dienstbetrieb im Postdienst, der im gegebenen Fall zwangsläufig mit der Besorgung der Geldgebarung verbunden sei, nicht mehr gegeben sein könne. Die ausgesprochene Entlassung sei keine Strafe, die der Vergeltung diene, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, eine zwangsläufige Folgerung aus der Unvereinbarkeit eines Verhaltens mit dem weiteren Verbleib der Mitbeteiligten im Dienst. Es seien schwere und schuldhafte Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 vorgelegen, die auch von der Verteidigung nicht in Abrede gestellt worden seien. Der Antrag der Verteidigung auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Beendigung des Karenzurlaubes der Mitbeteiligten mit der Begründung, daß über diese gemäß § 92 Abs. 2 BDG 1979 mangels Vorliegens einer besoldungsrechtlichen Stellung zum Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses die Disziplinarstrafe der Geldbuße bzw. der Geldstrafe nicht verhängt werden könne, habe abgewiesen werden müssen, weil die dienstrechtliche Stellung der Mitbeteiligten sowohl zum Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzung als auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und der Fällung des Erkenntnisses aufrecht gewesen sei.
Auch die Einwendungen der Verteidigung, die im Verhandlungsbeschluß angeführten, vor dem 5. Juli 1987 begangenen Dienstpflichtverletzungen wären verjährt, seien unhaltbar. Es handle sich hiebei um sogenannte fortgesetzte Delikte, weil mehrere gleichartige Einzelhandlungen den Tatbestand desselben Deliktes erfüllen, in dasselbe Rechtsgut eingreifen, in erkennbarem zeitlichen Zusammenhang stehen sowie von einem sogenannten Gesamtvorsatz getragen seien. Zum Vorbringen der Verteidigung, daß die Zugriffe auf das Privatsparbuch der Großmutter der Mitbeteiligten ohne Strafantrag des Sparbuchinhabers gerichtlich nicht zu ahnden gewesen seien, sei festzustellen gewesen, daß es sich bei den im Verhandlungsbeschluß angeführten Anschuldigungen jedenfalls aber um Dienstpflichtverletzungen handle, deren allfällige strafrechtliche Ahndung die Disziplinarstrafe unter Umständen zwar beeinflussen, aber nicht unbedingt ausschließen könnten. Hinsichtlich des Punktes 1) des Verhandlungsbeschlusses sei die Mitbeteiligte freizusprechen gewesen, weil in diesem Fall die Schadensgutmachung bereits vor der Einleitung behördlicher Erhebungen aus eigenem Antrieb erfolgt sei. Den Ausführungen der Verteidigung, die Disziplinarstrafe des Verweises zu verhängen, habe aus den oben angeführten Gründen nicht gefolgt werden können. Als mildernd seien bei der Strafbemessung die Verübung der Tat durch drückende, nicht durch Arbeitsscheu verursachte Notlage, und bei Einwirkung eines Dritten oder aus Furcht oder Gehorsam sowie das reumütige Geständnis, als erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen in derselben Art durch längere Zeit hindurch gewertet worden.
Der von der Mitbeteiligten gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge gegeben und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis dahingehend abgeändert, daß über die Mitbeteiligte als Disziplinarstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 eine Geldstrafe im Höchstausmaß verhängt und deren Abstattung in 36 Monatsraten bewilligt wurde. Dieser Bescheid wurde am 6. Juni 1991 gefällt und mündlich verkündet, nicht aber über die Tatsache der Verkündung hinaus beurkundet; dem Beschwerdeführer wurde der angefochtene Bescheid erst am 30. September 1991 zugestellt.
Zur Begründung des angefochtenen Bescheides wird nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung sowie nach Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen der Mangelhaftigkeit des Verhandlungsbeschlusses und der Verjährung, das nicht als gerechtfertigt gewertet wird, im wesentlichen weiter ausgeführt:
Hinsichtlich der Strafbemessung, die mit der Berufung ebenfalls angefochten worden sei, habe die belangte Behörde grundsätzlich vom § 93 Abs. 1 BDG 1979 auszugehen gehabt, nach dem die Schwere der Dienstpflichtverletzung das Maß für die Höhe der Strafe bilde, wobei noch auf die Erschwerungs- und Milderungsgründe, auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten sowie darauf Bedacht zu nehmen sei, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe geeignet sei, ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Der Disziplinarbehörde erster Instanz sei insofern beizutreten, als im vorliegenden Fall schwerste Dienstpflichtverletzungen gegeben seien, die im allgemeinen infolge des eingetretenen Vertrauensverlustes eine Untragbarkeit der Mitbeteiligten für den öffentlichen Dienst zufolge haben müßte. Wenn nun dennoch von der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung Abstand genommen werde, so sei dies wegen der sich aus den besonderen Umständen des Falles und aus der Persönlichkeit der Mitbeteiligten ergebenden Gründe.
Das Beweisverfahren habe ergeben, daß die Mitbeteiligte in eine nahezu ausweglose finanzielle Situation geraten gewesen sei, die aus ihrer Sicht nicht anders lösbar erschien, als durch Inkaufnahme des "kleineren Übels" der Begehung strafbarer Handlungen. Aufmerksam gemacht von einem Kollegen im Verlaufe einer PSK-Schulung, der gleichartige Malversationen vorgenommen gehabt habe, habe sich die Mitbeteiligte Hilfe durch das Vergreifen an fremdem Geldvermögen, zu dem sie im Zusammenhang mit der Besorgung des PSK-Privatsparverkehrs in Verbindung mit ihrer dienstlichen Stellung Zugang gehabt habe, versprochen.
