VwGH 87/06/0099

VwGH87/06/009922.9.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Mag. Onder, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde der BS in Z, vertreten durch DDr. Manfred König, Rechtsanwalt in Saalfelden, Rathausplatz 3, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. August 1987, Zl. 7/03-2120/83-1987 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Z, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend die Versagung einer Bewilligung nach § 19 Abs. 3 ROG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52 Abs2;
AVG §56;
B-VG Art130 Abs2;
GdO Slbg 1976 §62 Abs2;
ROG Slbg 1977 §19 Abs1 idF 1984/052;
ROG Slbg 1977 §19 Abs3 idF 1984/052;
ROG Slbg 1977 §19 Abs3;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987060099.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bereits im Jahre 1973 wurde festgestellt, daß der Voreigentümer des laut Flächenwidmungsplan im Grünland gelegenen Grundstückes Nr. 144/3, KG E (524 m2 groß), G. U. - die Beschwerdeführerin ist laut Schenkungsvertrag vom 16. Oktober 1984 Eigentümerin - darauf ohne Baubewilligung ein 3,50 x 4,00 m großes Holzhaus errichtet hatte. Mit Bescheid vom 9. Jänner 1974 erging ein Abbruchauftrag, der nach Ausschöpfung des Rechtsmittelzuges in Rechtskraft erwachsen ist.

Mit Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Februar 1985 wurde der Ehemann der Beschwerdeführerin, der (laut Kaufvertrag vom 18. Juli 1977) Voreigentümer war, unter Bezugnahme auf den Beschluß der Salzburger Landesregierung vom 3. Dezember 1984, betreffend gesetzwidrige Bauführungen im Lande Salzburg, zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgefordert.

Die Beschwerdeführerin stellte am 24. März 1985 ein Ansuchen um Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 (ROG) unter Anschluß von Plänen. Der Raumplanungsausschuß der mitbeteiligten Partei beschloß in seiner Sitzung vom 19. Februar 1986, dem Ansuchen der Beschwerdeführerin sowie mehrerer anderer Personen nicht zuzustimmen. Die (vom Bürgermeister gezeichnete) Kundmachung des Ansuchens vom 10. März 1986 über die Auflage der Unterlagen während der Amtsstunden im Gemeindeamt (§ 19 Abs. 3 ROG in Verbindung mit § 62 Abs. 1 Gemeindeordnung) wurde vom 11. März 1986 bis 25. März 1986 an der Amtstafel angeschlagen.

Der von der mitbeteiligten Gemeinde herangezogene (private) Sachverständige für Raumordnungsfragen - er wirkte auch an der Erstellung des räumlichen Entwicklungskonzeptes der Gemeinde mit - führte in seinem Gutachten vom 29. März 1986 (nach Durchführung eines Lokalaugenscheines) aus, das Objekt sei ein einhalbgeschoßiger Massivbau im Ausmaß von 7,5 x 5,00 m und liege - zusammen mit zwei weiteren, ohne Bewilligung errichteten Häusern -

in einer Waldrandzone am Güterweg E in ca. 1200 m Seehöhe (es wurden hiefür Fotos vorgelegt). Ein Zusammenhang mit einem Siedlungsgebiet oder einer Gehöftgruppe sei nicht gegeben (belegt durch Pläne). Im Entwicklungskonzept der Gemeinde zu diesem Gebiet heiße es: Sicherung der landwirtschaftlich kultivierten Flächen (einschließlich der Almzonen) und der Wälder in ihrem Bestand und Erscheinungsbild; nur sehr eingeschränkte Erteilung von Ausnahmegenehmigungen. Das Objekt liege in einem großen, zusammenhängenden landwirtschaftlich kultivierten und genutzten Bereich, der in seinem Bestand und Erscheinungsbild zu erhalten, d. h. vor allem auch von Verbauung freizuhalten sei. Für eine Ausnahmegenehmigung müßten besondere Gründe vorliegen. Aus der Sicht der Raumplanung sei eine solche Begründung nicht zu finden, weshalb empfohlen werde, dem Ansuchen mangels Übereinstimmung mit dem räumlichen Entwicklungskonzept (es wurde am 5. Mai 1986 beschlossen) bzw. den erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsichten nicht stattzugeben.

