VwGH 95/03/0232

VwGH95/03/023215.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des MM in X, vertreten durch Dr. Gisela Eigner-Fuchs und Dr. Peter Wasserbauer, Rechtsanwälte in 8160 Weiz, Kernstockgasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 8. Juni 1995, Zl. UVS 303.10-17/94-32, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §62 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518;
VStG §51 Abs7;
VStG §51e Abs1;
VStG §51f Abs2;
VStG §51h Abs1;
VStG §51h Abs2;
AVG §37;
AVG §62 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518;
VStG §51 Abs7;
VStG §51e Abs1;
VStG §51f Abs2;
VStG §51h Abs1;
VStG §51h Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Herr MM, geb. 2.1.1962, wh. in X, hat in der Nacht vom 13. auf 14.10.1993 um ca. Mitternacht den PKW auf der B 54 von Prebensdorf kommend in Fahrtrichtung Gleisdorf bis km 103,7 gelenkt. Er befand sich auf dieser Fahrt vermutlich in alkoholbeeinträchtigtem Zustand und hat sich um ca. 00.35 Uhr des 14.10.1993 nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen; die Verweigerung erfolgte am o.a. Ort (km 103,7 der B 54) mit den Worten 'Was soll das'."

Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 18.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 51 Abs. 7 VStG in der im Beschwerdefall noch anzuwenden Fassung vor der Änderung durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 620/1995 lautete:

"Wird eine Berufungsentscheidung nicht innerhalb von 15 Monaten ab der Einbringung der Berufung erlassen, so gilt der angefochtene Bescheid als aufgehoben und das Verfahren ist einzustellen. Dies gilt nicht in Sachen, in denen nicht nur der Beschuldigte das Recht der Berufung hat."

Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies gemäß § 51f Abs. 2 VStG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses.

Nach § 51h Abs. 2 VStG ist die Beweisaufnahme dann zu schließen, wenn die Sache reif zur Entscheidung ist.

§ 5 Abs. 2 StVO 1960 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der 19. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 518/1994, bestimmte, dass (u.a.) besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt sind, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, dass sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Nach § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst dagegen, dass die belangte Behörde in der Verhandlung vom 15. März 1995 die Beweisaufnahme gemäß § 51h Abs. 2 VStG geschlossen habe, dessen ungeachtet aber ein weiteres Beweisverfahren durchgeführt und "sich über das zum Vorteil des Berufungswerbers sich am 15.3.1995 darstellende Beweisergebnis hinweggesetzt" habe.

Mit diesen Beschwerdeausführungen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt, weil, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. November 1997, Zl. 97/03/0241, ausgesprochen hat, der Schluss der Beweisaufnahme die Berücksichtigung allfälliger späterer, sich noch vor der Verkündung des Bescheides ergebender Beweise nicht ausschließt.

Wenn aber der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang weiters geltend macht, "in seiner Abwesenheit und unter Verletzung der grundsätzlichen Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers wurde...... das ergänzte Beweisergebnis ohne Anhörung des Beschwerdeführers rechtswidrig in dessen Abwesenheit der nunmehr bekämpften Entscheidung zugrunde gelegt und diese Berufungsentscheidung selbst dem (abwesenden) Beschwerdeführer erst außerhalb der 15-Monate-Frist des § 51 (7) VStG zugestellt ('erlassen'), während trotz Ladungsverzichtes der Behörde I. in der Verhandlung vom 15.3.1995 es die belangte Behörde verstand die Erstbehörde zur rechtswidrig durchgeführten Berufungsverhandlung zum 8.6.1995 stellig zu machen, da die bel. Behörde die unterbliebene ordnungsgemäße, eigenhändig zuzustellende schriftliche Ladung zur Verhandlung vom 8.6.1995 dadurch zu umgehen versuchte, offensichtlich nur zum Zwecke der 'Entgegennahme der (bestätigenden) Berufungsentscheidung' innerhalb der 15 Monate-Frist des § 51 (7) VStG zumindest einer Partei des Berufungsverfahrens die Entscheidung mündlich verkünden zu können, und die verspätete schriftliche Berufungsentscheidung dem Beschwerdeführer gegenüber zu rechtfertigen", so ist auf Folgendes zu verweisen:

Vom Beschwerdeführer wird übergangen, dass in der am 23. Mai 1995 stattgefundenen öffentlichen, mündlichen Verhandlung, bei welcher sowohl der Beschwerdeführer als auch dessen Vertreter persönlich anwesend waren, die Verhandlung auf den 8. Juni 1995 vertagt wurde, wobei dies die anwesenden Parteien unter Ladungsverzicht zur Kenntnis nahmen. Sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Vertreter haben die diesbezügliche Verhandlungsschrift unterschrieben. Im Hinblick darauf - und auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens - besteht für eine nicht rechtmäßige Ladung des Beschwerdeführers zur (vertagten) Verhandlung am 8. Juni 1995 kein Anhaltspunkt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 97/17/0081). Die Verkündung des angefochtenen Bescheides am 8. Juni 1995 konnte daher auch in Abwesenheit des Beschwerdeführers erfolgen und hatte die rechtliche Auswirkung, dass die Frist nach § 51 Abs. 7 VStG gewahrt wurde (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0450, und die dort angegebene Vorjudikatur).

Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid innerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG gegenüber der Erstbehörde, als einer Partei des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, verkündet worden. Schon damit ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Dezember 1993, Zl. 93/02/0085) der angefochtene Bescheid als erlassen anzusehen und die mit der Versäumung der genannten Frist verbundene Rechtsfolge des Außerkrafttretens des erstbehördlichen Bescheides mit anschließender Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vermieden. Dass - folgt man dem Beschwerdevorbringen - die Erstbehörde nur zur Wahrung der Frist des § 51 Abs. 7 VStG "stellig" gemacht worden sei, ändert daran nichts.

Der Beschwerdeführer bringt weiters (auf das Wesentliche zusammengefasst) vor, allein durch die Worte "Was soll das?" habe die Verwaltungsübertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 nicht begangen werden können. Im Gendarmeriefahrzeug habe sich überhaupt kein Alkomat befunden, der Beschwerdeführer hätte zumindest zum Posten Gleisdorf mit den Gendarmeriebeamten mitfahren müssen, um die Alkomatmessung vorzunehmen. Zu einer ordnungsgemäßen Aufforderung der Atemluftüberprüfung im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 wäre es unter diesen Umständen jedenfalls erforderlich gewesen, der Aufforderung zur Atemluftüberprüfung "auch den Umstand beizusetzen", wo diese durchgeführt werden solle, dies mit der Aufforderung, zu diesem Ort mitzukommen.

Der Beschwerdeführer verkennt dabei, dass das Gesetz dem zur Alkoholuntersuchung Aufgeforderten kein Recht einräumt, die Untersuchung mit dem Hinweis zu verweigern, es sei kein Atemalkoholmessgerät an Ort und Stelle (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0069). Vor diesem Hintergrund erfüllt auch, anders als der Beschwerdeführer meint, die Äußerung "Was soll das?" (auf die Aufforderung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen) den Tatbestand der Weigerung nach § 99 Abs 1 lit. b StVO 1960 (in der oben genannten Fassung).

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, das gesamte erst- und zweitinstanzliche Verfahren sei mit Nichtigkeit bedroht, weil die Bestrafung eine Partei betroffen habe, die es dem Geburtsdatum gemäß gar nicht gebe. Das richtige Geburtsdatum des Beschwerdeführers sei der 20. Jänner 1962 (wie in der Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 10. Februar 1994 angegeben) und nicht der von der Behörde (sonst) angeführte 2. Jänner 1962.

Für den Verwaltungsgerichtshof ist aber nicht zweifelhaft, welcher Person gegenüber - nämlich der beschwerdeführenden Partei - die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechts in förmlicher Weise gestalten wollte, zumal es ein von der beschwerdeführenden Partei unterschiedliches Rechtssubjekt - wenn man den eigenen Angaben des Beschwerdeführers folgt - mit der Namensbezeichnung des Beschwerdeführers und dem Geburtsdatum 2. Jänner 1962 nicht gibt.

Soweit schließlich der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde über die (genauen) Zeitpunkte des Lenken des KFZ sowie der Alkotestverweigerung bekämpft, ist - auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens - die rechtliche Relevanz allenfalls davon differierender Uhrzeiten nicht zu erkennen. So wird etwa gar nicht geltend gemacht, dass diesbezüglich ein Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG im Sinne der Rechtsschutzüberlegungen des hg. Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A, vorliege. Für den Verwaltungsgerichtshof ist auch aus eigenem nicht zu finden, dass der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt wäre bzw. die Gefahr einer Doppelbestrafung bestünde.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 15. September 1999

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