Nicht unbeachtet habe auch bleiben können, daß die Gebarung mit anonymen Sparbüchern und Spareinlagen im Rahmen des PSK-Privatsparverkehrs organisatorische Schwachstellen aufweise, die in Verbindung mit erheblichen Lücken in den Kontrollmechanismen jedenfalls im Bereich der kleinen und Kleinst-Postämter zum Tragen komme. Diese Gegebenheiten, die sowohl der PSK als auch den mit dem PSK-Privatsparverkehr befaßten Postbediensteten bekannt seien, dürften die Handlungen der Mitbeteiligten wesentlich begünstigt und erleichtert haben. Tatsache sei, daß die Mitbeteiligte die in Rede stehenden Schwachstellen und Lücken durch sechs Jahre hindurch unentdeckt zu Manipulationen habe ausnützen können:
1. Aus den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) ergebe sich, daß die Bank PSK die Verantwortung für die gesetzeskonforme Durchführung des von der Mitbeteiligten besorgten PSK-Privatsparverkehrs im Sinne der §§ 18 und 19 KWG trage. Gemäß § 18 Abs. 3 und 7 KWG dürften Auszahlungen aus Spareinlagen nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden und sei jede aus einer Spareinlage geleistete Auszahlung auf der Sparurkunde zu vermerken. Nach den Erläuterungen zum KWG handle es sich bei den Bestimmungen des § 18 KWG um zwingende Rechtsvorschriften, die ein größtmögliches Maß an Ordnungsmäßigkeit und Sicherheit gewährleisten sollten. Die PSK habe demnach durch Setzen von entsprechenden organisatorischen Maßnahmen im Sinne der sich aus der ihr obliegenden Verantwortung ergebenden Pflichten zu gewährleisten, daß entsprechend der Absicht des Gesetzgebers auch im Bereich der Postämter des Bundes Auszahlungen aus anonymen Spareinlagen nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden könnten (§ 18 Abs. 7 KWG) und daß jede aus einer Spareinlage geleistete Auszahlung in der Sparurkunde vermerkt werde (§ 18 Abs. 3 KWG).
2. Die vom Gesetzgeber im KWG festgelegte Vorgangsweise bei der Besorgung der "Spareinlagengeschäfte" sei von der PSK für den Bereich des "anonymen Sparens" dadurch umgehbar gemacht, als sie die Postämter als "Stammpostämter" von "jeder Änderung des Kontostandes" der Spareinlage ihrer "Stammkunden" mit einem "Standblatt" benachrichtige. Das Standblatt enthalte weiters das Datum der Ausgabe des Standblattes, die Nummer des Privatsparbuches, dessen Bezeichnung sowie ein allfälliges Losungswort. Mit dem "Standblatt" verfügten die Postämter als Stammpostämter betreffend die PSK-Privatspargeschäfte ihrer "Stammkunden" über alle maßgebenden Daten im Sinne des § 18 KWG. Durch diese Daten, insbesondere durch die laufende Bekanntgabe des jeweils letzten Kontoguthabens, würden die mit der Besorgung des PSK-Privatsparverkehrs beschäftigten Postbediensteten in die Lage versetzt, jederzeit eine Auszahlung aus einer anonymen Spareinlage in die Wege zu leiten, ohne daß die entsprechende Sparurkunde tatsächlich vorliege bzw. ohne daß die Postbediensteten in die Sparurkunde Einsicht nehmen müßten, um das jeweilige letzte Kontoguthaben in Erfahrung zu bringen. Durch diese von der PSK aus geschäftspolitischen Gründen getroffenen "organisatorischen" Maßnahmen werde einerseits die Voraussetzung geschaffen, daß die Bestimmung des § 18 Abs. 7 KWG erfolgreich durch Postbedienstete unterlaufen werden könne und andererseits bewirkt, daß die im KWG vorgesehene Sicherungsmaßnahme wirkungslos werde. Daß dem so sei beweise ein Umehrschluß: Ohne Kenntnis des jeweils letzten Kontoguthabens sei es einem Postbediensteten kaum oder nur äußerst schwer möglich, unzulässige Auszahlungen aus anonymen Spareinlagen durchzuführen, ohne ernsthaft befürchten zu müssen, die kontoführende Stelle der PSK würde diese Manipulationen in kürzester Zeit aufdecken.
3. Die PSK habe im Jahre 1976 aus Wettbewerbsgründen, und zwar um das anonyme Sparen im Rahmen des Postsparverkehrs zu beleben, ein neues Überbringersparbuch, nämlich das "PSK-Privatsparbuch", geschaffen. Das PSK-Privatsparbuch habe das "Allzweck-Sparbuch (Überbringersparbuch)" abgelöst, mit dem zwar bei allen Postämtern Einlagen hätten geleistet werden können, Zurückzahlungen aber nur bei der Postsparkasse in Wien und bei den Außenzahlstellen der PSK in Linz, Salzburg, Innsbruck, Graz und Klagenfurt nach fernmündlicher Auszahlungsermächtigung durch die Postsparkasse in Wien möglich gewesen wären. Außerdem seien die Allzweck-Sparbücher nur von der Postsparkasse in Wien und ihren Außenzahlstellen ausgegeben worden. Um mit dem PSK-Privatsparbuch ein "voll konkurrenzfähiges anonymes Sparbuch" am Markt anbieten zu können, hätten im Gegensatz zum alten Überbringersparbuch alle 2300 Postämter nicht nur ermächtigt, "anonyme Sparbücher" nunmehr selbst auszugeben, sondern auch befugt werden müssen, Ein- und Rückzahlungen durchzuführen. Außerdem seien die Postämter als "Stammpostämter" befugt worden, an Stammkunden Rückzahlungen bis 20.000 S ohne fernmündliche Auszahlungsermächtigung durch die PSK in Wien, also unmittelbar (autonom) durchzuführen. Durch diese "organisatorischen Maßnahmen" seien aus Wettbewerbsgründen auf einem sehr sensiblen Gebiet, dem "anonymen" Sparen, quasi über Nacht alle 2300 Postämter, einschließlich der dort tätigen ca. 8000 Landbriefträger, mit Befugnissen ausgestattet worden, die zuvor - offenbar im Hinblick auf die gegebenen Risken - nur die Postsparkasse in Wien und in einem erheblich eingeschränkten Umfang deren Außenzahlstellen in den Landeshauptstädten gehabt hätten.
