Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 litb;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
BauO Stmk 1968 §70a Abs2;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;
B-VG Art132;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2 lita;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 litb;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
BauO Stmk 1968 §70a Abs2;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;
B-VG Art132;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2 lita;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
I. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde wird insoweit zurückgewiesen, als sie den Spruchteil I. des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde Marhof vom 4. November 1991, GZ. 768/1988-1991, betrifft.
II. zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 62 Abs. 2 VwGG wird die Berufung der weiteren Parteien W und EE, soweit sie sich gegen den Spruchteil II. des genannten Bescheides richtet, als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, binnen acht Wochen den Spruchteil II. des genannten Bescheides durch genaue Beschreibung der abzubrechenden Gebäudeteile zu präzisieren.
Die Gemeinde Marhof hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Nachbarin der weiteren Parteien des Verfahrens (kurz: Bauwerber), die bei der Baubehörde erster Instanz um Erteilung der Baubewilligung zwecks "Wohnhaussanierung, Zubau und Dachgeschoßausbau" betreffend das Wohnhaus auf einer näher bezeichneten Liegenschaft im Gebiet der Gemeinde Marhof (kurz: Gemeinde) eingekommen waren.
Bei der hierüber am 5. Februar 1991 abgehaltenen Bauverhandlung führte der Amtssachverständige aus, daß die Bauwerber das ehemalige Wohngebäude (Haus Nr. 33) ohne baubehördliche Bewilligung soweit abgetragen hätten, daß vom altbestandenen Objekt "zur Zeit" nur mehr die Kelleraußenwände bis zur Kellerdeckenoberkante bestünden. Das Kellerdeckengewölbe sei erhalten geblieben, darüber sei eine Ortbetondecke aufgezogen worden. An der Nordostseite sei ein Zubau mit einer Breite von 7,90 m und einer Tiefe von 4,05 m im östlichen Bereich bzw. 3,25 m im westlichen Bereich hergestellt worden. Die Darstellung im Einreichplan stimme im Bereich des Sockel- bzw. Kellergeschoßes nicht mit der Natur überein, weil das Mauerwerk in diesem Plan zum Teil als Bestand ausgewiesen, in der Natur tatsächlich jedoch aus Betonschalsteinen (neu) hergestellt worden sei. Auch die Decke in diesem Bereich (im Plan als Garage bezeichnet) sei neu als Stahlbetonmassivdecke hergestellt worden. Alle Bauteile im Erd- und Dachgeschoß, welche in diesem Plan ebenfalls zum Großteil als Bestand ausgewiesen seien, seien ebenfalls neu hergestellt worden. Das bedeute, daß der vorgelegte Plan mit den tatsächlich angetroffenen Verhältnissen nur teilweise übereinstimme. Die Nordostecke des Zubaues (Garage lt. Plan) sei vom benachbarten Wohnhaus der Beschwerdeführerin (Südwestecke) lt. Messung in der Natur mit Maßband 3,64 m entfernt. Die dazwischenliegende Grundstücksgrenze zwischen den beiden Grundstücken sei einvernehmlich so festgelegt worden, daß sie, gemessen in der Verbindungslinie zwischen der Nordostecke der Garage des Wohnhauses Nr. 33 (der Bauwerber) zur Südostecke des Wohnhauses der Beschwerdeführerin Nr. 32 