VwGH 89/11/0144

VwGH89/11/014424.10.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des JK in W, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, Marburger Kai 47, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. März 1989, Zl. MA 70-8/237/89, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 7. August 1989, Zl. MA 70-11/1087/89, betreffend Zurückweisung der Vorstellung in Angelegenheit Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
ZustG §7;
ZustG §8;
AVG §56;
ZustG §7;
ZustG §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. November 1987 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für die Gruppe B entzogen und ausgesprochen, daß ihm für die Zeit von drei Jahren ab Zustellung des Bescheides keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe. Nach vergeblichen Zustellversuchen wurde am 3. März 1988 die den Mandatsbescheid enthaltende Sendung ohne vorhergehenden Zustellversuch beim Postamt 1210 hinterlegt.

Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1988 beantragte der Beschwerdeführer, vertreten durch den Beschwerdevertreter, unter Vorlage einer auf diesen lautenden Vollmacht vom 4. Oktober 1988 die Ausfolgung des Bescheides vom 19. November 1987 unmittelbar zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters und teilte mit, daß ihm der Bescheid vom 19. November 1987 nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei.

Am 13. Oktober 1988 wurde der Mandatsbescheid vom 19. November 1987 dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt.

Der Sendung lag folgendes Begleitschreiben bei:

"Die Bundespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt - übermittelt ausnahmsweise beiliegenden Entziehungsbescheid und ersucht, den Führerschein von K. unverzüglich anherzusenden. Bemerkt wird, daß der Bescheid am 3.3.1988 beim Postamt 1210 Wien durch Hinterlegung "D" hinterlegt wurde und daher in Rechtskraft erwachsen ist."

Am 7. November 1988 gab der Vertreter des Beschwerdeführers u. a. einen Schriftsatz vom 4. November 1988 zur Post, mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt wurde. Ferner wurde am 7. November 1988 ein Schriftsatz vom 3. November 1988 zur Post gegeben, in welchem der Beschwerdeführer Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 19. November 1987 erhob.

Mit Bescheid vom 21. November 1988 wies die erstinstanzliche Behörde den Antrag auf Wiederaufnahme als unzulässig (Punkt 1 des Bescheides) und die Vorstellung als verspätet (Punkt 2 des Bescheides) zurück. In der Begründung wurde ausgeführt, daß die Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch am 3. März 1988 rechtswirksam erfolgt sei, weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme unzulässig und die Vorstellung verspätet sei.

Gegen diesen Bescheid, und zwar nur gegen den Spruchpunkt 2 (Zurückweisung der Vorstellung), erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 1989 wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Die belangte Behörde führte aus, die Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch am 3. März 1988 sei aus bestimmten Gründen nicht rechtmäßig erfolgt. Die Zustellung des Entziehungsbescheides sei daher erst am 13. Oktober 1988 erfolgt. Mit diesem Tag habe die Frist zur Einbringung der Vorstellung zu laufen begonnen. Die am 7. November 1988 zur Post gegebene Vorstellung sei daher verspätet.

Mit Berichtigungsbescheid vom 7. August 1989 wurde ein offenkundiger Fehler in der Begründung ("Die Zustellung des Entziehungsbescheides erfolgt daher erstmals am 13. 10. 1988 durch Übernahme der Vorstellung des Rechtsvertreters, mit welchem Tag ...") korrigiert (dieser Satz lautet nun: "Die Zustellung des Entziehungsbescheides erfolgt daher erstmals am 13. 10. 1988 durch Übernahme des Entziehungsbescheides in der Kanzlei des Rechtsvertreters, mit welchem Tag ..."). Den Beschwerdeausführungen ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer die Begründung des Bescheides vom 30. März 1989 ohnedies von vornherein in diesem Sinne verstanden hat.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 1989 richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer meint, die erstinstanzliche Behörde habe in ihrem Begleitschreiben zum Ausdruck gebracht, daß die Zustellung des Mandatsbescheides vom 19. November 1987 am 3. März 1988 erfolgt und dieser Bescheid daher rechtskräftig sei. Gegen einen rechtskräftigen Bescheid, "wie dies von der erstinstanzlichen Behörde dargetan wurde", sei jedoch ein Rechtsmittel nicht möglich. Die Behörde habe somit nicht beabsichtigt, eine Zustellung des Bescheides vorzunehmen, weshalb durch die Übersendung des Bescheides eine Frist nicht ausgelöst worden sei.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß die erstinstanzliche Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 6. Oktober 1988 "auf Ausfolgung des Bescheides vom 19. 11. 1987 unmittelbar zu Handen meines ausgewiesenen Vertreters" - in diesem Schriftsatz wurde im übrigen die Erhebung eines "entsprechenden Rechtsmittels" angekündigt - dadurch entsprochen hat, daß sie den Bescheid dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt hat. Das erwähnte Begleitschreiben brachte nur die Rechtsauffassung der Behörde zum Ausdruck, daß bereits die Hinterlegung vom 3. März 1988 eine wirksame Zustellung darstelle. Damit wurde der am 13. Oktober 1988 erfolgten Zustellung an den Vertreter des Beschwerdeführers jedoch nicht die Wirksamkeit genommen, weil letztlich nicht die Meinung der erstinstanzlichen Behörde maßgebend ist, ob bereits eine vorgegangene Zustellung wirksam war oder nicht. Die Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch am 3. März 1988 war schon deshalb nicht rechtswirksam, weil der Beschwerdeführer nach der Aktenlage von der Einleitung des Verfahrens betreffend die Entziehung der Lenkerberechtigung erst durch die Zustellung des Mandatsbescheides konkret Kenntnis erlangt hätte, weshalb ihn keine Verpflichtung zur Mitteilung einer Änderung der Abgabestelle im Sinne des § 8 Abs. 1 ZustellG treffen konnte. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht - wenn auch auf Grund anderer Überlegungen - kein Streit darüber, daß die am 3. März 1988 vorgenommene Hinterlegung gesetzwidrig war. Da diese Hinterlegung nicht die Wirkung der Bescheidzustellung auslösen konnte, begann die Frist von zwei Wochen zur Erhebung der Vorstellung mit der am 13. Oktober 1988 erfolgten Zustellung des Mandatsbescheides an den Vertreter des Beschwerdeführers und endete am 27. Oktober 1988. Die belangte Behörde hat daher mit Recht durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides die am 7. November 1988 zur Post gegebene Vorstellung als verspätet zurückgewiesen.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 24. Oktober 1989

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