Normen
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. August 1992 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines rumänischen Staatsangehörigen, der am 11. März 1989 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 3. Juli 1989, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, abgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde - nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluß vom 16. Dezember 1992, B 1640/92, abgelehnt hatte - dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer - ohne sich mit der Frage seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinanderzusetzen - deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Auffassung war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers, habe nämlich ergeben, daß er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei. Verfolgungssicherheit sei insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland bzw. in einen Verfolgerstaat abgeschoben zu werden. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes sei ein bewußtes Zusammenwirken zwischen der Person des Asylwerbers und den Behörden des Drittstaates nicht notwendig. Es hätten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen und tatsächlich die Möglichkeit bestanden haben müssen, diesen durch oder bei Kontaktaufnahme mit der Behörde zu aktualisieren. Der Beschwerdeführer habe sich vom 14. März 1988 bis 11. März 1989 in Ungarn aufgehalten und sei dort einer Beschäftigung nachgegangen. Sein Aufenthalt sei den ungarischen Behörden bekannt und von diesen geduldet und gebilligt worden, da er eine Aufenthaltserlaubnis besessen habe. Er sei somit in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, es könne dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden, welche Entscheidung erster Instanz diesem zugrundeliege, so trifft es zwar zu, daß der angefochtene Bescheid diese, indem er sich auf den "Bescheid der Sicherheitsdirektion", und zwar (gemäß der Begründung) auf jenen "vom 03.07.1989, Zahl FrA-610/1989" bezieht, nur allgemein umschreibt. Dennoch besteht
- insbesondere aufgrund des Beschwerdevorbringens - keinerlei Anlaß zur Annahme, es hätte für den Beschwerdeführer zweifelhaft sein können, daß mit dem angefochtenen Bescheid über die oben angeführte Berufung entschieden wurde. Die nur allgemeine Umschreibung des Verfahrensgegenstandes im Spruch des angefochtenen Bescheides vermag daher schon aus diesem Grunde eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers nicht zu bewirken.
Auch mit dem Vorwurf, die belangte Behörde hätte nicht das AsylG 1991 anwenden dürfen, weil das Asylverfahren erster Instanz auf der Grundlage des AsylG (1968) durchgeführt worden sei, vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. § 25 Abs. 2 erster Satz AsylG 1991 sieht nämlich vor, daß Verfahren, die, wie das vorliegende, am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig waren, nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu Ende zu führen sind. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung bestehen beim Verwaltungsgerichtshof nicht, wobei in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992, B 1387/92, B 1542/92, hingewiesen wird. Daß auch der Umstand, wonach die belangte Behörde, hätte sie - wie der Beschwerdeführer vermeint - innerhalb der Frist des § 73 Abs. 1 AVG über seine Berufung entschieden, das AsylG (1968) anzuwenden gehabt hätte, die Anwendung des AsylG 1991 nicht als rechtswidrig erscheinen läßt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340).
Der Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe den normativen Gehalt des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 verkannt, ist entgegenzuhalten, daß Verfolgungssicherheit i.S. dieser Bestimmung nach ständiger hg. Judikatur (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357) dann anzunehmen ist, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Dabei kommt es - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - nicht darauf an, ob die Behörden des anderen Staates von dem Aufenthalt des Beschwerdeführers gewußt und ihn geduldet haben. Es kommt auch nicht darauf an, welche Absichten der Asylwerber verfolgt hat, ob er also um Asyl ansuchen wollte oder ob er tatsächlich darum angesucht hat. Schutz vor Verfolgung hat ein Asylwerber vielmehr dann gefunden, wenn er sich nach Verlassen seines Heimatlandes, in dem er verfolgt zu werden behauptet, in einem anderen Staat - selbst nur im Zuge der Durchreise - befunden hat und die genannte Sicherheit - aus objektiver Sicht - bereits dort hätte in Anspruch nehmen können.
Soweit der Beschwerdeführer weiters vorbringt, er habe "zum damaligen Zeitpunkt" in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher sein können, weil eine Antragstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention in Ungarn weder erfolgt, noch rechtlich möglich gewesen sei, so trifft es zwar zu, daß der Beitritt Ungarns zur Genfer Flüchtlingskonvention zufolge Hinterlegung der Beitrittsurkunde am 14. März 1989 (siehe BGBl. Nr. 260/1992) gemäß Art. 43 dieser Konvention am 90. Tage danach, somit am 12. Juni 1989 in Kraft getreten ist, zu einem Zeitpunkt also, zu dem sich der Beschwerdeführer nicht mehr in Ungarn aufgehalten hat.
Allerdings bedeutet der Umstand, daß ein Staat nicht der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten ist, noch nicht zwangsläufig, daß in diesem Land keine "Verfolgungssicherheit" im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 gegeben ist. Vielmehr kommt es auch in diesem Fall ausschließlich darauf an, ob die betreffende Person in diesem Staat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch nicht befürchten mußte, in den Verfolgerstaat abgeschoben zu werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntis vom 20. Mai 1994, Zl. 93/01/1290). Wie dargelegt, hat die belangte Behörde die Annahme, der Beschwerdeführer sei bereits in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen, nicht auf die Mitgliedschaft dieses Staates zur Genfer Flüchtlingskonvention gestützt, sondern darauf, daß sich der Beschwerdeführer dort - was von ihm auch nicht bestritten wird - nahezu ein Jahr mit Billigung der ungarischen Behörden aufgehalten hat und einer Beschäftigung nachgegangen ist. Nach der zitierten Rechtsprechung ist es zwar - wie oben dargelegt - für die begründete Annahme von Verfolgungssicherheit nicht erforderlich, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers den ungarischen Behörden bekannt war und von ihnen auch geduldet oder sogar gebilligt wurde. War letzteres aber der Fall, so kommt dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstand, daß er in Ungarn keine Möglichkeit gehabt hätte, Asyl zu beantragen, im gegebenen Zusammenhang keine rechtliche Bedeutung zu. Der Beschwerdeführer hat nämlich weder vorgebracht, geschweige denn Gründe dafür dargetan, warum es ihm nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, weiterhin mit Billigung der dortigen staatlichen Behörden in Ungarn zu bleiben. Die Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß für ihn Verfolgungssicherheit in Ungarn bestanden habe, kann daher nicht als unschlüssig angesehen werden (vgl. u.a. die hg. Erkenntisse vom 20. Mai 1994, Zl. 93/01/1290, und vom 22. Juni 1994, Zlen. 94/01/0049, 0050).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich soweit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)