4. Tatsache sei, daß die Strukturierung der 2300 Postämter eine äußerst unterschiedliche sei. Es gebe ganz große, mittlere, kleine und ganz kleine Postämter. Die kleinen und die ganz kleinen Postämter - und diese seien in der Überzahl - verfügten über kein wirksames internes Kontrollsystem, weder im Sinne des Vier-Augen-Prinzips noch im Sinne einer amtlichen Kontrolle; es gebe bei diesen Postämtern keinen "echten" Leiter des Amtes, in der Regel würden die verschiedensten Funktionen, die es in einem Postamt gebe, in Personalunion wahrgenommen. Auf Grund dieser Gegebenheiten komme es bei der Gebarung mit "anonymen" Sparbüchern und Sparkunden im Bereich der kleinen und ganz kleinen Stammpostämter zu einer bedenklichen Risikoanhäufung, die mangels anderer Möglichkeiten - lediglich durch eine besonderes ausgeprägte Moralität der bei diesen Stammpostämtern beschäftigten "Postbediensteten", die überwiegend eine niedere dienstrechtliche Stellung hätten -, abgefangen werden könne. Die in Rede stehende Risikoanhäufung werde durch einen weiteren Umstand - der offenbar von der PSK aus geschäftpolitischen Gründen positiv bewertet werde - erhöht: Die bei den kleinen und ganz kleinen Postämtern mit dem "anonymen" Sparverkehr beschäftigten Postbediensteten hätten als Ortsansässige bzw. als Ortskundige einen oft sehr intimen Einblick in die Privatsphäre ihrer Stammkunden. Dieser Einblick werde durch "Informationen" aus dem "Standblatt" erheblich erweitert, sodaß die in Rede stehenden Postbediensteten vielfach nicht nur wüßten, wer über "anonymes" Geldvermögen verfüge, sondern auch wie hoch dieses "anonyme" Geldvermögen sei sowie ob und wie häufig es bewegt werde oder ob es seit Jahren nur anwachse. Auf der Grundlage dieser Fakten werde nur schwer in Abrede gestellt werden können, daß der eine oder andere Postbedienstete, der sich unverschuldet oder verschuldet in einer prekären persönlichen oder familiären finanziellen Notsituation befinde, der besonders großen Versuchung nicht widerstehen könne, sein einschlägiges Wissen über "anonymes Geldvermögen und dessen Verfügbarkeit" nicht nur im Interesse der PSK, sondern auch für höchstpersönliche Zwecke zu verwerten.
5. Da die in Rede stehenden Schwachstellen und die daraus resultierenden Risken den zuständigen Stellen bekannt seien, diese aber vermutlich aus Gründen der Geschäfts- und Wettbewerbspolitik nicht gewillt gewesen seien, diese zu beseitigen, werde den zuständigen Stellen eine Mitverantwortung im Falle von Manipulationen aus dem Titel der Fürsorgepflicht wegen denkbarer Überforderung der psychisch-moralischen Kräfte von Dienstnehmern, die sich in einer Notsituation befänden und der Versuchung, die in Rede stehenden Schwachstellen auszunutzen, nicht widerstehen könnten, anzulasten sein. Denn der PSK komme nämlich nicht nur als staatlicher Bank, sondern zweifellos auch als "Quasi-Dienstgeber" Vorbildfunktion zu. Demnach sei die PSK auf Grund der ihr obliegenden Organisations- und Kontrollverantwortung nicht nur gehalten, die jeweilige Aufgabenerfüllung so zu organisieren, daß die gesetzeskonforme Durchführung der von den Postämtern des Bundes in ihrem Namen zu besorgenden Bankgeschäfte zu gewährleisten wären; ihr obliege es auf Grund ihrer aus der Fürsorgepflicht ergebenden Schutzpflicht auch dafür Sorge zu tragen, daß einem Mitarbeiter nicht "gefährliche Arbeiten" alleinverantwortlich, das bedeute ohne Unterstützung bzw. Absicherung durch wirksame Kontrollmaßnahmen und -einrichtungen zugewiesen würden, von dem anzunehmen sei, daß er sie wegen Überforderung seiner physischen, psychischen-moralischen Kräfte, seiner fachlichen Kenntnisse bzw. wegen besonderer Umstände des Falles ohne Schaden für sich selbst und seine Angehörigen auszuführen nicht im Stande sei.
