VwGH 92/04/0276

VwGH92/04/027620.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der S in N, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Niederösterreich vom 10. November 1992, Zl. Senat-AM-91-045, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
GewO 1973 §366 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3 idF 1988/399;
GewO 1973 §367 idF 1988/399;
GewO 1973 §367 Z26 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 Z5 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §79 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
VStG §24;
VStG §25 Abs1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VStG §51e Abs1;
VStG §51e Abs3;
VStG §51e;
VStG §51f Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §10 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
GewO 1973 §366 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3 idF 1988/399;
GewO 1973 §367 idF 1988/399;
GewO 1973 §367 Z26 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 Z5 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §79 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
VStG §24;
VStG §25 Abs1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VStG §51e Abs1;
VStG §51e Abs3;
VStG §51e;
VStG §51f Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit eine Entscheidung über die Punkte 1, 5, 7 und 8 einschließlich der Kosten des Straferkenntnisses der BH Amstetten vom 25. Juni 1991, Zl. 3-4652-91 getroffen wurde, sowie in Ansehung der Kosten des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im übrigen (Punkt 3 des vorbezeichneten Straferkenntnisses) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der BH Amstetten vom 25. Juni 1991, Zl. 3-4652-91, wurde die Beschwerdeführerin insgesamt neun verschiedener Verwaltungsübertretungen für schuldig erkannt; der Spruch lautete dabei wie folgt:

"Sie haben als gewerberechtliche Geschäftsführerin der B-Ges.m.b.H., S, zu verantworten, daß

1) am 18.2.1991 in S, in der Garage 1 Palette alte Autobatterien, 4 Behälter mit Nitroverdünnung, Farb- u. Lackverdünnungen, 17 Behälter Plattenentwickler u. Fixierlösungen, 2 Behälter mit Arzneimittel, mehrere Farbkübel

u. leere Ölfässer u. im Abstellraum Altbatterien (Bleiakkumulatoren) gelagert waren; dadurch wurde eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben. Die Genehmigungspflicht ist gegeben, da diese Betriebsanlage geeignet ist, das Leben oder die Gesundheit der Nachbarn zu gefährden, die Nachbarn u.a. durch Geruch oder in anderer Weise zu belästigen und eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer (Grundwasser) herbeizuführen; ...

3) am 18.3.1991 auf der Pz. 1659/3, KG N, die Auflage unter PUnkt I/3 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 24.4.1989, 12-B-8557/25, nicht erfüllt war. ("Der Brunnen im unmittelbaren Bereich der Eigentankanlage ist sofort zu entfernen und der Brunnenschacht mit unkontaminiertem Material zu verfüllen..." - der Brunnenschacht ist noch nicht verfüllt); ...

5) am 18.31991 auf Pz. 1659/3, KG N, die Auflage unter Punkt I/14 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 16.9.1986, 12-B-8557/14, nicht erfüllt war. ("Die Lagerbehälter sind blitzschutzmäßig zu erden. Bei den Füllstellen sind Anschlüsse für die Tankwagenerdung herzustellen und zu bezeichnen. Eine Bestätigung der ausführenden Firma über die vorschriftsmäßige Erdung der Behälter ist vorzulegen (ÖVE E 49 a/b)"). - Eine Bestätigung über die vorschriftsmäßige Erdung fehlt);

6) bis 9) am 18.3.1991 auf Pz. 1672/1, KG N, die Auflagen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 16.9.1986, 12-B-8557/14, unter ...

  1. 7) Punkt II/5
  2. 8) Punkt II/6 u. ...

    nicht erfüllt waren; ...

    Punkt II/5: "Der Lagerplatz ist allseits durch eine mind. 2 m hohe Einfriedung gegenüber den anrainenden Grundstücken abzuschließen." - Die Einfriedung fehlt teilweise noch. Punkt II/6: "Die Elektroinstallation ist entsprechend den einschlägigen Bestimmungen der ÖVE EN 1 einzurichten und instandzuhalten. Über die vorschriftsmäßige Ausführung der Installation, insbesondere der Anschlüsse der Geräte, ist ein Attest eines konzessionierten Elektrounternehmens der Bezirkshauptmannschaft Melk vorzulegen." - dieses Attest wurde noch nicht vorgelegt. ...

