Normen
AVG §66 Abs4
GewO 1973 §370 Abs2
GewO 1973 §39
VStG §31 Abs1
VStG §31 Abs2
VStG §32 Abs2
VStG §44a lita
VStG §44a litb
VStG §44a Z1 implizit
VStG §44a Z2 implizit
VStG §9
VStG §9 Abs1
VStG §9 idF 1983/176
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988040049.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. August 1987 schuldig erkannt, als gemäß § 9 VStG 1950 Verantwortlicher der „G GesmbH“ in der Zeit vom 9. März 1987 bis 7. Mai 1987 im Standort M, H‑Straße 6, das Gastgewerbe (Verabreichung von Speisen und Ausschank von Getränken) in der Betriebsart eines „Tanzcafes“ gewerbsmäßig ausgeübt zu haben, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Konzession gewesen zu sein. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 189 GewO 1973 begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,‑ ‑ (Ersatzarreststrafe 144 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei durch einen Erhebungsbericht des Gendarmeriepostenkommandos M vom 16. März 1987, durch einen Bericht der Handelskammer für Oberösterreich vom 19. März 1987 sowie auf Grund von Anzeigen des Gendarmeriepostenkommandos M vom 16. April und 25. April 1987 erwiesen. Danach habe der Beschwerdeführer zusammen mit JE am 4. März 1987 die „G GesmbH“ gegründet und diese juristische Person sei am 20. März 1987 beim Landesgericht Salzburg eingetragen worden. Der Beschwerdeführer sowie JE seien die zur Vertretung nach außen berufenen Organe (handelsrechtliche Geschäftsführer) der „G GesmbH“. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit JE als vertretungsbefugtes Organ der obbezeichneten juristischen Person am 9. März 1987 den Gastgewerbebetrieb im Standort M, H‑Straße 6, gepachtet und ab dem 9. März 1987 dort das Gastgewerbe gewerbsmäßig ausgeübt. Die hiefür erforderliche Bewilligung (Konzession) für den im Spruch angeführten Zeitraum hätte weder der Beschwerdeführer noch die „G GesmbH“ besessen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 28. Dezember 1987 als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als gemäß § 9 VStG 1950 Verantwortlicher, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G GesmbH, begangen habe. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die in der Berufung vorgetragene Rechtsansicht, daß sich die Verfolgungshandlung nicht an den Verantwortlichen gemäß § 9 VStG 1950, sondern an jenen Verantwortlichen, der als gewerberechtlicher Geschäftsführer gemäß § 39 GewO 1973 angezeigt worden sei, zu richten gewesen wäre, treffe nicht zu. Im angeführten Deliktszeitraum sei nämlich ein gewerberechtlicher Geschäftsführer der G GesmbH „nicht vorhanden gewesen“. Mit Bescheid vom 13. Jänner 1987 habe die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck der früheren Konzessionsinhaberin die Konzession für das Gastgewerbe im Standort M, H‑Straße 6, entzogen. Dieser Bescheid sei rechtskräftig geworden. Am 20. Juni 1987 habe dieselbe Behörde der G GesmbH die Konzession für dieses Gewerbe im bezeichneten Standort erteilt und die Bestellung des JE als gewerberechtlicher Geschäftsführer genehmigt. Die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart „Tanzcafe“ in der Zeit vom 9. März bis 7. Mai 1987 im angeführten Standort sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Beim vorliegenden konzessionierten Gastgewerbe treffe die strafrechtliche Verantwortung den gewerberechtlichen Geschäftsführer für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften erst ab dem Zeitpunkt, in dem dessen Bestellung genehmigt worden sei. Eine solche Genehmigung lag in dem in Rede stehenden Deliktszeitraum nicht vor, weshalb die Erstbehörde die Verfolgungshandlung richtigerweise an den gemäß § 9 VStG 1950 Verantwortlichen der genannten GesmbH gerichtet habe. In dieser Funktion sei ihm die gegenständliche Übertretung zur Last gelegt worden. Die Berufungsbehörde sei berechtigt, die Bestrafung des Beschuldigten mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß ihm die Übertretung nicht als gemäß § 9 VStG 1950 Verantwortlichem, sondern konkret als zur Vertretung nach außen