VwGH 91/08/0144

VwGH91/08/014417.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des F in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. September 1991, Zl. VII/1-F-27.622/52-91, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

SHG NÖ 1974 §2 Abs1;
SHG NÖ 1974 §9 Abs1;
SHG NÖ 1974 §9 Abs2;
SHV NÖ 1974 §1;
SHV NÖ 1974 §3;
SHV NÖ 1974 §4;
SHG NÖ 1974 §2 Abs1;
SHG NÖ 1974 §9 Abs1;
SHG NÖ 1974 §9 Abs2;
SHV NÖ 1974 §1;
SHV NÖ 1974 §3;
SHV NÖ 1974 §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles wird auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom 4. März 1991, Zl. 90/19/0238, verwiesen, mit dem der (damals vom Beschwerdeführer angefochtene) Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 22. November 1989 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 14. Juli 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG teilweise Folge und sprach aus, daß dem Beschwerdeführer gemäß § 9 NÖ SHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. a der Verordnung über Sozialhilfen (SHV) in der jeweils geltenden Fassung in näher angeführten Zeiträumen ab 1. Februar 1987 aus dem Titel "Hilfe zum Lebensunterhalt" monatliche Geldleistungen und zusätzlich (nach § 2 der genannten Verordnung) in näher angeführten Monaten Sonderzahlungen in der Höhe des jeweiligen Richtsatzes gewährt werden.

In der Bescheidbegründung wird (soweit dies für die Behandlung der vorliegenden Beschwerde von Bedeutung ist) zunächst ausgeführt, es gehe aus der Niederschrift vom 7. Juni 1991, die von der erstinstanzlichen Behörde mit den Eltern des Beschwerdeführers aufgenommen worden sei, hervor, daß der Beschwerdeführer zwar im Hause seiner Eltern ein Zimmer bewohne, er jedoch von ihnen keinerlei Sachleistungen wie Lebensmittel, Waschpulver etc. erhalte. Da jedoch dieser Raum über keine eigene Stromversorgung sowie Heizung verfüge, werde der Elektrizitätsverbrauch des Beschwerdeführers auf den gemeinsamen Hausstromzähler aufgerechnet und benütze er auch die Zentralheizung. Eine gesonderte Verrechnung dafür erfolge nicht. Daraufhin sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. Juli 1991 mitgeteilt worden, daß nach Auffassung der belangten Behörde "eine satzlose Überlassung eines Wohnraumes mit Heizung und Beleuchtung" vorliege und ihm daher gemäß § 9 NÖ SHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. a SHV "Hilfe zum Lebensunterhalt" nach dem Richtsatz für "Alleinstehende", vermindert um den - für den jeweiligen Zeitraum gültigen - Sachbezugswert für "Beleuchtung und Heizung" in voller Höhe gewährt werden würde. Dazu habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme angeführt, er müsse seiner Ansicht nach den Richtsatz für "Alleinstehende" in voller Höhe (ohne Verminderung um den Sachbezugswert für Beleuchtung und Heizung) sowie Mietbeihilfe, Raumheizungszuschuß und Sonderbedarfsbeihilfe erhalten. Da die Zentralheizung nicht immer in Betrieb sei, habe er (im Jahre 1989) ein eigenes Heizgerät (um S 299,--) kaufen müssen, das mittlerweile bereits kaputt sei und durch ein entsprechendes neues ersetzt werden müsse.(Der Beschwerdeführer begehrte demnach in dieser Stellungnahme Sonderbedarfsbeihilfe für das im Jahre 1989 gekaufte sowie das nunmehr erforderliche Heizgerät).