    Übertretungsnorm: 1) § 366 Abs. 1 Z. 3 2. Fall GewO 1973

  1. 2) § 366 Abs. 1 Z. 4 2. Fall GewO 1973
  2. 3) bis 9) § 367 Z. 26 GewO 1973 iVm den zit. Bescheidauflagen.

    Strafnorm: 1) u. 2): § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1973

    3) bis 9): § 367 Einleitungssatz GewO 1973

    Über Sie werden folgende Geldstrafen verhängt: 1) u. 2): je S 5.000,-- 3) bis 9): je S 1.000,--

    Ersatzfreiheitsstrafe: 1) u. 2): je 5 Tage

3) bis 9): je 1 Tag

Vorgeschriebener Kostenbeitrag

S 1.700,--

Rechtsgrundlage

§ 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG)"

Die Zuständigkeit der BH Amstetten hinsichtlich der Punkte 2 bis 9 hatte sich dabei aus einer Verfügung gemäß § 29a VStG der BH Melk vom 23. April 1991 ergeben. Einer gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis gerichteten Berufung der Beschuldigten gab der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich mit dem angefochtenen Bescheid insoferne Folge, "als die Punkte 2, 4, 6 und 9 des angefochtenen Straferkenntnisses ersatzlos behoben" wurden und das Verfahren diesbezüglich eingestellt wurde. Hinsichtlich des Punktes 1 wurde dieser in folgender Weise neu gefaßt:

"(Sie haben als gewerberechtliche Geschäftsführerin der B-Ges.m.b.H., S, zu verantworten, daß) am 18. Februar 1991 in S, in der Garage 1 Palette alte Autoreifen, 4 Behälter mit Nitroverdünnung, Farb- und Lackverdünnung, 17 Behälter Plattenentwickler und Fixierlösungen, 2 Behälter mit Arzneimittel, mehrere Farbkübel und leere Ölfässer und im Abstellraum Altbatterien (Bleiakkumulatoren) gelagert waren; dadurch wurde eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben. Die Genehmigungspflicht ist gegeben, da die Betriebsanlage geeignet ist, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer (Grundwasser) herbeizuführen."

Der Beitrag für die Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens wurde in folgender Weise neu vorgeschrieben:

"ad 1. S 500,-- ad 3. S 100,-- ad 5. S 100,--

ad 7. S 100,-- ad 8. S 100,--"

Im übrigen wurde der Spruch des erstinstanzlichen

Straferkenntnisses bestätigt.

In der Begründung führte die belangte Behörde (zu den aufrecht erhaltenen Schuldsprüchen) im wesentlichen wie folgt aus:

Zum ersten Punkt: Die im Spruch angeführten Materialien seien grundsätzlich geeignet, eine Beeinträchtigung der Beschaffenheit von Gewässern (nämlich des Grundwassers) herbeizuführen, was aufgrund des schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachtens des Amtssachverständigen erwiesen sei. Aktenkundig sei, daß im gegenständlichen Standort keine genehmigte Betriebsanlage existiere. Den Ausführungen der Berufungswerberin sei beizupflichten, daß unter den hervorgekommenen Umständen die gegenständliche Zwischenlagerung einer Genehmigung nach § 31b Abs. 1 WRG 1959 nicht bedürfte. Gerade deshalb sei ein derartiges Vorhaben aber aufgrund des § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 genehmigungspflichtig. Daß die angeführten Materialien grundsätzlich geeignet seien, eine Beeinträchtigung der Beschaffenheit von Gewässern (nämlich des Grundwassers) herbeizuführen, sei aufgrund des schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachtens des Amtssachverständigen erwiesen. Für die Genehmigungspflicht der Lagerung solcher Materialien genüge es bereits, wenn eine derartige Beeinträchtigung durch die Lagerung solcher Materialien grundsätzlich möglich sei. Es sei keineswegs notwendig, nachzuweisen, daß tatsächlich eine Einwirkung erfolge. Die Genehmigungspflicht hänge deshalb auch nicht davon ab, ob jene Maßnahmen, wie zB. dichter Boden, getroffen worden seien, um solche Auswirkungen zu verhindern. Das diesbezügliche Vorbringen sei daher lediglich geeignet, die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit der Anlage zu indizieren, nicht jedoch, die Bewilligungspflicht in Zweifel zu ziehen.

