Normen
AZG §9;
StGB §34 Z17;
StGB §34 Z3;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
AZG §9;
StGB §34 Z17;
StGB §34 Z3;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruches über die Strafe und die Verpflichtung des Mitbeteiligten zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der belangten Behörde) vom 13. Februar 1991 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener der X-Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, 1. daß ein namentlich genannter Arbeitnehmer dieser Gesellschaft am 4. Jänner 1989 10,5 Stunden und am 10. Jänner 1989 11,5 Stunden gearbeitet habe, 2. daß ein anderer namentlich genannter Arbeitnehmer dieser Gesellschaft am 4., 9., 10., 13. und 20. Jänner 1989 je 11 Stunden und am 11. Jänner 1989 12 Stunden und 3. in der Woche vom 9. bis 15. Jänner 1989 60 Stunden und in der Woche vom 16. bis 22. Jänner 1989 51 Stunden gearbeitet habe. Es wurden deshalb über ihn wegen drei Übertretungen des § 9 Arbeitszeitgesetz in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG gemäß § 28 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz Geldstrafen zu 1) in der Höhe von S 500,-- zu 2) in der Höhe von S 1.000,-- und zu 3) in der Höhe von S 1.500,-- verhängt.
Zur Strafbemessung wurde begründend ausgeführt, daß das Ausmaß des Verschuldens "auf Grund der Sachlage sowie des Beschuldigtenvorbringens als doch größer bezeichnet werden" müsse; es sei von bedingtem Vorsatz auszugehen. Mit geringem Gewicht als erschwerend sei der Umstand zu werten, daß das Arbeitsinspektorat die Arbeitgeberin schon mehrfach zur Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes aufgefordert habe. Mildernd seien die absolute Unbescholtenheit des Mitbeteiligten, "die Geständigkeit im Tatsächlichen" sowie der Umstand, daß die Arbeitgeberin sich durch die Neueinstellung von Dienstnehmern um die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes bemüht habe. Unter Berücksichtigung aller Umstände sowie der persönlichen Verhältnisse des Mitbeteiligten, der ein monatliches Einkommen von mehr als S 100.000,-- jedoch weniger als S 200.000,-- beziehe, seien die festgesetzten Strafen gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid, und zwar nur gegen die Höhe der festgesetzten Geldstrafen, richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Der Mitbeteiligte vertritt in der von ihm erstatteten Gegenschrift die Auffassung, die Beschwerde sei verspätet, weil der angefochtene Bescheid am 20. Februar 1991 beim Arbeitsinspektorat Linz eingelangt sei. Damit sei die sechswöchige Beschwerdefrist in Lauf gesetzt worden, sodaß die am 16. April 1991 zur Post gegebene Beschwerde verspätet sei. Auf das Datum der Übermittlung an den Beschwerdeführer (8. März 1991) komme es bei der Fristberechnung nicht an.
Zur Entkräftung dieser Auffassung genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom 2. März 1992, Zl. 91/19/0321, und vom 25. Mai 1992, Zl. 91/19/0344, zu verweisen. Das gleiche gilt für die Anregung des Mitbeteiligten, § 26 Abs. 1 Z. 4 VwGG als verfassungswidrig anzufechten.
2.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
2.2. Der Beschwerdeführer wendet sich mit Recht gegen die Berücksichtigung der "Geständigkeit im Tatsächlichen" als Milderungsgrund. Gemäß § 34 Z. 17 StGB liegt ein Milderungsgrund vor, wenn der Täter ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Ein reumütiges Geständnis im Sinne dieser Gesetzesstelle erfordert das Zugeben der gegen den Täter erhobenen und für richtig befundenen Anschuldigung sowie ein diesbezügliches Schuldbekenntnis, verbunden mit einer nicht bloß intellektuellen, sondern gesinnungsmäßigen Mißbilligung der Tat (siehe das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1992, Zl. 91/16/0054). Von einem reumütigen Geständnis in diesem Sinne kann im Falle des Mitbeteiligten keine Rede sein, hat er doch noch im Berufungsverfahren die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens bestritten, weil seinen Behauptungen nach außergewöhnliche Fälle im Sinne des § 20 Arbeitszeitgesetz vorgelegen seien.
Die Angaben des Mitbeteiligten haben auch nicht wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen, weil die Überschreitungen der Höchstgrenzen der Arbeitszeit bereits auf Grund der Wahrnehmungen des Arbeitsinspektors bekannt waren.
Die belangte Behörde hat somit zu Unrecht die "Geständigkeit im Tatsächlichen" als Milderungsgrund herangezogen.
2.3. Die belangte Behörde meint, der Umstand, daß sich die Arbeitgeberin durch die Neueinstellung von Dienstnehmern um die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes bemüht habe, habe als Milderungsgrund zu gelten. Der Beschwerdeführer rügt diesbezüglich zu Recht, daß sich aus der Aktenlage kein Zusammenhang zwischen der Neueinstellung von Mitarbeitern und den vom Beschwerdeführer begangenen Übertretungen ergebe. Schon deshalb kann darin, daß die Gesellschaft, zu deren Vertretung nach außen der Mitbeteiligte berufen ist, neues Personal eingestellt hat, kein Milderungsgrund bezüglich der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Übertretungen gesehen werden.
