VwGH 88/05/0004

VwGH88/05/000420.9.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des FB und der MB, beide in B, beide vertreten durch DDr. Karl Robert Hiebl, Rechtsanwalt in Braunau, Stadtplatz 44/2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. November 1987, Zl. BauR‑8192/1‑1987 See/Lan, betreffend ein baubehördliches Bewilligungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1) PG in B, 2) TW in B, 3) CD in B, vertreten durch Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwalt in Mattighofen, und 4) Stadtgemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister),

I) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- sowie der drittmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II) zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56
AVG §66 Abs4
AVG §8
BauO OÖ 1976 §44
BauO OÖ 1976 §49
BauRallg
ROG OÖ 1972 §16 Abs3
RPG Vlbg 1973 §14 Abs3 implizit
VwGG §34 Abs1
VwGG §41 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1988050004.X00

 

Spruch:

Auf Grund der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 5. November 1984 ersuchte der Erstbeschwerdeführer bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde um die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für den Anbau einer „Ausstellungshalle“ an das bestehende Wohnhaus auf dem Grundstück 295/3 KG R. In dem beigeschlossenen Bauplan wurde das Bauvorhaben als Verkaufs- und Fertigungshalle bezeichnet, und zwar mit einer Gesamtlänge von 23,50 m sowie an der östlichen Seite mit einer Breite von 8 m und an der westlichen Seite einer solchen von 13 m. Das Gesamtausmaß des vorgesehenen Hallenbaues wurde in der Baubeschreibung mit 268,92 m2 angegeben.

Mit Schreiben vom 20. November 1984 machte die Baubehörde erster Instanz den Erstbeschwerdeführer darauf aufmerksam, daß das Grundstück nach dem Flächenwidmungsplan im Wohngebiet liege, sodaß nur die Errichtung einer Ausstellungshalle, nicht jedoch eines Fertigungsbetriebes möglich sei. Der Erstbeschwerdeführer wurde ersucht, die Einreichpläne diesbezüglich abzuändern. In der Folge wurde durch Streichung das beabsichtigte Bauvorhaben im Einreichplan „Verkaufshalle“ genannt.

Bei der am 24. Jänner 1985 durchgeführten mündlichen Verhandlung erhoben Nachbarn, darunter die Mitbeteiligten eine Reihe von Einwendungen. Der technische Amtssachverständige erklärte in seinem Gutachten das Bauvorhaben unter gleichzeitiger Einhaltung einer Reihe von Bedingungen und Auflagen für genehmigungsfähig. Hinsichtlich der in Aussicht genommenen Vorschreibungen sei hier nur bemerkt, daß die Schaffung von 5 Pkw‑Stellplätzen für erforderlich erachtet wurde, für die eine eigene Zufahrt zum öffentlichen Gut zu schaffen sei. (In dem später genehmigten Bauplan ist weder die Schaffung der Stellplätze noch deren Zufahrt vorgesehen.)

In seiner gutächtlichen Äußerung vom 17. April 1986 erklärte ein technischer Amtssachverständiger der Umweltschutzabteilung des Amtes der OÖ Landesregierung, daß bei den in der Verkaufshalle vorgesehenen Arbeiten (Gravieren) keine Emissionen festgestellt hätten werden können. Emissionen seien grundsätzlich nur aus einer (bei solchen Arbeiten mitunter verwendeten) Sandstrahlanlage möglich, wobei Immissionen durch Staub und Lärm auf die Nachbarschaft einwirken könnten. Nach dem derzeitigen Stand der Technik seien diese möglichen Emissionen durch den Einbau entsprechender Filter und Schalldämpfer soweit beseitigbar, daß spürbare Immissionen nicht auftreten würden. Der Sachverständige äußerte sich sodann noch zu Fragen des Verkehrsaufkommens.