Zum dritten Punkt: Nach Zitierung der bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis als erwiesen angenommenen Tat, wonach am 18. März 1991 auf der Parzelle 1659/3 der KG N die Auflage unter Punkt I/3 des Bescheides der BH Melk vom 24. April 1989, Zl. 12-B-8557/25, des Wortlautes ("der Brunnen im ummittelbaren Bereich der Eigentankanlage ist sofort zu entfernen und der Brunnenschacht mit unkontaminiertem Material zu verfüllen ...") nicht erfüllt gewesen sei, da der Brunnenschacht noch nicht verfüllt gewesen sei, wurde weiter ausgeführt, daß die Übertretung dieses Punktes von der Beschuldigten ursprünglich nicht bestritten worden sei, es sei nämlich diesbezüglich vorgebracht worden, daß der Brunnenschacht eine flüssigkeitsdichte Umrandung habe. Dies stelle aber keineswegs die in der Auflage geforderte Verfüllung des Brunnenschachtes mit unkontaminiertem Material dar. Die Übertretung sei daher in diesem Punkt erwiesen. Ob, wie in der Stellungnahme vom 7. Oktober 1992 von der Beschwerdeführerin behauptet, der Brunnen nunmehr verfüllt worden sei, sei insofern bedeutungslos, als entscheidungsrelevant lediglich die Frage sei, ob die Auflage zum Tatzeitpunkt erfüllt gewesen sei.

Zu den Punkten fünf und acht: Nach Wiedergabe der bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis als erwiesen angenommenen Taten, wonach am 18. März 1991 auf Parzelle 1659/3 der KG N die Auflagen unter Punkt I/14 bzw. Punkt II/6 des Bescheides der BH Melk vom 16. September 1986, Zl. 12-B-8557/14, welche unter anderem die Vorlage einer Bestätigung über die vorschriftsmäßige Erdung von Lagerbehältern

(Auflagenpunkt I/14) bzw. ein Attest eines konzessionierten Elektrounternehmens über die vorschriftsmäßige Ausführung der Elektroinstallation, insbesondere der Anschlüsse der Geräte (Auflagenpunkt II/6) der BH Melk vorgeschrieben hatten - welche Vorlage bislang nicht erfolgt sei -, wurde weiter ausgeführt, daß laut Angaben der Beschwerdeführerin die in Rede stehenden Bescheinigungen der BH Melk mit Schreiben vom 11. April 1991 übermittelt worden seien. Damit seien sie aber bis zum Tatzeitpunkt nicht vorgelegt worden. In einem Genehmigungsbescheid enthaltene Gebote oder Verbote seien als bedingte Polizeibefehle anzusehen, die dann, wenn der Bewilligungswerber von der erteilten Bewilligung Gebrauch mache, zu unbedingten Aufträgen würden. Daraus folge, daß solche Aufträge, wenn keine Erfüllungsfrist vorgesehen sei, jedenfalls bereits dann eingehalten und erfüllt werden müßten, wenn die Betriebsanlage in Betrieb stehe. Daß die Betriebsanlage zum Tatzeitpunkt in Betrieb gestanden sei, sei jedenfalls aufgrund des Beweisergebnisses erwiesen und von der Berufungswerberin auch nicht bestritten worden.

Zum siebten Punkt: Nach Wiedergabe der bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis als erwiesen angenommenen Tat, wonach am 18. März 1991 auf Parzelle 1672/1 der KG N die unter Punkt II/5 des Bescheides der BH Melk vom 16. September 1986, Zl. 12-B-8557/14, vorgeschriebene Auflage des Inhaltes, daß "der Lagerplatz allseits durch eine mindestens zwei Meter hohe Einfriedung gegenüber den anrainenden Grundstücken abzuschließen (ist)", dadurch übertreten worden sei, daß die Einfriedung noch teilweise fehle, wurde weiter ausgeführt, daß die Einfriedung unzweifelhaft nicht zur Gänze hergestellt worden sei. Daß der Lagerplatz grundsätzlich betrieben werde, sei ebenfalls unbestritten. Inwieweit eine Auflage überholt sei und daher vom Verpflichteten nicht mehr eingehalten werden müsse, könne nicht Sache der Interpretation des jeweils Verpflichteten sein. Wenn die Beschwerdeführerin daher der Meinung gewesen sei, daß die Einfriedung südlich des Lagerplatzes nicht mehr erforderlich sei, da in diesem Bereich das Lager nicht mehr betrieben werde und sie die einzige Anrainerin sei, wäre es ihre Sache gewesen, eine entsprechende Abänderung des Bescheides zu erwirken. Solange eine diesbezüglich anders lautende Entscheidung der Behörde nicht erfolgt sei, sei die Beschuldigte jedenfalls an die Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides gebunden, soferne die Betriebsanlage grundsätzlich in Verwendung stehe.

