VwGH 95/03/0142

VwGH95/03/014212.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 27. Feber 1995, Zl. 4/6-12/1994, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Feber 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 10. April 1993 um 0.30 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw auf der B 171 in W bei Straßenkilometer 18,7 in Richtung Zentrum gelenkt, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 12.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Begründung der angefochtenen Entscheidung ging die belangte Behörde im wesentlichen davon aus, daß beim Beschwerdeführer rund eine halbe Stunde nach der Anhaltung durch die Gendarmeriebeamten eine Atemluftalkoholuntersuchung mittels Alkomaten vorgenommen worden sei, die Werte von 1,08 mg/l und 1,07 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergeben habe. Zu diesem Zeitpunkt sei ein allenfalls vorhandener Mundrestalkohol - der Beschwerdeführer habe sich darauf berufen, daß die Meßwerte infolge einer Mund- und Rachenpinselung mit einer Tormentill-Tinktur und der Auflage eines mit Tormentill getränkten Wattebausches im Bereich einer Operationsnarbe verfälscht worden seien - vollständig resorbiert bzw. verdunstet gewesen. Der Amtssachverständige habe hierauf durch Rückrechnung und unter Berücksichtigung der Alkoholresorption zum Anhaltezeitpunkt eine Mindestblutalkoholkonzentration zwischen 1,8 und 1,9 %o beim Beschwerdeführer errechnet, womit jedenfalls von einer zumindest mittelstarken Alkoholisierung und einer absoluten alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit auszugehen sei. Aber selbst unter Berücksichtigung der Trinkverantwortung des Beschwerdeführers, wonach er ab 21.00 Uhr des vorangegangenen Abends ein großes und vier kleine Biere getrunken, ein weiteres großes Bier ca. 3 Minuten vor Abfahrt um 0.30 Uhr des 10. April 1993 konsumiert und anschließend noch den Wattebausch mit der Tormentill-Tinktur ausgetauscht habe, sei für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, weil die schädliche Wirkung des Alkohols auf die Fahrtüchtigkeit durch unmittelbar vor Fahrtantritt konsumierten Alkohol sich zwar erst eine gewisse Zeit später auf den Blutalkoholgehalt auswirke, in der Anflutungsphase sich der Alkohol aber bereits besonders nachteilig auf die Fahrtüchtigkeit auswirke.

Der Beschwerdeführer wendet demgegenüber im wesentlichen ein, er habe ein Gutachten des Instituts für gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck vorgelegt, woraus hervorgehe, daß auf den Anhaltezeitpunkt bezogen jedenfalls von einer Blutalkoholkonzentration von unter 0,8 %o auszugehen sei. Aus den von den amtshandelnden Gendarmeriebeamten festgestellten äußeren Erscheinungsmerkmalen beim Beschwerdeführer könne keinesfalls eine schwere Alkoholisierung abgeleitet werden. Der Beschwerdeführer habe bei der Anhaltung durch die Gendarmeriebeamten von der Anwendung der 70 % Alkohol enthaltenden Tormentill-Tinktur keine Erwähnung gemacht, weil er medizinischer Laie sei und er diese Verantwortung erst darlegen habe können, als er das Sachverständigengutachten des gerichtsmedizinischen Institutes Innsbruck in Händen gehalten habe. Zu Unrecht sei der vom Beschwerdeführer gestellte Beweisantrag "auf Ergänzung des Gutachtens dahingehend, daß sich Restalkohol im Mund befunden hat, ohne gesondert angezeigt zu werden," von der belangten Behörde zurückgewiesen worden.

Dieses Vorbringen vermag dem Beschwerdeführer jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Der Beschwerdeführer hat sich darauf berufen, daß er kurz vor Antritt der Fahrt noch Alkohol zu sich genommen habe. Die von der belangten Behörde in ihrer Entscheidung berücksichtigte Trinkverantwortung des Beschwerdeführers lautete dahin, daß er in einem Gasthaus von ca. 21.00 Uhr (des 9. April 1993) an ein "großes" und vier "kleine" Biere getrunken und dann noch ein weiteres "großes" Bier ca. drei Minuten vor Fahrtantritt um 00.30 Uhr (des 10. April 1993) konsumiert hat. Dies wird von ihm auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bestritten.

Der Beschwerdeführer übersieht hiebei jedoch, daß der Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO 1960 nicht nur bei Feststellung eines Alkoholgehaltes des Blutes von 0,8 mg/l oder darüber bzw. der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber, sondern auch bei entsprechend niedrigeren Werten erfüllt sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen (vgl. u. v.a. die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1994, Zl. 94/03/0090, und vom 29. Mai 1996, Zl. 95/03/0233), es stehe mit dem Stand der medizinischen Wissenschaft im Einklang, daß Alkohol in der Anflutungsphase besonders nachteilige Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeitige. Der Konsum von Alkohol kurz vor Fahrtantritt wirke sich auf den Alkoholgehalt des Blutes und der Atemluft erst nach einer gewissen Zeit aus, die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit trete aber sofort ein. Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht im gegebenen Fall kein Anlaß.

Auf Grund der eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers kann nicht davon ausgegangen werden, die von ihm vor Fahrtantritt genossene Alkoholmenge hätte einen derart geringen Alkoholwert aufgewiesen, daß sie völlig ohne Wirkung gewesen wäre. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die die Richtigkeit der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomaten bekämpfenden Beschwerdeausführungen.

Die Beurteilung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe sich zur Tatzeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG unter Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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