Normen
ABGB §1014;
DHG §2 Abs1;
GehG 1956 §20 Abs1;
GehG 1956 §20 idF 1990/447;
OrgHG 1967 §1;
RGV 1955 §10 Abs2;
ABGB §1014;
DHG §2 Abs1;
GehG 1956 §20 Abs1;
GehG 1956 §20 idF 1990/447;
OrgHG 1967 §1;
RGV 1955 §10 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Richter beim Bezirksgericht A in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Am 29. August 1989 mußte er in seiner Funktion als Richter in einer Zivilsache in L einen Ortsaugenschein durchführen. Der Dienstgeber hatte kein Kraftfahrzeug beigestellt, weshalb der Beschwerdeführer sein eigenes Fahrzeug (Privat-Pkw) verwendete. Bei der Rückfahrt vom Ortsaugenschein in L nach A befuhr der Beschwerdeführer die Bundesstraße, auf der das Fahrzeug aus einer Geschwindigkeit von etwa 45 bis etwa 50 km/h auf Grund einer leichten Bremsung aus nicht geklärter Ursache ins Schleudern geriet und gegen einen Sandhaufen prallte, wodurch das Fahrzeug beschädigt wurde. Die Reparaturkosten betrugen S 10.737,10.
Über Antrag des Beschwerdeführers wurde diesem mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 5. April 1991, Jv 30.992-14 G/91, gemäß § 20 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung BGBl. 1990/447, als Ersatz des Mehraufwandes aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 29. August 1989 ein Betrag von S 5.000,-- zuerkannt und das Mehrbegehren von S 5.737,10 abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides erhobenen Berufung nicht Folge gegeben, aus Anlaß der Berufung jedoch der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und der Antrag auf Gewährung einer Aufwandsentschädigung in der Gesamthöhe von S 10.737,10 abgewiesen. Der Bescheid wurde nach der Darstellung des unstrittigen Sachverhaltes sowie des bisherigen Verfahrensganges und der zur Anwendung zu bringenden gesetzlichen Bestimmungen damit begründet, daß selbst im Falle, daß mangels Zurverfügungstellung eines Dienstkraftwagens und auf Grund der Bestätigung des dienstlichen Interesses an der Benützung des beamteneigenen Pkws die Benützung dieses Fahrzeuges (zur Herstellung des gleichen Erfolges) unumgänglich gewesen sei, es doch an der weiteren Voraussetzung fehle, daß nämlich der eingetretene Schaden, dessen Ersatz nunmehr begehrt werde, unvermeidbar gewesen sei. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei er beim Abbremsen vor einer Baustelle ins Schleudern geraten und in der Folge auf einen Sandhaufen aufgefahren, wobei sein Pkw beschädigt worden sei. Da kein Anhaltspunkt dafür bestehe, daß der Schleudervorgang auf ein technisches Gebrechen an dem Kraftfahrzeug zurückzuführen sei, könne der Unfall nur auf eine unrichtige Handlung des Lenkers und/oder auf die Straßenbeschaffenheit zurückgeführt werden, zumal es nicht üblich sei, daß ein Kraftfahrzeug bei leichtem Abbremsen aus einer Geschwindigkeit von ca. 45 km/h ins Schleudern gerate. Es müsse daher entweder ein Verschulden des Lenkers oder ein Verschulden des Straßenerhalters angenommen werden. Der Beschwerdeführer habe in seinem ersten Ersatzantrag darauf hingewiesen, daß die Straße an der Unfallstelle spiegelglatte Flecken gehabt habe, die teils ölig gewesen seien, teils glatte Kalkablagerungen aufgewiesen hätten, sodaß vermutlich der Schleudervorgang auf die Straßenbeschaffenheit zurückzuführen gewesen sei. Er habe aber überhaupt keinen Versuch unternommen, den Straßenerhalter in Anspruch zu nehmen. Bei diesem Sachverhalt könne keine Rede davon sein, daß der nunmehr vom Dienstgeber verlangte Mehraufwand unvermeidbar gewesen sei. Es bestehe überhaupt kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 mit dem Begriff des "notwendigerweise entstandenen" Mehraufwandes ein Verschulden des Beamten am Schadenseintritt in gleicher Weise - sohin auch mit den im § 3 Abs. 1 Organhaftpflichtgesetz angeführten Billigkeitserwägungen - berücksichtigen wolle, wie ein Verschulden des Beamten an der Schädigung des Rechtsträgers und dessen Vermögen im Sinne des Organhaftpflichtgesetzes oder des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes zur Haftung führe. Die vom Antragsteller verlangte analoge Anwendung dieser Bestimmungen auf den Ersatz des Aufwandes nach § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 sei nicht möglich und stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG sei die Berufungsbehörde berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihrer Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Da auf Grund der bestehenden Rechtslage öffentlich-rechtlich Bediensteten ein Ersatz für den vom Beschwerdeführer (Berufungswerber) geltend gemachten Aufwand, der nicht notwendigerweise entstanden sei, aus dem Titel einer Aufwandsentschädigung nach § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 nicht gewährt werden könne, sei der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und der Antrag abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG über die Beschwerde und die von der belangten Behörde unter Vorlage der Verwaltungsakten erstattete Gegenschrift erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Juli 1992, Zl. 90/12/0216 erkannt hat, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, gebietet die durch die Aufhebung des Abs. 2 des § 20 des Gehaltsgesetzes 1956 vom 1. März 1990 durch den Verfassungsgerichtshof G 316/89-6, bedingte Änderung auch im vorliegenden Beschwerdefall eine Neubewertung des Inhaltes der Bestimmung des § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, der bereits mit grundlegendem Urteil vom 31. Mai 1983, SZ 56/86, ausgesprochen hat, daß für den Vermögensschaden, den ein Arbeitnehmer an seinem Pkw auf einer Dienstfahrt erlitten hat, der Arbeitgeber gemäß § 1014 ABGB hafte, wenn das Fahrzeug mit seiner Billigung und ohne besondere Vergütung in seinem "Betätigungsbereich" verwendet worden sei. Ein allfälliges Eigenverschulden des Arbeitnehmers sei nach den Grundsätzen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes zu berücksichtigen. In Weiterentwicklung der dort vertretenen Rechtsauffassung hat der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluß vom 24. Februar 1988, 9 Ob A 504/87, gemäß § 54 Abs. 4 ASGG festgestellt:
"Vertragsbedienstete des Bundes haben gegenüber ihrem Dienstgeber unabhängig von dessen Verschulden Anspruch auf Ersatz des Unfallschadens, der am Kraftfahrzeug eines Vertragsbediensteten anläßlich einer Dienstfahrt entstanden ist, wenn der Vertragsbedienstete die ihm aufgetragene Tätigkeit ohne Kraftfahrzeug nicht ordentlich bewältigen konnte und der Dienstgeber ein Kraftfahrzeug nicht beigestellt hat. Trifft den Vertragsbediensteten ein Verschulden an der Beschädigung seines Kraftfahrzeuges, SO VERMINDERT SICH SEIN
ERSATZANSPRUCH GEGEN DEN DIENSTGEBER NACH JENEN BESTIMMUNGEN
DES DIENSTNEHMERHAFTPFLICHTGESETZES BZW.
ORGANHAFTPFLICHTGESETZES SINNGEMÄSZ, DIE IM FALL DER
BEISTELLUNG DES KRAFTFAHRZEUGES DURCH DEN DIENSTGEBER ZUR
ANWENDUNG GEKOMMEN WÄREN."
In seinem Urteil vom 7. November 1990, Zl. 9 Ob A 22/90, hat der Oberste Gerichtshof zur gleichen Bestimmung unter anderem ausgeführt, dem Dienstgeber sei der Schaden aus der Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges durch den Dienstnehmer zuzurechnen, wenn dem Bediensteten Aufgaben übertragen werden, deren Erfüllung ohne Kraftfahrzeug nicht möglich oder zumutbar gewesen sei, der Schaden in Erfüllung dieser Aufgaben eingetreten sei und sich der Dienstgeber mangels Beistellung eines Dienstfahrzeuges das eigene Unfallrisiko erspart habe. Darauf, daß der Dienstnehmer seinen Personenkraftwagen im Ergebnis letztlich "freiwillig" beigestellt habe, komme es ebensowenig an, wie auf die bloße Zustimmung des Dienstgebers zur Verwendung des Kraftfahrzeuges im Sinne der den Ersatz dieser Schäden ohnehin nicht umfassenden Reisegebührenvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dem bereits zitierten Erkenntnis des verstärkten Senates der dargestellten Argumentation des Obersten Gerichtshofes bei der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage angeschlossen.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer als öffentlich-rechtlich Bediensteter den Schaden im Zuge einer Dienstreise bei der Verwendung seines eigenen Kraftfahrzeuges erlitten hat, dessen Benützung im dienstlichen Interesse gelegen ist. Unbestritten ist aber auch, daß die Unfallursache ungeklärt blieb. Die belangte Behörde vertritt nun als letztlich allein sachentscheidend die Auffassung, der Unfall sei, da entweder ein Verschulden des Lenkers oder ein Verschulden des Straßenerhalters angenommen werden müsse, nicht unvermeidbar gewesen. In dem bereits zuvor zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes wurde die in früheren Erkenntnissen ausgesprochene Rechtsauffassung, daß durch das Wort "notwendigerweise" in der Bestimmung des § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 ein Schadenersatz durch jedes Verschulden des Beamten im Bereich eines von ihm zu tragenden Risikos von vornherein ausgeschlossen werden könne, ausdrücklich nicht mehr aufrecht erhalten. Vielmehr wird eine Ersatzpflicht des Dienstgebers nur dort ausgeschlossen werden können, wo Vorsatz des Dienstnehmers angenommen werden muß, während bei Schuldlosigkeit des Dienstnehmers der Dienstgeber vollen Schadenersatz zu leisten hat. Fällt dem Dienstnehmer ein Versehen, also nur Fahrlässigkeit zur Last, ist der Umfang allfälliger Ersatzansprüche des Dienstnehmers nach den im § 2 Abs. 1 DHG angeführten Kriterien zu beurteilen. Die Rechtsrüge des Beschwerdeführers erweist sich daher, insoweit sie Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht, als berechtigt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußte, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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