Normen
AVG §7 Abs1;
BauO Tir 1978 §31;
BauO Tir 1978 §4 Abs1;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §7 Abs1;
BauO Tir 1978 §31;
BauO Tir 1978 §4 Abs1;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 16. August 1988 suchten der Zweit- und die Drittmitbeteiligte um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Zweifamilienwohnhauses mit Garage auf dem Grundstück Nr. nn/6 der KG S an. Zur Verhandlung am 26. August 1988 wurde einer der beiden Miteigentümer der benachbarten Grundstücke Nr. nn/1 und nn/2, A, geladen, der andere Miteigentümer, die Beschwerdeführerin, jedoch nicht. Das Grundstück Nr. nn/2, welches die Form eines fast rechtwinkeligen Dreieckes hat, grenzt im südlichen Bereich an den Baugrund im Westen an. Zwischen den Grundstücken Nr. nn/2 und Nr. nn/1 verläuft nach den vorhandenen Plänen eine Wegparzelle. Aus der in der Verhandlung aufgenommenen Niederschrift ergibt sich, daß die Zufahrt zum Baugrund über den Gemeindeweg "P-weg" erfolgt. Die anwesenden Anrainer, darunter auch A, stimmten dem Vorhaben zu.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. September 1988 wurde gemäß § 31 der Tiroler Bauordnung (BO) die baubehördliche Bewilligung nach Maßgabe der eingereichten Pläne und unter Vorschreibung im einzelnen angeführter Bedingungen erteilt. Im "Befundteil" wurde auch angeführt, daß die Zufahrt über den Gemeindeweg P-weg erfolge.
Dieser Bescheid wurde unter anderem A, nicht aber auch der Beschwerdeführerin zugestellt.
Am 25. Oktober 1988 suchten der Zweitmitbeteiligte und die Drittmitbeteiligte unter Vorlage neuer Pläne um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. nn/6 der KG S an. Zur mündlichen Verhandlung am 7. November 1988 wurde abermals nur einer der beiden Miteigentümer der Grundstücke Nr. nn/1 und nn/2 der KG S, A, geladen, die Beschwerdeführerin jedoch nicht. Nach der aufgenommenen Niederschrift bildete den Gegenstand dieser Verhandlung das am 25. Oktober 1988 eingebrachte Ansuchen, dem offenkundig die viert- und fünftmitbeteiligten Parteien als Bauwerber beigetreten waren. Unter anderem wurde festgehalten, daß beabsichtigt sei, anstelle des mit Bescheid vom 7. September 1988 bewilligten Zweifamilienwohnhauses zwei aneinander gebaute Einfamilienhäuser zu errichten. Die Zufahrt soll über den Gemeindeweg "P-weg" oder den Gemeindeweg (Verbindungsweg vom P-weg zum B-weg) erfolgen. Die anwesenden Anrainer, darunter A, erhoben gegen das Vorhaben keinen Einwand.
Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 8. November 1988 wurde den zweit- bis fünftmitbeteiligten Parteien nach § 31 BO die baubehördliche Bewilligung nach Maßgabe der eingereichten Pläne und unter Vorschreibung bestimmter Bedingungen erteilt und im "Befundteil" ausgeführt, daß die Zufahrt über den Gemeindeweg P-weg oder den Verbindungsweg vom B-weg zum P-weg erfolge. Dieser Bescheid wurde (unter anderem) A, aber nicht der Beschwerdeführerin zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhoben A und die Beschwerdeführerin Berufung. Sie seien zwar mit der Zufahrt über den Gemeindeweg P-weg einverstanden, nicht aber über den Verbindungsweg vom "B-weg" zum "P-weg", da die Eigentumsverhältnisse in diesem Bereich noch nicht geklärt seien. Sie hätten aus Entgegenkommen bis auf weiteres ihren Grenzzaun - hinsichtlich der Einzäunung nördlich ihres Grundstückes Nr. nn/1 - 75 cm hinter der Grundgrenze belassen, aber ausdrücklich betont, daß damit kein Verzicht auf ihr Eigentum an dem Grundstreifen gegeben sei, was sie mit der Berufung erneut zum Ausdruck brächten. Zudem würden A und die Beschwerdeführerin in der Anlage dieses Weges eine beachtliche Verunsicherung im Hinblick auf ihre Stellung als Anrainer und auf mögliche zivilrechtliche Folgen erblicken. Sie hätten gegen die Baubewilligung nichts einzuwenden. Es bestehe nur keine Notwendigkeit für eine Verbindung vom "B-weg" zum "P-weg", die ohne Inanspruchnahme ihres Grundstückes Nr. nn/2 nicht möglich wäre.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Jänner 1988 (richtig: 1989), der vom Vizebürgermeister unterfertigt ist, wurde die Berufung abgewiesen. Dies wurde damit begründet, daß bis zur Bauparzelle "E-C" bzw. "K" vom Westen beginnend ein Gemeindeweg führe, der im weiteren Verlauf in den neu eröffneten Weg vom "P-weg" einmünde. Wenn auch eine Zufahrt zur Zeit mit einem LKW nicht möglich sei, so dürfe die Gemeinde die Zufahrt für ein bestimmtes Objekt über einen öffentlichen Weg nicht verweigern.