Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Y-Holding-AG, Glarus, Schweiz, war an zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in Wien beteiligt. Sie trat ihre Anteile mit notariellen Abtretungsverträgen um einen Kaufpreis von sfr 1,170.000,-- (= S 9,500.400,--) bzw. um sfr 330.000,-- (= S 2,679.600,--) an die Beschwerdeführerin ab.
Das Finanzamt setzte für diese Erwerbsvorgänge die Börsenumsatzsteuer in der Höhe von S 47.502,-- bzw. S 13.398,-- fest.
In den dagegen erhobenen Berufungen brachte die Beschwerdeführerin vor, die Abtretungsverträge seien schon vor der notariellen Beurkundung in Österreich in der Schweiz und damit IM AUSLAND geschlossen worden, weswegen die Abgabenfestsetzungen zu Unrecht vorgenommen worden seien.
Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß die Verträge jeweils durch mit Abschlußvollmacht ausgestattete Vertreter in Form eines Notariatsaktes in Wien abgeschlossen worden seien. Die Übertragung von Geschäftsanteilen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erfordere gemäß § 76 Abs. 2 GmbHG einen Notariatsakt. Dieselbe Formvorschrift gelte für die schuldrechtliche Verpflichtung zur künftigen Übertragung. Auch die Abtretung des Anspruches auf Übertragung eines Geschäftsanteiles bedürfe der Form eines Notariatsaktes. Werde die Formvorschrift nicht eingehalten, so sei die Übertragung nichtig. Es entstehe nicht einmal eine Naturalobligation, die durch Bezahlung des Abtretungsentgeltes wirksam erfüllt werden könnte (s. Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 626 ff). Das formgebundene Rechtsgeschäft komme erst und nur mit der Errichtung des Notariatsaktes zustande. Dieser Akt sei konstitutiv (s. Graschopf, Vier Urkundenkreise um die GmbH, NZ 1954, 81 ff). Für die Wirksamkeit der Übertragung komme es nicht auf die vorvertraglichen Erklärungen an. Die von den Vertretern der Vertragspartner vor dem Wiener Notar abgegebenen Erklärungen hätten den Abschluß der Rechtsgeschäfte begründet. Demgemäß sei davon auszugehen, daß in den vorliegenden Fällen die rechtswirksame Übertragung der Gesellschaftsanteile im Inland erfolgt sei. Daß über die Abtretung auch im Ausland Vereinbarungen getroffen worden seien, erweise sich im Hinblick auf die Formvorschrift des § 76 GmbHG auch nach den Regeln des internationalen Privatrechts als unbeachtlich, da gemäß § 1 Abs. 1 IPR-Gesetz, BGBl. Nr. 304/1978, Sachverhalte mit Auslandsberührung in privatrechtlicher Hinsicht nach der Rechtsordnung zu beurteilen seien, zu der die stärkste Beziehung bestehe. Da die Rechtsgeschäfte Inlandsgeschäfte im Sinne des § 17 KVG darstellten, sei den Berufungen jeweils der Erfolg zu versagen gewesen.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerdesachen wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden; er hat sodann erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 KVG unterliegt der Börsenumsatzsteuer der Abschluß von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden.
Als Wertpapiere gelten gemäß § 19 KVG u.a. Anteile an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften.
In den Beschwerdefällen ist unbestritten, daß die am Vertragsabschluß jeweils beteiligten Personen nicht Inländer im Sinne des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind. Der Tatbestand der in Rede stehenden Gesetzesstelle wäre daher nur erfüllt, wenn die Anschaffungsgeschäfte im Inland abgeschlossen worden wären.
Entsprechend ihrer schon in den Berufungsverfahren vertretenen Rechtsansicht bringt die Beschwerdeführerin in ihren Beschwerden vor, die Anschaffungsgeschäfte seien bereits in der Schweiz (durch Unterfertigung von entsprechenden Vertragsurkunden) zustandegekommen. Diese Verträge seien zwar ursprünglich nicht in der Form eines Notariatsaktes abgeschlossen und wegen dieses Formmangels nachfolgend im Inland formgerecht nachvollzogen worden, von nach österreichischem Recht ursprünglich nichtigen Rechtsgeschäften könne aber dennoch nicht gesprochen werden. Der Formmangel sei jeweils nachträglich geheilt worden, wodurch das jeweilige im Ausland abgeschlossene Verpflichtungsgeschäft nicht zu einem inländischen geworden sei.
Dieser Rechtsansicht der Beschwerdeführerin vermag sich der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen nicht anzuschließen:
Zunächst ist festzustellen, daß in Anwendung allgemeiner Grundsätze des bürgerlichen Rechtes vom Abschluß eines Anschaffungsgeschäftes (Verpflichtungsgeschäftes) über Wertpapiere im Sinne des § 17 Abs. 1 KVG erst bei dem RECHTSWIRKSAMEN Zustandekommen des Rechtsgeschäftes gesprochen werden kann. Der Ort, an dem das geschieht, ist der Abschlußort.
Zur (rechtswirksamen) Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden bedarf es nach dem ersten Satz des § 76 Abs. 2 GmbHG eines Notariatsaktes. In der jüngeren Rechtsprechung des OGH wird hiezu unter Bezugnahme auf den Großteil der Lehre die Ansicht vertreten, daß auch das Verpflichtungsgeschäft der Form des Notariatsaktes bedarf (siehe hiezu das Urteil des OGH vom 26. April 1990, 6 Ob 542/90, sowie P. Bydlinski, Veräußerung und Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen, 34).
Auf die vorliegenden Fälle angewendet bedeutet dies, daß die in Rede stehenden Anschaffungsgeschäfte selbst dann, wenn damit nur die im Ausland nach österreichischem Recht rechtsunwirksam geschlossenen Verträge geheilt worden sein sollten, (erst) im Inland abgeschlossen wurden.
Da den angefochtenen Bescheiden somit weder die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch auch ein wesentlicher Verfahrensmangel anhaftet, mußten die Beschwerden somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin jeweils beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
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