Normen
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnA Z5;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnA Z5;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 12.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheiden vom 5. September 1989 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) bzw. vom 27. September 1990 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) wurden die Beschwerdeführer, rumänische Staatsangehörige, als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, anerkannt.
Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 17. August 1992 wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, daß ein Verfahren zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft eingeleitet werde. Gleichzeitig wurden die Beschwerdeführer zur Stellungnahme dazu aufgefordert, daß der Behörde zur Kenntnis gelangt sei, daß sich die Beschwerdeführer am 31. Juli 1991 in A, Rumänien, aufgehalten und dort Verwandte besucht hätten. Durch die Rückkehr nach Rumänien hätten sich die Beschwerdeführer freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt. Auch bestünden die Umstände, auf Grund derer sie als Flüchtlinge anerkannt worden seien, infolge der im Dezember 1989 stattgefundenen Revolution nicht mehr.
Die von der Behörde gesetzte zweiwöchige Frist zur Äußerung wurde von keinem der Beschwerdeführer wahrgenommen.
Mit Bescheiden jeweils vom 21. September 1992 stellte das Bundesasylamt fest, daß die Beschwerdeführer nicht mehr Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes seien, da bei ihnen der im Art. 1 Abschnitt C Z. 1 und 5 der Konvention angeführte Tatbestand eingetreten sei.
Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, beide Beschwerdeführer hätten sich durch Einreise in ihr Heimatland am 31. Juli 1991 freiwillig wieder unter den Schutz desselben gestellt. Weiters sei davon auszugehen, daß sich die politischen Verhältnisse in Rumänien seit der Dezember-Revolution 1989 dergestalt verändert hätten, daß dieser Staat in seinen Grundstrukturen jedenfalls als demokratisch einzustufen sei. Dies habe sich auch bei dem Besuch der Beschwerdeführer in A gezeigt. Obwohl beide Beschwerdeführer den Tatbestand der Republikflucht gesetzt hätten, hätten sie anstandslos in das Land ein- und ausreisen können. Auch der vom Zweitbeschwerdeführer in A verschuldete Verkehrsunfall sei für beide Beschwerdeführer ohne weitere Folgen geblieben, sie hätten sich im Lande frei bewegen können.
Gegen diese Bescheide erhoben beide Beschwerdeführer gleichlautende Berufungen. Mit Bescheiden jeweils vom 22. Februar 1994 wurden diese Berufungen von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 abgewiesen und festgestellt, daß hinsichtlich beider Beschwerdeführer der im Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, (Genfer Flüchtlingskonvention) genannte Tatbestand eingetreten sei. Sie ging nach Darstellung des Verfahrensganges und der von ihr in Anwendung gebrachten Rechtslage - anders als die Behörde erster Instanz - lediglich davon aus, durch die Reisetätigkeit der Beschwerdeführer in ihr Heimatland im Jahr 1991, die als solche auch nicht bestritten worden sei, hätten die Beschwerdeführer, "abgesehen davon, ob darin nicht sogar schon eine Unterschutzstellung unter die Souveränität Ihres Heimatstaates gesehen werden" könne, jedenfalls dokumentiert, daß sie sich zumindest subjektiv nicht mehr davor fürchteten, der Hoheitsgewalt ihres Heimatstaates - wenn auch nur temporär - "ausgeliefert" zu sein. Da der subjektive Umstand des Vorliegens von Furcht für die damalige Anerkennung als Flüchtlinge ausschlaggebend gewesen sei und dieser Umstand offensichtlich nicht mehr bestehe, könnten die Beschwerdeführer es nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
Auf Grund der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 16. November 1994, Zlen. 94/01/0337 und 0338, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf (infolge Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94), wodurch das Berufungsverfahren neuerlich bei der belangten Behörde anhängig wurde.
Mit Manuduktionsschreiben vom 21. Juni 1995 wurden die Beschwerdeführer in der Folge im Sinne des aufhebenden Erkenntnisses aufgefordert, einfache Verfahrensmängel und allenfalls daraus folgende Sachverhaltsfeststellungen der Behörde erster Instanz neu zu relevieren. Mit Eingabe vom 7. Juli 1995 begehrte der Beschwerdevertreter die Aktenübersendung und Erstreckung der Frist zur Einbringung einer Berufungsergänzung um "mindestens sechs Wochen". Nach dem Inhalt des Aktenvermerkes vom 3. August 1995 wurde durch den zuständigen Sachbearbeiter der belangten Behörde der Beschwerdevertreter Dr. D telefonisch davon in Kenntnis gesetzt, daß Akteneinsicht in den Räumen der belangten Behörde möglich sei, eine Erstreckung der Frist jedoch nicht erfolgen werde. Die den Beschwerdeführern eingeräumte Frist zur Ergänzung ihrer Berufung verstrich ungenützt.
