VwGH 92/01/0725

VwGH92/01/072520.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des C in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Juni 1992, Zl. 4.313.302/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Juni 1992 wurde ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem türkischen Staatsangehörigen, der am 17. März 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der (bereits damals anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer hat seinen schriftlichen Asylantrag vom 20. März 1991 damit begründet, bereits auf Grund seiner kurdischen Abstammung in der Türkei in allen Lebensbereichen benachteiligt und politisch verfolgt worden zu sein. Nach der Flucht seines Bruders, der Parteigenosse der PKK gewesen sei, vor drei Jahren aus der Türkei sei der Beschwerdeführer zwei Monate eingesperrt gewesen und gefoltert worden. Er sei ständig von der Polizei überwacht worden, um von ihm Informationen über den Aufenthaltsort seines Bruders zu erhalten. Er habe die ständigen Verfolgungen nicht mehr ausgehalten und sei daher geflüchtet.

Anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung am 25. April 1991 erklärte der Beschwerdeführer zwar, daß die im Asylantrag angeführten Gründe der Wahrheit entsprächen. Er gab aber an, von Oktober bis Dezember 1984 inhaftiert gewesen zu sein, weil er im Oktober 1984 im Zuge einer Auseinandersetzung mit PKK-Gegnern in eine Rauferei geraten sei, in deren Verlauf er mit einem Messer an der linken Hand verletzt worden sei. Als die Polizei eingeschritten sei, sei er als Anhänger der PKK bezeichnet und inhaftiert worden. Während der Haft sei er mit einem Gummiknüppel geschlagen worden. Sonstigen Folterungen sei er nicht ausgesetzt gewesen. Nach Hinweis auf den den Zeitpunkt seiner Inhaftierung betreffenden Widerspruch meinte der Beschwerdeführer, daß er sich vermutlich in der Jahreszahl geirrt habe, und er fügte hinzu, daß er sonstige Gründe für seine Ausreise nicht anführen könne.

Nach Erhebung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. Mai 1991, die kein Sachverhaltsvorbringen enthielt, wurde der Beschwerdeführer am 14. Mai 1992 neuerlich vernommen. Dabei bezeichnete er es als richtig, daß er 1984 in der Türkei inhaftiert gewesen sei. Die Frage, warum er nicht bereits 1984 oder 1985 aus der Türkei geflohen sei, beantwortete er dahin, daß er damals keine Möglichkeit zu einer Flucht gesehen habe. Er habe die PKK unterstützt, indem er Lebensmittel in die Berge gebracht habe, sei jedoch nicht Mitglied der PKK gewesen. Seine Verfolgung in der Türkei bis zu seiner Flucht habe konkret darin bestanden, daß ihm von Staatsbeamten ständig nahegelegt worden sei, sich nicht mit Politik zu beschäftigen. Außerdem seien Personen, mit denen er Kontakt gehabt habe, über seine Äußerungen befragt worden.

Der Auffassung der belangten Behörde, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1991 (siehe dazu § 3 in Verbindung mit § 1 Z. 1 dieses Gesetzes, welches gemäß § 25 Abs. 2 auf den vorliegenden Beschwerdefall bereits anzuwenden war) sei, kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Die vom Beschwerdeführer behauptete Inhaftierung im Jahre 1984 lag im Zeitpunkt der Ausreise aus seinem Heimatland - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - schon so lange zurück, daß sie als relevanter Fluchtgrund nicht mehr in Betracht kam. Der Beschwerdeführer hat keine Umstände dargetan, die den Schluß zuließen, es habe eine damals bestehende wohlbegründete Furcht vor Verfolgung bis zu seiner Ausreise angedauert (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1992, Zl. 91/01/0211, und vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0216). Entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides stellen die vom Beschwerdeführer bei seiner (zwecks Aufklärung seiner Widersprüche im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten) ergänzenden Vernehmung am 14. Mai 1992 ins Treffen geführten Umstände, in denen er eine bis zu seiner Ausreise fortwirkende Verfolgung erblickt, keine im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bedeutsamen Verfolgungshandlungen dar. Der Beschwerdeführer übersieht offenbar, daß von solchen Verfolgungshandlungen erst dann gesprochen werden könnte, wenn auf Grund der Intensität der gegen ihn gerichteten Maßnahmen, objektiv gesehen, ein weiterer Verbleib in seinem Heimatland für ihn unerträglich gewesen wäre, wovon aber unter Zugrundelegung seiner Angaben nicht ausgegangen werden kann. Dies gilt auch hinsichtlich seines Vorbringens im schriftlichen Asylantrag (ständige Überwachung wegen des Aufenthaltsortes seines Bruders), auf das der Beschwerdeführer nunmehr vornehmlich zurückgreift. Die Annahme des Beschwerdeführers, er habe konkrete Fluchtgründe behauptet, die geeignet seien, seine Anerkennung als politischer Flüchtling zu rechtfertigen, trifft demnach nicht zu, weshalb selbst dann, wenn der von ihm gerügte Begründungsmangel vorläge, dieser nicht als wesentlich anzusehen wäre.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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