Normen
ASVG §500;
ASVG §502 Abs1;
ASVG §502 Abs4;
ASVG §502 Abs5 idF 1986/111;
ASVG §502 Abs5;
ASVGNov 41te;
VwGG §13 Abs1 Z1;
ASVG §500;
ASVG §502 Abs1;
ASVG §502 Abs4;
ASVG §502 Abs5 idF 1986/111;
ASVG §502 Abs5;
ASVGNov 41te;
VwGG §13 Abs1 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 20. März 1989 sprach die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten aus, daß für die am 15. Mai 1921 geborene Beschwerdeführerin die Zeiten vom 16. November 1938 bis 31. Dezember 1940, vom 1. Oktober 1941 bis 31. Dezember 1941, vom 1. Juli 1942 bis 5. Juli 1942 und vom 1. September 1942 bis 9. Mai 1945 gemäß § 502 Abs. 1 ASVG als Pflichtbeitragszeiten mit der höchstzulässigen Beitragsgrundlage beitragsfrei anerkannt würden. Eine weiterreichende Begünstigung für die Zeiten vom 4. März 1933 bis 15. November 1938, vom 1. Jänner 1941 bis 30. September 1941, vom 1. Jänner 1942 bis 30. Juni 1942, vom 6. Juli 1942 bis 31. August 1942 und vom 10. Mai 1945 bis 31. März 1959 werde abgelehnt. Begründet wurde die Entscheidung damit, daß die Beschwerdeführerin, die in der Zeit seit dem 1. Juli 1927 Vorversicherungszeiten zurückgelegt habe, in den im ersten Satz des Spruches genannten Zeiten im Inland arbeitslos bzw. (in der Zeit vom 9. Oktober 1942 bis 9. Mai 1945) inhaftiert gewesen sei. Hinsichtich der im zweiten Satz des Spruches genannten Zeiten lägen die Voraussetzungen für eine Begünstigung nicht vor.
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin insoweit Einspruch, als mit ihm ihre Begünstigung wegen Auswanderung für die Zeit vom 10. Mai 1945 bis 31. März 1959 abgelehnt wurde.
2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den bekämpften Bescheid "auf Grund von § 502 Abs. 5 ASVG".
2.2. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei nach der Aktenlage in der Zeit vom 9. Oktober 1942 bis 9. Mai 1945 aus Gründen der Abstammung im Konzentrationslager Theresienstadt inhaftiert gewesen, habe sich danach (nach ihrer Befreiung aus dem Konzentrationslager am 9. Mai 1945) bis November 1945 im Auffanglager Deggendorf in Bayern aufgehalten und sei in der Folge - ohne wieder nach Österreich zurückzukehren - im Dezember 1946 in die USA ausgewandert. Dieser Sachverhalt werde - nach Zitierung des § 502 Abs. 4 und 5 ASVG - in rechtlicher Hinsicht wie folgt beurteilt: Die Anwendung des § 502 Abs. 5 ASVG setze voraus, daß der Begünstigungswerber seine Absicht, aus den Gründen des § 500 ASVG auszuwandern, bis zum 9. Mai 1945 aus Gründen, auf die er keinen Einfluß gehabt habe, nicht habe verwirklichen können, sich jedoch nach dem 9. Mai 1945 in Österreich aufgehalten habe und danach bis zum 31. Dezember 1949 ausgewandert sei. Eine Auswanderung im Sinne der Begünstigungsbestimmungen des ASVG liege nämlich nur dann vor, wenn eine Person ihren ständigen Wohnsitz von Österreich in das Ausland verlegt habe. Im Beschwerdefall sei unbestritten, daß die Beschwerdeführerin nach ihrer Befreiung aus dem Konzentrationslager Theresienstadt und nach der Entlassung aus dem Lager Deggendorf nicht mehr nach Österreich zurückgekehrt, sondern im Dezember 1946 von Deutschland in die USA ausgewandert sei. Sie habe sich somit nach dem 9. Mai 1945 nicht mehr in Österreich aufgehalten. Im Beschwerdefall liege aber - so fährt die belangte Behörde unter erkennbarem Bezug auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1979, Zl. 2448/76, fort - auch keine verhinderte Rückkehr nach Österreich vor, weil die Beschwerdeführerin erst am 9. Mai 1945 aus dem Konzentrationslager Theresienstadt entlassen worden sei, sohin zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Rückkehr nach Österreich ohne Gefahr einer nationalsozialistischen Verfolgung möglich gewesen wäre. Somit sei § 502 Abs. 5 ASVG im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Beschwerdeführerin im Dezember 1946 nicht vom Gebiet der Republik Österreich aus emigriert sei.