Mit den Bescheiden vom 21. August 1995 wies die belangte Behörde die (ergänzten) Berufungen der Beschwerdeführer neuerlich gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 ab und stellte fest, hinsichtlich der Personen der Beschwerdeführer sei der in Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention genannte Tatbestand eingetreten. Begründend verwies sie lediglich auf ihre (Vor-)Bescheide vom 22. Februar 1994 und die dortige Begründung, der in Ermangelung einer von den Beschwerdeführern vorgenommenen Sachverhaltsergänzung nichts hinzuzufügen sei.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Zunächst ist den Beschwerdeführern auf ihre Rüge, es liege eine Verletzung von Verfahrensvorschriften infolge mangelnder Bescheidbegründung vor, weil die belangte Behörde sich zur Begründung ihrer Bescheide lediglich mit einem Hinweis auf die Begründung ihrer Vorbescheide begnügt habe, zu entgegnen, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen jeweils vom 10. Oktober 1996, Zlen. 95/20/0501 und 95/20/0521, in der von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise keine Rechtswidrigkeit erkannt hat.
Darüber hinaus ist auch die Rüge der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe die Anträge auf Akteneinsicht bzw. Fristverlängerung "vollkommen übergangen und unberücksichtigt gelassen", unberechtigt, geht doch aus dem Aktenvermerk vom 3. August 1995 hervor, daß der Beschwerdevertreter von der Möglichkeit der Akteneinsicht in den Räumlichkeiten der belangten Behörde als auch von der Ablehnung des Antrages auf Fristerstreckung in Kenntnis gesetzt wurde. Überdies ist von diesem Tage bis zur Erlassung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ein Zeitraum von drei Wochen verstrichen, ohne daß zumindest dieser genutzt worden wäre.
Dennoch kommt der Beschwerde im Ergebnis Berechtigung zu.
Gemäß Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet, wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiter ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
Die belangte Behörde hat hinsichtlich beider Beschwerdeführer das Vorliegen des letztangeführten Tatbestandes angenommen. Dies hat sie lediglich damit begründet, durch die (einmalige) Reise in ihr Heimatland hätten beide Beschwerdeführer jedenfalls dokumentiert, daß sie sich zumindest subjektiv nicht mehr davor fürchteten, der Hoheitsgewalt ihres Heimatstaates ausgeliefert zu sein, sodaß sie es nicht weiterhin ablehnen könnten, sich unter den Schutz desselben zu stellen.
Die belangte Behörde hat in beiden angefochtenen Bescheiden den von ihr festgestellten Eintritt des in Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestandes, also darauf gegründet, daß bei den Beschwerdeführern die subjektive Furcht, in ihrem Heimatstaat verfolgt zu werden, nicht mehr gegeben sei. Wohl kann der Wegfall subjektiv empfundener Furcht allenfalls ein Indiz dafür sein, daß auch objektiv kein asylrechtlich relevanter Verfolgungsgrund mehr vorliegt, doch kann entgegen der Auffassung der belangten Behörde die subjektiv empfundene Furcht eines Flüchtlings vor Verfolgung ALLEIN nicht als einer der in Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Umstände gewertet werden. Diese Umstände sind gemäß dem Wortlaut der angeführten Konventionsstelle solche, auf Grund deren der Asylwerber als Flüchtling anerkannt worden ist. Gemäß Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention kann als Flüchtling nur angesehen werden, wer BEGRÜNDETE Furcht vor Verfolgung aus näher dargestellten Gründen glaubhaft macht; bloß subjektiv empfundene Furcht reicht daher - nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - für die Anerkennung als Flüchtling nicht aus. Schon aus diesem Grund können durch den Wegfall (lediglich) des subjektiven Furchtempfindens eines Flüchtlings die in Art. 1 Abschnitt C Z. 5 dieser Konvention angeführten Voraussetzungen noch nicht als erfüllt angesehen werden; vielmehr ist davon auszugehen, daß es sich bei den "Umständen" im Sinne der zitierten Bestimmung insbesondere um solche handeln muß, die sich auf grundlegende, die in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention angeführten Fluchtgründe betreffende (objektive) Veränderungen im Heimatstaat des Flüchtlings beziehen, auf Grund deren angenommen werden kann, daß der Anlaß für die - begründete - Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1996, Zlen. 95/01/0396, 0397). Davon, daß solche Veränderungen im Heimatland der Beschwerdeführer eingetreten wären, ist die belangte Behörde (im Gegensatz zur Behörde erster Instanz) in den angefochtenen Bescheiden aber nicht ausgegangen. Sie hat auch nicht den Eintritt des Tatbestandes nach Art. 1 Abschnitt C Z. 1 der Konvention festgestellt.
Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannt hat, hat sie die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet, weshalb diese gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußten.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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