VwGH 83/07/0260

VwGH83/07/026020.9.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde des GZ in O, vertreten durch Dr. Josef Hippacher, Rechtsanwalt in Lienz, Zwerggasse 1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 12. Dezember 1979, Zl. LAS - 141/17, betreffend Einspruch gegen einen Vollversammlungsbeschluß einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft O), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
FlVfGG §21 impl;
FlVfLG Tir 1969 §33 Abs2;
FlVfLG Tir 1978 §34 Abs2 impl;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
FlVfGG §21 impl;
FlVfLG Tir 1969 §33 Abs2;
FlVfLG Tir 1978 §34 Abs2 impl;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Dem Beschwerdevorbringen und dem angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer als Mitglied der mitbeteiligten Agrargemeinschaft gegen deren in der Vollversammlung vom 13. März 1977 gefaßten Beschluß betreffend Zahlung eines Stiergeldes von S 150,-- pro Kuh Einspruch erhoben hat. Dieser Einspruch wurde mit Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz vom 24. Juli 1979 als unzulässig zurückgewiesen, weil der Beschwerdeführer bei der Beschlußfassung nicht überstimmt worden sei, zumal aus dem Protokoll eine Gegenstimme des Beschwerdeführers nicht ersichtlich sei.

Die gegen diesen Zurückweisungsbescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 1979 als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, gemäß § 8 Abs. 4 der rechtskräftig erlassenen Satzungen der Agrargemeinschaft könnten überstimmte Mitglieder gegen Vollversammlungsbeschlüsse Einspruch an die Agrarbehörde erheben; der Beschwerdeführer habe jedoch die Vollversammlung vom 13. März 1977 vor deren Schluß verlassen und habe daher nicht gegen den von ihm bekämpften Beschluß gestimmt.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte erhobene Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 11. Juni 1983, Zl. B 35/80, abgewiesen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Der Beschwerdeführer macht in seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten auf ein gesetzmäßiges Verfahren und auf eine meritorische Entscheidung über seinen gegen den Vollversammlungsbeschluß der Agrargemeinschaft erhobenen Einspruch verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Die behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer ausschließlich darin, daß ein im Kopf des angefochtenen Bescheides angeführtes Mitglied der belangten Kollegialbehörde bereits an der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides mitgewirkt habe und sich daher gemäß § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG 1950 der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen gehabt hätte. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die Mitwirkung eines begangenen Organes nicht Unzuständigkeit der belangten Behörde nach sich zieht, sondern einen Verfahrensmangel darstellt, der aber für sich allein noch nicht die Möglichkeit eines anderen Ergebnisses im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 erschließen läßt (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1957, Slg. Nr. 4365 A). Dazu kommt, daß den mit der abgetretenen Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zugegangenen Verwaltungsakten zu entnehmen ist, daß der angefochtene Bescheid mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 1980, Zl. LAS - 141/20-79, gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 dahin gehend berichtigt wurde, daß nicht der irrtümlich im angefochtenen Bescheid genannte HR. Dipl. Ing. AG, sondern in Wahrheit der vom geltend gemachten Befangenheitsgrund nicht berührte OR. Dipl. Ing. HN als stimmführendes Mitglied bei der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beschlußfassung mitgewirkt hat.

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, § 8 Abs. 4 der Satzungen der mitbeteiligten Agrargemeinschaft stelle einen ungesetzlichen Eingriff in die Rechte der Mitglieder dar. Es sei nicht einzusehen, daß der Beschwerdeführer als Agrargemeinschaftsmitglied schlechter gestellt sein sollte als ein Miteigentümer im Sinne der §§ 825 ff ABGB. Es gehe auch nicht an, daß der Beschwerdeführer nur deshalb, weil er an der Abstimmung zu einem Vollversammlungsbeschluß nicht teilgenommen habe, völlig rechtlos und von jedem Rechtsmittel ausgeschlossen sein sollte.

Zu dieser Frage hat bereits der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, daß nach § 33 Abs. 2 des hier maßgeblichen Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 34/1969, die Satzung der Agrargemeinschaft O einen Bescheid darstellt, und daß dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Unbestritten ist, daß nach § 8 Abs. 4 dieser Satzung nur überstimmten Mitgliedern ein Einspruch gegen Vollversammlungsbeschlüsse zusteht, und Mitgliedern, die einer Vollversammlung ferngeblieben sind, ein Einspruchsrecht ausdrücklich versagt ist. Ebenso ist unbestritten, daß sich der Beschwerdeführer bereits vor der Abstimmung über die strittigen Stiergelder entfernt und daher an dieser Abstimmung nicht teilgenommen hat.

Da schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es hat sich erübrigt, über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu entscheiden, da somit bereits in der Sache selbst eine Entscheidung getroffen worden ist.

Wien, am 20. September 1983

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