Im Arbeitsrecht sei einhellig anerkannt, daß den Dienstgeber nicht nur die Entgeltspflicht, sondern auch eine sehr umfassende Fürsorgepflicht gegenüber dem Dienstnehmer treffe. Der Grund dafür liege darin, daß der in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliederte Dienstnehmer in erhöhtem Maße den verschiedensten "Gefahren" der Dienstgebersphäre ausgesetzt sei. Der Gesetzgeber wolle durch die dem Arbeitgeber auferlegte Fürsorgepflicht vermeiden, daß der Dienstgeber Arbeitsbedingungen so gestalte, daß den Dienstnehmern bei der Verrichtung der gebotenen Dienste Risken unternehmensspezifischer und -politischer Art, die zu tragen dem Unternehmer zukomme, treffen könnten. Der Dienstgeber habe die Arbeitsbedingungen vielmehr so zu gestalten, daß nicht nur das Leben und die Gesundheit des Dienstnehmers möglichst geschützt, sondern auch andere immaterielle und materielle Belange des Dienstnehmers gewahrt würden. Die Tatsache, daß die gegebene Organisation für die Besorgung der PSK-Privatspargeschäfte nicht in jeder Hinsicht den sich aus der Fürsorgepflicht ergebenden Schutz- und Sorgfaltsverpflichtungen entspreche, könne das strafbare Verhalten der Mitbeteiligten in keiner Weise rechtfertigen und dürfe auch nicht davon ablenken, daß ein bedenkliches charakterliches und moralisches Versagen vorliege. Sie stelle aber zweifellos einen Milderungsgrund dar, der zu berücksichtigen gewesen sei.
Für die Mitbeteiligte sei weiters in Rechnung zu stellen, daß sie offenbar dem negativen Einfluß ihres zwischenzeitlich verstorbenen Ehegatten unterlegen sei und Angst vor seinen Tätlichkeiten gehabt habe. Dieser sei zwar für das Eingehen der hohen Verbindlichkeiten verantwortlich gewesen, habe aber infolge Alkoholismus keinerlei Stütze bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme geboten. Es habe häufig Streit wegen Geld gegeben, der fallweise in Handgreiflichkeiten ausgeartet sei. Ferner sei berücksichtigt worden, daß die Schwester der Mitbeteiligten zum Zweck der Schadensgutmachung einen Kredit in der Höhe von S 500.000,-- aufgenommen habe, den sich die Mitbeteiligte verpflichtet habe in monatlichen Raten von S 5.600,-- zurückzuzahlen. Weiters habe die belangte Behörde berücksichtigt, daß die Mitbeteiligte eine sofortige Gutmachung des den Sparern verursachten Schadens vorgenommen habe (die PSK selbst erachte sich durch die Manipulationen der Mitbeteiligten überhaupt nicht für geschädigt) sowie aus der Tatsache, daß sie ganz wesentlich zur Aufdeckung weiterer strafbarer Handlungen beigetragen habe, die ansonst erst wesentlich später oder möglicherweise gar nicht hätten ermittelt werden können, geschlossen, daß sie sich trotz ihrer schweren Verfehlungen nicht gänzlich von den bestehenden rechtlich geschützten Werten und Grundsätzen entfernt habe.
Aus diesen Darlegungen werde ersichtlich, daß die vorliegenden Milderungsgründe den einzigen erschwerenden Umstand, nämlich der Begehung mehrerer strafbarer Handlungen der selben Art durch längere Zeit, sowohl nach ihrer Anzahl als auch nach ihrem Gewicht erkennbar überwiegen würden. Die Gesamtheit der Umstände habe die belangte Behörde zu der Überzeugung geführt, daß das Verbleiben der Mitbeteiligten im öffentlichen Dienst noch zu rechtfertigen sei. Der in der mündlichen Verhandlung von der Mitbeteiligten gewonnene persönliche Eindruck habe die belangte Behörde in der Überzeugung bestärkt, daß auch die Disziplinarstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 (Geldstrafe im Höchstausmaß) geeignet sei, sie von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse (Sorgepflicht für ein Kind) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitbeteiligten (derzeit noch Karenzgeld, ab Dienstantritt ca. S 10.000,-- netto monatlich und Kreditrückzahlungsverpflichtungen in der Höhe von ca. S 5.600,--) sei die Abstattung der Geldstrafe in Teilbeträgen im höchstzulässigen Ausmaße gewährt worden.
In Anbetracht der Schwere der Dienstpflichtverletzung werde der Dienstbehörde empfohlen, alles daran zu setzen, die verhängte Geldstrafe im vollen Umfang von der Mitbeteiligten hereinzubringen, weshalb die Übernahme auch nur eines Teilbetrages der Geldstrafe aus dem Bundesschatz im Sinne des § 62 des Bundeshaushaltsgesetzes nicht vertretbar erscheine.
Die vom Beschwerdeführer als Disziplinaranwalt gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde richtet sich gegen die Umwandlung der von der ersten Instanz ausgesprochenen Entlassung in eine Geldstrafe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt. Die Mitbeteiligte hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der sie im Hinblick auf die Verkündung des angefochtenen Bescheides am 6. Juni 1991 die erst mit 1. Juli 1991 in Kraft getretene Beschwerdeberechtigung des Disziplinaranwaltes in Frage stellt und Zurückweisung begehrt.
Der Beschwerdeführer hat zur Gegenschrift noch eine Gegenäußerung eingebracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Zur Frage der Beschwerdeberechtigung des Disziplinaranwaltes:
Mit der 2. BDG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 362, wurde dem § 103 BDG 1979 folgender Abs. 4 angefügt:
Dem Disziplinaranwalt wird gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG das Recht eingeräumt, gegen Entscheidungen der Disziplinaroberkommission Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Diese Bestimmung ist nach Art. VIII Abs. 1 Z. 6 leg. cit. ohne Übergangsregelungen mit 1. Juli 1991 in Kraft getreten.
Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassng, daß sich diese Beschwerdebefugnis des Disziplinaranwaltes auf alle zu diesem (oder einen späteren) Zeitpunkt bei der belangten Behörde anhängigen Disziplinarverfahren bezieht.
Vorab ist daher zu klären, ob das Disziplinarverfahren der Mitbeteiligten am 1. Juli 1991 noch anhängig war, zumal am 6. Juni 1991 die belangte Behörde das Disziplinarerkenntnis mündlich verkündet hat.
