Normen
ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z15;
ForstG 1975 §37 Abs3;
ForstG 1975 §37 Abs4;
ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z15;
ForstG 1975 §37 Abs3;
ForstG 1975 §37 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 1. März 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 19. September 1990 gegen 11.15 Uhr mit 11 Stück Rindern (Kühe und Jungvieh), am 27. September 1990 gegen 11.00 Uhr mit 8 Stück Rindern und am 29. August 1990 gegen 16.40 Uhr mit 11. Stück Kälbern und Galtvieh auf der Gp. 701/1 der KG R auf den Schonungsflächen im Bereich der "Alpe" entgegen den Bestimmungen des § 37 Abs. 3 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) die Waldweide ausgeübt. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach S 174 Abs. 1 lit. a Z. 15 ForstG begangen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Wochen verhängt.
Der Beschwerdeführer berief und machte geltend, das Vieh sei vor Beginn der Bauarbeiten durch die Wildbachverbauung nicht in die Gp. 701/1 eingedrungen. Im Zuge der Baumaßnahmen hätten "überdimensionale" LKW bei der Fahrt über den Weiderost die Begrenzungssäulen umgefahren. Der Beschwerdeführer legte eine schriftliche Bestätigung von G.F. und S.R. vor, daß bis zu den Arbeiten der Wildbach- und Lawinenverbauung kein Großvieh in die Aufforstungsflächen gelangt sei; erst als die Schwertransporte durchgeführt worden seien, seien die Säulen bergseits abgefahren worden. Die Durchfahrt wäre ansonsten wegen der bestehenden Kurve nicht möglich gewesen.
Mit Bescheid vom 15. Jänner 1992 wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung wird ausgeführt, die Beweidung sei durch die Zeugenaussagen von H.K. und O.M. erwiesen. Daß es sich bei den beweideten Teilen der Parzelle 701/2 um Schonungsflächen im Sinne des § 37 Abs. 3 ForstG handle, ergebe sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Forsttechnik. In diesem Gutachten werde zusammenfassend ausgeführt, daß auf Grund der weiterhin gegebenen Gefahr der Schädigung der Aufforstungen auf Gp. 701/1 durch das Weidevieh die beweideten Flächen als Schonungsflächen im Sinne des § 37 Abs. 3 ForstG anzusehen seien. Die gegenteiligen Behauptungen in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Privatgutachten habe der Amtssachverständige - mit einer näher dargelegten Begründung - widerlegt. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, ihm sei auf Grund einer Regulierungsurkunde die Weide gestattet, sei auszuführen, es könne aus der Regulierungsurkunde entnommen werden, daß bei Ausübung die Weide die forstpolizeilichen Vorschriften zu beachten seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, Strafbarkeit könne erst begründet werden, wenn die Behörde den Umfang, die Dauer und eine Kennzeichnung der Schonungsflächen mit Bescheid festgelegt habe. Die Schonungsflächen seien für den Beschwerdeführer nicht erkennbar gewesen, da selbst die Sachverständigen im Verfahren sich nicht darüber einig gewesen seien, ob eine Schonungsfläche im Sinne des 5 37 Abs. 3 ForstG vorliege.
Nach § 174 Abs. 1 fit. a Z. 15 ForstG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Waldweide entgegen § 37 Abs. 3 auf Schonungsflächen betreibt oder die Weidetiere von solchen Flächen nicht fernhält.
Nach § 37 Abs. 3 ForstG darf in zur Verjüngung bestimmten Waldteilen, in denen das Weidevieh die bereits bestehende oder erst heranzuziehende Verjüngung schädigen könnte (Schonungsflächen), die Waldweide nicht ausgeübt werden. Die Weidetiere sind von den Schonungsflächen fernzuhalten. Auf Antrag des Waldeigentümers oder des Weideberechtigten hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die im § 12 festgelegten Grundsätze den Umfang, die Dauer und die Kennzeichnung der Schonungsflächen durch Bescheid festzulegen.
Eine bescheidmäßige Festlegung von Schonungsflächen ist nicht erforderlich, um ein absolutes Weideverbot zu bewirken. § 37 Abs. 3 letzter Satz ForstG sollte dem Waldeigentümer bzw. Weideberechtigten nur die Möglichkeit einräumen, allenfalls bestehende Zweifel oder Unklarheiten über das Vorliegen bzw. das Ausmaß einer Schonungsfläche zu beseitigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1988, Zl. 87/10/0205).
