Normen
StVO 1960 §2 Abs1 Z10;
StVO 1960 §8 Abs4;
VStG §44a lita;
StVO 1960 §2 Abs1 Z10;
StVO 1960 §8 Abs4;
VStG §44a lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 29. September 1989 um 11.43 Uhr in Wien 1, Börseplatz gegenüber ON 4, mit einem Kraftfahrzeug auf dem dort befindlichen Gehsteig gehalten, diesen somit vorschriftswidrig benützt. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 4 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO ist unter Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße zu verstehen. Die Bestimmung eines Teiles der Straße für den Fußgängerverkehr richtet sich ausschließlich nach den äußeren Merkmalen, die für jedermann deutlich erkennbar sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0108).
Beim gegenständlichen Delikt nach § 8 Abs. 4 StVO ist eine besonders genaue Tatortumschreibung erforderlich, weil nur dann, wenn der Tatort genau festgelegt ist, auch beurteilt werden kann, ob an diesem Ort auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 10 StVO gegeben sind und damit das Tatbild des § 8 Abs. 4 StVO erfüllt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1985, Zl. 85/18/0206).
Diesen Anforderungen genügt die Tatortumschreibung "Börseplatz gegenüber ON 4" nicht, weil sie mehrere Auslegungsmöglichkeiten zuläßt: An der gerichtsbekannten Örtlichkeit befindet sich "gegenüber" dem Haus Börseplatz 4 jenseits der (Haupt)Fahrbahn eine mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Grünfläche, sodann eine durch die Grünfläche abgetrennte (Neben)Fahrbahn, sodann ein auch vom Beschwerdeführer als solcher bezeichneter Gehsteig, sodann ein Park. Wie auch einem im Verwaltungsakt befindlichen Schreiben der Magistratsabteilung 28 samt Skizze zu entnehmen ist, ist die erwähnte Grünfläche ringsherum mit einem etwa 0,8 m breiten befestigten Streifen umgeben, welcher mit einem 0,10 bis 0,15 m hohen Randstein zur Fahrbahn hin abgegrenzt ist. Lediglich an der parkseitigen Längsseite ist der Randstein auf etwa 20 m Länge durch eine kleine Rampe abgeschrägt und bietet durch das Rückspringen der Grünfläche Parkmöglichkeiten mit einer Breite von rund 1,8 m.
Nach der Tatortumschreibung im Spruch des angefochtenen Bescheides könnte der Pkw des Beschwerdeführers nun an einer der vier Seiten der befestigten Umrandung des Grünstreifens - parkseits entweder im Bereich der Randsteinabschrägung oder außerhalb dieses Bereichs - oder auch auf dem unmittelbar neben dem Park befindlichen (in seiner rechtlichen Qualifikation unbestrittenen) Gehsteig abgestellt worden sein. Angesichts dieser Variantenvielfalt wird der Beschwerdeführer durch die vorgenommenen Tatortumschreibung im Sinne der Rechtsprechung zu § 44a lit. a VStG (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. 11.894/A) in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, daß die in Rede stehenden Flächen rechtlich unterschiedlich zu qualifizieren sind.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid somit wegen mangelhafter Umschreibung des Tatortes mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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