Gemäß § 124 Abs. 12 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, ist unmittelbar nach dem Beschluß des Senates das Erkenntnis samt den wesentlichen Gründen mündlich zu verkünden. Nach § 124 Abs. 14 vorletzter Satz leg. cit. ist die Verkündung des Erkenntnisses gemäß Abs. 12 (also unter Einbeziehung der wesentlichen Gründe) am Ende der Verhandlungsschrift zu protokollieren. Diese Regelung entspricht inhaltlich im wesentlichen der Regelung des § 62 Abs. 2 AVG.
Nach § 126 Abs. 3 BDG 1979 ist eine schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses der Dienstbehörde und den Parteien längstens innerhalb von zwei Wochen zuzustellen.
Die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten und die darin enthaltene Niederschrift zeigen, daß im Beschwerdefall die sowohl nach dem BDG 1979 als auch nach dem AVG vorgesehene entsprechende niederschriftliche Beurkundung der mündlichen Verkündung des angefochtenen Bescheides im obigen Sinne unterblieben ist.
Fehlt es aber an der vorgesehenen entsprechenden niederschriftlichen Beurkundung, so kann unter Heranziehung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 62 Abs. 2 AVG nicht von der Erlassung eines Bescheides gesprochen werden; eine Unterlassung dieser Beurkundung hat nämlich zur Folge, daß ein Bescheid nicht existent wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 1991, Zlen. 90/09/0064, 0080 und die dort weiters angegebene Rechtsprechung).
Daraus folgt aber auch, daß das Disziplinarverfahren der mitbeteiligten Partei am 1. Juli 1991 bei der belangten Behörde noch nicht in rechtskräftiger Weise abgeschlossen und daher anhängig war, weil die Zustellung der diesfalls allein entscheidenden schriftlichen Ausfertigung an die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unbestritten erst nach diesem Zeitpunkt erfolgte.
Die Beschwerde erweist sich daher - entgegen der Auffassung der Mitbeteiligten - als zulässig.
II. In der Sache selbst:
Disziplinarstrafen sind nach § 92 Abs. 1 BDG 1979
- 1. der Verweis,
- 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluß der Haushaltszulage,
- 3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluß der Haushaltszulage,
- 4. die Entlassung.
Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung ist in den Fällen des Abs. 1 Z. 2 und 3 von dem Monatsbezug auszugehen, der den Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses bzw. im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.
Das Maß für die Höhe der Strafe ist nach § 93 Abs. 1 BDG 1979 die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe den der Mitbeteiligten zur Last gelegten Sachverhalt als erwiesen angenommen, zumal dieser in der Berufung unbestritten geblieben sei. Weiters habe sie der Meinung der Disziplinarbehörde erster Instanz beigepflichtet, wonach im vorliegenden Fall "schwerste Dienstpflichtverletzungen" vorgelegen seien, die im allgemeinen eine Untragbarkeit für den öffentlichen Dienst zur Folge haben müßten. Von der Verhängung der Entlassung sei ausschließlich wegen der sich aus den besonderen Umständen des Falles und der Persönlichkeit der Mitbeteiligten ergebenden Gründe Abstand genommen worden.
Diese Rechtsauffassung sei angesichts der vorliegenden Fakten (langjährige regelmäßige Malversationen in Millionenhöhe) unhaltbar. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen habe, sei die Disziplinarstrafe der Entlassung keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisation des Täters oder gar der Vergeltung diene, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Werde ein Beamter überhaupt nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, das seine Stellung als Beamter erfordere, habe er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann könne er auch nicht im Dienst verbleiben. Rechtfertigten nämlich die aus der Schwere des Dienstvergehens entstandenen Nachteile die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis durch Entlassung, so sei der Gesetzesbefehl nur durch die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung befolgt und könnten andere Gründe nicht mehr entscheidend sein. Im Beschwerdefall erachte es die belangte Behörde als mildernd, daß sich die Mitbeteiligte Lücken in den Kontrollmechanismen zunutze gemacht habe, was aber ebenfalls nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gerechtfertigt sei. Die Verwaltung sei besonders in personalintensiven Betrieben wie der Post auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Organwalter angewiesen und müsse sich auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen, weil die lückenlose Kontrolle eines Beamten nicht möglich sei. Daß von einem Beamten erwartet werden müsse, diese Gebote aus eigener Verantwortlichkeit und eigenem Antrieb einzuhalten, entspreche dem gegenseitigen Treue- und Vertrauensverhältnis (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0088).
Eine Mitverantwortung des Dienstgebers im Falle von Manipulationen aus dem Titel der Fürsorgepflicht wegen denkbarer Überforderung der psychisch-moralischen Kräfte von Dienstnehmern sei nicht gedeckt. Wenn im angefochtenen Bescheid ausgeführt werde, daß durch die Fürsorgepflicht vermieden werden solle, daß den Dienstnehmern bei der Verrichtung der geboten Dienste Risken unternehmensspezifischer und -politischer Art, die zu tragen dem Unternehmer zukomme, treffen könnten, so sei nicht erkennbar, inwieweit es sich bei den Malversationen der Mitbeteiligten um derartige Risken gehandelt habe. Es sei auch nicht zu erkennen, daß durch die Einhaltung der für den Sparverkehr der Postsparkasse geltenden Dienstvorschriften das Leben, die Gesundheit oder andere "immaterielle und materielle Interessen" der Postbediensteten gefährdet worden wären. Unverständlich sei auch die Behauptung, bei kleineren Postämtern käme es nur bei Vorliegen einer "besonders ausgeprägten Moralität" zu keinen kriminellen Handlungen der Bediensteten, die zunehmend überwiegend eine niedrige dienstliche Stellung hätten. Diese besonders ausgeprägte Moralität könne nur jene sein, die bei jedem im Gelddienst verwendeten Beamten vorausgesetzt werden müsse, die aber bei der Mitbeteiligten erwiesenermaßen leider nicht vorhanden gewesen sei. Bei der Festlegung der Strafe habe die belangte Behörde befunden, daß die Milderungsgründe den "einzig erschwerenden Umstand", nämlich die Begehung mehrerer strafbaren Handlungen derselben Art durch längere Zeit, sowohl nach ihrer Anzahl als auch nach ihrem Gewicht erkennbar übertreffen würden. Abgesehen davon, daß durch diese Art der Formulierung ("einziger erschwerender Umstand") nahezu eine Verniedlichung der langjährigen, mit Regelmäßigkeit gesetzten kriminellen Handlungen mit einen Schaden in Millionenhöhe vorgenommen werde, sei auch die von der belangten Behörde gezogene Schlußfolgerung unrichtig. Angesichts der Schwere der von der Mitbeteiligten begangenen Verfehlungen könne eine andere Disziplinarmaßnahme als jene der Entlassung von vornherein nicht in Betracht gezogen werden, weshalb alle möglicherweise sonst gegebenen Milderungsgründe dahinstehen müßten.