Berufenem, nämlich als handelsrechtlichem Geschäftsführer der G GesmbH zuzurechnen sei. Zur Ausdehnung des Deliktszeitraumes im Straferkenntnis sei zu bemerken, daß durch das Straferkenntnis vom 17. August 1987, welches innerhalb der Verfolgungsverjährung ergangen sei, dieser Umstand saniert sei. Der Beschwerdeführer bestreite in der Berufung die Verwirklichung des Tatbildes nicht, sondern verweise auf die subjektive Tatseite und vermeine, daß ihn kein schuldhaftes Verhalten treffe. Einerseits stütze der Beschwerdeführer seine Meinung auf die Rechtsauffassung, daß er eine Fortführung des Betriebes der früheren Konzessionärin vorgenommen habe und andererseits, daß er um eine Gewerbeberechtigung angesucht und auf Grund dieses Ansuchens in gutem Glauben gehandelt habe. Die Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 stelle ein Ungehormsamsdelikt dar, bei welchem die Beweislast für das Nichtvorliegen eines Verschuldens den Beschuldigten treffe. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente seien nicht geeignet, zu beweisen, daß ihm die Einhaltung der übertretenen Norm ohne sein Verschulden unmöglich gewesen wäre. Die Unkenntnis oder eine irrige Auslegung von Bestimmungen der GewO 1973 könne bei Gewerbetreibenden nicht als unverschuldet angesehen werden. Der Beschwerdeführer wäre verpflichtet gewesen, sich mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, u. a. auch mit den Voraussetzungen für die Fortführung eines Betriebes oder über eine Konzessionspflicht, auseinanderzusetzen bzw. sich hierüber entsprechend zu unterrichten. Der Beschwerdeführer habe somit schuldhaft gehandelt, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren und damit zusammenhängend in dem Recht verletzt, nicht der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 189 GewO 1973 schuldig erkannt und gemäß § 9 VStG 1950 als Verantwortlicher der G GesmbH zu einer Geldstrafe von S 3.000,‑ ‑, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben zu einer Ersatzarreststrafe in der Dauer von 144 Stunden, verurteilt zu werden. Der Beschwerdeführer bringt in Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, daß sich jegliche Verfolgungshandlung, wenn sie die Verjährung unterbrechen soll, auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente zu beziehen habe. Es entspreche keinesfalls dem gesetzlich normierten Konkretisierungsgebot und liege sohin keine gesetzeskonforme Verfolgungshandlung vor, wenn die Behörde bei ihrer ersten Verfolgungshandlung die Person des Beschwerdeführers nur „als Verantwortlicher der G GesmbH“ präzisiert habe. Das gleiche gelte hinsichtlich des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, denn in diesem blieb die Konkretisierung der Person, gegen die sich das Strafverfahren richtete, unverändert. Wenn die belangte Behörde eine Modifikation des erstinstanzlichen Spruches in der Weise vornahm, indem sie ausführte, daß der Beschwerdeführer „als gemäß § 9 VStG 1950 Verantwortlicher, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G GesmbH“, bestraft worden sei, so habe die Berufungsbehörde nicht mehr im Rahmen der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 entschieden. § 66 Abs. 4 AVG 1950 berechtige die Oberbehörde nicht zur Auswechslung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat. Eine Ergänzung durch neue Sachverhaltselemente, wie dies im gegenständlichen Fall geschehen sei, sei unzulässig. Weiters sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer mit JE gemeinsam zu je 50 % Gesellschafter der G GesmbH sei und im Hinblick darauf, daß JE Gastronom sei, entspreche es dem menschlichen Erfahrungsgut, daß dieser die Verantwortung für den Gastgewerbebetrieb trage, d. h., daß gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1950 hier eine Aufteilung der Verantwortung vorliege. Verantwortlicher Beauftragter sei stets der Fachmann der beiden Gesellschafter, also JE, gewesen. Weiters leide der Spruch des angefochtenen Bescheides an einer mangelnden Konkretisierung im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950, weil es notwendig gewesen