In seinem Gutachten vom 10. Juli 1986 führte ein medizinischer Amtssachverständiger aus, daß er im Steinmetzbetrieb des Beschwerdeführers die üblicherweise in Ausstellungs- und Verkaufshallen durchgeführten Arbeiten und die hiebei verwendeten Werkzeuge begutachtet habe. Die im immissionstechnischen Gutachten erwähnte Sandstrahlanlage soll in der Verkaufshalle nicht installiert werden. Auch die Installation einer Graviermaschine sei nicht vorgesehen. Bei der durchgeführten Lautstärkeprüfung der einzelnen Werkzeuge hätte subjektiv die Bohrmaschine die höchsten Pegelwerte erreicht. Des weiteren sei eine Gehörprobe außerhalb der Werkstätte in ca. 2 m Entfernung durchgeführt worden. Auch an diesem Standort seien die Spitzenpegelwerte über der Grenze der Zumutbarkeit gelegen. Es werde jedoch darauf hingewiesen, daß sehr schlechte schalldämmende Verhältnisse vorgelegen seien (dünne Wände, undicht schließende Fenster und Türen). Es sei anzunehmen, daß bei günstigen bautechnisch schalldämmenden Voraussetzungen eine Verminderung der Lärmimmission eintrete. Nach Ausführungen zur Transportfrage meinte der medizinische Amtssachverständige, daß Auflagen vorgeschrieben werden müßten, und zwar das Verbot von Sandstrahlanlagen, einer Graviermaschine und eventuellen Bohrmaschine, bautechnisch stark schalldämmende Maßnahmen, die Durchführung der Gravurarbeiten ausschließlich bei geschlossenen Fenstern und Türen sowie die Durchführung dieser Arbeiten im südlichen Teil der Halle, da diese Situierung eine deutliche Verminderung der Lärmimmissionen für die Anrainer bedeute.

Die eingeholten gutächtlichen Stellungnahmen wurden den Parteien des Verfahrens zur Kenntnis gebracht. Am 28. August 1986 führte der Erstbeschwerdeführer hiezu aus, daß in der Halle zwar Gravierarbeiten vorgenommen würden, und zwar mit einem Gravierhammer mit Kompressor, mit Winkelschleifer und Fräser sowie mit einem Handmeißel, jedoch dies ganz selten, vielleicht derzeit zweimal im Monat. Die vorgesehenen Auflagen im Gutachten des Amtsarztes würden zur Kenntnis genommen werden.

Mit Bescheid vom 14. Oktober 1986 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die angestrebte Baubewilligung unter gleichzeitigen Vorschreibungen. So wurde im Punkt 29 angeordnet, daß der ‑ in Friedhofsnähe vorgesehene ‑ Ausstellungs- und Verkaufsraum nur als solcher benützt werden dürfe und in diesen Räumen nur übliche Arbeiten zur Anbringung der oberflächlichen Schriftzüge und Ornamente auf den vorgefertigten Steinen mittels Graviereisen und Schlägl, Kleinkompressor mit Handpistole und darin eingesetzten Graviereisen, Graviermaschine (0,25 PS‑Motor) und einschließlich Beschriftungsarbeiten mit Farbe, Blattgold oder -silber, etc. zulässig seien. Über die Einwendungen von Nachbarn wurde gleichzeitig abgesprochen. Diese Entscheidung wurde im einzelnen näher begründet.

