VwGH 89/11/0171

VwGH89/11/01716.3.1990

N gegen Militärkommando Wien vom 22. Februar 1989, Zl. 7221-1111/91E/89, betreffend Feststellung der Eignung zum Wehrdienst

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
WehrG 1978 §15 Abs1 idF 1988/342;
WehrG 1978 §45 Abs1 idF 1988/342;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
WehrG 1978 §15 Abs1 idF 1988/342;
WehrG 1978 §45 Abs1 idF 1988/342;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem von der Stellungskommission bei der belangten Behörde beschlossenen, als "Stellungsbeschluß" bezeichneten Bescheid vom 22. Februar 1989 wurde gemäß § 15 Abs. 1 und § 23 Abs. 2 des Wehrgesetzes 1978 (in der Fassung des Wehrrechtsänderungsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 342) die Eignung des im Jahre 1962 geborenen Beschwerdeführers zum Wehrdienst mit dem Beschluß "Tauglich" festgestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieser trat die Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom 13. Juni 1989, B 455/89, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde der Aktenlage nach anläßlich seiner Stellung am 23. April 1980 als "tauglich" befunden. Auf Grund eines von ihm vorgelegten Gutachtens eines Facharztes für Chirurgie wurde er am 14. September 1986 neuerlich einer Stellung unterzogen und hiebei für "vorübergehend untauglich" erklärt. Im Rahmen seiner neuerlichen Stellung am 7. November 1988 wurde der Beschwerdeführer in der chirurgischen Ambulanz des Heeresspitales untersucht. Hiebei wurde folgender Befundbericht erstellt: "Laes.menisci med. gen. dext. Laes. lig. cruc. ant. gen. dext. Chondromalazia pat. et femurcond. gen. dext." Dem Beschwerdeführer wurde angeraten, die Läsion im Bereich des rechten Kniegelenkes noch vor Antritt des Wehrdienstes operativ sanieren zu lassen. Die belangte Behörde zog aus den ihr vorliegenden Unterlagen den Schluß, es bestünden beim Beschwerdeführer gesundheitliche Einschränkungen für die Ableistung des Grundwehrdienstes. Diese seien bei der Beurteilung seiner Wehrdienstfähigkeit berücksichtigt worden. Seiner eingeschränkten Tauglichkeit werde bei der Grundausbildung und seiner weiteren Verwendung im erforderlichen Ausmaß Rechnung getragen werden. § 17 (richtig: 15) Abs. 1 des Wehrgesetzes 1978 in der derzeit geltenden Fassung setze für den Dienst im Bundesheer nicht mehr die volle körperliche und geistige Eignung voraus. Im Falle seiner Einberufung würde der Beschwerdeführer ohnedies einer Einstellungsuntersuchung unterzogen werden, bei der sodann der untersuchende Arzt die dem Beschwerdeführer möglichen Tätigkeiten festlege; gegebenenfalls könne dabei auch seine Dienstunfähigkeit festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer rügt das Fehlen von Ausführungen darüber, wie sich das bei ihm festgestellte Leiden funktionell auswirke. Erst nach entsprechender Auswertung des erhobenen Befundes könne festgestellt werden, inwieweit eine Beeinträchtigung seiner körperlichen Leistungsfähigkeit vorliege. Dabei wäre insbesondere in bezug auf die vorgesehene militärische Ausbildung zu beurteilen gewesen, ob der Beschwerdeführer den mit dieser Ausbildung im Bundesheer verbundenen Belastungen seiner Kniegelenke ohne weitere (über die Folgen einer normalen Beanspruchung im Zivilleben hinausgehende) Schädigung gewachsen wäre.

Dieses Vorbringen ist berechtigt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. November 1989, Zl. 89/11/0105, dargelegt hat, umfaßt nach der bestehenden Rechtslage der Dienst im Bundesheer jedenfalls eine militärische Komponente im engeren Sinn, auf die sich auch die Ausbildung der Grundwehrdiener zu erstrecken hat. In diesem Sinn ist auch § 15 Abs. 1 des Wehrgesetzes 1978 in der Fassung des Wehrrechtsänderungsgesetzes 1988 zu verstehen. Dies bringt die Anforderung mit sich, daß der Betreffende jedenfalls eine Waffe bedienen und ein gewisses Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit entwickeln kann. Das schließt zwar nicht aus, daß Präsenzdiener auch zu sogenannten "systemerhaltenden" Funktionen - wie in Kanzleien oder im Rahmen der Versorgung - herangezogen werden dürfen. Die Auffassung aber, daß Personen, die lediglich für solche Funktionen ausgebildet werden können und die aus diesem Grunde nur in solchen Funktionen einsetzbar sind, auch als zum Wehrdienst geeignet anzusehen sind, hält der Verwaltungsgerichtshof für verfehlt.

Ob der Beschwerdeführer in diesem Sinn als "tauglich" anzusehen ist, kann auf Grund der derzeit vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens noch nicht abschließend beurteilt werden. Es fehlt nämlich eine fachlich fundierte Auseinandersetzung mit der Frage, welche Auswirkungen mit dem beim Beschwerdeführer festgestellten Leiden im rechten Kniegelenk auf die Möglichkeit seiner militärischen Ausbildung im genannten Sinne verbunden sind. Hiebei wäre zu klären gewesen, welcher Belastung das rechte Kniegelenk des Beschwerdeführers im Zuge der militärischen Ausbildung ausgesetzt wäre und ob dadurch - wie er behauptet - eine dem Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang nicht zumutbare, weitere gesundheitliche Schädigung eintreten würde. Die belangte Behörde ist ihrer aus den §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG 1950 erfließenden Verpflichtung, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt bezüglich dieses für die Beurteilung der Tauglichkeit des Beschwerdeführers nicht unmaßgeblichen Leidens von Amts wegen (zur Gänze) festzustellen, nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.

Der aufgezeigte Mangel wird durch den Hinweis in der Gegenschrift der belangten Behörde, es lägen "in den Stellungsunterlagen die dementsprechenden gesundheitlichen Verwendungsbeschränkungen auf, die als Grundlage für die künftige Einberufung und damit verbundene Diensteinteilung dienen" würden, nicht behoben. Gemeint sind hier offenbar die in den Unterlagen aufscheinenden, auf Grund lediglich interner Richtlinien erstellten Diagnose- bzw. Wertungsziffern. Damit kann die erforderliche nachvollziehbare Begründung für die angenommene Tauglichkeit des Beschwerdeführers nicht ersetzt werden. Vor allem aber läßt sich auch den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen, ob und inwieweit der Beschwerdeführer auf Grund seines Knieleidens der militärischen Ausbildung im Bundesheer unterzogen werden kann.

Der angefochtene Bescheid war, da der aufgezeigte Mangel offenbar auf ein Verkennen der oben dargestellten Rechtslage zurückzuführen ist, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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