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Vorstellung wurde vorgebracht, der Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom 7. September 1988 sei nach wie vor rechtskräftig. Darin sei entschieden worden, daß die Zufahrt über den Gemeindeweg P-weg erfolge. Weiters seien die Eigentumsverhältnisse an ihren Grundstücken Nr. nn/1 und nn/2 und dem Grundstück Nr. nnn des F, über die der sogenannte "Verbindungsweg" führe, noch nicht geklärt. Der derzeitige Zustand beider Wege (des "P-weges" und des "Verbindungsweges") lasse das gefahrlose Befahren mit Kraftfahrzeugen nicht zu. Die Grundgrenzen seien im Zusammenhang mit der Breite des Weges unklar. Weiters münde der "Verbindungsweg" in Richtung Südosten nur in die südliche Hälfte ("K-hälfte") und nicht auch in dessen nördliche Hälfte des P-weges ein, was für das ordnungsgemäße Befahren unerläßlich wäre. Überdies werde um die Klärung der Frage ersucht, ob AK, der zugleich Partei und Mitglied des Gemeindevorstandes sei, bei der Entscheidung vom 20. Jänner 1989 im Gemeindevorstand vertreten gewesen sei. Für den Fall, daß letzteres zutreffe, werde die Befangenheit AK geltend gemacht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. März 1989 wurde die Vorstellung abgewiesen und begründend ausgeführt, der Gemeindevorstand habe zutreffend dargelegt, daß die Zufahrt über den "Verbindungsweg" - es handle sich dabei um einen öffentlichen Weg (Gemeindeweg) - von der Behörde nicht untersagt werden könne. Das Vorbringen in der Vorstellung, mit dem sich die Beschwerdeführerin erneut gegen eine Zufahrt über den in den "P-weg" einmündenden "Verbindungsweg" ausspreche, stelle keine subjektiv-öffentliche Einwendung dar. Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen könnten gemäß § 30 Abs. 4 BO insbesondere auf Vorschriften gestützt werden, die die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken vorschreiben oder die Festlegung der Bauweise, der Bauhöhe, der Abstände von Gebäuden, der Beschaffenheit des Bauplatzes und des Brandschutzes zum Inhalt hätten. Keine Nachbarrechte würden jedoch aus Vorschriften über die Zufahrt erwachsen, was sich etwa aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1978, Zl. 241 und 1080/1978, ergebe. Daß A und die Beschwerdeführerin durch das Bauvorhaben selbst in subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt worden seien, werde gar nicht behauptet bzw. sei schon im Berufungsvorbringen dargelegt worden, daß gegen die erteilte Baugenehmigung nichts einzuwenden sei. Wenn weiters vorgebracht werde, daß die Eigentumsverhältnisse an ihren Grundstücken Nr. nn/1 und nn/2 sowie am Grundstück Nr. nnn des F, über die der "Verbindungsweg" führe, nicht geklärt seien, so könne hiezu wegen Unzuständigkeit dieser Behörde zur Entscheidung darüber lediglich auf den Privatrechtsweg verwiesen werden. Zur Rechtsmeinung, der Baubewilligungsbescheid vom 7. September 1988 sei rechtskräftig geworden, jener vom 8. November 1988 wäre jedoch damit aufzuheben, sei zu bemerken, daß beiden Bescheiden ein nach den gesetzlichen Bestimmungen jeweils zulässiges Bauvorhaben zugrunde liege. Es stehe dem Bauwerber grundsätzlich frei, während der Gültigkeitsdauer einer Baubewilligung für ein und denselben Bauplatz um mehrere Baubewilligungen unterschiedlichen Inhaltes anzusuchen. Schließlich werde hinsichtlich der möglichen Befangenheit des AK festgehalten, daß nach dem Protokoll über die Sitzung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Jänner 1989, bei der über die Berufung des A und der Beschwerdeführerin entschieden worden sei, AK bei dieser Sitzung nicht anwesend gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge "Unzuständigkeit des Gemeindevorstandes der Gemeinde S als Berufungsbehörde, Verletzung von Verfahrensvorschriften und unrichtige rechtliche Beurteilung" geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Mit Schreiben vom 17. Juli 1989 übermittelte die mitbeteiligte Gemeinde der belangten Behörde eine Ergänzung zum Protokoll über die Sitzung des Gemeindevorstandes vom 18. Jänner 1989, in der festgehalten ist, daß die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 8. November 1988 unter dem Vorsitz des Vizebürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde behandelt und in Abwesenheit des Bürgermeisters einstimmig "abgelehnt" worden sei. Diese Protokollergänzung ist vom Vizebürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde und von weiteren genannten