VwGH 86/01/0153

VwGH86/01/01539.11.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des GR in W, vertreten durch Dr. Helmut Salzbrunn, Rechtsanwalt in Wien I, Zelinkagasse 12, gegen den Bescheid des Einigungsamtes Wien vom 21. April 1986, Zl. III Re 401/85, betreffend Zustimmung zur beabsichtigten Entlassung in eventu Kündigung des Beschwerdeführers durch die mitbeteiligte Partei: L Gesellschaft m. b.H. in W, vertreten durch Dr. Friedrich Willhelm, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 18/16, zu Recht erkannt:

Normen

ArbVG §120 Abs1;
ArbVG §121 Z1;
ArbVG §121 Z3;
ArbVG §120 Abs1;
ArbVG §121 Z1;
ArbVG §121 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist seit 1. Mai 1979 bei der mitbeteiligten Partei als Ausbildungsleiter angestellt, wobei seine Hauptaufgabe in der innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildung von (damals) 173 Lehrlingen bestand. Seit 1. März 1983 ist er auch Mitglied des Angestelltenbetriebsrates.

Unstrittig ist, daß der Beschwerdeführer auf der Rückseite eines mit 18. Oktober 1985 datierten Rundschreibens, welches eine an die Lehrlinge der mitbeteiligten Partei gerichtete Einladung zu einem Seminar und auf seiner Vorderseite neben der Unterschrift des Ressortleiters für Personal und Recht, Dr. S, auch die Unterschrift des Beschwerdeführers enthielt, ohne Wissen des genannten Vorgesetzten folgenden Text im Wege einer Fotokopie verlautbarte:

"Ehrliche Freunde, wahrheitsliebende Wischer!

Es freut uns zu vermelden, daß letzten Herbstens wieder 58 Jungwischer zu uns gerollert sind, womit sich die Anzahl der unseren in der Verschulung befindlichen Jungwische auf genauerlich 173 insgesammelt hat. Davonnen 10 sich im Zentraliglu befinden, um sich hierorten hauptsächlich Papierliches in den kugelrunden Pelzköpfen zu vermerken. Das übrige Rudel teilt sich in 79 solcherne, die in großen Iglus allerlei Begehrliches super vermarkten und in 84 solcherne, die in noch größeren Iglus noch mehr an Wert verkaufen.

Es geht uns gut, liebe Wischer, es geht uns gut, ja, ja!

Aber wies drinnen aussieht manchmalen in unsereinem, Kollegen, das weiß von den Altwischen kaum einer. Denn was uns nicht bricht, stärkt uns Jungwische; - so denkt der oder die. Mit Jungwischen wird aber auch geschrien, ihr glaubt es nicht, Kollegen, und gepfaucht, obwohl wir doch die feinsten Flatterohren haben!

Geschrei tönt aus der Schule auf dem Felde der Maria Theresia. Wahrscheinlich ist eine Wischerklasse in Maschinschreiben im Durchschnitt eben doppelt so dumm wie in anderen Gegenständen, darumen sie dann im Durchschnitt auch doppelt so schlechte Noten kriegt. Und in der Gasse des Viktor:

Auch hier zeigen die Ugunoten, daß eine Wischerklasse in Verkaufskunde im Durchschnitt um eine Note blöder ist, als in anderen Lerngegenständen. Wahrscheinlich haben wir Jungwische im Hirn alle an der gleichen Stelle ein kleines Loch. Oder was? Oder wer sonst? Egaliter!

Mancherne Senior-WISCHE schreien dich auch in der Früh schon an. Logo und klaro, daß du jetzo den ganzen Tag mit gesträubtem Fell herumrollst. Dann wieder schildern solcherne Senior-WISCHE abgestrampelt, wieviele, viele Stunden der Pflege es an uns bedarf, bis das gesträubte Fell von Jungwischen der gewünschten L-WISCHEN Striegelung entspricht, bis die Krallen eingezogen und die Pfoten samtweich werden, bis auch der letzte Jungwisch kapiert hat, daß seine drei Zahnreihen in diesem Beruf nicht zum Beißern da sind. Schon gar nicht zum Zurück!

