Normen
AVG §63 Abs1;
GewO 1973 §360 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs2;
GewO 1973 §360 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs4;
VVG §8;
AVG §63 Abs1;
GewO 1973 §360 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs2;
GewO 1973 §360 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs4;
VVG §8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wies der Landeshauptmann von Oberösterreich die vom Beschwerdeführer als Nachbar der Gastgewerbebetriebsanlage der mitbeteiligten Partei im Standort X, B-Gasse 2, Grundstück Nr. 2682/2, KG X, gegen zwei Bescheide des Bürgermeisters der Stadt Linz je vom 9. Oktober 1991, Zl. 501/W-189/89, erhobene Berufung im Grunde des § 360 GewO 1973 als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheiden vom 23. und 27. März 1991 habe der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz die Untersagung des Betriebes des gegenständlichen Gastgewerbebetriebes verfügt. Zugrundeliegender Sachverhalt hiefür sei einerseits eine bestehende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen in brandschutztechnischer Sicht "durch eine beeinträchtigte Ausgangssituation", andererseits eine nicht auszuschließende Gesundheitsgefährdung durch Lärmbelästigungen gewesen. Auf Antrag des Verpflichteten habe die Gewerbebehörde erster Instanz die Anlage neuerlich überprüft und habe daraufhin mit den nunmehr bekämpften Bescheiden die verfügten Zwangsmaßnahmen gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1973 widerrufen. Sämtliche Maßnahmen, welche die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 360 GewO 1973 zu veranlassen habe, seien von Amts wegen zu treffen. Die Behörde sei dazu bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen verpflichtet. Nachbarn einer Betriebsanlage stehe kein Rechtsanspruch auf Einleitung eines Verfahrens bzw. auf Setzung von Maßnahmen nach § 360 GewO 1973 zu. Daraus folge nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß Nachbarn mangels Parteistellung in einem derartigen Verfahren nicht berechtigt seien, eine Berufung zu erheben, weshalb sich die im gegenständlichen Fall eingebrachte Berufung als unzulässig erweise.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung mit Beschluß vom 15. Juni 1992, B 131/92-4, mit Beschluß vom 29. Juli 1992, B 131/92-8, abgetretene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem Vorbringen in der aufgetragenen Beschwerdeergänzung zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer wie folgt in Rechten verletzt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG):
"Der hier angefochtene Bescheid der belangten Behörde verletzt meinen Mandanten in dem ihm gesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtaufhebung der gewerbebehördlichen Schließung der streitgegenständlichen gewerbebehördlichen Betriebsanlage entgegen der Bestimmung des § 360 GewO 1973."
Zur Begründung wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. ausgeführt, er sei grundbücherlicher Mit- und Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumseinheit im Hause X, B-Gasse 2. Als eine weitere Wohnungseigentümerin habe die XY-Bank L reg. Gen.m.b.H. ihre Räumlichkeiten zum Betrieb einer Diskothek vermietet. Durch den Betrieb der Diskothek sei es zu erheblichen Problemen, insbesondere zu gesundheitsschädigenden Lärmimmissionen gekommen, was die Gewerbebehörde erster Instanz veranlaßt habe, gemäß § 360 GewO 1973 mit Bescheiden vom 23. und 27. März 1991 den Betrieb der Diskothek zu untersagen. In der Folge hätten verschiedene Messungen und Lokalaugenscheine stattgefunden, wobei als Ergebnis festgehalten worden sei, daß eine Beseitigung gesundheitsgefährdender Emissionen des gegenständlichen Gastgewerbebetriebes nur bei gleichzeitiger Vorschreibung entsprechender Bedingungen und Auflagen gewährleistet sei. Ungeachtet dessen seien mit Bescheiden der Gewerbebehörde erster Instanz vom 9. Oktober 1991 die vorangeführten Untersagungsbescheide ersatzlos behoben worden. Ihm sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie die in der Lehre vertretene Rechtsansicht bekannt, daß dem Nachbarn im Verfahren nach dieser Geseztesstelle keine Parteistellung zukomme. Gerade die besondere Konstellation des gegenständlichen Falles biete jedoch einen geeigneten Anlaß dafür, die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit dieser Rechtsprechung zu überdenken. Ihm müsse im gegenständlichen Fall Parteistellung zuerkannt werden, da die Schließungsbescheide nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 ausschließlich zu seinem Schutz vor gesundheits- bzw. eigentumsgefährdenden Immissionen erlassen worden seien. Er habe durch die Schließungsbescheide das geschützte Recht erworben, daß diese nur bei tatsächlichem Vorliegen der Voraussetzungen des § 360 Abs. 4 GewO 1973 aufgehoben werden dürften. Es müsse dem Nachbarn, zu dessen Schutz ein Schließungsbescheid erlassen worden sei, die Möglichkeit gegeben werden, in einem Rechtsmittelverfahren überprüfen zu lassen, ob die Aufhebung eines Schließungsbescheides gesetzmäßig erfolgt sei oder nicht. Würde dem Nachbarn diese Möglichkeit nicht eingeräumt, wären willkürlichen Vorgangsweisen - wie sie im gegenständlichen Fall stattgefunden hätten - Tür und Tor geöffnet und es müßte der Nachbar diesen Vorgangsweisen tatenlos zusehen, was nicht rechtens sein könne. Parteistellung gemäß § 8 AVG habe, wer vermöge eines Rechtes oder rechtlichen Interesses an der Sache beteiligt sei. Er sei zufolge der Erlassung der Schließungsbescheide infolge eines Rechts bzw. rechtlichen Interesses an der Sache beteiligt und habe daher einen Rechtsanspruch auf Überprüfung des tatsächlichen Vorliegens der Aufhebungsvoraussetzungen des § 360 Abs. 4 leg. cit. im Rechtsmittelverfahren. Selbst wenn man davon ausginge, hinsichtlich der Frage der Erlassung eines Schließungsbescheides komme dem Nachbarn keine Parteistellung zu, könne dies jedenfalls für die Aufhebung eines derartigen Bescheides nicht gelten, da durch die Erlassung des Schließungsbescheides dem Nachbarn subjektive Rechtspositionen erwüchsen, die er auch im Rechtsmittelverfahren durchsetzen können müsse. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher die belangte Behörde ihm die Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zuerkennen müssen, weshalb der angefochtene Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit leide. Der angefochtene Bescheid leide ferner an Begründungsmängeln, und zwar deshalb, da sich die belangte Behörde mit seinem Vorbringen in der Berufung betreffend die Parteistellung des Nachbarn im Verfahren nach § 360 GewO 1973 nicht entsprechend auseinandergesetzt habe.