Über die dagegen von Nachbarn erhobenen Berufungen beschloß der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 29. April 1987, ihnen keine Folge zu geben. In Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses erging der Bescheid der Gemeinde vom 11. Mai 1987, welchen die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit Vorstellung bekämpften. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 30. November 1987 gab die OÖ Landesregierung den Vorstellungen Folge, behob den Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtslage prüfte die Gemeindeaufsichtsbehörde, ob das Bauvorhaben wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen im Sinne des § 16 Abs. 3 OÖ ROG diene. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1985, Zl. 83/06/0235, vertrat die OÖ Landesregierung die Ansicht, zu den Anlagen, die wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dienen, seien vor allem die Einrichtungen der Nahversorgung zu zählen, wobei Leistungen, die nur von einzelnen Bewohnern des Gebietes und auch nicht regelmäßig, sondern nur in größeren Zeitabständen beansprucht würden, noch kein wirtschaftliches Bedürfnis rechtfertigen würden. So gesehen sei ein wirtschaftliches Bedürfnis konkret erst dann gegeben, wenn es auf die Versorgung der Einwohner abstelle. Wenn diese Umstände bei den vorliegenden Gegebenheiten auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden könnten, blieben doch die diesbezüglichen Ermittlungen mangelhaft und es wäre jedenfalls noch festzustellen, ob sich die dortigen Bewohner auf Grund der Gegebenheiten (etwa, weil es sich um den einzigen Steinmetzbetrieb in dieser Wohngegend handle) in der Mehrzahl einer Geschäftsabwicklung mit dem gegenständlichen Betrieb unterziehen würden. Um weiter beurteilen zu können, ob die ordnungsgemäße Benützung des Bauvorhabens keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen für die Bewohner mit sich bringe, sei die Baubehörde verpflichtet festzustellen, welche Anlagen und Einrichtungen für diesen Betrieb typisch seien, welche Tätigkeiten ausgeübt würden und welches Ausmaß und welche Intensität die damit verbundenen Immissionen erreichten. Unter Beachtung der vorgebrachten Einwendungen der Nachbarn sei daher zumindest an Hand von Vergleichsbetrieben zu prüfen, ob durch das Bauvorhaben an den Grundstücksgrenzen der Nachbarliegenschaften solche Immissionen auftreten würden, die Gefahren oder unzumutbare Belästigungen bewirken. Die Baubehörde habe sich hiebei der Mithilfe von Sachverständigen, und zwar eines technischen und eines medizinischen Sachverständigen zu bedienen. Sache des technischen Sachverständigen sei es, über das Ausmaß der zu erwartenden Immissionen und ihre Art Auskunft zu geben, während es dem medizinischen Sachverständigen obliege, seine Meinung hinsichtlich der Wirkungen der Immissionen auf den menschlichen Organismus darzulegen. Während nun im durchgeführten Verfahren aus der Sicht des immissionstechnischen Sachverständigen unter Zugrundelegung eines vergleichbaren Objektes im wesentlichen hervorgekommen sei, daß das Bauvorhaben nach außen so gut wie keine Lärmemissionen abgebe und hinsichtlich der Staubimmissionen bei den gegebenen technischen Voraussetzungen kaum Beeinträchtigungen zu erwarten seien, hätte der beigezogene medizinische Sachverständige in Kenntnis des immissionstechnischen Gutachtens ausgeführt, daß in einer Entfernung von 2 m außerhalb der Verkaufs- bzw. Werkstätte zumindest die Spitzenpegelwerte über die Grenze der Zumutbarkeit zu liegen kämen und Lärmimmissionen nur bei günstigen bautechnischen Voraussetzungen hintangehalten werden könnten. Infolge dieser Feststellungen seien aus der Sicht des amtsärztlichen Sachverständigen auch entsprechende Auflagen vorgeschrieben worden, wobei u.a. ein Verbot der Sandstrahlanlage, der Graviermaschine und Bohrmaschine auferlegt worden sei. Wenngleich diese Feststellungen des medizinischen Sachverständigen glaublich nicht an den Grundgrenzen zu den Nachbarn getroffen worden seien, müsse es letztlich dahingestellt bleiben, ob aus der Sicht dieses Sachverständigen eine Gefährdung bzw. unzumutbare Belästigung im Sinne des § 16 Abs. 3 OÖ ROG nicht auch an dieser Örtlichkeit auftreten könnte. Abgesehen davon, daß die vom medizinischen Sachverständigen vorgeschlagenen Auflagen im Baubewilligungsbescheid nur zum Teil Eingang gefunden hätten, könne der diesbezüglichen Begründung des Berufungsbescheides nicht gefolgt werden, weil jedenfalls unerklärlich bleibe, weshalb im immissionstechnischen Gutachten von so gut wie keinen Immissionen die Rede sei und andererseits der medizinische Sachverständige unter mehr oder weniger denselben Voraussetzungen eine Unzumutbarkeit zumindest der Lärmimmission festgestellt habe. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung würden sich so gesehen als zu wenig fundiert erweisen und es sei daher nach Auffassung der Vorstellungsbehörde ein wesentlicher Verfahrensmangel gegeben. Es mangle eindeutig an der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes und es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Behörde bei Einholung weiterer Gutachten auch zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre. Schon dadurch allein seien Rechte der Vorstellungswerber verletzt worden.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den von der erst- und drittmitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften sowie über die Replik der Beschwerdeführer hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

