VwGH 89/12/0184

VwGH89/12/018423.6.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth,

Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des Reinhard B in G, vertreten durch den Sachwalter Johann B, dieser vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. August 1989, Zl. 6 231/34-II/4/89, betreffend Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §10;
BDG 1979 §14;
BEinstG §8 Abs2;
BEinstG §8;
PG 1965 §3 Abs1;
PG 1965 §8 Abs1;
VwRallg;
BDG 1979 §10;
BDG 1979 §14;
BEinstG §8 Abs2;
BEinstG §8;
PG 1965 §3 Abs1;
PG 1965 §8 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit darin die Unanwendbarkeit der §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 festgestellt wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gendarmeriebeamter seit 1. Jänner 1985 in einem provisorischen Dienstverhältnis zum Bund.

Am 23. Jänner 1987 unternahm der Beschwerdeführer gegen

8.40 Uhr während eines Patrouillendienstes auf dem Gendarmerieposten T. durch Abgabe eines Schusses mit der Dienstpistole in den Kopf einen Selbstmordversuch, der den amtsärztlich festgestellten Mangel der körperlichen und geistigen Eignung für den Gendarmeriedienst zur Folge hatte. Der Beschwerdeführer wurde wegen der Folgen der Schußverletzung auch unter Sachwalterschaft gestellt (zuletzt mit Beschluß des Bezirksgerichtes Aspang vom 13. Oktober 1988 - eingeschränkt auf die Vertretung vor Ämtern, Behörden und Sozialversicherungsträgern).

Mit Bescheid vom 17. August 1987 sprach das Landesgendarmeriekommando Niederösterreich (Dienstbehörde erster Instanz) gemäß § 10 Abs. 4 Z. 2 BDG 1979 wegen des Mangels an körperlicher und geistiger Eignung nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers (mit Wirksamkeit vom 30. September 1987) aus. Nachdem der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung erhoben hatte, stellte das Landesinvalidenamt für Niederösterreich auf Grund eines von ihm gestellten Antrages mit Bescheid vom 21. April 1988 die Behinderteneigenschaft des Beschwerdeführers gemäß §§ 2 und 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) (MdE 80 v.H.; mit Wirksamkeit ab 1. April 1988) fest. Dessen ungeachtet wies der Bundesminister für Inneres - ohne Durchführung eines Verfahrens nach § 8 BEinstG - die Berufung des Beschwerdeführers im Kündigungsverfahren ab, änderte jedoch den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung auf 31. Juli 1988 ab. Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde wurde mit hg. Beschluß vom 12. Dezember 1988, Zl. 88/12/0150, wegen Klaglosstellung eingestellt, nachdem zuvor der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 6. Oktober 1988 den Bescheid vom 22. Juli 1988 nach § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben hatte. Damit wurde die im Kündigungsverfahren vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wieder anhängig.

Bereits zuvor hatte der Bundesminister für Inneres am 12. August 1988 beim Behindertenausschuß beim Landesinvalidenamt für Niederösterreich den Antrag gestellt, der (ausgesprochenen) Kündigung nachträglich gemäß § 8 BEinstG die Zustimmung zu erteilen.

Den in der Folge vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Ruhestandsversetzung (siehe dazu unten) nahm der Behindertenausschuß jedoch zum Anlaß, das bei ihm anhängige Verfahren nach § 8 BEinstG mit dem an die Dienstbehörde erster Instanz gerichteten Bescheid vom 10. Juli 1989 gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung im Ruhestandsversetzungsverfahren auszusetzen. Dagegen erhob die Dienstbehörde erster Instanz Berufung. Unabhängig davon begehrte das Bundesministerium für Inneres mit Antrag vom 16. Juli 1989 beim Landeshauptmann von Niederösterreich den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den von ihm gestellten Antrag vom 12. August 1988. Beide beim Landeshauptmann von Niederösterreich nach dem Behinderteneinstellungsgesetz anhängigen Verfahren waren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Ruhestandsversetzungsverfahren noch nicht abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 17. April 1989 stellte der Beschwerdeführer bei der Dienstbehörde erster Instanz den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand nach § 14 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979. Er begründete dies im wesentlichen damit, er sei seit 23. Jänner 1987 auf Grund der Schußverletzung dauernd dienstunfähig, seit mehr als einem Jahr als Folge dieser Verletzung vom Dienst abwesend und weiterhin dienstunfähig. Er könne weder derzeit noch in absehbarer Zeit die im Gendarmeriedienst notwendigen Tätigkeiten versehen und keiner sonstigen Erwerbstätigkeit nachgehen. Er weise eine ruhegenußfähige Gesamtdienstzeit von mehr als fünf, jedoch weniger als zehn Jahren auf. Auf ihn sei jedoch § 8 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (im folgenden PG) anzuwenden, da er die Schußverletzung nicht vorsätzlich herbeigeführt habe und sein Vorsatz nicht auf die Herbeiführung seiner Dienstunfähigkeit gerichtet gewesen sei. Es bestehe daher ein Anspruch auf Ruhegenuß gemäß § 3 Abs. 1 PG.

