VwGH 92/01/0754

VwGH92/01/075431.3.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des S in T, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1992, Zl. 4.242.027/7-III/13/88, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste am 29. Juni 1988 in das Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Befragung am 8. September 1988 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark gab er an, daß sein Vater und sein Bruder aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Tudeh-Partei laufend Schwierigkeiten mit der Polizei gehabt hätten. Infolge dieser Aktivitäten sei es für ihn unmöglich gewesen, zur Aufnahmeprüfung für die Hochschule zugelassen zu werden oder eine Arbeit bzw. Anstellung zu erhalten. Er habe sich deshalb entschlossen, mit seinem Bruder den Iran zu verlassen, um in Österreich zu studieren. Er sei weder aus ethnischen noch aus religiösen Gründen im Iran verfolgt worden. Sein Wille wäre es, in Österreich Medizin zu studieren.

Mit Bescheid vom 25. November 1988 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark fest, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 1 Abschn. A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge nicht erfülle.

In seiner fristgerechten Berufung brachte der Beschwerdeführer zusätzlich vor, daß er nicht aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen sein Heimatland verlassen habe, sondern einzig allein wegen seiner Mitgliedschaft zur Tudeh-Partei. Er hätte auch aus österreichischen Presseberichten erfahren, daß die Repressalien durch die Islamische Republik verschärft und 100 Mitglieder seiner Partei hingerichtet worden seien. Eine Rückreise würde eine unabschätzbare Gefahr für ihn bedeuten.

Der vom Bundesminister für Inneres erlassene Bescheid vom 23. März 1989, der der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gab, wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. März 1990, Zl. 89/01/0403, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren erlassenen Bescheid vom 25. Juni 1992 wies die belangte Behörde die Berufung neuerlich ab. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage im wesentlichen aus, daß die dem Beschwerdeführer von seinem Heimatland ermöglichte Ausbildung, die ihn habe in Erwägung ziehen lassen, um die Zulassung für ein Hochschulstudium anzusuchen, nicht den Schluß zulasse, verfolgt oder diskriminiert zu werden. Trotz seiner in der Berufung vorgebrachten Zugehörigkeit zur Tudeh-Partei sei ihm eine überdurchschnittliche Bildung zugestanden worden. Allfällige Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzbeschaffung könnten ohne Berücksichtigung der allgemeinen Lage am Arbeitsmarkt im Iran nicht der politischen Einstellung des Beschwerdeführers zugerechnet werden. Der Beschwerdeführer habe auch nie behauptet, mit einem Arbeitsverbot belegt worden zu sein, welches zur Existenzgefährdung hätte führen können. Dieser wirtschaftliche Grund und die Ablehnung des Hochschulstudiums wären nach Ansicht der belangten Behörde für eine Asylgewährung nicht ausreichend.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 hatte die belangte Behörde ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen. Vom festgestellten Sachverhalt ausgehend hat die belangte Behörde mit Recht wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Konventionsgründen als nicht glaubhaft gemacht angesehen. Wenn der Beschwerdeführer bei seiner ersten niederschriftlichen Befragung angab, daß sein Vater und sein Bruder wegen der behaupteten Zugehörigkeit zur Tudeh-Partei schikanöser Behandlung von seiten der Polizei ausgesetzt gewesen wären, läßt sich daraus keine konkrete, gegen ihn selbst gerichtete Verfolgung im Sinne der Konvention ableiten (vgl. Erkenntnis vom 18. September 1991, 91/01/0054). Die aus diesen Schikanen gegen seine Verwandten abgeleitete Nichtzulassung zum Hochschulstudium, die, wie in der Beschwerde behauptet, zu einer schweren Beeinträchtigung des Lebensweges des Betroffenen führen müsse (sowohl in geistiger als auch in wirtschaftlicher Hinsicht) und als schwere Diskriminierung seiner Person zu bezeichnen sei, stellt keine Maßnahme dar, die, auch wenn sie aus politischen Gründen wegen seiner - entgegen der Ansicht der belangten Behörde erst in der Berufung behaupteten - Mitgliedschaft bei der Tudeh-Partei erfolgt sein sollte, geeignet wäre, als Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention qualifiziert zu werden; handelt es sich bei der Nichtzulassung zum Studium doch um ein Unbill, das den weiteren Aufenthalt im Heimatstaat nicht unerträglich macht.