Mit Einladung vom 7. April 1986 wurde der Beschwerdeführerin am 21. April 1986 Parteiengehör eingeräumt, wobei sie vorbrachte, der Voreigentümer G. U. habe ihr beim Kauf des Grundstückes samt Haus 1977 erklärt, es liege nach Absprache mit dem seinerzeitigen Bürgermeister eine Genehmigung vor, und zwar sogar seitens der Landesregierung. 1978 sei sodann das Haus erweitert worden. Vor Ausführung des Erweiterungsbaues habe der schon im Ruhestand befindliche Bauamtsleiter erklärt, er empfehle, über die Sache zu schweigen. 1983 sei eine zusätzliche Erweiterung erfolgt.

Der ehemalige Bauamtsleiter gab am 21. Mai 1986 an, hinsichtlich des Objektes des G. U. sei schon seinerzeit ein Abbruchauftrag ergangen. An die von der Beschwerdeführerin behauptete Äußerung habe er keine Erinnerung. Als weisungsgebundener Bediensteter habe er nie selbständig Bewilligungen erteilt. Der Planungsausschuß der mitbeteiligten Gemeinde verwies in seinem Bericht vom 3. Juni 1986 unter Darlegung des Sachverhaltes auf seine ablehnende Stellungnahme.

Am 2. Juli 1986 fand ein weiterer Lokalaugenschein durch Organe der mitbeteiligten Partei statt. Dabei wurde festgestellt, das Objekt liege im Bereich des E-berges und sei durch den Güterweg E bzw. einen privaten Stichweg erreichbar. Es liege an einem steilen Nordosthang und sei durch den Bestand von Jungwald kaum einsehbar. Es sei ca. 250 m nördlich des sogenannten "Xgutes" gelegen, und zwar 80 m östlich von zwei weiteren nicht bewilligten Objekten. Vom Güterweg E aus sei das Objekt in einer Entfernung von ca. 20 m hangabwärts gelegen teilweise einsichtig.