Zu den im angefochtenen Bescheid angeführten Milderungsgründen brachte der Beschwerdeführer vor:
Es erscheine mehr als fraglich, ob ein "negativer" Einfluß durch den Ehegatten - selbst wenn dieser Trinker sei - bei Veruntreuung von Geldern in diesem Ausmaß für sich als Milderungsgrund gewertet werden dürfe. Daß es auch in vielen anderen Partnerschaften zu Streit wegen des Geldes komme, der fallweise auch in Handgreiflichkeiten ausarten könne, könne auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrungen als bekannt vorausgesetzt werden; zu Veruntreuungen im großen Stil würden solche Streitigkeiten allerdings bei moralisch halbwegs gefestigten Personen nur in den seltensten Fällen führen. In keinem Stadium des Verfahrens habe die Mitbeteiligte behauptet, sie hätte sich durch ihren Gatten ernstlich bedroht gefühlt oder hätte gar die Hilfe staatlicher Organe zum Schutz in Anspruch nehmen müssen. Die Mitbeteiligte habe vielmehr offensichtlich den für sie bequemeren Weg der Geldbeschaffung aus fremden Sparguthaben gewählt, um allfällige häusliche Streitigkeiten zu vermeiden.
Als weiterer Milderungsgrund sei in Rechnung gestellt worden, daß die Schwester der Mitbeteiligten zum Zweck der Schadensgutmachung einen Kredit aufgenommen habe, den ihr zurückzuzahlen die Mitbeteiligte sich verpflichtet habe. Durch diese Hilfestellung seitens der Schwester sei der Mitbeteiligten die Durchführung eines Strafverfahrens samt allen sich daraus ergebenden Konsequenzen erspart geblieben (§ 167 StGB). Weshalb diese durch die Familienbande erklärbare Bereitschaft der Schwester zur finanziellen Hilfeleistung der Mitbeteiligten als Milderungsgrund anzurechnen sei, sei kaum erklärbar.
Auch die Aussage, die Postsparkasse selbst erachte sich durch die Manipulationen der Mitbeteiligten überhaupt nicht geschädigt, müsse für die Festsetzung des Strafausmaßes völlig irrelevant sein. Das Maß für die Höhe der Strafe sei die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Ob bzw. in welchem Ausmaß sich die Postsparkasse geschädigt erachte, habe auf den Schweregrad der Dienstpflichtverletzung keinen Einfluß.
Als mildernd verblieben somit bloß das Geständnis der Mitbeteiligten und die Schadensgutmachung. In diesem Lichte erscheine auch die im angefochtenen Bescheid vertretene Ansicht, die Milderungsgründe würden erkennbar überwiegen, verfehlt. Weiters müsse auch die Feststellung, die Mitbeteiligte habe sich in einer nahezu ausweglosen finanziellen Situation befunden aus der sie aus ihrer Sicht zur Inkaufnahme des "kleineren Übels" motiviert gewesen wäre, bemerkt werden:
Nach den unbestrittenen diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis der ersten Instanz habe das Gesamtfamilieneinkommen bei der Mitbeteiligten rund 24.000 S betragen, die Rückzahlungsraten für den Kredit, den die Ehegatten zwecks Umbau des Hauses aufgenommen hätten, hätten nach den Angaben der Mitbeteiligten monatlich rund 15.000 bis 16.000 S betragen. So zeige eine einfache Rechnung, daß sich die Mitbeteiligte durch ihre deliktischen Handlungen aber einen weit höheren Betrag angeeignet habe, als für die Erfüllung der Ratenverpflichtungen erforderlich gewesen wäre.
Es stelle sich angesichts der Feststellungen der belangten Behörde die Frage, wieso eine Beamtin, die schwerste Dienstpflichtverletzungen begangen habe, deren physisch, psychisch-moralischen Kräfte offenbar überfordert gewesen seien, die charakterlich und moralisch bedenklich versagt habe und die bloß nicht gänzlich von den bestehenden rechtlich geschützten Werten und moralischen Grundsätzen entfernt sei, im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis verbleiben solle. Zweifelhaft erscheine auch der Hinweis auf den persönlichen Eindruck, den die belangte Behörde von der Mitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung gewonnen habe und der sie in der Überzeugung bestärkt habe, daß auch eine Geldstrafe im Höchstausmaß geeignet sei, die Mitbeteiligte von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Abgesehen davon, daß der persönliche Eindruck, den man im Laufe einer etwa zweistündigen Verhandlung von einem Menschen, der sich noch dazu äußerst wortkarg gegeben habe, erlangen könne, werde dies kaum für eine Beurteilung dieses Menschen als Persönlichkeit ausreichend sein, verkenne die belangte Behörde eindeutig den Zweck der Disziplinarstrafe der Entlassung. Aus der ausdrücklichen Begründung, die Mitbeteiligte durch die Verhängung der Geldstrafe von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, ergebe sich zwangsläufig, daß die belangte Behörde die gesetzlichen Bestimmungen über die Disziplinarstrafe rechtsirrig angewendet habe.