Mancherne Senior-WISCHE sehen unsereinen wieder gar nicht, obwohl du morgens beim ersten Vorbeirollern höflich miaust. Obwohl du bei nächster Gelegenheit wieder miaust - wieder nix. Wenn dann unsereiner wie geprügelt herumschleicht, dann war's wieder keiner.

- Auch im Zentraliglu gibt es noch solcherne, für die wir Jungwische - trotz miau - unsichtbar sind. Denen man dann beim Stiegenhinunterstolzen einen Renner geben möchte, daß ... Meinereiner ist ja unsichtbar.

Es mautzen auch Jung-WISCHE, daß sie mondelang nur als Obstwisch oder tagelang nur als Wagerlwisch rollern, wo doch solchernes bei der Prüfung zum Abschluß der Lehre kaum gefragt ist. Manchereiner von den Altwischen brummelt wieder, daß die Uhren der Jungwische schneller gingen, sodaß sie zuviele Stunden Wischerdienst hätten. Stimmet nicht, stimmet nicht, Kollegen. Unsereiner will dann nur nicht zulange auf seine Streunstunden warten. Denn mit Hängeschwanz rollerst du nicht gut!

Schön ist's halt, wenn im Iglu das ganze L-WISCHER-Rudel (ohne Lieblingswisch vom Seniorwisch, ohne Naderwisch und ohne Gepfauche untereinander) wie geschmiert rollert.

Freunde, Freude! Das sind dann echte Wischer ohne Huscher! Ry-Wisch"

Mit Antrag vom 6. November 1985 begehrte die mitbeteiligte Partei daraufhin die Zustimmung der belangten Behörde zur beabsichtigten Entlassung des Beschwerdeführers gemäß § 122 Abs. 5 Z. 1 ArbVG und in eventu die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung gemäß § 121 Z. 3 ArbVG.

Sie brachte dazu im wesentlichen folgendes vor: Der Beschwerdeführer habe bereits im Jahre 1982 schwere und in jeder Beziehung beleidigende Vorwürfe gegen die damalige Leiterin des Lohn- und Gehaltsverrechnungsbüros der mitbeteiligten Partei erhoben und dadurch den Tatbestand der üblen Nachrede im Sinne des § 111 StGB erfüllt. Von einer Kündigung sei damals abgesehen worden, jedoch habe man den Beschwerdeführer ermahnt und ihm gegenüber klar zum Ausdruck gebracht, daß jeder Verstoß gegen den Betriebsfrieden seine sofortige Entlassung zur Folge haben werde.

Der Beschwerdeführer habe entgegen dem ihm unmißverständlich erteilten Auftrag, insbesondere für die charakterliche Entwicklung der ihm anvertrauten Lehrlinge zu sorgen, während eines im Jänner 1984 durchgeführten Lehrlingsseminares mehrfach Ausdrücke gebraucht, die absolut unangebracht gewesen seien und im Rahmen einer Jugendausbildung nicht Gesprächsinhalt zwischen Erwachsenen und Jugendlichen sein dürften. Die Lehrlinge hätten darüber zum Teil empörte schriftliche Klagen geführt. Der Beschwerdeführer sei diesbezüglich schriftlich ermahnt worden.

Am 18. Dezember 1984 habe der Beschwerdeführer ohne Rücksprache mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten, dem Ressortleiter Personal und Recht, einen vom Zentralbetriebsratsobmann unterfertigten Aushang, mitunterfertigt. Er habe am 20. Dezember 1984 eine ganz klare Anweisung erhalten, daß von der Ausbildungsabteilung hinausgehende offizielle Schreiben mit dem Ressortleiter Personal und Recht abzustimmen seien und von diesem mitunterfertigt werden müßten. Als der Beschwerdeführer am 25. Jänner 1985 vorgegeben habe, diese Anweisung nicht verstehen zu wollen, sei ihm nochmals am 4. Februar 1985 diesbezüglich eine ganz klare Interpretation gegeben worden.