2.4. Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte annehmen müssen, daß der Mitbeteiligte "mit Wissen und Wollen die ihm angelasteten Übertretungen begangen hat und daher QUALIFIZIERTER Vorsatz vorliegt", kann ihm nicht gefolgt werden, weil nach den Ermittlungsergebnissen nicht davon ausgegangen werden kann, der Mitbeteiligte habe die Überschreitung der Höchstgrenzen der Arbeitszeit angeordnet oder von ihnen gewußt. Es besteht demnach kein Grund, dem Mitbeteiligten schwereres Verschulden als den von der belangten Behörde angenommenen bedingten Vorsatz anzulasten.
3. Der Mitbeteiligte vertritt in seiner Gegenschrift die Auffassung, bei der Strafbemessung wären die besonderen Milderungsgründe des § 34 Z. 3, 4, 11 und 13 StGB zu berücksichtigen gewesen.
3.1. Den Ausführungen des Mitbeteiligten, als achtenswerter Beweggrund im Sinne des § 34 Z. 3 StGB sei die Sorge um das Gesamtwohl des Unternehmens zu werten, ist zu erwidern, daß dieser Umstand als Milderungsgrund bei der Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften im Hinblick auf den Schutzzweck dieser Normen nicht in Betracht kommt. Der mit der Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften häufig für das Unternehmen verbundene wirtschaftliche Vorteil stellt somit kein achtenswertes Motiv im Sinne der genanten Gesetzesstelle dar.
3.2. Nach § 34 Z. 4 liegt ein Milderungsgrund vor, wenn der Täter die Tat unter der Einwirkung eines Dritten oder aus Furcht oder Gehorsam verübt hat.
Der Mitbeteiligte führt in diesem Zusammenhang ins Treffen, er habe die Tat aus Gehorsam gegenüber dem Eigentümer des Unternehmens, nämlich der Republik Österreich, begangen. Dem ist entgegenzusetzen, daß kein Anhaltspunkt für die Annahme vorhanden ist, der Eigentümervertreter habe dem Beschwerdeführer die Begehung der gegenständlichen Übertretungen befohlen. Der Auftrag an den Beschwerdeführer, das Unternehmen so zu führen, daß damit Gewinn erzielt wird, schließt nicht den Befehl zur Begehung von strafbaren Handlungen ein. Im übrigen wäre ein solcher Befehl im Hinblick auf den Schutzzweck des Arbeitszeitgesetzes nicht als Milderungsgrund in Betracht gekommen.
3.3. Gemäß § 34 Z. 11 StGB ist es ein Milderungsgrund, wenn der Täter die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen.
Der Mitbeteiligte macht geltend, die Taten unter derartigen Umständen begangen zu haben. Die Mitarbeiter seien bereit gewesen, durch Mehrleistungen das Wohl des Unternehmens zu fördern, zumal sie damit auch die Möglichkeit gehabt hätten, zusätzliche Einnahmen in Form von Überstundenzahlungen zu erzielen.
Mit diesen allgemein gehaltenen Ausführungen vermag der Mitbeteiligte keine Umstände im Sinne der zitierten Gesetzesstelle aufzuzeigen. Aus seinen Ausführungen in der Berufung ergibt sich zudem, daß er selbst nicht weiß, "welcher spezifische Auftrag an den fraglichen Tagen zur Überschreitung der höchstzulässigen Arbeitszeit geführt hat". Er kann demnach schon aus diesem Grund die näheren Umstände, unter denen es zur Überschreitung der Höchstgrenzen der Arbeitszeit gekommen ist, nicht beschreiben und damit nicht das Vorliegen eines Milderungsgrundes im Sinne des § 34 Z. 11 StGB dartun.
3.4. Gemäß § 34 Z. 13 StGB ist es ein Milderungsgrund, wenn der Täter trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat oder es beim Versuch geblieben ist.
Der Mitbeteiligte macht in diesem Zusammenhang geltend, daß durch die Übertretungen trotz Vollendung kein Schaden herbeigeführt worden sei.
Diesbezüglich ist ihm zu erwidern, daß es sich bei den von ihm zu verantwortenden Übertretungen um Ungehorsamsdelikte handelt, bei denen der Nichteintritt eines Schadens schon nach dem Zweck der Strafdrohung (§ 19 Abs. 2 VStG) nicht als Milderungsgrund in Betracht kommt (siehe die hg. Erkenntnisse vom 2. Juli 1990, Zlen. 90/19/0054, 0055, 0083, 0086, und vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/19/0167).
4. Da die belangte Behörde, wie in den Punkten 2.2. und 2.3. dargelegt wurde, zu Unrecht die dort genannten Umstände als Milderungsgründe im Rahmen der Strafbemessung berücksichtigt hat, hat sie den Straufausspruch mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der Strafausspruch und der davon nicht trennbare Ausspruch über die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
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