von dieser zuletzt beschriebenen Ecke 24 cm, demnach vom Haus Nr. 33 300 cm entfernt sei. Das Wohnhaus der Beschwerdeführerin weise im Erdgeschoß Massivholzwände in Blockbauweise auf. Das Dachgeschoß springe giebelseitig um 65 cm über die Erdgeschoßwand vor. Die Giebelfläche sei mit einer Leistenbrettschalung verschalt. Der Ortgang des Daches springe noch weitere 40 cm über diese Giebelschalung vor. Diese Giebelfläche einschließlich Dachvorsprung könne deshalb nicht als brandhemmend verkleidet im Sinne der Ö-Norm B 3800 angesehen werden. Das Haus Nr. 33 weise zu einem weiteren Wohnhaus Nr. 26 auf anderen Grundstücken, das ebenfalls den Bauwerbern gehöre, einen Gebäudeabstand im nördlichen Bereich von 4,45 m und im südlichen Bereich von rd. 3,55 m auf. Da die Dachflächen beider Gebäude noch giebelseitig um rd. 90 cm vorsprängen, betrage der Abstand "von Firstpunkt zu Firstpunkt dort rd. 2,00 m". Da der bauordnungsgemäße Abstand zum Wohnhaus der Beschwerdeführer 10,00 m betragen müßte, der Abstand der Nordostecke im Bereich der Garage aufgrund der zweigeschoßigen Ausführung 4,00 m betragen müßte, der Abstand zum eingeschoßigen, weiteren Wohnhaus der Bauwerber 6,00 m betragen müßte, widerspreche die Bauführung den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Es bestehe die Gefahr einer Brandübertragung vom weiteren Haus der Bauwerber auf das verfahrensgegenständliche Haus und weiter auf das Haus der Beschwerdeführerin. Aus bautechnischer Sicht bestünden deshalb gegen die Erteilung einer Baubewilligung größte Bedenken. (Der Sachverständige verwies auch auf Feststellungen anläßlich der örtlichen Besichtigung am 12. Dezember 1988, die in einem Aktenvermerk der zuständigen Bezirkshauptmannschaft festgehalten wurden. In diesem Aktenvermerk heißt es, daß das "altbestehende" Holzhaus der Beschwerdeführerin von der Grundgrenze zum Grundstück der Bauwerber mit der Südostdecke nur rd. 25 cm entfernt sei. Da das Wohnhaus der Bauwerber von dieser Grundstücksgrenze, gemessen an der Nordostecke des alten Kellers des Gebäudes, nur rd. 3,40 m von der Grenze entfernt sei, ergebe sich ein Gebäudeabstand zwischen dem Haus der Bauwerber und dem hölzernen Wohnhaus der Beschwerdeführerin von insgesamt 3,65 m. Das Haus der Bauwerber weise überdies noch einen neu errichteten nordseitigen dritten Giebel auf. Das neue Sockelmauerwerk dieses Giebels sei mit seiner Nordostecke von der Grundstücksgrenze 2,80 m entfernt. Da beide Gebäude noch große ortgangs und traufenseitige Dachüberstände aufwiesen, komme nun das Dach des Wohnhauses der Beschwerdeführerin "direkt unterhalb des Daches des teilweise neu errichteten Wohnhauses" der Bauwerber zu liegen. Abgesehen von der "den gesetzlichen Mindestabstand von 10,00 m weit unterschreitenden, Situierung des Neubaues", bestehe größte Gefahr einer Brandübertragung vom Gebäude der Beschwerdeführerin auf das Gebäude der Bauwerber bzw. umgekehrt. Da ein direkter Zusammenbau beider Objekte, zum Beispiel mit Feuermauern an der Grundstücksgrenze, nicht möglich sei - beide Objekte stünden schräg versetzt zueinander - sei eine Bereinigung dieses Zustandes ohne Abbruch kaum denkbar. Hier ist noch anzufügen, daß die Beschwerdeführerin in einer Niederschrift vom 2. September 1988 angegeben hatte, ihr Haus stehe schon seit mehr als 200 Jahren).