ad. I: Die Zweitbeschwerdeführerin ist Miteigentümerin der zu verbauenden Liegenschaft. Da sie als Bauwerber im Verwaltungsverfahren nicht aufgetreten ist, kam ihr kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung zu, und auch durch die Abweisung des Antrages des Erstbeschwerdeführers wäre sie in keinem Recht verletzt worden. Mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit war ihre Beschwerde daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 15. Jänner 1985, Zl. 82/05/0139, BauSlg. Nr. 366).

ad. II: Strittig zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind Fragen der Auslegung des § 16 Abs. 3 des OÖ Raumordnungsgesetzes (OÖ ROG), LGBl. Nr. 18/1972. Diese Bestimmungen lauten:

„Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; unter den gleichen Voraussetzungen dürfen in Wohngebieten dem Fremdenverkehr dienende Gebäude und Anlagen errichtet werden. Flächen für Wohngebiete können auch als reine Wohngebiete vorgesehen werden; in reinen Wohngebieten dürfen neben Wohngebäuden nur solche in Wohngebieten zulässige Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die der Deckung des Bedarfes der Bewohner dienen.“

Während die Gemeindebehörden in Übereinstimmung mit der Auffassung des Erstbeschwerdeführers die Ansicht vertraten, daß die in Friedhofsnähe beabsichtigte Verkaufshalle eines Steinmetzbetriebes wirtschaftlichen Bedürfnissen im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 OÖ ROG dienen, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides den Begriff der wirtschaftlichen Bedürfnisse auf die Bewohner des Gebietes abgestellt. Wenn sich die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1985, Zl. 83/06/0235, beruft, dann hat sie hiebei übersehen, daß diese Entscheidung einen Beschwerdefall nach § 14 Abs. 3 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes betraf, einer Gesetzesstelle, die die Zulässigkeit von Bauvorhaben in Wohngebieten auf die kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnisse der Einwohner des Gebietes abstellt, was nach der hier maßgeblichen Regelung des OÖ ROG nicht der Fall ist. Daß der Oberösterreichische Landesgesetzgeber eine solche Auslegung der Begriffe wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedürfnisse im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 OÖ ROG nicht beabsichtigte, ergibt sich auch aus der Regelung des letzten Satzes dieses Absatzes, wonach, wie erwähnt, in reinen Wohngebieten nur solche Bauten und sonstige Anlagen zulässig sind, die der Deckung des Bedarfes der Bewohner dienen, womit eine wesentliche Unterscheidung zwischen reinen Wohngebieten und sonstigen Wohngebieten getroffen wurde. Die von der belangten Behörde als notwendig angesehene Verfahrensergänzung zur Klarstellung, ob das Bauvorhaben wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 OÖ ROG dient, erweist sich bei dieser Auslegung der Gesetzesstelle als verfehlt. Da die belangte Behörde in dieser Hinsicht die Rechtslage verkannte, hat sie dadurch ihren Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Der Erstbeschwerdeführer bekämpft weiters die Auffassung der belangten Behörde, daß das bisher auf Gemeindeebene durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht klarstelle, ob das beabsichtigte Bauvorhaben und dessen ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen für die Bewohner im Sinne der genannten Gesetzesstelle mit sich bringe. Der Beschwerde wurde in diesem Zusammenhang die Ablichtung eines Bauplanes angeschlossen, welcher im Bereich der Verkaufshalle einen schallgedämmten Gravierraum aufweist, und zwar an der den Nachbarn abgekehrten Seite. Zu diesem Plan ist zu bemerken, daß er nicht ident mit jenem Plan ist, welcher der in erster Instanz erteilten Baubewilligung zugrundelag, mag er auch inhaltlich dem Gutachten des Amtsarztes vom 10. Juli 1986 zur Gänze entsprechen, weil er die vom Amtsarzt geforderten Voraussetzungen erfüllen dürfte. Bei der Beurteilung der Frage, ob die belangte Behörde durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides den Erstbeschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, war allerdings von dem dem Verwaltungsverfahren zugrundeliegenden Bauplan auszugehen.