Diesem Vorbringen kann die Berechtigung nicht abgesprochen werden.
Die Entlassung ist die schwerste Disziplinarstrafe gegen aktive Beamte. Sie bezweckt, daß sich die Dienstbehörde von einem Beamten, der sich infolge seines Fehlverhaltens untragbar gemacht hat (Untragbarkeitsgrundsatz), unter Auflösung des Beamtenverhältnisses trennen kann. Nur die im Fehlverhalten des Beamten offenbar gewordene Untragbarkeit, die es der Dienstbehörde unzumutbar macht, mit dem Beamten weiterhin das Beamtenverhältnis fortzusetzen, darf Grund für die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sein. Damit bewirkt die Entlassung zugleich die Reinigung der Beamtenschaft von einem Organwalter, der sich nicht mehr als würdig erwiesen hat, ihr noch weiterhin anzugehören (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1980, Slg. N.F. Nr. 10.007/A, vom 14. Jänner 1980, Slg. Nr. 10.008/A, vom 5. März 1980, Slg. 10.060, vom 25. Juni 1980, Slg. 10.174/A u. v.a.).
In diesem Sinne wurde in der bisherigen Judikatur zum Beispiel ausgesprochen, daß ein Beamter, der in eigennütziger Weise in Kenntnis der Gepflogenheiten seiner Verwaltung einer Firma durch gezielte Informationen und im Zusammenwirken mit ihr zum Schaden seiner Verwaltung Aufträge zukommen lassen will, das zwischen ihm und seiner Dienstbehörde bestehende Vertrauensverhältnis in aller Regel derart nachteilig belastet, daß es im Interesse der Erhaltung des Ansehens der öffentlichen Verwaltung naheliegt, ihn aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu entlassen. Die Unbestechlichkeit eines Beamten gehört zu den unabdingbaren Voraussetzungen für eine geordnete Amtstätigkeit. Das Disziplinarrecht erfüllt eine Ordnungsfunktion. Es soll einer durch ein Dienstvergehen (Dienstpflichtverletzung) verursachte Störung des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses mit dem Ziel begegnen, die Sauberkeit und die Leistungsfähigkeit des österreichischen Beamtentums zu erhalten und sein Ansehen zu wahren (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1980, Slg. 10.007/A).
Wenn schon unter Bedachtnahme auf die Schwere der Pflichtverletzung und die daraus entstandenen Nachteile die "Untragbarkeit" des Beschwerdeführers für seinen Dienstgeber folgt, kann anderen Strafzumessungsgründen, wie dem Grad des Verschuldens bzw. dem bisherigen Verhalten keine für die Frage der Strafbemessung ausschlaggebende Bedeutung mehr zukommen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1983, Zl. 83/09/0079).
Ist durch das konkrete Verhalten des Beamten die Verletzung der Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 als so schwer zu werten, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beamten nicht mehr gegeben ist, so rechtfertigt dies die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses durch die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1984, Zl. 83/09/0093).
Eine Entlassung ist nicht nur dann auszusprechen, wenn ein Beamter seine Dienstpflichten derart verletzt hat, daß er für den öffentlichen Dienst überhaupt untragbar ist, sondern auch dann, wenn er nur in seiner bisherigen Verwendung untragbar geworden ist, auch wenn für die Dienstbehörde die Möglichkeit bestünde dem Beamten im Rahmen einer Ordnungsmaßnahme andere Aufgaben zuzuweisen. Dies schon deshalb, weil das Disziplinarrecht eine solche "Ordnungsmaßnahme" nicht vorsieht und die Disziplinaroberkommission eine solche Maßnahme gar nicht treffen darf (vgl. in diesem Sinne Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1985, Zl. 83/09/0059).
Mit Erkenntnis vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0088, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde eines ehemaligen Postbeamten gegen seine disziplinär erfolgte Entlassung als unbegründet ab. Der damalige Beschwerdeführer hatte als Schalterbeamter Ende 1989/Anfang 1990 seine Befugnis, im Namen der Post Geldbeträge entgegenzunehmen, in drei Fällen durch Nichtweiterleiten und Zueignung dieser wissentlich mißbraucht. In diesem Zusammenhang führte der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die bereits vorher dargelegte Judikatur im wesentlichen weiter aus:
Angesichts der Art und Schwere der begangenen Straftat kommt eine andere Disziplinarmaßnahme als jene der Entlassung von vornherein nicht in Betracht, weshalb alle möglicherweise sonst gegebenen Milderungsgründe dahinstehen. Rechtfertigen nämlich die aus der Schwere des Dienstvergehens entstandenen Nachteile die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses durch Entlassung, ist also der Gesetzesbefehl, auf diese Nachteile Rücksicht zu nehmen, nur durch die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung befolgt, so können andere Gründe (Existenzvernichtung, Arbeitslosigkeit) nicht mehr entscheidend sein (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1980, Zl. 1362/77, Slg. N. F. Nr. 10174/A, und vom 19. Jänner 1989, Zl. 88/09/0148).