Bei Beurteilung dieses Sachverhaltes gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, daß dem Beschwerdeführer zwar "Hilfe zum Lebensunterhalt" in der Höhe des Richtsatzes für "Alleinstehende", nicht aber Mietbeihilfe, Raumheizungszuschuß und Sonderbedarfsbeihilfe zugesprochen werden könne; dies aus folgenden Gründen: Einen Anspruch auf Mietbeihilfe nach § 3 SHV habe der Beschwerdeführer deshalb nicht, weil diese Beihilfe in der Höhe des tatsächlichen Aufwandes für eine Wohnung, die den notwendigen Wohnbedarf nicht übersteige, zu gewähren sei, der Beschwerdeführer aber nach den Aussagen seiner Eltern keine Miete zahle. Die Gewährung eines Raumheizungszuschusses nach § 4 SHV stehe nur unter der Voraussetzung des § 9 Abs. 1 NÖ SHG zu, daß nämlich der Hilfesuchende die Leistung nicht von anderen Personen erhalte, weil Sozialhilfe stets subsidiär sei. Der Beschwerdeführer verfüge jedoch über keinen eigenen Stromzähler (in seinem Zimmer) und es werde die Rechnung für Strom (Heizung, Beleuchtung ...) von seinen Eltern beglichen. Seine Eltern hätten in der obgenannten Niederschrift erklärt, daß sie für die Heizung und Beleuchtung des Zimmers des Beschwerdeführers zur Gänze aufkämen. Es werde jedoch der Einwand des Beschwerdeführers, daß er (im Jahre 1989) ein eigenes Heizgerät habe kaufen müssen, insoweit berücksichtigt, als die belangte Behörde von der Verminderung des ihm zustehenden Richtsatzes um den Sachbezugswert für "Beleuchtung" absehe. Für die Anschaffung eines neues Heizgerätes könne dem Beschwerdeführer die erstinstanzliche Behörde unter der Voraussetzung, daß er einen Kostenvoranschlag vorlege, eine Sonderbedarfsbeihilfe gewähren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich der Beschwerdeführer in dem ihm gemäß den §§ 3 und 4 SHV zustehenden Rechten auf Gewährung einer Mietbeihilfe und eines Raumheizungszuschusses verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 3 SHV ist u.a. Alleinstehenden, welche Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 1 beziehen, eine Mietbeihilfe in der Höhe des tatsächlichen Aufwandes für eine Wohnung, die den notwendigen Wohnbedarf nicht übersteigt, zu gewähren.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers stehe ihm ein Anspruch auf Mietbeihilfe zu. Seine Eltern hätten nämlich in einer früheren niederschriftlichen Vernehmung vom 30. Jänner 1987 angegeben, sie hätten ihren Sohn, den Beschwerdeführer, bisher immer in ihrem Haus wohnen lassen, weil sie ihn nicht aus dem Haus werfen könnten. In Zukunft müßten sie sich jedoch gerichtliche Schritte überlegen, da sie ihm nicht weiterhin die Wohnung kostenlos überlassen könnten. Die belangte Behörde habe es verabsäumt zu prüfen, ob die Eltern tatsächlich eine Delogierung beabsichtigten und ob eine Mietzahlung an sie, die durch eine Mietbeihilfe ermöglicht würde, eine solche Delogierung verhindern könnte. Bei Prüfung dieser Frage hätte die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid gelangen können.

Dieses Vorbringen ist - bei der gebotenen Beurteilung im Rahmen des insofern auf eine Verletzung des § 3 SHV beschränkten Beschwerdepunktes - nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Denn der Anspruch auf Mietbeihilfe nach dieser Bestimmung setzt voraus, daß derjenige, der Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 1 SHV bezieht, einen tatsächlichen Wohnungsaufwand hat. Wird dieser Teilbereich des notwendigen Lebensunterhaltes im Sinne des § 9 NÖ SHG aber, wie unbestritten im Beschwerdefall, tatsächlich von den Eltern des Betroffenen ohne eine Gegenleistung von seiner Seite abgedeckt, so schließt dies - dem in den §§ 2 Abs. 1 und 9 Abs. 1 letzter Halbsatz NÖ SHG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität von Sozialhilfeleistungen entsprechend - einen Anspruch auf Mietbeihilfe nach § 3 SHV aus (vgl. dazu das ebenfalls den Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis vom 4. Oktober 1988, Zl. 88/11/0004).

Unabhängig davon wäre sein Beschwerdevorbringen aber auch nicht geeignet, einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen anderer Art unter dem Gesichtspunkt vorbeugender Sozialhilfe in Ansehung des Unterkunfsbedarfes nach § 4 Abs. 1 NÖ SHG zu begründen; dies (unabhängig davon, ob bei erwiesener "Delogierungsabsicht" der Eltern unter Bedachtnahme auf § 3 NÖ SHG ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen zur Abwendung der "Delogierungsgefahr" bestünde) schon deshalb nicht, weil der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, daß die von den Eltern in der Niederschrift vom 30. Jänner 1987 geäußerten künftigen Überlegungen sich bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides auch durch nach außen zutage tretende Handlungen oder Maßnahmen zu einer solchen (konkreten) "Delogierungsabsicht" verdichtet hätten, die (allenfalls und unter Bedachtnahme auf die gesamten Umstände) eine drohende Notlage in bezug auf den Unterkunftsbedarf begründete.

2. Gemäß § 4 SHV ist u.a. Alleinstehenden, welche Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 1 beziehen, für die Monate November bis März jeden Jahres Brennmaterial (Geld- oder Sachleistung) bis zu einem näher genannten Betrag pro Monat zu gewähren. Der Raumheizungszuschuß kann auch auf einmal und im vorhinein gewährt werden.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers gebühre ihm der Raumheizungszuschuß nach dieser Bestimmung zunächst deshalb, weil er in seiner Stellungnahme vorgebracht habe, die Zentralheizung sei (vor allem auch in der kalten Jahreszeit) nicht immer im Betrieb und er müsse in dieser Zeit für die Raumheizung selbst aufkommen, weil es unzumutbar sei, ein ungeheiztes Zimmer zu bewohnen. Deshalb sei auch der Ankauf eines Heizgerätes erforderlich gewesen und sei weiterhin erforderlich. Auch habe es die belangte Behörde verabsäumt zu prüfen, inwieweit die Leistungen seiner Eltern (nämlich Ermöglichung einer kostenlosen Mitbenützung des Stromzählers und der Zentralheizung durch den Beschwerdeführer) freiwillig oder unfreiwillig aus baulichen Gründen, die jederzeit geändert werden könnten, erfolgten.