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach deren umfangreichen Ausführungen sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt erachtet, für die Zeit ihrer Auswanderung vom 10. Mai 1945 bis 31. März 1959 gemäß § 502 Abs. 4 bzw. Abs. 5 ASVG begünstigt zu werden.
3.2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
4.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. Da die belangte Behörde mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides den Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten im angefochtenen Umfang (nämlich hinsichtlich der Ablehnung einer weiteren Begünstigung für die Zeit vom 10. Mai 1945 bis 31. März 1959) bestätigt und damit diesen Ausspruch übernommen hat, ist im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte nicht nur die Rechtmäßigkeit der Auffassung der belangten Behörde, es liege kein Anwendungsfall des § 502 Abs. 5 ASVG vor, zu prüfen, sondern - für den Fall der Richtigkeit dieser Auffassung - auch, ob nicht ein Begünstigungsfall des § 502 Abs. 4 leg. cit. gegeben ist.
4.2. Gemäß § 502 Abs. 4 ASVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 44. Novelle, BGBl. Nr. 609/1987, können Personen, die in der im § 500 angeführten Zeit (das ist vom 4. März 1933 bis 9. Mai 1945) aus einem der dort angeführten Gründe ausgewandert sind und die vorher in der Zeit seit dem 1. Juli 1927 Beitragszeiten gemäß § 226 oder Ersatzzeiten gemäß § 228 oder 229 oder Zeiten nach dem Auslandsrenten-Übernahmegesetz zurückgelegt haben, für die Zeiten der Auswanderung, längstens aber für die Zeit bis 31. März 1959, Beiträge nachentrichten. Nach § 502 Abs. 5 ASVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 41. Novelle, BGBl. Nr. 111/1986, gilt Abs. 4 entsprechend auch für Personen, die sich nach dem 9. Mai 1945 in Österreich aufgehalten haben und danach ausgewandert sind, sofern diese Auswanderung aus Gründen, auf die der (die) Betreffende keinen Einfluß hatte, nicht früher möglich war und sie nicht später als am 31. Dezember 1949 erfolgt ist.
4.3.1. Nach dem insofern eindeutigen Wortlaut des § 502 Abs. 5 ASVG scheidet im Beschwerdefall - in Übereinstimmung mit der Auffassung der belangten Behörde und der Mitbeteiligten - eine Begünstigung der Beschwerdeführerin nach dieser Bestimmung schon deshalb aus, weil sich die Beschwerdeführerin unbestritten nach dem 9. Mai 1945 nicht in Österreich aufgehalten und "danach" (d.h. nach dem Aufenthalt in Österreich) ausgewandert ist.
4.3.2. Der von der Beschwerdeführerin vertretenen berichtigenden Auslegung dieser Bestimmung auf Fälle wie den vorliegenden, in denen diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, steht nicht nur der schon genannte Wortlaut der Bestimmung, sondern auch der im Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0101, ausführlich dargestellte Zweck der Schaffung dieser Norm durch die 32. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 704/1976, und ihrer Erweiterung durch die 41. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 111/1986, entgegen; dies in zweifacher Hinsicht: Erstens erweisen die im zitierten Erkenntnis näher angeführten Gesetzesmaterialien, daß es dem Gesetzgeber eben gerade um die Ermöglichung einer Begünstigung für Personen gegangen ist, die erstmalig oder neuerlich nach dem 9. Mai 1945 von Östereich aus ausgewandert sind; andererseits läßt sich zweitens aus dem in den Materialien formulierten Zweck dieser "Ausnahmebestimmung (von dem im § 500 ASVG umschriebenen Zeitraum)" (vgl. Erkenntnis vom 30. April 1982, Zl. 82/08/0037) aus nachstehenden Gründen erschließen, daß es in Fällen, wie dem vorliegenden, - im Einklang mit dem Wortlaut des § 502 Abs. 4 ASVG - für eine Begünstigung wegen Auswanderung gar nicht dieser Ausnahmebestimmung bedarf, vielmehr ohnedies eine Auswanderung "bis 9. Mai 1945" im Sinne des § 502 Abs. 4 in Verbindung mit § 500 ASVG vorliegt:
4.4.1. Nach den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur 32. ASVG-Novelle (181 BlgNR XIV. GP , Seite 78) sollte mit der Einfügung des § 502 Abs. 5 ASVG vor allem eine Benachteiligung jener Personen beseitigt werden, die nach ihrer Befreiung aus den Konzentrationslagern nach Österreich zurückkehrten, um hier bis zur endgültigen Auswanderung in das Bestimmungsland ihren Aufenthalt zu nehmen.