wäre, Klarstellungen darüber zu treffen, an wen die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken stattgefunden habe. Im vorliegenden Fall habe sich die belangte Behörde damit begnügt, lediglich den substanzlosen Gebrauch der „verba legalia“ anzuführen. Denn die Umschreibung des Tatbildes allein in der Begründung widerspreche der zwingenden Norm des § 44 a lit. a VStG 1950. Das Konkretisierungsgebot verlange, daß die eigentliche Tathandlung schlüssig dargelegt werde, d. h. es müsse die unter Strafsanktion stehende Tathandlung ausreichend beschrieben sein, sodaß sie im konkreten Einzelfall im Sinne der Identität der Tat unverwechselbar feststehe. Es wäre erforderlich gewesen, im Spruch die behauptete gewerbsmäßige Ausübung darzustellen, also wie die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken in der Betriebsart eines „Tanzcafes“ gewerbsmäßig ausgeübt worden sei und vor allem an wen dies geschehen sei. Weiters sei darauf Bedacht zu nehmen, daß sich beim Beschwerdeführer um ein kollektiv zeichnungsbefugtes Organ handle. Unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, daß im gegenständlichen Deliktszeitraum ein gewerberechtlicher Geschäftsführer entgegen der Ausführungen der belangten Behörde sehr wohl vorhanden gewesen sei, weil dieser bereits angezeigt, wenn auch noch nicht genehmigt gewesen sei. Daraus ergebe sich, daß allenfalls nur der gewerberechtliche Geschäftsführer bestraft hätte werden können. Diesbezügliche Verfolgungshandlungen seien jedoch nicht gesetzt worden. Weiters habe es die belangte Behörde auf Grund einer Verkennung der Rechtslage unterlassen, die notwendigen Feststellungen und Erörterungen zu treffen, d. h. konkret und vor allem sachbezogen etwa darauf einzugehen, daß sich der Beschwerdeführer auf den guten Glauben seines rechtmäßigen Handelns habe berufen können. Weiters liege eine wesentliche Begründungslücke vor, da das gesamte Ermittlungsergebnis keinen Hinweis darauf enthalte, daß sich der Beschwerdeführer nicht über die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, u. a. hinsichtlich der Voraussetzungen für die Fortführung eines Betriebes und eine Konzessionspflicht unterrichtet hätte, sondern er offensichtlich einem Rechtsirrtum erlegen sei. Somit sei die belangte Behörde keinesfalls ihrer vom Gesetzgeber auferlegten Begründungspflicht nachgekommen. Eines Begründungsmangels habe sich die belangte Behörde auch deshalb schuldig gemacht, weil sie angeführt habe, die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart „Tanzcafe“ in der Zeit vom 9. März bis 7. Mai 1987 im angegebenen Standort habe der Beschwerdeführer nicht bestritten. Dem müsse erwidert werden, daß sehr wohl Bestreitungen vorgelegen seien. Aus einer solchen Begründung könne nicht ersehen werden, von welchen eindeutigen Darlegungen sich die Berufungsbehörde habe leiten lassen und vor allem welche Erwägungen der Behörde für die Beurteilung der Rechtsfrage maßgebend gewesen seien.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 in seiner im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,‑ ‑ oder mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen zu ahnden ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, weil ihm innerhalb der Verjährungsfrist lediglich vorgeworfen worden sei, die Übertretung „als Verantwortlicher der G GesmbH“ begangen zu haben. Eine Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muß das ihm zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44 a lit. b VStG 1950 näher konkretisieren und individualisieren. Hiebei muß allerdings das ebenfalls nach § 44 a lit. a VStG 1950 in den Spruch eines Bescheides aufzunehmende Merkmal der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG 1950 noch nicht von der Verfolgungshandlung umfaßt sein, da es sich hiebei nicht um ein Tatbestandsmerkmal der verletzten Verwaltungsvorschrift handelt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember 1988, Zl. 85/18/0120) Verfolgungsverjährung hinsichtlich der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung ist somit nicht eingetreten.