Die Bauwerber erklärten zum Gutachten des Sachverständigen, daß ihr Wohnhaus Nr. 33 seit etwa 1770 bestehe. Im Jahr 1988 hätten sie beabsichtigt, dieses Wohnhaus zu sanieren und ein diesbezügliches Ansuchen bei der Steiermärkischen Landesregierung eingebracht, auf welchem seitens der Gemeinde bestätigt worden sei, daß für die geplanten Maßnahmen keine baubehördliche Genehmigung erforderlich sei. Im Zuge der im August 1988 begonnenen Sanierung hätten sie bedauerlicherweise feststellen müssen, daß die Holzwände und Tramdecken vermorscht und durch den Holzwurm größtenteils zerstört gewesen seien, was jedoch vor Beginn der Sanierung äußerlich nicht feststellbar gewesen sei, weil diese Wände innen durch starke Pfosten aufgedoppelt und verputzt gewesen seien. Da hiedurch im Zuge der Sanierungsarbeiten Einsturzgefahr bestanden habe, hätten sie sich aus Sicherheitsgründen entschlossen, sofort die schadhaften Bauteile abzutragen und durch ein Ziegelmauerwerk zu ersetzen; zu diesem Entschluß seien sie "gemäß den Bestimmungen des § 70 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung" gekommen. Diesbezüglich sei auch das Einvernehmen mit der Baubehörde hergestellt worden. Gleichzeitig sei aus ökonomischen Rücksichten ein geringfügiger Zubau gemäß dem eingereichten Plan, welcher sodann aus statischen Gründen eine bauliche Einheit bilden sollte, mitausgeführt worden. Zur Wahrung der rechtlichen Vorgaben hätten sie sogleich um die Bewilligung des Zubaues und des Dachgeschoßendausbaues bei der Baubehörde angesucht. Das gegenständliche Wohnhaus Nr. 33 sei schon immer ein Wohnhaus "und auch seither bewohnt" gewesen.
Die Beschwerdeführerin wandte ein, daß die Abstände zu ihrem Gebäude zu gering seien. Es ergebe sich "hieraus Brandgefahr und die dauernde Einwirkung von Belästigung". Es werde der Antrag nach "§ 70a Abs. 1" (in der Übertragung der Niederschrift irrig: § 70 Abs. 1) "auf Beseitigung und dies gestützt auf Bestimmungen nach § 61 Abs. 2 lit. d, e und h gestellt". Der neue Bau sei erheblich höher als das frühere Gebäude Nr. 33, und habe auch infolge des Zubaues einen größeren Grundriß.
Die Bauwerber erwiderten, daß sich durch die Bauführung die Abstände zu den Grundgrenzen nicht verändert hätten; außerdem sei die Fensterzahl zum Haus der Beschwerdeführerin unverändert, wodurch "keine Mehrbelästigungen zu erwarten" seien. Darüber hinaus könne das Haus der Beschwerdeführerin "nicht zur Gänze als Wohnhaus bezeichnet werden", weil der westliche Teil des Bauwerkes "bis zur Nutzungsänderung" ein Preßhaus gewesen sei und zum ehemaligen Weingarten gehört habe. Das als Wohnhaus bezeichnete Bauwerk sei im westlichen Teil "als Wohnraum umfunktioniert" worden; zugleich sei eine Garage ohne Bewilligung zugebaut worden.
Die Beschwerdeführerin ergänzte ihr Vorbringen dahin, daß der Neubau (der Bauwerber) höher als der Altbestand sei; zum Beweis würden Lichtbilder nachgereicht. Der Altbestand sei spätestens seit 1973 nicht mehr bewohnt worden.
Nachdem der Versuch, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, gescheitert war, erließ die Baubehörde erster Instanz den Bescheid vom 4. November 1991, Zl. 768/1988-1991. Mit dem Spruchteil I. wurde das Ansuchen der Bauwerber um Erteilung der Baubewilligung gemäß den §§ 4, 61 Abs. 2 lit. d und g und 62 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung LGBl. Nr. 149/1968 idgF und "unter Hinweis auf das Ergebnis der örtlichen Erhebung und mündlichen Bauverhandlung vom 5. Februar 1991" abgewiesen.
Mit dem Spruchteil II. erteilte die Baubehörde den Bauwerbern den Auftrag, "die ohne Bewilligung der Baubehörde errichteten vorschriftswidrigen Bauten auf der Bauparzelle und zwar den Zubau und Dachgeschoßausbau, so wie dieser in den Plänen und Baubeschreibungen der Firma H und in der Verhandlungsschrift des Bürgermeisters der Gemeinde Marhof vom 5. Februar 1991 dargestellt und beschrieben sind, binnen vier Wochen gerechnet vom Tage des Eintrittes der Rechtskraft des Bescheides auf eigene Kosten zu beseitigen".