Unter Zugrundelegung dieser gesamten Beschwerdedarlegungen folgt, daß sich der Beschwerdeführer nicht ausschließlich in dem von ihm in den "Beschwerdepunkten" bezeichneten Recht auf "Nichtaufhebung der gewerbebehördlichen Schließung der streitgegenständlichen gewerbebehördlichen Betriebsanlage entgegen der Bestimmung des § 360 GewO 1973" - das als solches nicht den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides, mit dem eine Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen wurde, beträfe, was mangels einer durch den Abspruch des angefochtenen Bescheides gegebenen Rechtsverletzungsmöglichkeit zu einer Zurückweisung der Beschwerde hätte führen müssen - verletzt erachtet, sondern daß er als Rechtsverletzung - zumindest auch - inhaltlich den Umstand geltend macht, daß mangels Annahme seiner Parteistellung über seine Berufung nicht meritorisch entschieden wurde.
Im Zusammenhang damit ist bei Prüfung der Beschwerde von folgender Rechtslage auszugehen:
Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen, oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte, und, soweit sie an einer Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Rechtsvorschriften. Hiefür kommen in der Hauptsache Normen des materiellen Verwaltungsrechtes aber auch Vorschriften des formellen Verwaltungsrechtes in Betracht.
Die in der Beschwerdesache dem Beschwerdefall zugrundeliegende Norm ist im Hinblick auf den vordargestellten Bescheidinhalt und das darauf Bezug habende Beschwerdevorbringen die Gewerbeordnung 1973. Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren, oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde im Grunde des § 360 Abs. 2 GewO 1973 entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen oder sonstige, die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach der Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage, oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen zwei Wochen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist. Nach der Anordnung des § 360 Abs. 4 GewO 1973 hat die Behörde, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung u.a. eines Bescheides gemäß Abs. 2 nicht mehr vorliegen und zu erwarten ist, daß in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahme nach Abs. 2 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, auf Antrag dieser Person, die mit Bescheid u.a. gemäß Abs. 2 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 91/04/0130, unter Bezugnahme auf die dort angeführte weitere hg. Rechtsprechung dargetan hat, berechtigt und verpflichtet die Bestimmung des § 360 Abs. 2 GewO 1973 die Behörde, bei Vorliegen der angeführten Tatbestände die jeweils notwendigen Maßnahmen von Amts wegen zu ergreifen. Sie hat - über die einstweiligen Verfügungen des § 8 VVG 1950 hinausgehend - einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen zum Gegenstand, die gemäß § 360 Abs. 3 leg. cit. mangels einer kürzeren Befristung mit Ablauf eines Jahres, vom Tage der Rechtskraft des sie verfügenden Bescheides an gerechnet, außer Wirksamkeit treten. Auf die Handhabung der nach dieser Bestimmung der Behörde zustehenden Zwangsgewalt zur Durchsetzung öffentlicher Interessen hat jedoch niemand einen Rechtsanspruch, der mit Mitteln des öffentlichen Rechtes verfolgbar wäre. Bei den Maßnahmen nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 handelt es sich um solche, die zu treffen vom Gesetzgeber der Behörde bei Vorliegen der angeführten Tatbestände aus öffentlichen Interessen aufgetragen wurde, und deren Nichtergreifen eine Verletzung der Amtspflichten der Behörde darstellen würde. Diese Bestimmung soll der Behörde ein rasches Einschreiten und gegebenenfalls auch ein ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung des Bescheides notwendiges Eingreifen ermöglichen, weshalb diese Maßnahmen auch bloß vorübergehender Natur sind. Somit ergibt sich aus dem Gesetz, daß dem Nachbarn weder ein Antragsrecht zukommt, das Verfahren nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 einzuleiten, noch, daß ihm ein Anspruch auf Setzung eines behördlichen Verwaltungsaktes bestimmten Inhaltes eingeräumt wäre, wie dies - nach dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Sachverhalt - insbesondere auch für den Fall eines Widerrufes auf eine nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 gestützte Maßnahme zutrifft.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlaß, im Beschwerdefall von dieser Rechtsprechung abzugehen, da er auch unter Bedachtnahme auf die Beschwerdedarlegungen einen von den obigen Erwägungen abweichenden Regelungsinhalt des § 360 Abs. 2 bzw. 4 GewO 1973 nicht zu erkennen vermag.
Danach kann aber der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet bzw. ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel vorgeworfen werden, wenn sie mangels Parteistellung des Beschwerdeführers dessen Berufung gegen den mit den bezeichneten erstbehördlichen Bescheiden gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1973 ausgesprochenen Widerruf von zuvor gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973 getroffenen Maßnahmen als unzulässig zurückwies.
Da somit schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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