Da Nachbarn schon nach der beispielhaften Aufzählung des § 46 Abs. 3 OÖ Bauordnung auf die Einhaltung jener Bestimmung ein Rechtanspruch zusteht, der dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dient, hatte die belangte Behörde zu prüfen, ob das von den Gemeindebehörden bewilligte Bauvorhaben des Erstbeschwerdeführers Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit sich bringt. Nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 10. Juli 1986, welches in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegeben worden ist, konnte die belangte Behörde dies nicht ausschließen. Schon aus diesem Grunde war die belangte Behörde berechtigt, den bei ihr angefochtenen Bescheid aufzuheben, wollte sie nicht selbst das ergänzungsbedürftig gebliebene Ermittlungsverfahren nachholen, wozu sie jedenfalls nicht verpflichtet war. Wenn der Erstbeschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf Ergebnisse eines gewerbebehördlichen Verfahrens verweist, so dürfte er die Rechtslage verkennen, weil die Frage, ob die Voraussetzungen nach § 16 Abs. 3 OÖ ROG vorliegen, im baubehördlichen Bewilligungsverfahren zu prüfen ist, sodaß jedenfalls die Einholung eines ergänzenden Gutachtens eines medizinischen Amtssachverständigen erforderlich war. Wenn aber der Erstbeschwerdeführer nun tatsächlich den in der Beschwerde vorgelegten Plan auf Grund der gutächtlichen Ausführungen des Amtsarztes vom 10. Juli 1986 der Berufungsbehörde vorgelegt hätte, dann hätte der medizinische Amtssachverständige nur mehr dazu Stellung nehmen müssen, ob das sohin geänderte Bauvorhaben seiner gutächtlichen Äußerung und sohin den gesetzlichen Bestimmungen Rechnung trägt. Schon die Gemeindebehörde erster Instanz hätte statt zusätzlicher Vorschreibungen den Erstbeschwerdeführer zu der nunmehr offensichtlich beabsichtigten Projektsänderung auffordern müssen. Auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes blieb das Verfahren auf Gemeindeebene, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, ergänzungsbedürftig. Der Verwaltungsgerichtshof hält die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides für zutreffend.

Wenn der Erstbeschwerdeführer immer wieder darauf verweist, daß eine bloße Verkaufs- und Ausstellungshalle Gegenstand des Bauvorhabens sei, dann muß ihm entgegengehalten werden, daß er selbst ursprünglich von einer Verkaufs- und Fertigungshalle ausging und auch weiterhin auf Verwaltungsebene auf die Durchführung bestimmter gewerblicher Arbeiten in dieser Halle hinwies. Gerade aus diesem Grund haben die Verwaltungsbehörden die Frage lösen müssen, ob die beabsichtigten Arbeiten Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Nachbarn im Sinne des § 16 Abs. 3 OÖ ROG mit sich bringen. Hiebei war sowohl die Einholung eines immissionstechnischen Gutachtens als auch eines medizinischen Gutachtens erforderlich, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides überzeugend dargetan hat. Diese Gutachten blieben ergänzungsbedürftig, wie die belangte Behörde gleichfalls zutreffend zum Ausdruck brachte. Aus diesen Gründen wurde der Berufungsbescheid von der Gemeindeaufsichtsbehörde zu Recht aufgehoben.

Aus den schon oben aufgezeigten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gleichwohl jedoch wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

add. I und II: Die Zuerkennung von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 20. September 1988

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