Die Behörde schloß sich den Feststellungen und Beurteilungen des Amtssachverständigen vollinhaltlich an und führte weiter begründend zu Spruchteil I. aus, daß die beantragten Maßnahmen gemäß § 57 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) einer Bewilligung der Baubehörde bedürften. Gemäß § 61 Abs. 2 lit. d BO könne der Nachbar gegen die Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften bezögen, die nicht nur den öffentlichen Interessen sondern auch den Interessen der Nachbarn dienten, worunter auch die Normen hinsichtlich der Abstände zu verstehen seien. Derartige Einwendungen seien erhoben worden. Die bewilligungspflichtigen Maßnahmen seien ohne Konsens durch die Baubehörde durchgeführt worden, wobei die Abstandsbestimmungen des § 4 BO nicht eingehalten worden seien. Der Abstand von Firstpunkt zu Firstpunkt, wie in der Natur augenscheinlich und durch Nachmessen festgestellt worden sei, betrage rd. 2 m, der gesetzmäßige Mindestabstand hingegen 10 m. Aus diesem Grund widerstreite das Projekt auch "aus dem Titel der Vermeidung einer Brandgefahr" den von den Behörden zu wahrenden öffentlichen und subjektiv-öffentlichen Interessen und sei auch durch Vorschreibung von Auflagen nicht bewilligungsfähig, weshalb der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung abzuweisen gewesen sei.
Zu Spruchteil II. führte die Behörde aus, daß gemäß § 70a BO vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden sei, zu beseitigen seien. Die Maßnahmen seien, wie bereits angeführt, bewilligungspflichtig. Eine solche Bewilligung habe nicht erteilt werden können (verwiesen wurde auf Spruchteil I.). Die Bauten seien somit vorschriftswidrig und es sei die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes von Amts wegen und auch im Hinblick auf den Antrag der Beschwerdeführerin zu verfügen gewesen.
Dagegen erhoben die Bauwerber Berufung. Sie brachten vor, daß das Ermittlungsverfahren mangelhaft gewesen sei, weil die Behörde bei ihrer Beurteilung, ob das Projekt bewilligungsfähig ist, nicht von den maßgeblichen Bauplänen, sondern von einem tatsächlichen Zustand ausgegangen sei. Auch habe die Beschwerdeführerin keine Verletzung von Nachbarrechten geltend gemacht: Der Einwand, daß durch die Errichtung des Gebäudes eine "Einwirkung von Belästigung zu befürchten" sei, scheine in der taxativen Aufzählung des § 61 BO nicht auf. Der Einwand hinsichtlich der Abstände wäre zu konkretisieren gewesen; "die von der Erstinstanz getroffene Festsetzung der Abstände" sei "nicht gesetzeskonform", weil nach der Steiermärkischen Bauordnung eine Bezugnahme auf den Abstand von Firstpunkten nicht vorgesehen sei. Unklar sei auch, "auf welcher Basis die gesetzlichen Mindestabstände von 10 m festgesetzt" worden seien. Darüber hinaus habe die Behörde "hinsichtlich der zu erteilenden brandschutztechnischen Maßnahmen nicht geprüft, inwieweit diese durch entsprechende Baustoffe saniert werden könnten"; es reiche nicht aus, daß die Baubehörde Bedenken hege.
Aufgrund des mangelhaft festgestellten Sachverhaltes habe die Behörde die Sache auch unrichtig rechtlich beurteilt; die erstinstanzliche Behörde habe "den § 4 der Stmk. Bauordnung rechtsunrichtig" angewendet; sie habe nicht konkretisiert, "welche Nachbareinwendungen überhaupt subjektive Interessen des Nachbarn im Sinne des § 61 der Stmk. Bauordnung" darstellten und sie hätte zu konkretisieren gehabt, "welche der nachbarrechtlichen Einwendungen als solche geeignet" gewesen seien, "einen abschlägigen Bescheid zu erteilen".
Auch Spruchteil II. sei unzutreffend. Abgesehen davon, daß sich die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf eine falsche Gesetzesstelle, nämlich auf § 70 Abs. 1 statt § 70a der Steiermärkischen Bauordnung gestützt habe, lägen auch die übrigen Voraussetzungen für die Erlassung eines solchen Beseitigungsauftrages nicht vor. § 70a BO gebe den Nachbarn einen Beseitigungsanspruch nur bei Verletzung eines der in § 61 Abs. 2 BO taxativ aufgezählten Rechte; die Behörde habe "jedoch nachbarrechtliche Einwendungen, welche nicht unter § 61 BO zu subsumieren" seien, herangezogen, um den Beseitigungsauftrag zu begründen.