4.4.2. Die angesprochene Benachteiligung dieser (aus den Gründen der Abstammung geschädigten) Personen resultierte daraus, daß jedenfalls ihre Begünstigung wegen Auswanderung für die Zeit der nach dem 9. Mai 1945 von Österreich aus vorgenommenen Auswanderung abgelehnt wurde. Denn unter Auswanderung aus den Gründen der Abstammung im Sinne dieser Bestimmung wurde (und wird weiterhin) die in der Zeit vom 13. März 1938 bis 9. Mai 1945 vorgenommene (vgl. die Erkenntnisse vom 13. November 1986, Zl. 83/08/0165, und vom 10. Juni 1987, Zl. 86/08/0064, mit weiteren Judikaturhinweisen) freiwillige Verlegung des ständigen Wohnsitzes (vgl. zu diesem Begriff zuletzt mit ausführlichen Judikaturhinweisen das Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0173) von dem am 13. März 1938 okkupierten Staatsgebiet der Republik Österreich aus (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 10. Juni 1987, Zl. 86/08/0064, mit weiteren Judikaturhinweisen) in das Ausland (das ist in ein Gebiet, in dem der Aufnahme einer Beschäftigung keine Hindernisse aus den Gründen des § 500 ASVG entgegenstanden: vgl. Erkenntnis vom 4. Juli 1985, Zl. 82/08/0024, mit weiteren Judikaturhinweisen) verstanden (vgl. aus der Zeit vor der 32. ASVG-Novelle unter anderem das Erkenntnis vom 10. Mai 1972, Zl. 1966/71; aus der Zeit nach dieser Novelle u.a. die eben zitierten Erkenntnisse). Nun schließt nach dieser Judikatur zwar nicht der Zwang der Umstände, der zur Wohnsitzverlegung der betroffenen Person in das Ausland führte (nämlich die Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Abstammung) die geforderte Freiwilligkeit aus, wohl aber die Zwangsverbringung in ein Konzentrationslager (vgl. das eben zitierten Erkenntnis vom 10. Mai 1972, Zl. 1966/71). Unabhängig davon, ob eine in ein (nicht im okkupierten Gebiet der Republik Österreich gelegenes) Konzentrationslager verbrachte Person, die nach ihrer Befreiung wieder nach Österreich zurückkehrte, für die Zeit von der Befreiung bis zur Rückkehr wegen Auswanderung begünstigt werden konnte (dagegen - nach dem Erkenntnis vom 18. Mai 1979, Zl. 2448/76 - schon der in solchen Fällen vermutete mangelnde Auswanderungswille), stand jedenfalls - nach dem Erkenntnis vom 10. Mai 1972, Zl. 1966/71 - ihrer Begünstigung für die Zeit ihrer nach dem 9. Mai 1945 von Österreich aus vorgenommenen Auswanderung der Umstand entgegen, daß durch die Rückkehr nach Österreich nach dem 9. Mai 1945 die Voraussetzungen für die Erfüllung des Begriffes "Auswanderung" weggefallen seien, wobei es auf die Ursachen oder Motive für die Rückkehr nach Österreich nicht anzukommen habe, ebensowenig darauf, ob in Österreich wieder ein Wohnsitz begründet worden sei.
4.4.3. Kehrte - so wie im Beschwerdefall - eine in ein Konzentrationslager verbrachte Person aber nach ihrer (bis einschließlich 9. Mai 1945 erfolgten) Befreiung aus dem Konzentrationslager nicht nach Österreich zurück, sondern wanderte sie sogleich oder nach einem Zwischenaufenthalt im ehemaligen Deutschen Reich (die keine Wohnsitzbegründung im obgenannten Sinn darstellte) - wenn auch erst nach dem 9. Mai 1945 - in das Ausland aus, so muß schon im Gegenschluß zum Anliegen des Gesetzgebers der 32. ASVG-Novelle - im Einklang mit dem Wortlaut des § 502 Abs. 4 ASVG - gefolgert werden, daß in diesem Fall eine Auswanderung der betroffenen Person (deren Auswanderungswille sich in der nicht erfolgten Rückkehr nach Österreich manifestiert) ab dem Tag der Befreiung aus dem Konzentrationslager im Sinne des § 502 Abs. 4 ASVG vorliegt; und zwar, wie sich (schon) aus der Wahl des Endzeitpunktes der Begünstigungsfähigkeit nach § 502 Abs. 4 in Verbindung mit § 500 ASVG am 9. Mai 1945 einerseits und der Wendung "nach dem 9. Mai 1945 " in § 502 Abs. 5 ASVG andererseits klar ergibt, auch dann, wenn in solchen Fällen die Befreiung aus dem Konzentrationslager erst am 9. Mai 1945 erfolgte.
