VwGH 92/02/0209

VwGH92/02/020916.12.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, DDr. Jakusch und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 9. April 1991, Zl. MA 70-12/24/91, betreffend Kostenvorschreibung nach § 89a Abs. 7 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs3;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs3;
B-VG Art11 Abs1 Z4;
B-VG Art144 Abs1;
StGG Art5;
StVO 1960 §89a Abs2 idF 1987/213;
StVO 1960 §89a Abs2;
StVONov 14te;
VwRallg;
AVG §18 Abs3;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs3;
B-VG Art11 Abs1 Z4;
B-VG Art144 Abs1;
StGG Art5;
StVO 1960 §89a Abs2 idF 1987/213;
StVO 1960 §89a Abs2;
StVONov 14te;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein im Eigentum des Beschwerdeführers befindlicher Pkw wurde am 21. August 1989 von seinem Abstellplatz im 16. Wiener Gemeindebezirk gemäß § 89a Abs. 2 StVO 1960 entfernt. Als Grund für die Entfernung wurde angegeben, daß am Pkw keine Kennzeichentafeln angebracht waren.

Die Erstbehörde, der Magistrat der Stadt Wien, MA 48, fertigte einen auf § 89a Abs. 7 und 7a StVO 1960 gestützten, mit 18. September 1989 datierten Bescheid aus, mit dem der Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten der Entfernung und Aufbewahrung des Pkws in der Höhe von S 1.666,-- verpflichtet wurde.

Der Versuch, diesen Bescheid dem Beschwerdeführer zuzustellen, scheiterte - wie sich später herausstellte - daran, daß er unrichtig (nicht an eine Abgabestelle des Beschwerdeführers) adressiert war. Im Zuge des weiteren Versuches, den mit Bescheid vom 18. September 1989 vorgeschriebenen Betrag einzutreiben, übermittelte die Erstbehörde dem Beschwerdeführer als Anlage zu einem Schreiben vom 23. August 1990, in dem sie den Standpunkt vertrat, der Bescheid sei rechtswirksam zugestellt und rechtskräftig, eine Ausfertigung dieses Bescheides. Der Beschwerdeführer erhob daraufhin Berufung gegen den Bescheid vom 18. September 1989.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung abgewiesen und der Bescheid vom 18. September 1989 mit einer unwesentlichen Änderung bestätigt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 17. Juni 1992, B 603/91, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, daß der erstinstanzliche Bescheid vom 18. September 1989 entgegen dem Beschwerdevorbringen dem Beschwerdeführer (im August 1990) rechtswirksam zugestellt wurde. Dies obwohl die Erstbehörde im Begleitschreiben vom 23. August 1990 die Auffassung vertrat, die rechtswirksame Zustellung sei bereits erfolgt und die Übermittlung der Bescheidausfertigung diene nur zur Information über den Inhalt des Bescheides. Wird nämlich einer am betreffenden Verfahren als Partei beteiligten Person von der Behörde der das Verfahren abschließende Bescheid auf eine im Zustellgesetz vorgesehene Weise übermittelt (wie hier mit der Post), so hat dies auch die Rechtswirkungen einer Zustellung. Diese Rechtswirkungen treten unabhängig davon ein, ob die Behörde mit der Übermittlung des Bescheides eine Zustellung im Rechtssinn beabsichtigte (vgl. die Erkenntisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/11/0144, und vom 4. Februar 1992, Zl. 92/11/0021).

2. Gemäß § 89a Abs. 2 lit. a StVO 1960 in der Fassung der 14. Novelle BGBl. Nr. 213/1987 ist die Entfernung eines auf der Straße stehenden Fahrzeuges ohne weiteres Verfahren zu veranlassen, wenn zu vermuten ist, daß sich dessen der Inhaber entledigen wollte, sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Fahrzeug oder Anhänger.

Nach dem eindeutigen Wortlaut rechtfertigt seit dem Inkrafttreten der 14. StVO-Novelle der bloße Umstand, daß an dem Kraftfahrzeug keine Kennzeichentafeln angebracht sind, bereits seine Entfernung. Erhärtet wird dies noch durch die Gegenüberstellung der vor der 14. Novelle in Geltung gestandenen Rechtslage - § 89a Abs. 2 in der Fassung der 10. Novelle BGBl. Nr. 174/1983 -, nach der das Fehlen der Kennzeichentafeln lediglich ein Indiz für das Vorliegen des Entfernungsgrundes, daß sich der Inhaber des Kraftfahrzeuges desselben entledigen wollte, war. Der gegenteiligen Auffassung von Dittrich-Veit-Veit in StVO II, Rz. 45 zu § 89a, kann angesichts der Klarheit und Eindeutigkeit des Wortlautes nicht gefolgt werden; vielmehr stellen diese Ausführungen lediglich rechtspolitische Erwägungen über die Zweckmäßigkeit dieser Regelung dar. Benes-Messiner, StVO8, Anm. 4 zu § 89a, und Soche, Die neue StVO21, Seite 339, teilen die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Meinung, bringen aber ebenfalls Bedenken gegen eine Rechtslage dieses Inhaltes vor.

Soweit auch der Beschwerdeführer solche Bedenken äußert, was den Verfassungsgerichtshof nicht zu einer Sachentscheidung über die an ihn gerichtete Beschwerde veranlaßt hat, werden diese Bedenken vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Es erscheint ihm weder sachfremd, Kraftfahrzeuge ohne Kennzeichentafeln von Straßen mit öffentlichem Verkehr entfernen zu lassen, da es durch die Kennzeichentafeln ermöglicht wird, ohne aufwendige Schritte die für das Kraftfahrzeug verantwortliche Person ausfindig zu machen, noch liegt in der MÖGLICHKEIT DER ENTFERNUNG ein unverhältnismäßiger Eigentumseingriff. Daß die Entfernung von Gegenständen von Straßen mit öffentlichem Verkehr nicht unter den Kompetenztatbestand "Straßenpolizei" im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG fallen soll, ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht verständlich.

Der Beschwerdeführer hat nie bestritten, daß an dem gegenständlichen Kraftfahrzeug keine Kennzeichentafeln angebracht waren; daher war sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren, das Fahrzeug sei "deutlich gekennzeichnet" gewesen, nicht relevant (daß diese deutliche Kennzeichnung durch eine Ausfertigung einer Bewilligung zum Aufstellen eines Kraftfahrzeuges ohne Kennzeichentafeln auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 82 Abs. 2 StVO 1960 erfolgt sei, hat er nie behauptet und würde dies auch mit seinem sonstigen Vorbringen im Widerspruch stehen).

Das Unterbleiben der vom Beschwerdeführer vermißten Zeugeneinvernahme kann schon deswegen kein wesentlicher Verfahrensmangel sein, weil der diesbezügliche Beweisantrag ausschließlich im Zusammenhang mit einem Vorbringen gestellt wurde, welches sich auf die Unwirksamkeit der Zustellung des Erstbescheides im Jahr 1989 bezogen hat, wovon aber die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ausgegangen ist.

Hinsichtlich der übrigen gerügten Verfahrensmängel unterläßt es der Beschwerdeführer, deren Wesentlichkeit in der Beschwerde darzutun.

Die Beschwerde ist insgesamt unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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