Mit Datum vom 18. Jänner 1985 habe der Beschwerdeführer dem Ressortleiter Personal und Recht, Dr. A. S, eine von ihm unterfertigte schriftliche Einladung an alle Lehrlinge für ein Seminar im November 1985 zur Gegenzeichnung vorgelegt. Nach Gegenzeichnung durch den genannten Ressortleiter habe der Beschwerdeführer ohne Wissen, Erlaubnis und Abstimmung mit dem Ressortleiter, den oben wiedergegebenen, von ihm verfaßten Text auf die Rückseite jeder Einladung im Wege einer Fotokopie aufgedruckt und danach die Einladung zur Versendung gebracht. Der Beschwerdeführer habe damit seinen unmittelbaren Vorgesetzten (und damit auch die mitbeteiligte Partei) entgegen einer ausdrücklichen Geschäftsanweisung diffamiert, indem ihm ein Text untergeschoben worden sei, der in der Ausdrucksweise, im Inhalt und in den abgegebenen Empfehlungen gegen den bei der mitbeteiligten Partei gepflogenen Stil eklatant verstoßen habe. Die vom Beschwerdeführer vorgenommene eigenmächtige Ergänzung des Einladungsschreibens stelle eine beispiellose Manipulation dar, die den guten Sitten widerspreche. Etliche der mit der Ausbildung von Lehrlingen betrauten Filialleitungen hätten sich durch die in dem Text enthaltenen Anschuldigungen in ihrer Ehre verletzt gesehen, weil ihre bisherigen Bemühungen als Ausbildner gefährdet worden seien. Das Verhalten des Beschwerdeführers zeige, daß eine sinnvolle Zusammenarbeit der mitbeteiligten Partei mit ihm nicht mehr zumutbar wäre.

Der Beschwerdeführer bestritt dieses Vorbringen, beantragte die Abweisung des Zustimmungsantrages und führte u.a. für seinen Standpunkt ins Treffen, er habe in bezug auf das von ihm unterfertigte Schreiben vom 18. Dezember 1984 die "Geschäftsanordnung", gegen die er verstoßen haben soll, nie vorgelegt bekommen. Er habe des weiteren das Schreiben in seiner Funktion als Betriebsrat unterzeichnet und liege darin kein Fehlverhalten.

Was das Rundschreiben vom 18. Oktober 1985 betreffe, so sei die Benützung der Rückseite von Einladungen zu Lehrlingsseminaren auch in der Vergangenheit üblich gewesen und bisher nie beanstandet worden. Die Seite habe sich gerade für Zusatzinformationen ohne Mehrkosten angeboten. Insbesondere aus Ersparnisgründen erfolgten Ergänzungen auf die beschriebene schnelle Art. Er habe durch das Kopieren eines an die Lehrlinge gerichteten Briefes auf der Rückseite des Einladungsschreibens keinen "Text unterschoben"; durch die Zeichnung mit dem Begriff "Ry-Wisch" sei die Autorenschaft dieser Seite völlig klargestellt und habe er auch gegen keinen "bisher gepflogenen Stil eklatant verstoßen". Der Brief verstoße auch nicht gegen die guten Sitten und sei daher keine erhebliche Ehrverletzung begangen worden.