Auch diese Einwände vermögen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Denn, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend ausführt, gilt ebenso wie für den Anspruch auf Mietbeihilfe nach § 3 SHV auch für jenen auf Raumheizungszuschuß nach § 4 SHV das schon genannte Prinzip der Subsidiarität von Sozialhilfeleistungen. Das heißt, daß ein solcher Anspruch nicht besteht, wenn die tatsächlichen Kosten der Beheizung von dritten Personen ohne Gegenleistung dessen, der Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 1 SHV bezieht, getragen werden. Im Beschwerdefall kommen die Eltern des Beschwerdeführers dadurch, daß sie die gesamten Stromkosten ohne Gegenleistung des Beschwerdeführers tragen, für alle laufenden Kosten der Beheizung des Zimmers, in dem der Beschwerdeführer wohnt, auf, und zwar nicht nur der Zentralheizung, sondern, was der Beschwerdeführer übersieht, auch des von ihm angeschafften elektrischen Heizgerätes. Darauf, ob die Eltern diesen Aufwand freiwillig oder unfreiwillig aus jederzeit abänderbaren baulichen Gründen tragen, kommt es - unter dem allein maßgeblichen Gesichtspunkt des tatsächlich dem Beschwerdeführer erwachsenden Aufwandes - nicht an. Einen Anspruch auf Raumheizungszuschuß nach § 4 SHV vermochte aber auch nicht der Umstand zu begründen, daß der Beschwerdeführer nach seiner Behauptung im Jahre 1989 zum Zwecke der zusätzlichen Beheizung des von ihm bewohnten Raumes um S 299,-- ein elektrisches Heizgerät angeschafft hat und nunmehr eines neuen Gerätes bedarf. Denn der Raumheizungszuschuß dient nur zur (zeitmäßig und betraglich beschränkten) Abdeckung des Aufwandes für "Brennmaterial"; ein elektrisches Heizgerät stellt aber kein "Brennmaterial" im Sinne des § 4 SHV dar. Durch die Nichtgewährung von Sozialhilfeleistungen für diesen (erbrachten und künftigen) Aufwand des Beschwerdeführers ist er daher in dem von ihm geltend gemachten Recht auf Gewährung eines Raumheizungszuschusses nach § 4 SHV nicht verletzt.

Unabhängig von dem insofern beschränkten Überprüfungsrahmen ist es aber auch nicht als rechtswidrig zu erachten, wenn die belangte Behörde den Anspruch des Beschwerdeführers auf Sonderbedarfsbeihilfe nach § 6 SHV für den Ankauf eines elektrischen Heizgerätes im Jahre 1989 um S 299,-- (im Hinblick auf die Gewährung des jeweils vollen Richtsatzes für Alleinstehende nach § 1 Abs. 1 lit. a SHV ohne Abzug des Sachbezugswertes für "Beheizung" trotz kostenloser Deckung dieses Teilbereiches des notwendigen Lebensunterhaltes durch die Eltern des Beschwerdeführers ab dem 1. Jänner 1987) verneint hat und ihn hinsichtlich einer solchen Beihilfe für die beabsichtigte Erwerbung eines neuen Heizgerätes auf die Möglichkeit eines entsprechend belegten Antrages an die erstinstanzliche Behörde verwiesen hat.

Was schließlich die Rügen des Beschwerdeführers in der von ihm selbst verfaßten Beschwerde hinsichtlich angeblich nicht gewährter Bekleidungsbeihilfe und Abdeckung seines Schuhbedarfes in den Jahren 1985 bis 1987 betrifft, ist er (abgesehen davon, daß er dadurch nicht in dem von seinem Rechtsvertreter bezeichneten Beschwerdepunkt verletzt sein kann) einerseits darauf zu verweisen, daß es im Beschwerdefall nur um Sozialhilfeleistungen ab 1. Jänner 1987 geht; andererseits übersieht er, daß der Bekleidungsbedarf grundsätzlich durch die ihm ohnedies unter dem Titel "Sonderzahlungen" gewährte Bekleidungsbeihilfe nach § 2 Abs. 1 SHV abzudecken ist. Daß er im maßgeblichen Zeitraum einen darüberhinausgehenden notwendigen Bedarf an Kleidung gehabt hätte, hat er nicht behauptet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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