Die Beschwerdeführerin erstattete eine Gegenäußerung zur Berufung.
Mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 21. Oktober 1992 wurde der Berufung Folge gegeben. Der erstinstanzliche Bescheid wurde im Spruchteil I. dahin abgeändert, daß den Bauwerbern die Bewilligung "zur bereits teilweise durchgeführten Wohnhaussanierung, Zubau und Dachgeschoßausbau" auf diesem Grundstück gemäß dem Einreichplan erteilt und der Spruchteil II. "mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zur Gänze ersatzlos behoben" wurde. Begründend wurde (lediglich) ausgeführt, daß die Berufungsbehörde "aus den in der Begründung angeführten Gründen entschieden" habe, der Berufung Folge zu geben.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung.
Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Jänner 1993 (eingelangt bei der belangten Behörde am 20. Jänner 1993) wurde der Berufungsbescheid vom 21. Oktober 1992 wegen Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde verwiesen, weil es (zusammenfassend) dem Berufungsbescheid an einer tragfähigen Begründung mangle. Überdies erteilte die Vorstellungsbehörde verschiedene Hinweise für das fortzusetzende Verfahren.
Eine neuerliche Entscheidung über die Berufung ist seither nicht ergangen (aus den Verwaltungsakten ergibt sich, daß keine der vorgesehenen Entscheidungsvarianten eine Mehrheit im Gemeinderat fand).
Mit der vorliegenden, am 16. August 1993 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde mangels neuerlicher Entscheidung über diese Berufung geltend, mit dem Antrag, der belangten Behörde im Sinne des § 42 Abs. 4 VwGG gegebenenfalls unter Fristsetzung aufzutragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes zu erlassen; hilfsweise wolle der Gerichtshof in der Sache selbst entscheiden und in Abweisung der Berufung "den Beseitigungsauftrag gemäß § 70a
Stmk. Bauordnung erlassen und die Baubewilligung versagen".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde das Vorverfahren eingeleitet. Die belangte Behörde hat auch innerhalb der antragsgemäß erteilten Nachfrist die Erlassung des versäumten Berufungsbescheides nicht nachgeholt, sondern die Akten mit der Äußerung vorgelegt, daß die hiezu erstatteten Anträge und Gegenanträge jeweils keine Mehrheit gefunden hätten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht (...) angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht innerhalb von sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tage, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Diese Frist ist im vorliegenden Fall verstrichen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 16. April 1958, Slg.Nr. 4640/A, ergangen zur Bauordnung für Wien, mit der Geltendmachung der Entscheidungspflicht durch einen Nachbarn in einem noch nicht abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren befaßt und ausgeführt, daß, solange über das Bauansuchen oder über die Einwendungen kein Bescheid ergangen sei, nicht der Nachbar, sondern nur der Bauwerber die Entscheidungspflicht geltend machen könne. Ein Eingriff in die Rechtssphäre des Nachbarn sei nämlich nur dann gegeben, wenn eine Baubewilligung erteilt und durch diese Baubewilligung ein subjektives Nachbarrecht verletzt worden sei. Diese Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof in der Folge auch zu anderen Bauordnungen aufrechterhalten (siehe die Nachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, E 50f zu § 73 Abs.1 AVG, sowie zuletzt etwa die Erkenntnisse vom 22. September 1993, Zl. 92/06/0183 oder vom 10. Mai 1994, Zl. 92/05/0268).
Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, ergibt sich, daß durch den Spruchteil I. des erstinstanzlichen Bescheides, mit welchem das Ansuchen um Baubewilligung der Bauwerber ohne Entscheidung über die Einwendungen der Beschwerdeführerin abgewiesen wurde (das Unterbleiben eines eigenen Abspruches über die Einwendungen war nach dem Rechtsstandpunkt der Behörde folgerichtig und zutreffend), nicht in die Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen wurde, sodaß DIESBEZÜGLICH eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch die Säumnis hinsichtlich der Entscheidung über die Berufung des Bauwerbers zu verneinen ist. Das hat zur Folge, daß die Säumnisbeschwerde insoweit zurückzuweisen war.