Die vom Beschwerdeführer in dem besagten Brief parodierten Situationen hätten leider einen wahren Hintergrund, wodurch auch die Überempfindlichkeit der mitbeteiligten Partei erklärbar werde. Verschiedene Mißstände im Rahmen der Lehrlingsausbildung durch die mitbeteiligte Partei seien nicht nur intern, sondern auch bei den Arbeitsinspektoraten, Berufsschulen und den Lehrlingsstellen der Gewerkschaft bekannt. Es habe sich bei dem Rundschreiben nicht um eine neue Information, sondern nur um ein "in lustiger Weise Zursprachebringen der Mängel in der Berufsausbildung" gehandelt. Die Mitteilung von Mißständen an Filialleiter bringe fast keine, solche an Vorgesetzte, überhaupt keine Reaktion. Der Beschwerdeführer habe deshalb den Versuch gemacht, die Mißstände in Form einer Parodie im Stile der Schriftstellerin Christine Nöstlinger darzustellen. Ein Verschweigen oder Negieren dieser Mängel und Mißstände sei für den Beschwerdeführer in seiner Position unvertretbar gewesen, er hätte sich an den Verletzungen des BAG und des AZG mitschuldig gemacht.

Ausdrücklich machte der Beschwerdeführer auch geltend, daß die Anschuldigungen der mitbeteiligten Partei unrichtig wären, lange zurücklägen und auch von ihr selbst als erledigt bezeichnet worden seien. Der Antrag auf Zustimmung zur Kündigung sei nur eingebracht worden, um den Beschwerdeführer von den kommenden Betriebsratswahlen auszuschalten. Für den 52-jährigen Beschwerdeführer würde eine Kündigung erhebliche soziale Probleme bedeuten.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zustimmung zur beabsichtigten Entlassung des Beschwerdeführers gemäß § 122 Abs. 5 Z. 1 ArbVG ab, gab aber dem Eventualantrag auf Zustimmung zur Kündigung des Beschwerdeführers gemäß § 121 Z. 3 ArbVG statt.

Sie traf zusätzlich zu den oben dargestellten, unstrittigen Fakten die Feststellung, daß der Beschwerdeführer im Zuge der von ihm für Lehrlinge veranstalteten Seminare Vorträge über das Sexualleben gehalten und sich dabei einer unangebracht vulgären und beim Publikum Anstoß erregenden Ausdrucksweise bedient habe. Dies liege aber zwei Jahre zurück.

Über das Rundschreiben vom 18. Oktober 1985 seien die meisten Filialleiter der mitbeteiligten Partei "beleidigt und sehr empört gewesen".

In rechtlicher Hinsicht erachtete die belangte Behörde nur das Schreiben vom 18. Oktober 1985 als entscheidungsrelevant, die übrigen von der mitbeteiligten Partei ins Treffen geführten Umstände lägen zu lange zurück.

Das besagte Schreiben aber erfülle zwar nicht den Zustimmungstatbestand nach § 122 Abs. 1 Z. 5 ArbVG, wohl aber stelle es einen schweren Vertrauensbruch dar und könne daher der mitbeteiligten Partei die Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers aus Gründen der Arbeitsdisziplin nicht mehr zugemutet werden.

Nur gegen den stattgebenden Teil dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Kündigungsschutz und auf ein mängelfreies Verfahren verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 121 ArbVG (in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) darf das Einigungsamt einer Kündigung unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 120 u.a. nur zustimmen, wenn 3.) das Betriebsratsmitglied die ihm auf Grund des Arbeitsverhältnisses obliegenden Pflichten beharrlich verletzt und dem Betriebsinhaber die Weiterbeschäftigung aus Gründen der Arbeitsdisziplin nicht zugemutet werden kann.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde ganz ausdrücklich auch darauf Bezug genommen hat, die ihm angelasteten Vorfälle lägen lange zurück. Im Sinne der ständigen Judikatur und herrschenden Lehre ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß ein Dienstgeber den Antrag auf Zustimmung des Einigungsamtes hinsichtlich eines bestimmten Zustimmungsgrundes u.a. dann verwirkt, wenn er den Antrag nicht unverzüglich stellt (vgl. dazu das jüngst ergangene hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1988, Zl. 86/01/0086, das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1987, Zl. 84/01/0122, auf welche gemäß Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen wird; sowie die hg. Erkenntnisse vom 12. November 1963, Zl. 968/62, Arb 7879; vom 30. Jänner 1958, Zl. 1263/56, Arb 6804, und vom 16. Dezember 1954, Zl. 53/54, Arb 6133, sowie Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht Band I Individualarbeitsrecht3, 287, 303; Floretta-Strasser, Kommentar zum Arbeitsverfassungsgesetz 834). In der hg. Judikatur wurde diesbezüglich eindeutig klargestellt, daß ein 9, 10 bzw. 15 Tage nach Kenntnis des Grundes eingebrachter Antrag auf Zustimmung bereits als verspätet anzusehen ist (vgl. die oben zitierten hg. Erkenntnisse Arb 6133, 6804 und 7879, sowie Floretta-Strasser, Kommentar zum Arbeitsverfassungsgesetz 834).