4.4.4. Diese Auffassung steht zwar nicht mit dem entscheidenden Rechtsatz des (im Verwaltungsverfahren und in den Beschwerdeschriften wiederholt zitierten) Erkenntnisses vom 18. Mai 1979, Zl. 2448/76, wohl aber mit anderen Begründungselementen dieses Erkenntnisses im Widerspruch. Damals war ein Fall zu beurteilen, in dem der Betroffene nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Buchenwald am 11. April 1945 nicht nach Österreich zurückkehrte, sondern nach einem Aufenthalt in einem Lazarett erst im Juni 1945 nach Belgien ausreiste. Der Gerichtshof löste das gestellte Problem mit der in anderem Zusammenhang (nämlich der Nichtrückkehr vorübergehend im Ausland befindlicher Personen zufolge der Okkupation Österreichs am 13. März 1938: vgl. das Erkenntnis vom 10. Juni 1987, Zl. 86/08/0064, mit weiteren Judikaturhinweisen) verwendeten Rechtsfigur der "verhinderten Rückkehr" in dem Sinn, daß der damalige Beschwerdeführer "nach seiner Befreiung aus dem KZ Buchenwald, also zwischen dem 11. April 1945 und dem 9. Mai 1945, aus Gründen nicht nach Österreich zurückgekehrt ist, aus denen eine Auswanderung nach § 502 Abs. 4 ASVG zu begünstigen wäre" und er daher für die Zeit vom 10. Mai 1945 bis 31. März 1959 (für die Zeit bis einschließlich 9. Mai 1945 war er schon aus Gründen des § 502 Abs. 1 ASVG rechtskräftig begünstigt worden) zu begünstigen sei. Mit diesem maßgeblichen (vom Gerichtshof aufrechterhaltenen) Gesichtspunkt, nämlich der "verhinderten Rückkehr" zwischen dem 11. April 1945 und dem 9. Mai 1945 (im obigen Sinn: unter Einschluß dieses Tages) steht allerdings (zumindest) der Begründungsteil im Widerspruch, in dem der Gerichtshof den entscheidenden Unterschied zum Erkenntnis vom 10. Mai 1972, Zl. 1966/71, darin erblickte, daß die damalige Begünstigungswerberin erst am 9. Mai 1945 aus dem Konzentrationslager befreit wurde, statt ihn - im Sinne der obigen Darlegungen - darin zu sehen, daß sie nach dem 9. Mai 1945 nach Österreich zurückkehrte und erst von hier aus die endgültige Ausreise ins Ausland vornahm.
4.4.5. Einer Begünstigung der Beschwerdeführerin nach § 502 Abs. 4 ASVG steht schon mangels einer freiwilligen Wohnsitzverlegung auch nicht die Judikatur entgegen, wonach eine nicht von dem am 13. März 1938 okkupierten Staatsgebiet der Republik Österreich, sondern von einem anderen Teil des ehemaligen Deutschen Reiches aus erfolgte Auswanderung nach einer freiwilligen Verlegung in dieses nicht nach § 502 Abs. 4 ASVG zu begünstigen sei (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 19. Dezember 1985, Zl. 82/08/0023, vom 13. November 1986, Zl. 83/08/0165, und vom 10. Juni 1987, Zl. 86/08/0064).
4.4.6. Schließlich wäre es auch nicht sachgerecht, zwar den knapp vor dem Ende der Frist des § 500 ASVG aus einem Konzentrationslager befreiten, danach, vor oder nach dem Ende der Frist, nach Österreich zurückgekehrten und von hier aus sogleich in das Ausland weiterreisenden ehemaligen KZ-Häftling nach § 502 Abs. 4 oder Abs. 5 ASVG zu begünstigen, den aus den damaligen Umständen begreiflicherweise diesen Weg (aus welchen Gründen auch?) nicht wählenden, zur Auswanderung entschlossenen Betroffenen aber die Begünstigung zu versagen.