Der Beschwerdeführer ist allerdings damit im Recht, daß nicht eindeutig erkennbar ist, ob der von ihm zusätzlich behauptete Umstand, aus politischen Gründen sei ihm der Zugang zum Hochschulstudium verwehrt worden, von der Behörde festgestellt worden ist, und daß daher insoferne ein Begründungsmangel vorliegt. Dieser ist jedoch nicht wesentlich, da sich die belangte Behörde - ungeachtet ihrer Beweiswürdigung - auch mit diesem Teil des Berufungsvorbringens rechtlich auseinandergesetzt hat, indem sie die Ansicht vertreten hat, daß eine derartige Verkürzung des Bildungsweges keine Verfolgung darstelle, zumal es dem Beschwerdeführer gelungen sei, seine Ausbildung bis zur Erlangung der Hochschulreife abzuschließen, ohne in diesem Zusammenhang Probleme auch nur zu behaupten. Wenn der Beschwerdeführer demgegenüber geltend macht, daß ein ungerechtfertigter Ausschluß vom Hochschulstudium zu einer schweren Beeinträchtigung des gesamten weiteren Lebensweges des davon Betroffenen führen und daher als schwere Diskriminierung seiner Person angesehen werden müsse, so ist ihm entgegenzuhalten, daß die betreffende Maßnahme nicht eine solche Intensität erreicht hat, daß von einer Verfolgung im Sinne der Konvention, die eine massive Bedrohung der Lebensgrundlage voraussetzt, gesprochen werden kann (vgl. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, 91/01/0202 und Erkenntnis vom 16. September 1992, 92/01/0119). Soweit der Beschwerdeführer im Ausschluß vom Hochschulstudium einen Widerspruch zu Art. 26 Z. 1 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 erblickt, ist ihm zu erwidern, daß für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl ausschließlich die in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründe von Bedeutung sind, nicht jedoch Gründe anderer Art (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1992, Zlen. 92/01/0755, 0812).

Auch mit der Behauptung, Schwierigkeiten bei der Erlangung eines Arbeitsplatzes gehabt zu haben, ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, da er in keiner Weise dartun konnte, daß diese Schwierigkeiten eine solche Intensität erreicht hätten, daß für ihn ein weiterer Verbleib in seinem Heimtland unerträglich geworden wäre. Beschränkungen des Lebens und der Ausbildung in totalitären Systemen sind, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, für sich allein nicht als konkrete Verfolgungshandlungen im Sinne der Konvention anzusehen.

Was die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung ins Treffen geführten Presseberichte über Hinrichtungen von Mitgliedern der Tudeh-Partei anbelangt, ist festzuhalten, daß Hinweise auf Presseberichte nicht genügen, Gründe für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft darzutun, weil solche Berichte keinen tragfähigen Schluß auf konkrete, gegen einen bestimmten Asylwerber gerichtete Verfolgungshandlungen aus Gründen der Konvention zulassen (Hinweis auf das Erkenntnis vom 16. Dezember 1987, 87/01/0230).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dem angefochtenen Bescheid könne nicht entnommen werden, ob die belangte Behörde von seiner Mitgliedschaft bei der Tudeh-Partei und von den dargelegten Schwierigkeiten seines Vaters und seines Bruders mit der Polizei ausgegangen sei, erweist sich angesichts der durch § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 gebotenen Zugrundelegung des Ergebnisses des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens und der wie bereits dargelegt schlüssigen rechtlichen Würdigung dieses Ergebnisses als nicht zielführend. Das Berufungsvorbringen ist auch weder geeignet, eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 aufzuzeigen, noch kann die darin geltend gemachte Hinrichtung von Mitgliedern der Tudeh-Partei aus den bereits oben angeführten Gründen, was die Frage des Vorliegens individueller Verfolgung des Beschwerdeführers bzw. begründete Furcht vor einer solchen anlangt, als zwischenzeitliche Änderung des der Entscheidung der Behörde erster Instanz zugrundegelegten Sachverhaltes angesehen werden. Daher hat die belangte Behörde, unabhängig davon, daß das Berufungsvorbringen gegenüber dem erstinstanzlichen Vorbringen Abweichungen aufweist, gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. zu Recht das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz ihrer Entscheidung zugrundegelegt.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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