Auf Grund des Vorliegens einer Aufforstung mußte dem Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit die Möglichkeit bewußt werden, daß es sich hiebei um eine Schonungsfläche handeln könne; es wäre daher seine Sache gewesen, allfällige Zweifel durch einen Antrag nach § 37 Abs. 3 ForstG oder durch eine Anfrage bei der Forstbehörde zu beseitigen. Daß eine Schonungsfläche vorliegt, wurde vom Amtssachverständigen ausreichend geklärt.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, Strafbarkeit sei nicht gegeben, da ihm das Weiderecht auf Grund einer Regulierungsurkunde zukomme. Die belangte Behörde habe sich nicht dazu geäußert, ob § 37 Abs. 3 ForstG eine forstpolizeiliche Vorschrift darstelle und ob derart allgemein gehaltene Einschränkungen geeignet seien, die Strafbarkeit des Verhaltens zu begründen. Außerdem liege Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, weil dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit gegeben worden sei, sich zum Inhalt der Regulierungsurkunde zu äußern.
Nach § 37 Abs. 4 ForstG werden die für Weiderechte in Einforstungswäldern geltenden Bestimmungen der Regulierungsurkunden durch die Regelungen der Abs. 1 und 3 nicht berührt. Wird in der Regulierungsurkunde festgelegt, daß bei der Weide die forstpolizeilichen Vorschriften zu beobachten sind, so tritt das Weiderecht gegenüber dem in § 37 Abs. 3 ForstG normierten forstpolizeilichen Verbot der Waldweide zurück (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Juni 1989, Zl. 89/10/0074, und vom 30. Mai 1994, Zl. 92/10/0106). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Beschwerdeführer bemängelt zwar, ihm sei keine Möglichkeit gegeben worden, sich zum Inhalt der Regulierungsurkunde zu äußern, bringt aber nichts vor, was auch nur darauf hindeuten könnte, daß die Regulierungsurkunde nicht den von der belangten Behörde festgestellten Inhalt habe.
Schließlich macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe sich nicht mit seiner Rechtfertigung auseinandergesetzt, eine Beschädigung des Zaunes durch Dritte sei der Grund dafür gewesen, daß Weidevieh in die Schonungsflächen gelangt sei. Es fehle jegliche Grundlage für die Feststellung, daß dem Beschwerdeführer Vorsatz vorzuwerfen sei. Vielmehr fehlten selbst für die Annahme von Fahrlässigkeit entsprechende Feststellungen. Die belangte Behörde hätte erheben müssen, ob der Zaun tatsächlich durch Dritte so beschädigt worden sei, daß dem Beschwerdeführer eine Wiederherstellung innerhalb angemessener Frist unmöglich gewesen wäre.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung vorgebracht, das Vieh sei vor den Bauarbeiten der Wildbachverbauung nicht in die Schonungsflächen eingedrungen. Erst als im Zuge der Baumaßnahmen überdimensionale LKW bei der Fahrt über die Weideroste die Begrenzungssäulen umgefahren hätten, hätte das Vieh in die Schonungsflächen gelangen können.
Zwar könnte auch die vom Beschwerdeführer behauptete Beschädigung des Zaunes, wenn sie tatsächlich im Zuge von Bauarbeiten durch die Wildbach- und Lawinenverbauung erfolgt wäre, den Beschwerdeführer nur dann entlasten, wenn sie in einem solchen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der ihm angelasteten Beweidung der Parzelle 701/1 stünde, daß sie es dem Beschwerdeführer unmöglich gemacht hätte, das Weidevieh von dieser Parzelle abzuhalten (vgl. auch die einen gleichgelagerten Fall betreffenden hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1994, Zl. 93/10/0040 und vom 18. April 1994, Zl. 93/10/0041). Ob dies der Fall war, kann aber nicht beurteilt werden, da sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in keiner Weise auseinandergesetzt, insbesondere auch nicht die erforderlichen näheren Ermittlungen vorgenommen hat.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. W i e n , am 19. Dezember 1994
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