VwGH 95/03/0015

VwGH95/03/00158.2.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über den Antrag der Jagdgenossenschaft A, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in R, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. August 1994, Zl. 2551/8, betreffend Berichtigung eines Bescheides über die Feststellung eines Jagdgebietes, den Beschluß gefaßt:

Normen

ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit hg. Beschluß vom 9. November 1994, Zl. 94/03/0267, wurde das Verfahren über die von der antragstellenden Partei gegen den oben bezeichneten Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 VwGG eingestellt, weil die antragstellende Partei den ihr mit hg. Verfügung vom 7. Oktober 1994 erteilten Mängelbebungsauftrag insoweit nicht befolgt hatte, als sie als weitere Ausfertigung der Beschwerde nur eine nicht mit der Unterschrift ihres Vertreters versehene Abschrift des Beschwerdeschriftsatzes vorgelegt hatte.

Mit dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird vorgebracht, daß der Mängelbehebungsauftrag am 19. Oktober 1994 in der Kanzlei des Vertreters der antragstellenden Partei eingelangt sei. Am 22. Oktober 1994 sei von der Sekretärin des Vertreters der antragstellenden Partei die "Wiedervorlage" vorbereitet und auch eine weitere Ausfertigung der Beschwerde in die Postmappe gelegt worden. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen sei vom Vertreter der antragstellenden Partei zwar die "Wiedervorlage" unterfertigt worden; die Unterfertigung der Beschwerde sei jedoch unterblieben, da vom Vertreter der antragstellenden Partei bei Durchsicht der Postmappe diese weitere Ausfertigung der Beschwerde übersehen worden sei.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsanteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei (siehe den hg. Beschluß vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0226). Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen.

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht geeignet, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzutun. Bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes hätte es die dem Vertreter der antragstellenden Partei obliegende Sorgfaltspflicht erfordert, sich bei der Unterfertigung des Schriftsatzes zur Mängelbehebung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages zu vergewissern. Dabei hätte ihm auffallen müssen, daß die zur Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof vorbereitete Ablichtung des Beschwerdeschriftsatzes noch nicht von ihm unterfertigt war. Das Außerachtlassen dieser im gegebenen Fall erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt ist als ein den minderen Grad des Versehens überschreitendes Verschulden des Vertreters der antragstellenden Partei zu werten (vgl. die hg. Beschlüsse vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0003, und vom 14. April 1994, Zlen. 94/18/0113, 0141 bis 0143).

Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher nicht stattzugeben.

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