VwGH 93/18/0389

VwGH93/18/038930.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Jasmer C, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 21. Juni 1993, Zl. Fr-1001/93, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §26;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §26;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (BH) vom 27. März 1990 war gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß "§ 3 Abs. 2 lit. b des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 in der derzeit geltenden Fassung" ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für "ganz Österreich" erlassen worden. Dieser - in Rechtskraft erwachsenen - Entscheidung lag eine Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Graz (Urteil vom 11. Jänner 1990, 6 EVr 2598/89) wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe von 6 Monaten unbedingt verhängt und der Rest von 18 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, zugrunde.

Am 31. Mai 1990 war der Beschwerdeführer (nach Jugoslawien) außer Landes geschafft worden.

2. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Oktober 1990 auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes war von der BH mit Bescheid vom 11. April 1991 abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof blieb erfolglos (abweisendes Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0152).

3. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 21. Juni 1993 wurde der (neuerliche) Antrag des Beschwerdeführers (vom 17. November 1992) auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, iVm § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

4. Gegen diesen zuletzt genannten Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

2. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff i.S. des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und - bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen anderseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen. Obgleich schon im Hinblick auf die gegenüber dem Fremdenpolizeigesetz geänderte Rechtslage die im bekämpften Bescheid im Instanzenzug ausgesprochene Zurückweisung wegen entschiedener Sache verfehlt war, führt diese - spruchmäßig - formale Erledigung nicht zur Aufhebung dieses Bescheides. Denn die belangte Behörde hat ungeachtet dessen, wie die Bescheidbegründung unschwer erkennen läßt, eine inhaltliche Prüfung des neuerlichen Aufhebungsbegehrens vorgenommen, mithin im Ergebnis dem Beschwerdeführer die gebotene meritorische Entscheidung nicht verweigert.

3. Die Beurteilung der belangten Behörde dahingehend, daß sich an der Lage der öffentlichen Interessen, die seinerzeit bestimmend für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes waren, seit diesem Zeitpunkt nichts Wesentliches zugunsten des Beschwerdeführers geändert habe, begegnet auf dem Boden der von ihr getroffenen - in der Beschwerde unwidersprochen gebliebenen - Sachverhaltsfeststellungen ebensowenig rechtlichen Bedenken, wie ihre Annahme, es hätten sich auch die für die Einschätzung der gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers maßgebenden Umstände nicht in einer eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes rechtfertigenden Weise geändert. Zutreffend hat die belangte Behörde dargetan, daß die seit Begehung der der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Straftaten (im November 1989) verstrichene Zeit von ca. dreieinhalb Jahren noch zu kurz sei, um die durch dieses Verhalten des Beschwerdeführers herbeigeführte massive Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit als weggefallen ansehen zu können. Der belangten Behörde kann aber auch insoweit nicht entgegengetreten werden, als sie die private Interessenlage des Beschwerdeführers nicht in einer solche Weise verändert gewertet hat, daß allein aufgrund dessen eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes auszusprechen gewesen wäre. Es mag zwar zutreffen, daß sich die gesamte Situation auch in Slowenien, wo sich der Beschwerdeführer derzeit aufhält, seit seiner Abschiebung dorthin verschlechtert hat; allerdings kommt diesem Umstand im Grunde der §§ 19 und 20 FrG keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Im übrigen ist auch nicht ohne weiteres erkennbar - eine nähere Begründung hiefür fehlt -, weshalb gegenseitige Besuche des Beschwerdeführers und seiner in Österreich lebenden Frau und deren Tochter "erschwert bzw. unmöglich gemacht werden". Daß im übrigen die Trennung des Beschwerdeführers von seiner Familie die "Gefahr der persönlichen Entfremdung" mit sich bringe und nachteilige Auswirkungen auf die Psyche des Beschwerdeführers habe, sind Umstände, die, so sehr sie zutreffen mögen und die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigen, nicht von solchem Gewicht sind, daß sie bei der gebotenen Interessenabwägung (vgl. oben II.2.) zugunsten des Beschwerdeführers durchschlagen, zumal im Hinblick auf die "ungewöhnliche Brutalität" der Ausführung der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten (vgl. dazu das mehrfach zitierte hg. Erkenntnis Zl. 91/19/0152) den für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden maßgebenden öffentlichen Interessen sehr großes Gewicht zuzumessen ist.

4. Bei diesem Ergebnis der Interessenabwägung war es entbehrlich, die Familie des Beschwerdeführers zur "Beleuchtung der tatsächlichen Interessenlage" einzuvernehmen; dies umso mehr, als die Beschwerde nicht aufzeigt, welche Umstände solcherart zu ermitteln und festzustellen gewesen wären, auf die im angefochtenen Bescheid nicht ohnehin Bedacht genommen worden ist.

5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

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