Unter Bedachtnahme auf diese Rechtslage drängt sich im vorliegenden Fall hinsichtlich des Rundschreibens vom 18. Oktober 1985 die Frage auf, warum der Antrag auf Zustimmung erst am 6. November, also nach 19 Tagen, beim Einigungsamt eingebracht wurde, wobei jegliche Feststellungen des Einigungsamtes darüber, wann die zuständigen Organe der mitbeteiligten Partei von dem besagten Rundschreiben Kenntnis erlangt haben, zu vermissen sind. Bereits dadurch, daß die belangte Behörde in Verkennung der rechtlichen Notwendigkeit der unverzüglichen Antragstellung und somit ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht Feststellungen in dieser Richtung unterlassen hat (sogenannter sekundärer Verfahrensmangel; vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1988, Zl. 85/01/0162), hat sie ihren Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Dazu kommt, daß die Beschwerde zu Recht rügt, die belangte Behörde habe nicht dargetan, warum die vom Gesetz geforderte Beharrlichkeit der dem Beschwerdeführer angelasteten Pflichtverletzung gegeben sein soll. Der angefochtene Bescheid spricht in diesem Zusammenhang lediglich von einem "schweren Vertrauensbruch" und übersieht vollkommen, daß der herangezogene und als erfüllt angesehene Zustimmungstatbestand ganz ausdrücklich u. a. eine beharrliche Pflichtverletzung erfordert. Eine solche ist nach der hg. Judikatur erst dann gegeben, wenn das Betriebsratsmitglied trotz erfolgter Abmahnung durch den Dienstgeber die jeweilige Pflichtverletzung fortsetzt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1980, Zl. 1270/78, Slg. N.F. Nr. 10016/A). Auch mit dieser Frage hätte sich die belangte Behörde insbesondere im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer verfaßten Schreiben vom 18. Dezember 1984 und den dazu aufgestellten Behauptungen der mitbeteiligten Partei, der Beschwerdeführer sei diesbezüglich am 20. Dezember 1984 und 4. Februar 1985 darauf hingewiesen worden, er habe offizielle Schreiben, die aus der Ausbildungsabteilung hinausgingen, mit dem Ressortleiter Personal und Recht abzustimmen und von diesem mitunterfertigen zu lassen (vgl. das Vorbringen im Antrag der mitbeteiligten Partei Seite 3 Punkt III der Akten des Verwaltungsverfahrens), auseinandersetzen müssen. Auch in diesem Punkt hat die belangte Behörde somit einen rechtlich relevanten Umstand vollkommen außer acht gelassen und weder die relevanten Fakten erhoben, noch sich mit den anstehenden Problemen materiell auseinandergesetzt. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Vorliegens der von der Beschwerde behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit aufzuheben (§ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG).

Von der Anberaumung der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen, weil bereits der Inhalt der vorliegenden Akten erkennen ließ, daß auch von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 9. November 1988

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