Die (nunmehr anwaltlich vertretene) Beschwerdeführerin gab am 22. Juli 1986 eine weitere Stellungnahme ab, in der sie vorbrachte, den Bau vor allem zur Pflege des Grundstückes zu benötigen. Da der Bau nicht störend wirke und wegen der stillschweigenden Zustimmung der baubehördlichen Organe Gutgläubigkeit hinsichtlich des erworbenen und später erweiterten Baues vorliege, möge ihr die Bewilligung erteilt werden. In einer Stellungnahme vom 19. Juli 1986 hatte sie noch behauptet, es liege eine schriftliche Genehmigung vor.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Mai 1987 wurde dem (nachträglichen) Ansuchen gemäß § 19 Abs. 3 ROG die Genehmigung versagt. Zur Begründung wurde das wesentliche Verwaltungsgeschehen wiedergegeben und auf § 19 Abs. 3 ROG verwiesen. Weiters legte die Behörde dar, das Gebiet sei im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan aus 1960 im Grünland gelegen und werde sich daran auch bei der im Zuge befindlichen Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes nichts ändern. Für die Erstellung des Planes 1960 habe es noch keines räumlichen Entwicklungskonzeptes bedurft. Für die Überarbeitung sei nun ein solches Konzept erstellt worden, welches sich zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung bereits im Beratungsstadium befunden habe und am 5. Mai 1986 hinsichtlich der im Gutachten enthaltenen Aussagen auch unverändert beschlossen worden sei. Der Einwand der Beschwerdeführerin, es bestehe kein räumliches Entwicklungskonzept, sei somit unzutreffend. Aus dem Gutachten des beigezogenen Sachverständigen ergebe sich, daß das Vorhaben mit dem Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht der Gemeinde nicht im Einklang stehe. Sodann wurde unter Bezugnahme auf die Ergebnisse des Lokalaugenscheines vom 2. Juli 1986 ausgeführt, damit stehe im Zusammenhalt mit dem Sachverständigengutachten fest, daß zwischen dem Vorhaben und einem Siedlungsgebiet oder einer Gehöftgruppe kein Zusammenhang gegeben sei. Es liege in einem großen landwirtschaftlich kultivierten und genutzten Bereich, der in seinem Bestand und Erscheinungsbild zu erhalten sei. Für eine Ausnahme bedürfe es besonderer Gründe. Die Richtigkeit der Berufung der Beschwerdeführerin auf frühere behördliche Zusagen sei nicht erwiesen bzw. gerade das Gegenteil, wie der Abbruchbescheid aus 1974 und die Aussage des früheren Bauamtsleiters zeigten. Wenn behauptet werde, das Objekt sei für die Pflege des Grundstückes notwendig, so widerspreche dies der Forderung nach Sicherung der landwirtschaftlich kultivierten Flächen und der Wälder in ihrem Bestand und Erscheinungsbild. Die Beschwerdeführerin benütze das Objekt als Wochenendhaus. Unrichtig sei, daß es sich um ein Vorhaben mit geringfügigem Ausmaß handle. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gutgläubigkeit sei auch zu bemerken, daß es darauf bei einem Verfahren nach § 19 Abs. 3 ROG nicht ankomme und durchaus zumutbar gewesen wäre, sich bei der zuständigen Behörde zu erkundigen, ob die erforderlichen Bewilligungen vorliegen. Wenn sie sich auf Versicherungen des Voreigentümers G. U. berufe, so sei dies nur eine Angelegenheit zwischen ihr und dem Genannten. Es seien somit keine besonderen Gründe für eine Ausnahme gegeben.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Vorstellung machte die Beschwerdeführerin geltend, der Beginn der Verlautbarungsfrist für die Kundmachung vom 10. März 1986 sei laut Anschlagvermerk mit Dienstag, 11. 3. 1986, anzunehmen. Das Ende der Frist sei folglich Dienstag, 25. 3. 1986, 24,00 Uhr, gewesen. Die Kundmachung sei jedoch schon am 25. März 1986 während der Amtsstunden abgenommen worden. Dies sei ein wesentlicher Verfahrensmangel. Desgleichen sei die Kundmachung nur vom Bürgermeister gezeichnet, ebenso die Verständigung der Beschwerdeführerin vom 9. Juli 1986 über die Beweisaufnahme. Der private Sachverständige sei nicht ordnungsgemäß bestellt und beeidet worden. Er hätte einen Lokalaugenschein nur im Zuge einer mündlichen Verhandlung vornehmen dürfen und sein Gutachten auch mündlich zu erstatten gehabt. Seine Unbefangenheit müsse in Zweifel gezogen werden, weil er mittels Werkvertrages auch das Entwicklungskonzept für die Gemeinde erstellt habe. Auch zeige die Beschlußfassung des Raumplanungsausschusses der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Februar 1986, also vor der Gutachtenerstellung, daß dem Sachverständigen bereits die Entscheidung vorgegeben gewesen sei. Überdies seien nach dem genannten Beschluß der Salzburger Landesregierung die einschlägigen Bestimmungen großzügig anzuwenden.