Anders verhält es sich in bezug auf den Spruchteil II. des erstinstanzlichen Bescheides.
Im Beschwerdefall ist die Steiermärkische Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, idF LGBl. Nr. 54/1992, anzuwenden.
§ 70a BO lautet:
"Baueinstellung und Beseitigungsauftrag
(1) Bei Maßnahmen, die ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, ist die Baueinstellung zu verfügen; erforderlichenfalls sind die Bauten oder Teile derselben zu schließen. Vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, sind zu beseitigen. Mündlich verkündete Verfügung sind schriftlich auszufertigen.
(2) Den Nachbarn steht das Recht zu, die Baueinstellung und die Beseitigung zu verlangen, wenn die Bauarbeiten nach Abs. 1 ihre Interessen (§ 61 Abs. 2) verletzen".
Nach den insofern unbestrittenen und unbedenklichen Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid haben die Bauwerber das ehemalige Wohngebäude soweit abgetragen, daß vom Altbestand nur mehr die Kelleraußenwände bis zur Kellerdeckenoberkante einschließlich der Kellergewölbe erhalten blieben. Rechtlich hat dies zur Folge, daß damit jedenfalls eine allenfalls bis dahin bestehende Baubewilligung untergegangen ist (siehe die bei Hauer, Steiermärkisches Baurecht2, E 13 zu § 57 BO wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes), sodaß das neu errichtete Gebäude (einschließlich des gesamten Zubaues und des Dachgeschoßausbaues) rechtlich als baubewilligungspflichtiger Neubau (§ 57 Abs. 1 lit. a BO) zu werten ist, für den noch keine Baubewilligung erteilt wurde, und der demnach im Sinne des § 70a BO konsenslos ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im Erkenntnis vom 5. Mai 1994, Zlen. 92/06/0168, 0170 und 93/06/0025 (unter Hinweis auf den Beschluß vom 22. Mai 1992, Zl. 92/06/0091 und die Erkenntnisse vom 9. März 1993, Zl. 93/06/0028 und vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/06/0220) ausgesprochen hat, reicht aber eine bloße Konsenslosigkeit oder Bescheidwidrigkeit der Bauführung noch nicht aus, um dem Nachbarn ein Recht auf eine Maßnahme im Sinne des § 70a Abs. 2 BO und damit Parteistellung zu verschaffen, solange nicht auch eine konkrete Verletzung seiner Interessen (§ 61 Abs. 2 BO) vorliegt und er ein derartiges Nachbarrecht im Sinne des § 61 Abs. 2 lit. a bis i oder k BO geltend macht. Insoweit ist demnach sein Anspruch nach § 70a Abs. 2 BO eingeschränkter, als die Baueinstellungs- und Beseitigungsbefugnis der Baubehörde gemäß § 70a Abs. 1 BO.
Die Beschwerdeführerin hat in der Bauverhandlung eingewendet, daß die Abstände zu ihrem Haus zu gering seien, woraus sich Brandgefahr "und dauernde Einwirkung von Belästigung" ergebe, und stützte sich in diesem Zusammenhang auf die Bestimmungen des § 61 Abs. 2 lit. d, e und h BO. Es sind dies die Bestimmungen betreffend "die Abstände (§ 4 und § 53)"; "die Gebäudehöhe (§ 5)" und "die Vermeidung einer Brandgefahr, sonstigen Gefährdung und unzumutbaren Belästigungen (§ 39 Abs. 1)".