Zur Strafbemessung wurde im angefochtenen Bescheid allgemein - unter Bezugnahme auf den wörtlich wiedergegebenen § 19 Abs. 1 VStG - ausgeführt, daß eine Gefährdung der durch die Gewerbeordnung geschützten Interessen hinsichtlich des Punktes 1 dadurch gegeben sei, daß durch das Betreiben einer bewilligungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Bewilligung die behördliche Aufgabe, im Zuge eines Genehmigungsverfahrens alle zum Schutze der in der Gewerbeordnung vorgesehenen Interessen erforderlichen "Auflagen und Bedingungen" vorzuschreiben, vereitelt worden sei. Bezüglich der übrigen Punkte sei durch die Mißachtung der in den Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen eine zumindest abstrakte Gefährdung der nach § 74 GewO 1973 geschützten "Interessenten" (gemeint wohl: Interessen) gegeben gewesen. Unter Berücksichtigung von sieben rechtskräftigen Vorstrafen nach § 367 Z. 26 GewO 1973 und einer rechtskräftigen Vorstrafe nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 zum Tatzeitpunkt und unter weiterer Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens seien die verhängten Strafen, die sich im unteren Bereich dieser Strafrahmen bewegten, als durchaus angemessen und nicht überhöht anzusehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, in den angeführten Punkten nicht bestraft zu werden. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes rügt die Beschwerdeführerin zunächst unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, daß im gegenständlichen Falle ein Einzelmitglied der zuständigen Kammer der belangten Behörde entschieden habe, obwohl mit dem angefochtenen Bescheid eine Geldstrafe von über S 10.000,-- verhängt worden sei.

Dieses Beschwerdevorbringen ist nicht begründet.

§ 51c VStG bestimmt, daß die unabhängigen Verwaltungssenate

über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, entscheiden, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Bei der Auslegung der Wortfolge "im angefochtenen Bescheid" ist nicht auf den Umstand einer einheitlichen Bescheidausfertigung, sondern auf die einzelne verhängte Strafe abzustellen. Auch wenn mehrere in einer einheitlichen Bescheidausfertigung verhängte Strafen insgesamt mehr als S 10.000,-- betragen, kommt es für die Entscheidungszuständigkeit nur auf die Höhe der einzelnen Strafen an (vgl. Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, zweite Auflage, Seite 227). Daß über die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Falle aber bezüglich einer der fünf Verwaltungsübertretungen, deren sie im angefochtenen Bescheid schuldig erkannt wurde, eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt worden wäre, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe ihr dadurch, daß sie trotz einem - mit akuter Lungenentzündung des einschreitenden Rechtsanwaltes begründeten - Vertagungsantrag in Abwesenheit von Partei und Parteienvertreter eine mündliche Verhandlung durchgeführt und dabei den Sachverständigen vernommen bzw. die Verhandlung danach lediglich zur bloßen Verkündung des bereits schriftlich feststehenden Bescheides erstreckt habe, im Ergebnis jegliche mündliche Verhandlung vorenthalten.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin grundsätzlich im Recht:

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle kann von der Verhandlung abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erfolgen.

Gemäß § 51f Abs. 2 leg. cit. hindert dann, wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dies weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses.

Gemäß dem auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 19 Abs. 3 AVG hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden.

Das Vorliegen eines der im § 19 Abs. 3 AVG genannten Gründe rechtfertigt das Nichterscheinen des Geladenen. Liegt ein solcher Rechtfertigungsgrund vor, kann in Bezug auf die behördliche Ladung nicht von einer "ordnungsgemäßen Ladung", die gemäß § 51f Abs. 2 VStG zur Durchführung der Verhandlung auch in Abwesenheit der Partei berechtigt, gesprochen werden. Die Rechtfertigungsgründe des § 19 Abs. 3 AVG haben auch für einen geladenen Vertreter Geltung (vgl. hg. Erkenntnis vom 19. März 1980, Zl. 174/78).