Mitgliedern des Gemeindevorstandes unterfertigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die behauptete Unzuständigkeit der Berufungsbehörde infolge nicht gesetzmäßiger Zusammensetzung macht die Beschwerdeführerin allein damit geltend, daß der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde nicht nur den Bescheid vom 8. November 1988 erlassen habe, sondern nach dem Protokoll über die Sitzung des Gemeindevorstandes vom 18. Jänner 1989 auch als Mitglied der Berufungsbehörde im Gemeindevorstand tätig gewesen sei, womit sie sich offensichtlich auf § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG 1950 beruft, wonach ein Verwaltungsorgan, welches bereits an der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides mitgewirkt hat, sich im Berufungsverfahren der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen habe. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Mitwirkung eines befangenen Organes in einer Kollegialbehörde nicht die Unzuständigkeit dieser Behörde nach sich zieht, sondern einen Verfahrensmangel darstellt, der aber für sich allein noch nicht die Möglichkeit eines anderen Ergebnisses im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG erschließen läßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1983, Zl. 83/07/0260, 0261). Vor allem aber ergibt sich aus der schon oben genannten Ergänzung zum Sitzungsprotokoll des Gemeindevorstandes vom 18. Jänner 1989, daß der Bürgermeister auch als stimmführendes Mitglied mit der Behandlung der Angelegenheit im Gemeindevorstand nicht befaßt war und der Vizebürgermeister den Vorsitz führte. Dafür spricht auch, daß der Vizebürgermeister den Berufungsbescheid ausfertigte.
Vor allem behauptet die Beschwerdeführerin neuerlich, es liege in Ansehung des Verbindungsweges vom B-weg zum P-weg keine rechtlich gesicherte Zufahrt vor bzw. sei die Zufahrt auch technisch nicht geeignet.
Auch damit vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Gemäß § 4 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978 (in der hier anzuwendenden Fassung vor der 3. Novelle LGBl. Nr. 10/1989), dürfen bauliche Anlagen nur auf Grundstücken errichtet werden, die ... eine dieser Bebauung entsprechende, rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche haben. Die Gemeindebehörden und ihr folgend die belangte Behörde sind davon ausgegangen, daß eine solche Verbindung in mehrfacher Weise gegeben ist. Zur Frage des Vorliegens einer Zufahrt hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 23. Mai 1978, Zl. 148/77, und die darin angeführte Judikatur, sowie das Erkenntnis vom 17. Oktober 1978, Zl. 730/76) ausgesprochen, daß Bestimmungen über das Erfordernis einer rechtlich gesicherten Verbindung zu einer öffentlichen Verkehrsfläche ausschließlich dem öffentlichen Interesse, nicht aber auch den Interessen des Nachbarn dienen. Daraus folgt, daß auf eine Zufahrt bzw. auf eine rechtlich gesicherte Verbindung eines Grundstückes zu einer öffentlichen Verkehrsfläche kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1988, Zl. 87/06/0117). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß wie die Beschwerdeführerin behauptet, ein Teil des (aus Richtung Westen kommenden) Zufahrtsweges in der Natur über eine Grundfläche führe, die in ihrem Miteigentum stehe, womit sie offensichtlich auf die schon in der Vorstellung ins Treffen geführten ungeklärten Eigentumsverhältnisse Bezug nimmt. Dabei handelt es sich aber lediglich um eine privatrechtliche Einwendung, die nicht zu einer Versagung der Baubewilligung führen kann. Deshalb vermag die Beschwerdeführerin auch mit dem Vorbringen, zur Feststellung der Eigentumsverhältnisse am Zufahrtsweg hätte es eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens bedurft, keinen Verfahrensmangel aufzuzeigen. Der Beschwerdeführerin wurde auch durch den Baubewilligungsbescheid keine Verpflichtung in Ansehung des Zufahrtsweges auferlegt.
Die Verbindung mit der öffentlichen Verkehrsfläche gemäß § 4 Abs. 1 BO in Verbindung mit § 3 Abs. 9 und Abs. 11 BO ist auch nicht Bestandteil des Bauplatzes, sodaß also den Eigentümern bzw. Miteigentümern einer solchen Fläche nicht die Stellung des Grundeigentümers an der zu bebauenden Grundfläche im Sinne des § 27 Abs. 2 lit. a und b BO, also nicht das Recht zusteht, die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1981, Zl. 06/1041/80).
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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