4.5.1. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes wird indirekt auch durch die spätere Entwicklung des § 502 Abs. 5 ASVG, die im schon genannten Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0101, dargestellt wird, erhärtet.
4.5.2. Der Gerichtshof hatte nämlich aus den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur 32. ASVG-Novelle abgeleitet, daß eine Person, die vor dem 9. Mai 1945 (dieses "vor" im Sinne der obigen Darlegungen zu lesen: einschließlich des 9. Mai 1945) ausgewandert, nach dem 9. Mai 1945 wieder nach Österreich zurückgekehrt und von hier aus neuerlich ausgewandert sei, nicht die Begünstigung unter Berufung auf § 502 Abs. 5 ASVG beanspruchen könne (Erkenntnis vom 8. Juni 1979, Zl. 2694/78, Slg. Nr. 9868/A). Das setze freilich voraus, daß die (bis einschließlich 9. Mai 1945 erfolgte) Auswanderung den Betroffenen endgültig aus der Gefahr der Verfolgung aus den im § 500 ASVG angeführten Gründen gebracht habe; habe aber die Verfolgung den Ausgewanderten später noch eingeholt, so sei eine (neuerliche) begünstigte Auswanderung im Sinne des § 502 Abs. 5 ASVG (also für Zeiten der Auswanderung nach dem 9. Mai 1945 neben der schon erfolgten Begünstigung für Zeiten der Auswanderung nach § 502 Abs. 4 ASVG) durchaus denkbar, wenn eben diese neuerliche Auswanderung aus Gründen, auf die der (die) Betreffende keinen Einfluß gehabt habe, erst nach dem 9. Mai 1945 möglich gewesen sei (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Jänner 1980, Zl. 3256/78, Slg. Nr. 10.023/A, und vom 24. April 1981, Zl. 08/3146/79); dies freilich unter der Voraussetzung, daß in diesen Fällen der "mißglückten Auswanderung" nicht nach dem 9. Mai 1945 in Österreich wiederum ein ständiger Wohnsitz begründet worden sei (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 30. April 1982, Zl. 82/08/0037, vom 21. April 1986, Zl. 85/08/0200, und vom 23. April 1987, Zl. 85/08/0047). Eine Auswanderung sei aber nur dann in diesem Sinne als "mißglückt" mit der (möglichen) Rechtsfolge der Begünstigung einer (neuerlichen) Auswanderung gemäß § 502 Abs. 5 anzusehen, wenn eine Person, die ihren ständigen Wohnsitz in das Ausland verlegt habe, dort von der Verfolgung durch den NS-Staat eingeholt worden sei; demgemäß komme dem Umstand, daß eine Person zunächst in die UdSSR geflohen, dort bei Ausbruch des Krieges zwischen dem Deutschen Reich und der UdSSR durch deren Organe interniert und dadurch an der Weiterreise zum beabsichtigten Auswanderungsziel gehindert worden sei, für die Qualifizierung der Flucht als "mißglückte Auswanderung" im Sinne des § 502 Abs. 4 ASVG keine Bedeutung zu (vgl. das Erkenntnis vom 27. März 1981, Zl. 87/80 unter Hinweis unter anderem auf die Erkenntnisse vom 24. November 1971, Zl. 1582/71, und vom 9. Oktober 1975, Zl. 532/75).
4.5.3. Wie sich aus den im Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0101, zitierten Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur 41. ASVG-Novelle (774 BlgNR XVI. GP , Seite 50) klar ergibt, ging es dem Gesetzgeber bei der Änderung des § 502 Abs. 5 ASVG durch diese Novelle im Hinblick auf die zitierte Judikatur um eine Erweiterung dieser "Ausnahmebestimmung (von dem im § 500 ASVG umschriebenen Zeitraum)" (Erkenntnis vom 30. April 1982, Zl. 82/08/0037) zugunsten der Personen, die "sich nach dem 9. Mai 1945 in Österreich aufgehalten haben und danach ausgewandert sind", wenn (unabhängig von einer bereits bis zum 9. Mai 1945 versuchten, aber unter dem Gesichtspunkt des Erreichens des Auswanderungszieles nicht endgültig geglückten Auswanderung) diese Auswanderung aus Gründen, auf die der (die) Betreffende keinen Einfluß hatte, nicht früher (nämlich bis einschließlich 9. Mai 1945) möglich war und sie nicht später als am 31. Dezember 1949 erfolgt ist. Solche "Spätemigranten" sollten "in jedem Fall" (d.h. im Zusammenhang der Ausführungen der Erläuternden Bemerkungen nicht nur in den Fällen der "mißglückten" Auswanderung im Sinne der zitierten früheren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) begünstigt werden. Aus dem Wortlaut des § 502 Abs. 5 ASVG in der Fassung der 41. Novelle im Zusammenhalt mit den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle ergibt sich demgemäß, daß es nicht mehr darauf ankommt, wann der Auswanderungswille gefaßt wurde, sondern lediglich darauf, ob vor dem 9. Mai 1945 (gemeint: bis einschließlich 9. Mai 1945) eine Auswanderung möglich war oder nicht (vgl. Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0218).