Letztere Bestimmung - § 39 Abs. 1 BO - normiert die Vorschriften hinsichtlich der Rauchfänge und Abgasfänge. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin gibt nicht zu erkennen, inwieweit durch den - im Berufungsverfahren bezüglich des Spruchteiles II. des erstinstanzlichen Bescheides - allein streitgegenständlichen Zubau und Dachbodenausbau ihre nach dieser Gesetzesbestimmung geschützten Nachbarrechte verletzt wären.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß Festsetzungen bezüglich der Gebäudehöhe (§ 5 BO) getroffen worden wären (zumal das verfahrensgegenständliche Projekt "nur" die Sanierung des Wohnhauses, einen Zubau und die Erweiterung des Dachgeschoßausbaues betraf, nicht aber einen Neubau). Anders verhält es sich mit den Einwendungen der Beschwerdeführerin bezüglich der Abstandsvorschriften:
Nach § 4 Abs. 1 BO muß eine Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrundgrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, als die Anzahl der Geschoße, vermehrt um zwei, ergibt. Die Behörde erster Instanz ist diesbezüglich, den Ausführungen des Sachverständigen folgend, davon ausgegangen, daß der Zubau zweigeschoßig ausgeführt wurde, weshalb der Abstand (zu ergänzen: zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin in diesem Bereich) 4,00 m betragen müßte. Die Berufungsausführungen - die sich jedweder konkreten Auseinandersetzung mit dieser Beurteilung entziehen - lassen nicht erkennen, weshalb diese Beurteilung unzutreffend sein sollte, zumal nach den Bauplänen der fragliche Teil des Kellergeschoßes (Zubau) infolge der Hanglage zur Gänze oberirdisch in Erscheinung tritt. Nach den unbestrittenen wie unbedenklichen Feststellungen der Behörde erster Instanz ist die Nordostecke dieses Zubaues von der Grundgrenze jedenfalls nicht mehr als 3,00 m entfernt (die Messung erfolgte von Hauseck zu Hauseck; denkbar ist, daß die gedachte Linie die - nach den vorliegenden Bauplänen geradlinig verlaufende - Grundgrenze nicht lotrecht durchschneidet, sodaß sich bei lotrechter Messung auch noch ein geringerer Abstand ergeben könnte). Daraus folgt, daß der fragliche Zubau jedenfalls zum Teil im Abstandsbereich errichtet wurde, sodaß die Beschwerdeführerin, die die Verletzung der Abstandsvorschriften geltend gemacht hat, berechtigt ist, dessen Beseitigung zu begehren. Der eingangs aufgezeigte Umstand, daß die Rechte des Nachbarn gemäß § 70a Abs. 2 BO gegenüber den Befugnissen der Behörde gemäß § 70a Abs. 1 BO zurückbleiben, ist in diesem Zusammenhang deshalb nicht relevant, weil der Spruchteil II. des Bescheides erster Instanz diesbezüglich nicht teilbar ist (womit in diesem Beschwerdeverfahren auch eine weitere Auseinandersetzung mit der Abstandsproblematik, das heißt mit der Frage, ob die Festsetzung größerer Abstände rechtens wäre, zu unterbleiben hat).
Damit ist die Säumnisbeschwerde insoweit (Spruchteil II) zulässig und berechtigt.
Im übrigen übersehen die Bauwerber in ihrer Berufung, daß nach dem klaren Wortlaut des § 70a BO Beseitigungsaufträge nicht nur über Antrag (Abs. 2), sondern auch von Amts wegen ergehen können (Abs. 1), weshalb der Beseitigungsauftrag Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides auch unter diesem Gesichtspunkt rechtens ergangen ist.
Aus dem Gesagten ergibt sich zusammenfassend, daß die Berufung der Bauwerber, soweit sie sich gegen den Spruchteil II. des erstinstanzlichen Bescheides richtet, gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 62 Abs. 2 VwGG als unbegründet abzuweisen ist. Zutreffend hat aber bereits die Aufsichtsbehörde in der Vorstellungsentscheidung vom 14. Jänner 1993 in einem obiter dictum darauf hingewiesen, daß die zu beseitigenden Objekte bzw. Gebäudeteile so genau zu bezeichnen sind, daß eine Vollstreckung ohne weiteres Ermittlungsverfahren möglich ist. Diesem Erfordernis wird der Spruchteil II. des erstinstanzlichen Bescheides nicht gerecht. Nach der Lage des Falles hält es der Verwaltungsgerichtshof für angebracht, sich diesbezüglich auf ein Grundsatzerkenntnis im Sinne des § 42 Abs. 4 VwGG zu beschränken und der belangten Behörde - die mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut ist - aufzutragen, die erforderliche Konkretisierung vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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