Weiters stellt die Neufassung des Schuldspruches durch die belangte Behörde insoweit, als an die Stelle der Formulierung „gemäß § 9 VStG 1950 Verantwortlicher“ die Wendung „gemäß § 9 VStG 1950 Verantwortlicher, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer“ zu treten habe, eine im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche Präzisierung des Spruches dar. Von einer Außerachtlassung der Grenzen der „Sache“ kann diesfalls keine Rede sein; dies umsoweniger, als die Berufungsbehörde sogar berechtigt ist, die Bestrafung eines Beschuldigten mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß ihm die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1987, Zl. 87/10/0024).
Auch ist der Beschwerdeführer nicht im Recht, wenn er vermeint, die Feststellung der belangten Behörde, daß im vorliegenden Deliktszeitraum ein gewerberechtlicher Geschäftsführer der in Rede stehenden Gesellschaft nicht bestellt gewesen sei, sei aktenwidrig, da ein solcher sehr wohl vorhanden gewesen sei, weil er bei der Behörde bereits angezeigt gewesen sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 27. Mai 1983, Zl. 82/04/0173, ausgesprochen hat, trifft bei konzessionierten Gewerben die strafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften den gewerberechtlichen Geschäftsführer erst ab jenem Zeitpunkt, in dem dessen Bestellung als Geschäftsführer von der Behörde genehmigt wird. Daß die Genehmigung der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers für die Ausübung des Gastgewerbes durch die Behörde im Sinne des § 39 Abs. 5 in Verbindung mit § 341 Abs. 3 GewO 1973 des von der Behörde herangezogenen Deliktszeitraumes bestanden hätte, wird selbst vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Ist ein Geschäftsführer nach der GewO 1973 nicht bestellt, so ist das zur Vertretung nach außen berufene Organ der juristischen Person (im Fall einer GesmbH der Geschäftsführer) nach § 9 VStG 1950 für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1983, Zl. 83/04/0185).
Auch der Hinweis, daß der Beschwerdeführer mit einem zweiten Geschäftsführer der G GesmbH kollektivvertretungsbefugt sei, vermag die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Bestrafung durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erscheinen zu lassen, weil dann, wenn die Vertretungsbefugnis einer juristischen Person einem Kollektivorgan übertragen ist, die Strafbestimmungen auch auf ein einzelnes Mitglied dieses Organes anzuwenden sind, ohne daß dieses einen Rechtsanspruch auf gleichzeitige und gemeinsame Bestrafung aller Mitglieder des Kollektivorganes hätte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1969, Slg. N. F. Nr. 7696/A, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Mit dem Vorbringen, im Hinblick darauf, daß der zweite Geschäftsführer der in Rede stehenden Gesellschaft die Konzessionsprüfung für das Gastgewerbe abgelegt habe und in der Folge auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer nominiert sei, „entspreche es dem menschlichen Erfahrungsgut“, daß dieser die Verantwortung für den Gewerbebetrieb trage, d. h. gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1950 eine Aufteilung der Verantwortung vorliege, vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht aufzuzeigen. Eine wesentliche Voraussetzung, um von einem „verantwortlichen Beauftragten“ sprechen zu können, ist zufolge des § 9 Abs. 4 leg. cit. die nachweisliche Zustimmung des Betreffenden zu seiner Bestellung. Erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum „verantwortlichen Beauftragten“ bestellten Person nachgewiesen wird, wirkt diese Bestellung; erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt der ihr gegenüber namhaft gemachte „verantwortliche Beauftragte“ in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnormen an die Stelle des Inhabers des Unternehmens. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein ‑ aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammende ‑ Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. N.F. Nr. 12.375/A). Das Zutreffen dieser Voraussetzung wurde vom Beschwerdeführer jedoch nicht einmal behauptet.