Mit Bescheid vom 19. Juni 1989 gab die Dienstbehörde erster Instanz diesem Antrag des Beschwerdeführers keine Folge,

"weil Ihr provisorisches Dienstverhältnis nach einem von Ihnen am 23. Jänner 1987 verübten Selbstmordversuch (Kopfdurchschuß) wegen Mangels der körperlichen und geistigen Eignung für den Dienst in der österreichischen Bundesgendarmerie gemäß § 10 Abs. 4 Ziffer 2 im Zusammenhang mit Abs. 2 des BDG 1979 mit Ablauf des 30. November 1987 gekündigt wurde und daher Ihre Anwartschaft auf Pensionsversorgung gemäß § 2 Abs. 2 Punkt d) Pensionsgesetz 1965 erloschen ist. Darüber hinaus können für Sie die Bestimmungen des § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 nicht zur Anwendung kommen, weil Ihre körperliche Beschädigung und die daraus resultierende Dienstunfähigkeit erwiesenermaßen von Ihnen vorsätzlich herbeigeführt wurde."

In der Begründung führte die Behörde im wesentlichen aus, nach der am 29. Juni 1987 durchgeführten Befundung durch den Gendarmeriearzt Dr. E leide der Beschwerdeführer am Zustand nach Schädelhirntrauma mit passageren Mittelhirnsyndrom und appalischem Syndrom mit anschließender rascher Remission und ausgeprägtem Frontalhirnsyndrom; es stelle sich bei ihm das Bild einer expressiven Aphasie ein. Nach der gesamten Befundlage (neurologische Befundberichte und gendarmerieärztlicher Befund) sei der Beschwerdeführer zum Außen- und Kanzleidienst, d.h. für den Exekutivdienst insgesamt, dauernd ungeeignet. Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens wies die Behörde darauf hin, wegen des Eintrittes des Mangels der körperlichen Eignung während des provisorischen Dienstverhältnisses bestehe kein Anspruch auf Ruhestandsversetzung; der Kündigung nach § 10 BDG 1979 komme der Vorrang zu. Zwangsläufig sei dadurch die Anwartschaft nach § 2 Abs. 2 lit. d PG erloschen. Zu § 8 Abs. 1 PG wies die Behörde darauf hin, die vorsätzliche Handlung des Beschwerdeführers sei nicht nur auf die Herbeiführung einer schweren Körperverletzung, sondern auf Tötung ausgerichtet gewesen. Dies hätte dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Ausbildung und dem Umgang mit Schußwaffen zweifelsfrei erkennbar sein müssen.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der Hinweis auf § 2 Abs. 2 lit. d PG sei verfehlt, weil die Kündigung erst mit Zustimmung des Behindertenausschusses nach § 8 BEinstG wirksam werde. Die rechtliche Beurteilung nach § 8 Abs. 1 PG treffe aus den in seinem Antrag dargestellten Gründen nicht zu.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. August 1989 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge, änderte jedoch den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, daß die Ablehnung deswegen erfolgt sei, "weil in Ihrem Fall mit Kündigung nach § 10 Abs. 2 Z. 4 BDG 1979 vorzugehen ist und außerdem wegen Fehlens der Voraussetzungen die Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1 bzw. 8 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340, nicht angewendet werden können".