4.6.1. In diesem nunmehr geltenden Gesamtsystem der Begünstigung wegen Auswanderung nach § 502 Abs. 4 und Abs. 5 ASVG werden demnach - unter anderem (d.h. soweit dies im Beschwerdefall zu Vergleichszwecken von Bedeutung ist) - begünstigt: 1. Die bis einschließlich 9. Mai 1945 erfolgte endgültig geglückte Auswanderung ohne Rückkehr nach Österreich nach dem 9. Mai 1945: grundsätzlich (soweit nicht für Teilzeiträume eine Begünstigung nach § 502 Abs. 1 ASVG erfolgt) für die Zeit von der Auswanderung bis 31. März 1959 nach § 502 Abs. 4 ASVG; 2. die bis einschließlich 9. Mai 1945 erfolgte "mißglückte Auswanderung" im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor der 41. ASVG-Novelle ohne Rückkehr nach Österreich: für die Zeit bis zur Inhaftierung und danach (ab der Entlassung) bis 31. März 1959 ebenfalls nach § 502 Abs. 4 ASVG; 3. die bis einschließlich 9. Mai 1945 erfolgte "mißglückte Auswanderung" mit Rückkehr nach Österreich nach dem 9. Mai 1945: jedenfalls bis zur Inhaftierung nach § 502 Abs. 4 ASVG, ab der neuerlichen Auswanderung aus Österreich bis 31. März 1959 nach § 502 Abs. 5 ASVG; 4. die bis einschließlich 9. Mai 1945 erfolgte, unter dem Gesichtspunkt des Erreichens des Auswanderungszieles nicht endgültig geglückte Auswanderung analog zu Punkt 3.
4.6.2. In diesem Gesamtsystem erschiene es nicht sachgerecht, in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Betroffenen wegen Verbringung in ein Konzentrationslager bis einschließlich 9. Mai 1945 eine Auswanderung von Österreich aus nicht möglich war ("verhinderte Auswanderung"), sie aber auch - aus welchen Gründen immer - vor ihrer endgültigen Verlegung des Wohnsitzes in das Ausland nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager nicht wieder nach Österreich zurückgekehrt ist, eine Begünstigung zu versagen. Auch hat der Gesetzgeber dadurch, daß er seit der 32. ASVG-Novelle in § 502 Abs. 5 ASVG analoge Vorkehrungen für die Anrechnung der Emigrationszeiten von nach dem 9. Mai 1945 nach Österreich zurückgekehrten Verfolgten getroffen hat, zu erkennen gegeben, daß für alle übrigen gleichartigen Fälle jener, die nach dem 9. Mai 1945 nicht nach Österreich zurückgekehrt sind, ohnehin Absatz 4 des § 502 ASVG gilt (vgl. dazu schon die Punkte 4.4.3. und 4.5.).
4.7.1. Der mit dieser Auffassung in Widerspruch stehende angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
4.7.2. Diese Entscheidung bedeutet - unter Bedachtnahme auf das mehrfach zitierte Erkenntnis vom 18. Mai 1979, Zl. 2448/76 - schon deshalb kein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG mit der Konsequenz der Bildung eines verstärkten Senates nach dieser Gesetzesbestimmung, weil ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung im Sinne dieser Bestimmung unter anderem dann nicht vorliegt, wenn die Entscheidung auf Grund eines anderen Gesetzes (einer anderen Vorschrift) bzw. einer novellierten Bestimmung ergeht, und zwar auch nicht, wenn die neue Vorschrift inhaltlich der alten entspricht (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 20. Februar 1992, Zl. 89/08/0195), § 502 Abs. 4 ASVG aber gegenüber der für das Erkenntnis vom 18. Mai 1979, Zl. 2448/76, maßgebenden Rechtslage durch die 44. Novelle, BGBl. Nr. 609/1987, eine Änderung erfahren hat.
4.7.3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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