Das Vorliegen des geltend gemachten Rechtfertigungsgrundes ist von der Behörde von Amts wegen zu erforschen (vgl. Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, fünfte Auflage, Seite 70, Randzahl 187 und die dort angeführte hg. Judikatur). Nach der Aktenlage ist nicht ersichtlich, daß die belangte Behörde die Richtigkeit des geltend gemachten Rechtfertigungsgrundes bezweifelt hätte. Da aus der Aktenlage weiters auch ein im Sinne des § 51e Abs. 3 VStG ausdrücklicher Verzicht der Partei auf die mündliche Verhandlung nicht vorliegt (der Aktenvermerk der belangten Behörde vom 6. Oktober 1992, worin festgehalten wurde, daß der Parteienvertreter Dr. J nach Mitteilung seiner Erkrankung um Abberaumung und Verschiebung der Verhandlung ersucht habe; es sei ihm mitgeteilt worden, daß dies nicht möglich sei, da eine neuerliche Terminkoordinierung innerhalb der gesetzlichen Entscheidungspflicht mit dem Sachverständigen nicht mehr möglich sei; aufgrund dessen sei vereinbart worden, daß das in der Verhandlung aufgenommene Gutachten des Sachverständigen dem Beschuldigten im Rahmen eines Parteiengehöres zur Kenntnis gebracht werde, kann insbesondere auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht als genügender Beweis für den im Gesetz geforderten "AUSDRÜCKLICHEN" Verzicht gewertet werden), war die belangte Behörde nicht berechtigt, nach § 51f Abs. 2 VStG vorzugehen.

Diesem Verfahrensmangel kommt jedoch im gegenständlichen Falle, wie sich aus den unten stehenden Ausführungen ergeben wird, im Ergebnis keine Entscheidungsrelevanz zu.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche deshalb nicht dem Gesetz, da die Strafnorm unvollständig, widersprüchlich und unklar zitiert werde. § 366 Abs. 1 Einleitungssatz bzw. § 367 Einleitungssatz der GewO 1973 seien Sammeltatbestände für eine Fülle von Straftatbeständen, die in den einzelnen Ziffern näher geregelt sind.

Dieses Vorbringen ist nicht begründet:

Gemäß § 44a Z. 3 VStG hat der Spruch eines Verwaltungsstrafbescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung zu enthalten.

Unter "angewendeter Gesetzesbestimmung" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist die Strafsanktionsnorm zu verstehen, welche jene Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet. Selbst die Anwendung einer falschen Strafsanktionsnorm verletzt den Bestraften dann, wenn die Strafdrohung mit der richtigen ident ist, in keinem subjektiven Recht (siehe hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1986, Zl. 86/10/0086). Im gegenständlichen Fall kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß nicht die jeweils zutreffende Strafsanktionsnorm (§ 366 Abs. 1 Einleitungssatz bzw. § 367 Einleitungssatz GewO 1973) in den - von der belangten Behörde übernommenen - Spruch der Strafbehörde erster Instanz aufgenommen worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 94/04/0156).

Wenn die Beschwerdeführerin weiters rügt, es liege hinsichtlich der Strafzumessung deshalb Ermessensmißbrauch, verbunden mit der Verletzung des Verbotes einer reformatio in peius, vor, da im erstinstanzlichen Bescheid neun Straftatbestände angenommen und der angefochtene Bescheid trotz Wegfall von vier Tatbeständen es bei der vom erstinstanzlichen Bescheid verhängten Geldstrafe von S 17.000,-- belassen habe, so unterliegt sie einem Mißverständnis:

Der angefochtene Bescheid spricht ausdrücklich davon, daß "die Punkte 2, 4, 6 und 9 des angefochtenen Straferkenntnisses ersatzlos behoben" werden. Diese Formulierung kann nicht anders als im Sinne einer gänzlichen Behebung dieser Punkte verstanden werden, also auch hinsichtlich des diesbezüglichen Strafausspruches. Dies ergibt sich im übrigen auch eindeutig aus der Neufassung der Vorschreibung des Kostenbeitrages für das erstinstanzliche Strafverfahren, welche lediglich auf die aufrecht erhaltenen Schuldsprüche zu den Punkten 1, 3, 5, 7 und 8 Bedacht nimmt.