Begründend führte die belangte Behörde - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer könne mangels der körperlichen und geistigen Eignung im Gendarmeriedienst nicht mehr verwendet werden. Obgleich die fehlende Dienstfähigkeit nicht bestritten sei, könne die vom Beschwerdeführer beantragte Versetzung in den Ruhestand nach § 14 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979 nicht erfolgen. Im Falle konkurrierender Normen sei § 10 BDG 1979 nach dem Grundsatz der Spezialität der Vorrang einzuräumen. Der in § 10 BDG 1979 normierte Tatbestand "Mangel der körperlichen oder geistigen Eignung" schließe gegenüber der "Dienstunfähigkeit" im Sinne des § 14 BDG 1979 als weiteres Tatbestandsmerkmal das Faktum ein, daß der zitierte Mangel während eines provisorischen Dienstverhältnisses eingetreten sei. Das provisorische Dienstverhältnis habe den Zweck, Beamte vor dem Erlangen einer unkündbaren Stellung von der Verwendung, für die sie sich nicht eigneten, auszuschließen.

Die Verpflichtung der Dienstbehörde zur Anwendung des § 10 Abs. 4 Z. 2 BDG 1979 werde auch nicht dadurch beseitigt, daß seitens des Behindertenausschusses (bisher) noch keine Erledigung des Antrages auf Zustimmung zur Kündigung (nach § 8 BEinstG) erfolgt sei.

Was die Frage nach § 8 Abs. 1 PG betreffe, ob die Schußverletzung vorsätzlich herbeigeführt worden sei oder nicht, wies die belangte Behörde zum einen auf die Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde des Beschwerdeführers gegen ihren Kündigungsbescheid hin, in der der Beschwerdeführer selbst von einem Selbstmordversuch gesprochen habe. Im Vorsatz für Selbstmord sei denknotwendig ein Vorsatz zur Körperverletzung eingeschlossen. Nach der Literatur verstehe man unter einem Suizidversuch (Parasuizid) die absichtliche Selbstschädigung ohne tödlichen Ausgang. Deshalb sei § 8 Abs. 1 PG im Beschwerdefall nicht anwendbar; § 8 Abs. 2 PG käme von vornherein nicht in Betracht. Für die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 PG fehle es daher an der ruhegenußfähigen Gesamtdienstzeit des Beschwerdeführers von zehn Jahren. Prinzipiell sei jedoch - wie bereits dargestellt - der Grundsatz der Spezialität des § 10 BDG 1979 den sonstigen Überlegungen voranzustellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Über Ersuchen hat der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 14. Juni 1993 über den derzeitigen Verfahrensstand berichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) ist das Dienstverhältnis zunächst provisorisch.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann das provisorische Dienstverhältnis mit Bescheid gekündigt werden (Satz 1).

Kündigungsgründe sind nach § 10 Abs. 4 BDG 1979 unter anderem nach Z. 2 "Mangel der körperlichen oder geistigen Eignung".

Nach § 14 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er

  1. 1. dauernd dienstunfähig oder
  2. 2. infolge Krankheit, Unfalles oder Gebrechens ein Jahr vom Dienst abwesend und dienstunfähig ist.

    Gemäß § 14 Abs. 3 BDG 1979 ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

    Nach § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) darf die Kündigung eines begünstigten Invaliden von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuß (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates oder der Personalvertretung im Sinne des Bundes-Personalvertretungsgesetzes bzw. der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften sowie nach Anhörung des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.

    Gemäß § 1 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (PG) regelt dieses Bundesgesetz die Pensionsansprüche der Bundesbeamten, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen.

    Nach § 3 Abs. 1 PG gebührt dem Beamten des Ruhestandes ein monatlicher Ruhegenuß, wenn seine ruhegenußfähige Gesamtdienstzeit mindestens zehn Jahre beträgt.

    Nach § 8 Abs. 1 PG ist der Beamte, der infolge einer von ihm nicht vorsätzlich herbeigeführten Krankheit oder körperlichen Beschädigung dienstunfähig geworden ist und dessen ruhegenußfähige Gesamtdienstzeit noch nicht zehn, jedoch mindestens fünf Jahre beträgt, so zu behandeln, als ob er eine ruhegenußfähige Gesamtdienstzeit von zehn Jahren aufzuweisen hätte.

    Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG 1979 durch unrichtige Anwendung dieser Norm in Verbindung mit § 10 BDG 1979 sowie §§ 3 und 8 PG, weiters durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt. Er habe durch das Ereignis vom 23. Jänner 1987 schwere Verletzungen mit psychischen Nachwirkungen, die sich allerdings langsam besserten, erlitten. Dennoch gehe auch er davon aus, daß er dauernd nicht exekutivdienstfähig sei.

    Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer zunächst vor, die belangte Behörde habe ihre Entscheidung primär auf den Vorrang der Kündigung nach § 10 Abs. 4 Z. 2 BDG 1979 gestützt. Abgesehen davon, daß mit Kündigung (bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes) zwar vorgegangen werden könne, aber nicht müsse, sei bei einem Behinderten die Kündigung erst bei Zustimmung des Behindertenausschusses nach § 8 BEinstG rechtswirksam. Erst wenn diese vorliege, könne gesagt werden, ob mit Kündigung vorgegangen werden könne. Es sei undenkbar vor diesem Zeitpunkt eine Entscheidung damit zu begründen, es sei mit Kündigung vorzugehen. Selbst wenn (im allgemeinen) ein Vorrang des § 10 BDG 1979 bestünde, gelte dies nicht im Beschwerdefall, weil der Behindertenausschuß die im freien Ermessen liegende Zustimmung nach § 8 BEinstG verweigern könne. Schon im Hinblick auf diese Möglichkeit habe das Dienstverhältnis des geschützten Behinderten einen anderen Charakter, sodaß in diesem Fall die §§ 10 und 14 BDG gleichrangig nebeneinanderstünden. Bevor die belangte Behörde nicht durch die Zustimmung des Behindertenausschusses das Recht zur Kündigung habe, könne sie auch keine Verpflichtung zur Kündigung treffen. Der Beschwerdeführer meint weiter, die Nichtanwendbarkeit des § 8 Abs. 1 PG sei zu Unrecht erfolgt, weil Mord- und Selbstmordversuch nicht gleichgesetzt werden könnten. Der potentielle Selbstmörder würde keinesfalls handeln, wenn er wüßte, daß er (noch dazu mit einer aus seinem Handeln resultierenden Beschädigung) weiterleben müßte. Die vorsätzliche Selbstbeschädigung könne mit den ungewollten Folgen eines Selbstmordversuches nicht gleichgestellt werden. Abgesehen davon erfolge ein Selbstmordversuch in einem psychischen Ausnahmezustand, sodaß die Vorsätzlichkeit des Handelns (im Sinne des § 8 Abs. 1 PG) in Frage zu stellen sei. Dies hätte (wenn überhaupt) nur durch ein medizinisches Sachverständigen-Gutachten beantwortet werden können.

    Die Beschwerde ist im Ergebnis zum Teil berechtigt.

    Vorab ist zu klären, worüber die belangte Behörde abgesprochen hat.

    Auf Grund des Spruches des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der zu seiner Auslegung heranzuziehenden Begründung geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß zwei normative Absprüche vorliegen:

    1) Die Abweisung des Ansuchens des Beschwerdeführers auf Versetzung in den Ruhestand nach § 14 BDG 1979 mit der Begründung des Vorranges des Kündigungsverfahrens nach § 10 BDG 1979 ("weil in Ihrem Fall mit Kündigung nach § 10 Abs. 2 Z. 4 BDG 1979 vorzugehen ist").

    2) Die Feststellung der Unanwendbarkeit von Bestimmungen des PG, die im Ergebnis dazu führen würde, daß dem Beschwerdeführer kein Ruhegenuß gebührte ("und außerdem wegen Fehlens der Voraussetzungen die Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1 bzw. 8 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340, nicht angewendet werden können.")

    ad 1) Zum Verhältnis Kündigungsverfahren (§ 10 BDG 1979) -

    Ruhestandsversetzungsverfahren (§ 14 BDG 1979)

    Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides

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