Weiters ist der belangten Behörde im Sinne der diesbezüglichen Beschwerdeausführungen auch keine Verletzung des Konkretisierungsgebotes des § 44 a lit. a VStG 1950 vorzuwerfen. Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört es zu den Grundsätzen jedes Strafverfahrens, daß die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist und daß die Möglichkeit ausgeschlossen wird, er könnte etwa wegen derselben Handlung noch einmal zur Verantwortung gezogen werden. Diesem Konkretisierungsgebot wird in Ansehung des Vorwurfes des Betreibens eines „Gastgewerbes“ im Regelfall jedenfalls durch einen Hinweis auf die Betriebsart Rechnung getragen (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1984, Zl. 84/04/0033, und die dort angeführte Vorjudikatur) was im angefochtenen Bescheid - ebenso wie auch schon im erstbehördlichen Straferkenntnis - durch die Bezeichnung der Betriebsart eines „Tanzcafes“ erfolgte. Der belangten Behörde kann daher im gegebenen Zusammenhang kein Verstoß gegen die Bestimmung des § 44 a lit. a VStG 1950 angelastet werden, wofür auch nicht etwa das Beschwerdevorbringen einen sachverhaltsbezogenen Anhaltspunkt bietet. So ist im gegebenen Zusammenhang insbesondere zur Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat in Ansehung des Betreibens eines Gastgewerbes nicht erforderlich anzuführen, an wen der Ausschank der Getränke bzw. die Verabreichung von Speisen erfolgt ist.
Schließlich beruft sich der Beschwerdeführer noch darauf, daß ihm guter Glaube hinsichtlich der Rechtmäßigkeit seines Handelns zuzubilligen gewesen wäre, er also einem Rechtsirrtum unterlegen sei.
Gemäß § 5 Abs. 2 VStG 1950 entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Danach kann aber die Unkenntnis eines Gesetzes bzw. dessen irrige Auslegung nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Wer ein Gewerbe betreibt, ist verpflichtet, sich über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1969, Slg. N. F. Nr. 7603/A). Daß dies aber dem Beschwerdeführer etwa unverschuldet nicht möglich gewesen wäre, ergibt sich weder aus dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwand, er sei der Rechtsauffassung, daß er eine Fortführung des Betriebes hinsichtlich der früheren Konzessionsinhaberin vorgenommen habe, noch auch aus dem darauf bezughabenden Beschwerdevorbringen, indem der Beschwerdeführer der belangten Behörde lediglich allgemein eine Verletzung ihrer Begründungspflicht vorwirft.
Die Beschwerde erweist sich jedoch aus folgenden Gründen als berechtigt:
Es ist davon auszugehen, daß nach der durch die Aktenlage gedeckten Feststellung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die G GesmbH am 4. März 1987 gegründet und am 20. März 1987 ins Handelsregister eingetragen worden ist. Es war daher verfehlt, den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung „als gemäß § 9 VStG 1950 Verantwortlicher, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer“ für einen Tatzeitraum vor dem 20. März 1987 ‑ als dem Tag der Protokollierung der genannten Gesellschaft im Handelsregister ‑ zu bestrafen, weil diese zufolge § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vor ihrer Eintragung in das Handelsregister noch gar nicht rechtlich existierte (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/04/0196, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betraf Stempelgebührenersatz hinsichtlich nicht erforderlicher Beilagen.
Wien, am 14. November 1989
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