Was die Geltendmachung des Milderungsgrundes der Teilwiedergutmachung NACH erfolgter Unterschlagung anlangt, so ist zunächst festzustellen, daß der damalige Beschwerdeführer mehrmals deliktisch gehandelt hat und daher nicht von einer einmaligen unbedachten Gelegenheitstat ("Augenblickstat") gesprochen werden kann. Diesem Milderungsgrund könnte bei Wiedergutmachung der Tat VOR ihrer Entdeckung daher allenfalls bei einem einmaligen Zugriff Relevanz zukommen, nicht aber bei drei Zugriffen in einem Zeitraum von drei Monaten.
Ein Beamter, der seinen Dienstgeber um des eigenen Vorteils Willen schädigt, belastet das zwischen ihm und seinem Dienstgeber bestehende, für die Erfüllung der Aufgaben öffentlicher Verwaltungen unerläßliche Vertrauensverhältnis so stark und so nachhaltig, daß es in der Regel notwendig sein wird, ihn aus dem Dienst zu entlassen.
Ausgehend von der hinsichtlich der Strafbemessung einen weiten Entscheidungsspielraum einräumenden gesetzlichen Regelung des § 93 Abs. 1 BDG 1979, insbesondere aber unter Beachtung der dazu ergangenen Judikatur, kann der Auffassung der belangten Behörde im Ergebnis nicht gefolgt werden. Der im Beschwerdefall durch beträchtliche und immer wieder vorgenommene Malversationen während eines Zeitraumes von über fünf Jahren eingetretene Vertrauensverlust hat die Untragbarkeit der Mitbeteiligten für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zur Folge, was auch im Interesse der generellen Wahrung des Vertrauens und des Ansehens der Beamtenschaft notwendig und damit wegen der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes auch geboten erscheint. Schon vor dem Hintergrund dieser Überlegung kann den von der belangten Behörde herangezogenen Milderungsgründen nicht die diesen von ihr zugemessene Bedeutung zukommen. Den von der belangten Behörde angenommenen BESONDEREN Umständen des Falles kann der Verwaltungsgerichtshof nicht diese Bedeutung beimessen. Finanzielle Schwierigkeiten bzw. ausweglose Situationen sind genauso wie Kontrollücken in der Regel weder etwas besonderes noch zur Gänze zu vermeiden. Die Fürsorgepflicht des öffentlichen Dienstgebers dahingehend zu verstehen, daß durch eine entsprechende Organisationsgestaltung die psychisch-moralischen Abwehrkräfte seiner Bediensteten gegen fortgesetztes und an sich schwer strafbares Verhalten nicht überfordert werden, das hieße diese zu überziehen. Hiebei ist im Beschwerdefall noch zu bedenken, daß der Dienstgeber der Beschwerdeführerin der Bund ist, die für die fachliche Abwicklung des Sparkassengeschäftes aber im wesentlichen maßgebliche Unternehmung die grundsätzlich nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten eingerichtete Postsparkasse ist. Beim Beamten ist eine Betrachtung derart, daß der in eine "fremde Arbeitsorganisation" eingegliederte Dienstnehmer nicht den erhöhten Risken unternehmungsspezifischer Art ausgesetzt werden darf, aber von vornherein nicht angezeigt. Es muß vielmehr auch in diesem Fall ein Kennzeichen des Berufsbeamtentums bleiben, daß Beamte in ihrem Dienst gebunden an das Gesetz, aber auch ohne laufende Kontrolle, aus eigenem handeln und sich dabei rechtmäßig verhalten. Diesbezüglich trifft den Beamten von vornherein eine höhere Verantwortung als sie im allgemeinen bei unselbständig Bediensteten in der Privatwirtschaft gegeben ist, wie sich insbesondere aus der gesetzlichen Einrichtung des Disziplinarrechtes an sich ergibt.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde ist es auch nicht maßgebend, ob sich die Postsparkasse als privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen durch die Malversationen der Mitbeteiligten geschädigt erachtet oder nicht. Die Mitbeteiligte hat als Beamtin im Personalstand der Post- und Telegraphenverwaltung vielmehr ein Verhalten gesetzt, daß das für die Stellung als Beamtin erforderliche Vertrauen der Öffentlichkeit offensichtlich wesentlich gestört hat; darin ist der wesentliche Teil ihrer Dienstpflichtverletzung zu sehen.
Von den von der belangten Behörde angenommenen Milderungsgründen verbleiben daher nur das auf Grund von Erhebungen abgelegte Geständnis der Mitbeteiligten und die Schadensgutmachung mit Hilfe ihrer Familie. Zum ersten zeigt der Sachverhalt, daß die Mitbeteiligte kein umfassendes Geständnis aller Malversationen sofort abgelegt hat, sondern zumindest hinsichtlich der Manipulationen mit dem Sparbuch ihrer Großmutter dies erst zu einem späteren Zeitpunkt auf neuerliches Befragen zugegeben hat. Zum zweiten ist im Zusammenhang mit der Schadensgutmachung ausgehend von der Höhe der die Mitbeteiligte treffenden finanziellen Verpflichtungen und von der Erfahrungstatsache, daß die Bezüge im öffentlichen Dienst in der Regel niedriger als in vergleichbaren Bereichen der Privatwirtschaft sind, anknüpfend an die umfassenden Darlegungen der belangten Behörde auch noch die Frage der Zweckmäßigkeit der Verhängung der höchstmöglichen Geldstrafe zu bezweifeln.
Insoweit die belangte Behörde die Abstandnahme von der Entlassung auf Gründen der Persönlichkeit der Mitbeteiligten stützt und sich inhaltlich lediglich auf den Eindruck in der mündlichen Verhandlung beruft, ist sie damit eine einer nachprüfenden Kontrolle zugängliche Begründung schuldig geblieben.
Aus den vorher dargelegten Gründen mußte der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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