VwGH 2013/17/0097

VwGH2013/17/00978.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Schwarz als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. Jänner 2013, Zl. VwSen-360037/17/AL/Ha/ER, betreffend Übertretung des GSpG (mitbeteiligte Partei: AW in T, vertreten durch Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
MRKZP 07te Art4;
StGB §168;
StPO §190 Z1;
VStG §30;
VStG §45 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
MRKZP 07te Art4;
StGB §168;
StPO §190 Z1;
VStG §30;
VStG §45 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz - Land vom 23. Juli 2012, wurde die Mitbeteiligte als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit Verantwortliche gemäß § 9 Abs. 1 VStG der P GmbH der Übertretung der "§ 52 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4" des Glücksspielgesetzes (GSpG) für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe von EUR 15.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 229 Stunden) verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Mitbeteiligten Folge, behob das Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, sie habe gegen die Mitbeteiligte des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren mit Schreiben vom 11. September 2012 der zuständigen Staatsanwaltschaft Anzeige "wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet". Mit Schreiben vom 19. September 2012 sei die belangte Behörde von der Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt worden, dass das Ermittlungsverfahren gegen die Mitbeteiligte gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt worden sei. Im Ergebnis komme der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltlichen Einstellung aufgrund der mittlerweile eingetretenen Verjährung der Tat jedenfalls die Bedeutung eines Freispruches im Sinne des Art 4 7. ZPEMRK zu, der eine weitere Verfolgung oder Bestrafung der Mitbeteiligten ausschließe. Im Übrigen führe aber auch eine von der belangten Behörde selbstständig vorgenommene Beurteilung zum Vorliegen eines gerichtlich zu ahndenden Tatbestandes. Und zwar liege "aufgrund der - im Verwaltungsakt eindeutig belegten - Ausgestaltung sämtlicher Geräte mit Automatik-Start-Tasten" der "strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor". Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts könne im Ergebnis jedenfalls keine Verwaltungsübertretung mehr vorliegen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, ebenso wie die Mitbeteiligte, in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nach einer Verfahrenseinstellung oder einem freisprechenden Urteil durch die Gerichte die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen habe (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, und vom 9. September 2013, Zl. 2012/17/0576). Aus der Einstellung ergibt sich nicht, dass die Staatsanwaltschaft vom Vorliegen eines gerichtlich strafbaren Tatbestandes ausgegangen wäre, sodass hier - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend - die belangte Behörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. August 2013, Zl. 2012/17/0533). Dabei gleicht der vorliegende Beschwerdefall vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt und von der maßgeblichen Rechtslage her demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, Zlen. 2013/17/0210 und 0211, entschieden hat. Auch im gegenständlichen Fall wurden keine Feststellungen zur genauen Funktionsweise der "Automatik-Start-Taste" und ob die Rahmenbedingungen einen Spieler dazu verleiten, dass die Summe der von ihm im Verlaufe einer ganzen Spielveranstaltung eingesetzten Vermögenswerte nicht mehr gering ist bzw. ob Spieler vorsätzlich zu "Serienspielen" veranlasst werden sollten, getroffen. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort näher dargelegten Gründen war auch der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 8. November 2013

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