Normen
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §9;
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §9;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrikgeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1. und 8. Bezirk vom 24. Juni 1993 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der "R-GesmbH" zu verantworten zu haben, daß in der Filiale S dieses Unternehmens die Dienstnehmerin P (Spruchpunkt 1:) am Samstag, dem 23. Jänner 1993 bis 20 Uhr und am Sonntag, dem 24. Jänner 1993 von 8 bis 14 Uhr und von 15 bis 20 Uhr beschäftigt worden sei, wodurch er eine Übertretung des § 3 Abs. 1 und 2 des Arbeitsruhegesetzes (ARG) begangen habe, und (Spruchpunkt 2:) am 30. Dezember 1992 von 8 Uhr bis 14 Uhr und von 15 Uhr bis 20 Uhr, am 23. Jänner 1993 von 8 Uhr bis 14 Uhr und von 15 Uhr bis 20 Uhr sowie am 24. Jänner 1993 von 8 Uhr bis 14 Uhr und von 15 Uhr bis 20 Uhr beschäftigt worden sei, wodurch er eine Übertretung des § 9 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) begangen habe. Über ihn wurden gemäß § 27 ARG und § 38 AZG Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit den nun angefochtenen Bescheiden Folge; mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 21. Juli 1994 wurde Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 9. August 1994 wurde Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses behoben. Die Verwaltungsstrafverfahren wurden gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der beschwerdeführende Bundesminister Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide geltend und beantragt deren Aufhebung.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen. Der Mitbeteiligte hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Grund für die Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und die Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren war, daß nach Auffassung der belangten Behörde die Verfolgung und Bestrafung des Mitbeteiligten als "Geschäftsführer der R-GesmbH" verfehlt gewesen sei, weil sich auf Grund einer Einsichtnahme in das Firmenbuch ergeben habe, daß die R-GesmbH mit Sitz in Wien (eingetragen am 5. Juni 1987) durch Beschluß der Generalversammlung vom 26. Juni 1991 in eine Aktiengesellschaft mit dem Firmenwortlaut "R-AG" mit Sitz in Wien umgewandelt worden sei. Die R-GesmbH sei hiedurch erloschen (Eintragung vom 11. Oktober 1991). Da zu den maßgeblichen Tatzeitpunkten die R-GesmbH als juristische Person rechtlich nicht mehr existent und daher auch nicht Arbeitgeberin der genannten Dienstnehmerin gewesen sei, sei der Mitbeteiligte auch nicht als zur Vertretung nach außen Berufener dieser Gesellschaft anzusehen. Einer Änderung des im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten Arbeitgebers nach dem Eintritt der Verfolgungsverjährung stehe entgegen, daß dies eine Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat darstellen würde.
Der beschwerdeführende Bundesminister bekämpft diese Rechtsansicht. Er vertritt die Auffassung, daß sich eine Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten richten müsse, daß es jedoch nicht Sachverhaltselement sei, ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft oder als verantwortlicher Beauftragter zu verantworten habe. Es sei nicht notwendig zu präzisieren, für welche juristische Person im Konkreten den Beschuldigten die strafrechtliche Verantwortung treffe. Die Konkretisierung der juristischen Person im Berufungsbescheid sei zulässig, Verfolgungsverjährung sei nicht eingetreten. Daß die R-GesmbH (deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte gewesen sei) in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden sei (deren Vorstandsmitglied der Beschuldigte sei), sei zwar wesentliches Element der Tatumschreibung des Bescheidspruchs, habe aber auf die Tauglichkeit der Verfolgungshandlung keinen Einfluß.
Damit ist der Beschwerdeführer im Recht. Ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft oder als verantwortlicher Beauftragter zu verantworten hat, ist nicht Sachverhaltselement der ihm zur Last gelegten Übertretung, sondern ein die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigter angesprochenen Person betreffendes Merkmal, das aber auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG ohne Einfluß ist. Es liegt daher keine Verjährung vor, wenn dem Beschuldigten erstmals im Berufungsbescheid, und zwar nach Ablauf der Frist des § 31 Abs. 2 VStG vorgeworfen wird, die Übertretung in seiner Eigenschaft als Verantwortlicher nach § 9 VStG begangen zu haben (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seiten 756 f und die dort angeführten Judikaturhinweise). Gegen die Person des Mitbeteiligten wurde rechtzeitig eine Verfolgungshandlung gerichtet. Da es einer rechtlichen Konkretisierung der Eigenschaft, in der der Mitbeteiligte zur Verantwortung gezogen wurde, nicht bedurfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. August 1994, Zl. 94/11/0183), bewirkt die offensichtlich irrtümlich aufgenommene unrichtige Bezeichnung des Mitbeteiligten als "Geschäftsführer" nicht die Untauglichkeit der Verfolgungshandlung.
Aber auch der Umstand, daß im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses die "R-GesmbH" als Arbeitgeber und der Mitbeteiligte als "Geschäftsführer" angeführt waren, schadet nicht. Die belangte Behörde wäre nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen, die unrichtige Bezeichnung des Arbeitgebers durch die Erstbehörde in ihrem Straferkenntnis durch Angabe der zutreffenden richtigzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 1992, Zlen. 92/18/0211 bis 0218), woraus auch die Richtigstellung der Bezeichnung der Organstellung des Mitbeteiligten ("Vorstand" statt "Geschäftsführer") zu folgen hätte.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb beide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben waren.
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