Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.445,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. April 1982 wurde der Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 4 StVO 1960 schuldig erkannt, weil er am 23. März 1981 um 9.40 Uhr in Linz, Linzer Straße, etwa 30 Meter vor dem Haus Nr. 1 einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw zur Gänze auf dem Gehsteig abgestellt habe; hiefür wurde über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von S 300,--
(Ersatzarreststrafe 24 Stunden) verhängt.
Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die Oö Landesregierung mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 24 VStG 1950 teilweise Folge und sprach eine Ermahnung gemäß § 21 VStG 1950 aus. Gleichzeitig wurde gemäß § 66 Abs. 1 VStG 1950 der Entfall der Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge ausgesprochen.
Zur Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf die Begründung des Straferkenntnisses der Erstbehörde, welche die Ansicht vertreten hatte, im gegenständlichen Fall seien die im Gesetz geforderten Merkmale eines Gehsteiges erfüllt. Die belangte Behörde führte sodann weiter aus, sie habe das Ermittlungsverfahren ergänzt und ein Gutachten darüber eingeholt, ob der gegenständliche Bereich der Straße als Gehsteig im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO 1960 anzusehen sei. Der technische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten vom 13. September 1982 ausgeführt, der in Rede stehende Grundstreifen östlich der Fahrbahn der Linzer Straße werde von dieser durch eine Leistensteinreihe baulich getrennt und die Benützungsspuren (abgetretene Rasenfläche) entlang dieses Gehsteiges zeigten, daß dieser Streifen durchaus seiner vorgesehenen Bestimmung entsprechend benützt werde. Zur Bestimmung des Tatortes wies die belangte Behörde darauf daß in der Anzeige hiezu "Linz, Linzer Straße, etwa 30 m vor dem Haus Nr. 1" angegeben worden sei. Diese Festlegung des Tatortes sei im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 zur Konkretisierung bzw. Individualisierung des Tatortbereiches ausreichend. Es werde auf Grund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 2. April 1981, den beigebrachten Lichtbildern vom Tatort, der Zeugenaussage des Rev. Insp. A. vom 7. Oktober 1981 und dem schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten vom 13. September 1982 als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Tat begangen habe. Die Aufnahme weiterer Beweise sei entbehrlich, da sich die Berufungsbehörde ein klares Bild über die maßgeblichen Sachverhaltselemente habe machen können. Im Hinblick darauf, daß der Gehsteig nicht in gleicher Weise wie die Fahrbahn "ausgebildet" sei, sei das Verschulden des Beschwerdeführers aber als geringfügig anzusehen und die Folgen der Übertretung unbedeutend. Es habe daher eine Ermahnung gemäß § 21 VStG 1950 ausgesprochen werden können.
Der Ausspruch einer Ermahnung sei aber erforderlich, um den Bestraften von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, von der Behörde erster Instanz sei der Tatbestand (gemeint offensichtlich: der Tatort) nicht genau umschrieben worden, weil von ihr ausgeführt worden sei, er habe am 23. März 1981 um 9.40 Uhr in Linz, "Linzer Straße, etwa 30 Meter vor dem Haus Nr. 1 seinen Pkw zur Gänze auf dem Gehsteig abgestellt gehabt; es könne dieser Beschreibung aber nicht entnommen werden, ob die Behörde angenommen habe, daß der Pkw auf dem rechten oder linken Gehsteig abgestellt gewesen ist.
Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und zur Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind.
Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung. Die Umschreibung der im Spruch eines Straferkenntnisses als erwiesen angenommenen Tat kann hinsichtlich der einzelnen Sachverhaltselemente (Ort der Begehung) auch nicht durch die Begründung des (Berufungs-)bescheides ergänzt werden (vgl. z. B. hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1958, Slg. Nr. 4549/A).
Das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Zl. 82/03/0265, hat sich unter anderem grundsätzlich mit der Bedeutung der Tatortumschreibung in einem Straferkenntnis auseinandergesetzt. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und daß 2. die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den Punkt 2 anlangt (unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat), so muß a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und
b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Diesen Erfordernissen hat die belangte Behörde, die den Spruch des Straferkenntnisses der Verwaltungsbehörde erster Instanz vollinhaltlich übernommen hat, wodurch jener Bestandteil des Spruches des angefochtenen Bescheides geworden ist, nicht ausreichend entsprochen. Wie der Beschwerdeführer zutreffend hervorhebt, ist der von der belangten Behörde gewählten Umschreibung des Tatortes nicht zu entnehmen, auf welcher Seite der Linzer Straße der Beschwerdeführer seinen Pkw auf dem Gehsteig abgestellt haben soll. Es ist dieser Tatortumschreibung aber auch nicht zu entnehmen, aus welcher Fahrtrichtung kommend der Tatort 30 Meter vor dem Haus Nr. 1 liegen soll. Die Tatortumschreibung im angefochtenen Bescheid läßt somit, auch wenn man das Wort "vor" im Sinne "auf der Fahrbahnseite des Hauses Nr. 1" verstehen wollte, zumindest zwei verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zu.
Es ist nun zwar richtig, daß sich der Grad der erforderlichen Genauigkeit der Tatortumschreibung im Hinblick auf den oben dargestellten Zweck derselben nach der Art der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung richtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013). Bei dem gegenständlichen Delikt nach § 8 Abs. 4 StVO 1960 ist es aber unbedingt erforderlich, den Tatort besonders genau zu umschreiben, weil die Qualifikation einer Fläche als Gehsteig gemäß § 2 Z. 10 StVO 1960 wesentlich einerseits von der Widmung und andererseits von der baulichen Gestaltung der Örtlichkeit abhängt und daher nur dann, wenn der Tatort genau festgelegt ist, auch beurteilt werden kann, ob an diesem Ort auch die Voraussetzungen des § 2 Z. 10 leg. cit. gegeben sind und damit das Tatbild des § 8 Abs. 4 leg. cit. erfüllt ist.
Da die belangte Behörde somit schon wegen der mangelhaften Umschreibung des Tatortes den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil wegen des Fehlens der Voraussetzungen des § 29 VwGG der Beschwerdeschriftsatz nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.
Wien, am 3. Mai 1985
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