Die Beschwerdeführerin ist auch mit ihrem Vorbringen betreffend Rechtswidrigkeit des Inhaltes des zu Punkt 3 ergangenen erstinstanzlichen Straferkenntnisses, wonach die von der Beschwerdeführerin gewählte, unbestrittenermaßen eine Nichterfüllung des gegenständlichen, gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1973 vorgeschriebenen Auflagenpunktes beinhaltende Alternativmaßnahme dem Zweck der behördlichen Vorschreibung jedenfalls genauso dienlich gewesen sei, weshalb im gegenständlichen Falle eine - nicht strafbare - nicht genehmigungspflichtige Änderung vorliege, nicht im Recht:

Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind in Genehmigungs- bzw. Bewilligungsbescheiden enthaltene Auflagen als bedingte Polizeibefehle, die im Falle der Inanspruchnahme der Genehmigung bzw. Bewilligung zu unbedingten Aufträgen werden, anzusehen. Dies gilt in gleicher Weise für mit gesondertem Bescheid in Ergänzung zu aufrechten Genehmigungs- bzw. Bewilligungsbescheiden nachträglich erteilte Auflagen. Im gegenständlichen Falle ist unbestritten, daß die gegenständliche Betriebsanlage, zu der die in Rede stehende Auflage nachträglich vorgeschrieben wurde, auch nach Rechtskraft des gemäß § 79 GewO 1973 ergegangenen Bescheides weiter betrieben wurde. Die in Rede stehende Auflage wurde daher bereits mit ihrer Erlassung zu einem unbedingten Polizeibefehl. Der Befolgung eines solchen unbedingten Polizeibefehles kann nun nicht mit Argumenten, wie sie allenfalls während der Dauer des zu dessen schließlicher Erlassung führenden Verwaltungsverfahrens im Rahmen des Parteienvorbringens beachtlich gewesen wären (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1982, Zl. 81/04/0056), mit Erfolg entgegen getreten werden. Der Schuldspruch zu diesem Punkt erfolgte daher zu Recht.

Was die Strafbemessung anlangt, so kann der Verwaltungsgerichtshof auch diesbezüglich unter Bedachtnahme auf die, gemessen am möglichen Strafrahmen, geringe Strafhöhe und die Existenz einschlägiger Vorstrafen nicht finden, daß die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 19 VStG obliegenden Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte. Da in bezug auf diesen Punkt die Behörde daher auch bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung mangels entsprechender diesbezüglicher Beschwerdeausführungen zu keinem anderen Ergebnis hätte gelangen können, war die Beschwerde daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).

Die Beschwerdeführerin ist allerdings im Recht, wenn sie zu Punkt 1 des angefochtenen Bescheides unter anderem vorbringt, die belangte Behörde habe insoferne die Rechtslage verkannt, als diese eine aus § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 erfließende Genehmigung der vorgeworfenen Lagerungen unabhängig von der Frage der Dichtheit des Bodens angenommen hat.

Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde von einer im Sinne des § 31b WRG 1959 wasserrechtlich nicht genehmigungspflichtigen Lagerung von Materialien ausgegangen. Die belangte Behörde ist insofern im Recht, als sie daraus auf die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 schloß. Bei der Frage der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage ist jedoch nicht lediglich auf deren abstrakte, sondern auf die KONKRETE Eignung, die im § 74 Abs. 2 näher umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen, abzustellen (siehe hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 91/04/0248). Dies bedeutet, daß nicht nur auf das Emissionsverhalten der in Rede stehenden Anlage, sondern auch auf die konkrete Umwelt, in der sie sich befindet, abzustellen ist. Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies, daß nur dann, wenn aufgrund der konkreten Beschaffenheit sowohl der Anlage wie ihrer Umwelt eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer überhaupt möglich ist, eine Genehmigungspflicht gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 (vgl. das hg., auf die Frage der Existenz von Nachbarn abstellende Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0131) und somit im Falle des Betreibens ohne gewerbebehördliche Genehmigung ein Straftatbestand gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 gegeben ist. Da die belangte Behörde insoweit von einer verfehlten Rechtsansicht ausging, belastete sie in bezug auf Punkt 1 ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Zu Punkt 5 bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde habe keinen wie immer gearteten Beweis für die Nichterfüllung der Auflage. In der Verhandlungsschrift vom 18. März 1991 sei von der Nichterfüllung des Punktes 14 des Bescheides vom 16. September 1986 die Rede. Worin und weshalb der Punkt 14 nicht erfüllt worden sei, sei nicht konkretisiert worden. Im Straferkenntnis vom 25. Juni 1991, das mit dem angefochtenen Bescheid ausdrücklich in diesem Punkte bestätigt worden sei, sei lediglich auf den Lokalaugenschein der BH Melk vom 18. März 1991 verwiesen worden. Weshalb sich aus diesem Punkt die Nichtvorlage der Bescheinigung der erfolgten Erdung ergeben solle, bleibe unerfindlich, aus der erwähnten Niederschrift sei dies nicht ableitbar. Nach Übermittlung der Niederschrift habe die Beschwerdeführerin sofort die diesbezügliche Bescheinigung der Behörde übermittelt, die offenbar in einem früheren Akt in Verstoß geraten sein dürfte. Die Behörde hätte aufgrund derartiger unsicherer Grundlagen entsprechende amtswegige Ermittlungen durchzuführen gehabt.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes im Ergebnis im Recht:

Die in Rede stehende Auflage (Punkt I/14 des Bescheides der BH Melk vom 16. September 1986, Zl. 12-B-8557/14) lautet:

"Die Lagerbehälter sind blitzschutzmäßig zu erden. Bei den Füllstellen sind Anschlüsse für die Tankwagen herzustellen und zu bezeichnen. Eine Bestätigung der ausführenden Firma über die vorschriftsmäßige Erdung der Behälter ist vorzulegen (ÖVE E 49 a/b)."

Zu dieser Auflage findet sich in der Verhandlungsschrift der BH Melk vom 18. März 1991, Zl. 12-B-8557/35, folgende Bemerkung:

"Die Überprüfung der einzelnen Betriebsanlagenteile erbringt folgendes Ergebnis:

I. Diesel-Eigentankanlage Bescheid vom 16. Oktober 1986 ... Punkt 14 nicht erfüllt."

Eine Begründung für die Nichterfüllung dieser Auflage ist in der erwähnten Verhandlungsschrift nicht enthalten.

In der Aufforderung zur Rechtfertiung der BH Amstetten vom 15. Mai 1991 wurde der Beschwerdeführerin die Nichterfüllung dieses Auflagenpunktes mit folgenden Worten vorgehalten:

"Es wird ihnen folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt:

Tatbeschreibung

Sie haben als gewerberechtliche Geschäftsführerin der B-Ges.m.b.H., S, zu veranworten, daß

5. am 18. März 1991 auf Parzelle 1659/3, KG N, die Auflage unter 16. Oktober 1986, Zl. 12-B-8557/14, nicht erfüllt war (es folgt der Text der Auflage). - Eine Bestätigung über die vorschriftsmäßige Erdung fehlt."

Dieser Vorhalt wurde gleichlautend in den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 25. Juni 1991 übernommen. In der Begründung wird auf diesen Vorwurf nicht näher eingegangen.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides bezog sich auf das Berufungsvorbringen der nunmehrigen Beschwerdeführerin, wonach die in Rede stehende Bestätigung der BH Melk mit Schreiben vom 11. April 1991 übermittelt worden sei und entnahm daraus das Eingeständnis, daß diese Bestätigung bis zum Tatzeitpunkt der BH Melk nicht vorgelegt worden sei.

Es trifft zu, daß den Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren eine Mitwirkungspflicht des Inhaltes trifft, die Behörde daher dann von weiteren aufwendigen Ermittlungen Abstand nehmen kann, wenn sich der Beschuldigte darauf beschränkt, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegen zu setzen und entsprechende Beweise anzubieten (vgl. die bei Hauer - Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, vierte Auflage, Seite 844 angeführte hg. Rechtsprechung). Dies enthebt die Behörde jedoch nicht ihrer aus dem Grundsatz der Amtswegigkeit erfließenden Pflicht, zunächst selbst - soweit sie es vermag - für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen. Eine "Außerstreitstellung" bestimmter wesentlicher Sachverhaltselemente dergestalt, daß die Behörde aufgrund eines bestimmten Parteienvorbringens zweckdienliche Ermittlungen überhaupt unterlassen könnte, ist dem Verwaltungsstrafverfahren fremd.