In einer Stellungnahme vom 15. Juli 1987 gab der Bürgermeister bekannt, der zuständige Bedienstete habe die Kundmachung erst nach Ende der Amtsstunden (16,30 Uhr) bei Dienstschluß (gegen 17,00 Uhr) abgenommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. August 1987 wurde die Vorstellung abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens sowie des Berufungsvorbringens auf § 19 Abs. 3 ROG verwiesen, woraus sich ergebe, daß ein Ansuchen abzuweisen sei, wenn das Vorhaben dem räumlichen Entwicklungskonzept oder der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht der Gemeinde entgegenstehe. Da es sich um eine Ermessensentscheidung handle, sei zu prüfen, ob die Versagungsgründe stichhältig seien und die Behörde vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht habe. Aus der Begründung der Gemeindevertretung sei ersichtlich, daß das Ansuchen den gegebenen und vorausschaubaren Strukturverhältnissen aus den angegebenen Gründen widerspricht. Die von der Gemeinde herangezogenen Kriterien seien zutreffend. Das Grundstück Nr. 144/3 liege inmitten eines weiträumigen und geschlossenen Grünlandgebietes gemäß § 14 Z. 1 ROG mit landwirtschaftlicher Nutzung. Eine Verbauung würde zweifellos der im Flächenwidmungsplan ausgedrückten Planungsabsicht, in dem Gebiet keine Bauflächen zuzulassen und jede Siedlungstätigkeit, die nicht den Interessen der Flächennutzung im Grünland entspricht, zu unterbinden, entgegenstehen. Sie widerspreche den gegebenen und vorausschaubaren Strukturverhältnissen. Aber auch die behaupteten Verfahrensmängel lägen nicht vor. Die Kundmachung des Antrages sei im Sinne des § 19 Abs. 3 ROG am Dienstag, dem 11.März 1986, an der Amtstafel angeschlagen und zwei Wochen später, am Dienstag, dem 25. März 1986, also entsprechend der Gemeindeordnung 1976 und den im § 32 Abs. 2 AVG 1950 normierten Fristbedingungen nach Beendigung der bei der mitbeteiligten Gemeinde vorgesehenen Amtsstunden (16,30 Uhr) vom genannten Gemeindebediensteten gegen 17,00 Uhr vom Kundmachungsbrett abgenommen worden. Dies müsse dem Verfasser der Vorstellung als ehemaligem Stadtamtsleiter und Dienstvorgesetzten des Bediensteten bekannt sein. Da die Kundmachung erst nach Ende der Amtsstunden abgenommen worden sei, liege kein Verfahrensmangel vor. Da der Bürgermeister gemäß den §§ 37 und 38 der Gemeindeordnung 1976 im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde - hiezu zähle auch diese Angelegenheit - zur Besorgung der behördlichen Aufgaben erster Instanz und zur Durchführung der Beschlüsse der Gemeindevertretung und ihrer Ausschüsse berufen sei, gehe auch der diesbezügliche Einwand ins Leere. Es gebe keine gesetzlichen Vorschriften, welche zwingend die Beeidigung eines von der Behörde beigezogenen Privatsachverständigen und die Abgabe des Gutachtens nur mündlich und nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vorsehen und weiters das Verbot enthalten, daß der Sachverständige von sich aus einen Ortsaugenschein vornehme. Insbesondere aus den von der Beschwerdeführerin angezogenen Bestimmungen der §§ 40 Abs. 1, 52 Abs. 2, 50, 53 Abs. 1, 54 und 55 AVG 1950 lasse sich dies nicht ableiten. Gerade weil der Sachverständige Planungsarbeiten hinsichtlich des räumlichen Entwicklungskonzeptes verrichtete, sei er besonders zur Gutachtenserstattung geeignet gewesen und deshalb auch von der Gemeinde herangezogen worden. Dies bedinge keine Befangenheit. Zudem könnten weder der Text des Gutachtens noch sonstige Ermittlungsergebnisse oder der angefochtene Bescheid die behauptete Befangenheit des Sachverständigen untermauern. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf den schon genannten Beschluß der Landesregierung vom 3. Dezember 1984 berufe, sei darauf hinzuweisen, daß dieser Beschluß keine verbindliche Wirkung habe, auf deren Beachtung ein Rechtsanspruch zustehe (Hinweis auf hg. Judikatur). Eine konkrete Zusage eines Behördenorganes auf Genehmigung sei auch nicht vorgelegen. Das Objekt stelle ein Wochenendhaus dar (Antrag) und sei als solches auch nicht zur Bewirtschaftung eines bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes erforderlich. Für einen derartigen Zweck stehe es auch nicht in Verwendung. Die Landesregierung schließe sich auch den Ausführungen des Raumordnungsgutachtens vom 29. März 1986 an. Dessen Richtigkeit werde nicht zuletzt durch das vorgelegte umfassende Plan- und Fotomaterial erhärtet. Die Gemeindevertretung habe mit stichhältiger Begründung von ihrem Ermessen im Sinne des Raumordnungsgesetzes Gebrauch gemacht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977, LGB1. Nr. 26, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 52/1984, von Bedeutung:

"§ 19

(1) Maßnahmen, die sich auf den Raum auswirken und die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften einer Bewilligung, Genehmigung oder dgl. der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich bedürfen, können vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes an nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung, insbesondere Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nur innerhalb des Baulandes (§ 12) und entsprechend der festgelegten Nutzungsart bewilligt, genehmigt oder sonst zugelassen werden.

...

(3) Die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs. 1

können, wenn es sich nicht um Apartmenthäuser, Feriendörfer oder

Wochenendsiedlungen oder um Einkaufszentren handelt, für bestimmte

Grundflächen von der Gemeindevertretung ... auf Ansuchen des

Grundeigentümers durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau

bezeichnetes Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden, wenn

dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren

grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht und bei

Bauvorhaben für Wohnbauten ... eine Gesamtgeschoßfläche von 200 m2

nicht überschreitet. Vor dieser im behördlichen Ermessen gelegenen

Bewilligung sind die Anrainer zu hören und ist das Ansuchen

zumindest sechs Wochen vor seiner Erledigung ortsüblich

kundzumachen. ... Die Bewilligung bedarf der Genehmigung der

Landesregierung; die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht

binnen drei Monaten nach Einlangen des Beschlusses der

Gemeindevertretung ... und der zur Beurteilung des Ansuchens der

Gemeinde erforderlichen Unterlagen bei der Landesregierung von dieser versagt wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Bewilligung gesetzwidrig ist oder einen Tatbestand des § 17 Abs. 3 bewirken würde. ...

§ 17

(3) Die Landesregierung hat die Genehmigung zu versagen:

a) bei Fehlen der Bedachtnahme auf die gegebenen oder angestrebten Strukturverhältnisse oder die sonstigen bei der Aufstellung des Flächenwidmungsplanes zu beachtenden Bestimmungen dieses Gesetzes; ..."

Soweit die Beschwerdeführerin zunächst neuerlich unter Wiederholung ihres Vorbringens in der Vorstellung einen Verfahrensmangel bezüglich der ihrer Ansicht nach um einige Stunden zu kurz erfolgten Kundmachung ihres Ansuchens vom 10. März 1986 gemäß § 19 Abs. 3 ROG geltend macht, ist sie auf § 62 Abs. 2 der Gemeindeordnung 1976, LGBl. Nr. 56, zu verweisen, wonach Anordnungen, deren Umfang oder Art als ortsübliche Kundmachung den Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde nicht zuläßt, im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden innerhalb der Kundmachungsfrist aufgelegt werden können, wobei die Auflegung nach Abs. 1 (Kundmachungsfrist von zwei Wochen) kundzumachen ist. In der vorliegenden Kundmachung wurde insbesondere auch auf das Aufliegen im Gemeindeamt während der Amtsstunden aufmerksam gemacht. Selbst wenn die Ansicht der Beschwerdeführerin bezüglich der Verkürzung der Kundmachungsfrist um wenige Stunden zuträfe, so übersieht sie, daß gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zu einer Aufhebung des Bescheides führt, wenn die Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers auch zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Da unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände des Beschwerdefalles sich Anhaltspunkte in dieser Richtung nicht ergeben haben und solche auch von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt worden sind, kann demnach insoweit von einem entscheidungswesentlichen Mangel nicht gesprochen werden.

Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Kundmachung vom 10. März 1986 und die an sie ergangene Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 9. Juli 1986 seien bloß vom Bürgermeister und ohne Hinweis auf die Gemeindevertretung erfolgt, hat bereits die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend Stellung bezogen. Die Beschwerdeführerin übersieht, daß lediglich die Beschlußfassung über das Ansuchen der Gemeindevertretung vorbehalten ist, was auch beachtet wurde.

Die Erteilung der Ausnahmebewilligung gemäß § 19 Abs. 3 ROG stellt eine Dispens mit Bescheidcharakter dar. Es handelt sich hiebei um eine Ermessensentscheidung. Die Entscheidung ist darauf abzustellen, ob die Ausnahme im Einzelfall geeignet wäre, konkret die Erreichung von Planungszielen zu stören. Eine solche Bewilligung ist nur gerechtfertigt, wenn besondere von der Partei angeführte oder aus ihrem Vorbringen im Zusammenhang mit der jeweils gegebenen Situation erkennbare Gründe dafür sprechen (vgl. zum z. B. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1976, Slg. N. F. Nr. 9108/A). Die Prüfung der Verwaltungsbehörde hat sich somit nach § 19 Abs. 3 ROG auf die Frage zu beschränken, welches räumliche Entwicklungskonzept vorliegt bzw. welche erkennbare grundsätzliche Planungsabsicht für die Festlegung der hier maßgebenden Widmung im Flächenwidmungsplan entscheidend war und ob das Vorhaben diesen Planungszielen entgegensteht oder nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. Mai 1980, Zl. 1792/79, und vom 18. Dezember 1986, Zl. 85/06/0212)).

Das von der Gemeindebehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren läßt eindeutig erkennen, daß die Errichtung des hier maßgeblichen Gebäudes der grundsätzlichen Planungsabsicht der Gemeinde, wie sie sich insbesondere im geltenden Flächenwidmungsplan, aber auch in dem nunmehr vorliegenden Entwicklungskonzept darstellt, entgegensteht. Erfolgt doch durch das Gebäude ein wesentlicher Einbruch in eine geschlossene (landwirtschaftlich bzw. forstwirtschaftlich) genützte Grünlandzone und besteht kein räumlicher Zusammenhang mit einem Baulandbereich oder auch nur einer Gehöftegruppe. Wenn auch das Bauwerk nur teilweise einzusehen ist, so verkennt die Beschwerdeführerin, daß gerade die Hintanhaltung einer Zersiedelung ein maßgebliches Anliegen des Salzburger Raumordnungsgesetzes ist, wie schon den Grundsätzen und Zielen des § 2 ROG entnommen werden kann. Gegen die Schlüssigkeit des Gutachtens des nichtamtlichen Sachverständigen für Raumordnungsfragen vom 29. März 1986 bestehen keine Bedenken, zumal es einen ausreichenden Befund enthält und überdies durch die in den Akten erliegenden Pläne und Fotos bekräftigt wird. All dies läßt eindeutig erkennen, daß das errichtete Gebäude den gegebenen und nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde und dem Entwicklungskonzept zu erhaltenden Strukturverhältnissen widerspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, die Meinung der Beschwerdeführerin, ein Sachverständigengutachten sei auf jeden Fall mündlich und im Rahmen einer Vernehmung (mündlichen Verhandlung) zu erstatten, weiters sei es dem Sachverständigen verwehrt, selbständig einen Augenschein vorzunehmen, finde in den Verfahrensgesetzen keine Deckung. Wie unverständlich insbesondere das letztgenannte Vorbringen der Beschwerdeführerin ist, zeigt der Umstand, daß der Sachverständige in der Regel eines Augenscheins bedarf, um sein Gutachten erstellen zu können. Im übrigen wäre es der Beschwerdeführerin freigestanden, die Durchführung einer (nicht zwingend vorgeschriebenen) mündlichen Verhandlung bzw. eines Augenscheines unter Beiziehung der Parteien zu beantragen. Dies hat sie nicht getan. Sie ist auch den Ausführungen des Sachverständigen in keiner Weise wirksam entgegengetreten.

Hingegen vermag der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, das Gesetz sehe keine bescheidmäßige Bestellung und keine Beeidigung eines nichtamtlichen Sachverständigen vor, nicht zu teilen, wie dies aus § 52 Abs. 2 AVG 1950 abzuleiten ist. Daß es im Beschwerdefall zu einer - wenn auch nicht mittels eines förmlichen Bescheides erfolgten - Bestellung des nichtamtlichen Sachverständigen für Raumordnungsfragen gekommen ist und dieser nicht beeidet wurde, zeigt die Aktenlage. Diese Vorgangsweise erweist sich zwar als fehlerhaft. Wie bereits oben dargelegt wurde, bedeutet aber nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften für den Verwaltungsgerichtshof einen Aufhebungsgrund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG; nur erhebliche, entscheidungswesentliche Mängel ziehen eine Aufhebung nach sich. Dies gilt auch im Falle der Unterlassung der Beeidigung eines nichtamtlichen Sachverständigen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1987, Zlen. 83/05/0146, 0147 = BauSlg. Nr. 948). Daß der vorliegend beigezogene nichtamtliche Sachverständige etwa nicht über das entsprechende Fachwissen verfügt, wurde von der Beschwerdeführerin nicht einmal andeutungsweise behauptet. Auch sonst vermochte sie nichts Stichhältiges für die Wesentlichkeit der Verfahrensmängel vorzubringen. Die Überprüfung der Relevanz führt im gegenständlichen Fall nicht zu einer Aufhebung des Bescheides.

Warum die von der Beschwerdeführerin behaupteten Befangenheitsgründe nicht durchzuschlagen vermögen, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausreichend und zutreffend dargetan. Gerade der Umstand, daß der Sachverständige bei der Ausarbeitung des räumlichen Entwicklungskonzeptes mitwirkte, befähigte ihn in besonderer Weise zur Erstellung des Gutachtens. Die die von ihm im Rahmen des Entwicklungskonzeptes ausgeübte Tätigkeit bewirkte ebensowenig eine Befangenheit wie der Umstand, daß der Planungsausschuß der mitbeteiligten Partei sich schon vor Begutachtung durch den Sachverständigen gegen eine Ausnahmegenehmigung ausgesprochen hat.

Soweit die Beschwerdeführerin auf den schon mehrmals angeführten Beschluß der Salzburger Landesregierung vom 3. Dezember 1984 Bezug nimmt, wurde bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt, daß es sich dabei um keine verbindlichen Regelungen handelt, auf deren Anwendung ein Rechtsanspruch bestünde (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1987, Zl. 86/06/0155).

Auch mit dem Hinweis auf andere von der Gemeinde (und der belangten Behörde) genehmigte Ausnahmeansuchen ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, hat sie doch nicht einmal behauptet, daß solche etwa für unmittelbar benachbarte Bereiche erteilt wurden, ganz abgesehen davon, daß auf Grund einer allenfalls rechtswidrig erteilten Bewilligung kein Rechtsanspruch für den vorliegenden Fall abgeleitet werden könnte.

Der belangten Behörde unterlief daher keine Rechtswidrigkeit, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, daß die Gemeindevertretung bei der Ablehnung des Ansuchens der Beschwerdeführerin deren Rechte nicht verletzt hat.

Da es somit der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, die von ihr behaupteten Rechtsverletzungen darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 22. September 1988

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