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies, daß die Behörde zur Konkretisierung des Vorwurfes, der BH Melk sei bis zum 18. März 1991 die in Punkt I/14 des Bescheides vom 16. September 1986 geforderte Bestätigung nicht vorgelegt worden, bislang in Wahrheit überhaupt keine Beweise aufgenommen hat. Die Behörde bezieht sich nämlich letztlich ausschließlich darauf, daß eine solche Bestätigung am 18. März 1991 in der Betriebsanlage nicht vorgefunden wurde. Gerade dieser Umstand ist jedoch in keiner Weise geeignet, als Beweis für die Übertretung der in Rede stehenden Auflage zu dienen, hätte sich doch bei Erfüllung dieser Auflage - Vorlage der in Rede stehenden Bestätigung an die BH Melk - diese Bestätigung am 18. März 1991 gerade nicht in der Betriebsanlage befinden dürfen. Eine Verpflichtung des Inhaltes, daß diese Bestätigung (oder eine Ablichtung derselben) in der Betriebsanlage zur Einsicht für Behördenorgane aufzubewahren sei, wurde aber durch die in Rede stehende Auflage nicht normiert. Da die belangte Behörde dies verkannte und aufgrund des Parteienvorbringens in bezug auf die als im Sinne des § 44a Z. 1 VStG als erwiesen angenommene Tat zweckentsprechende Ermittlungen - etwa Durchsicht der bei der BH Melk geführten, auf die gegenständliche Betriebsanlage bezüglichen Verwaltungsakten - überhaupt unterlassen zu können glaubte und somit einen in keiner Weise erwiesenen Sachverhalt fälschlich als erwiesen annahm, belastete sie insoweit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Zu den Punkten 7 und 8 des angefochtenen Bescheides bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, die in diesen Punkten für erwiesen angenommene Übertretung der Auflagenpunkte II/5 und II/6 des Bescheides der BH Melk vom 16. Oktober 1986, Zl. 12-B-8557/14, sei deswegen verfehlt, weil diese Auflagenpunkte seinerzeit lediglich für die Dauer des damals angeordneten einjährigen Probebetriebes vorgeschrieben worden seien. Dieser Probebetrieb habe jedenfalls schon vor dem Tatzeitpunkt geendet. Es sei rechtlich unmöglich, gegen diese Auflagen zu verstoßen.

Dieses Vorbringen ist begründet:

Nach der Aktenlage wurde für die mit Spruchteil II des Bescheides der BH Melk vom 16. September 1986 unter Vorbehalt der Betriebsbewilligung genehmigte Betriebsanlage die Betriebsbewilligung mit Spruchteil III des Bescheides der BH Melk vom 24. April 1989, Zl. 12-B-8557/25, erteilt. Mit diesem Spruchteil wurden insgesamt zehn Auflagen vorgeschrieben. Die unter den Punkten 4 und 5 dieses Spruchteiles vorgeschriebenen Auflagen entsprechen wörtlich den zunächst mit Spruchteil II/5 und 6 des Bescheides vom 16. September 1986 nur für die Dauer des Probebetriebes vorgeschriebenen Auflagen. Der Spruch des erstinstanzlichen - und von der belangten Behörde insoweit nicht veränderten - Straferkenntnisses verstößt daher dadurch, daß als Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (§ 44a Z. 2 VStG), die zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt nicht mehr in Geltung gestanden habenden Auflagen des Bescheides vom 16. September 1986 statt den entsprechenden Auflagen des Bescheides vom 24. April 1989 genannt wurden, gegen das Gebot der erforderlichen Konkretisierung des Spruches eines Verwaltungsstraferkenntnisses und leidet daher an inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 90/04/0350).

Aus den vorstehenden Gründen war daher der angefochtene Bescheid in den Punkten 1, 5, 7 und 8 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Bezüglich des Punktes 3 war die Beschwerde hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand für Beilagen.

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