VwGH 2013/05/0110

VwGH2013/05/01109.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerden des Dr. J K in M, vertreten durch Mag. Georg Derntl, Rechtsanwalt in 4320 Perg, Hauptplatz 11a/Herrenstraße 1, gegen die Bescheide der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. März 2013, Zl. UR-2006-2522/44-Lu/Kl (hg. Zl. 2013/05/0111), vom 17. April 2013, Zl. UR-2006-2522/47-Lu/Kl (hg. Zl. 2013/05/0110), und vom 27. Juni 2013, Zl. UR-2006-2522/51- Lu/Kl (hg. Zl. 2013/05/0139), betreffend Zwangsstrafen nach § 5 VVG, zu Recht erkannt:

Normen

AbwasserentsorgungsG OÖ 2001 §2 Abs1 Z12;
AVG §68 Abs1;
BauO OÖ 1976 §41;
BauO OÖ 1994 §25 Abs1 Z4 lita;
BauO OÖ 1994 §25 Abs4 Z3;
BauO OÖ 1994 §25;
EMRK Art6;
EMRK Art7;
VVG §10 Abs2;
VVG §5 Abs2;
VVG §5 Abs3;
VVG §5;
AbwasserentsorgungsG OÖ 2001 §2 Abs1 Z12;
AVG §68 Abs1;
BauO OÖ 1976 §41;
BauO OÖ 1994 §25 Abs1 Z4 lita;
BauO OÖ 1994 §25 Abs4 Z3;
BauO OÖ 1994 §25;
EMRK Art6;
EMRK Art7;
VVG §10 Abs2;
VVG §5 Abs2;
VVG §5 Abs3;
VVG §5;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus dem den Beschwerden beigelegten Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 17. März 1992 ergibt sich, dass den damaligen Miteigentümern des Grundstückes Nr. 602/1 der Liegenschaft EZ. 151, KG A, aufgetragen wurde, "ihren Bau Wohnhaus P(...) Nr. 16" an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage anzuschließen und die von diesem Bau und den dazugehörigen Grundstücken anfallenden Abwässer in die gemeindeeigene Kanalisationsanlage einzuleiten. Gestützt wurde dieser Bescheid auf § 36 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976. In diesem rechtskräftigen und vollstreckbaren Bescheid wurde festgehalten:

"Von der Gemeinde wird bis zu Ihrem Grundstück der Kanal auf Kosten der Gemeinde verlegt, inklusive dem unmittelbar anschließenden Hausanschlußschacht an der Grundgrenze auf Ihrem Grundstück. Ab diesem Anschlußschacht ist der Anschluß Ihres Gebäudes von Ihnen unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen herzustellen.

Den Hausanschluß haben Sie innerhalb von 6 Monaten nach Inbetriebnahme der Zuleitung der Kläranlage des

Reinhaltungsverbandes ... gemäß ÖNORM auszuführen."

Unter Spruchpunkt 2. Subpunkt 5. wurde folgende Nebenbestimmung vorgeschrieben:

"Vor der Herstellung des Hausanschlusses haben Sie um eine baubehördliche Bewilligung beim hiesigen Gemeindeamt anzusuchen."

Der Beschwerdeführer ist nunmehr Eigentümer der vorgenannten Liegenschaft. Auch der Beschwerdeführer ist der Verpflichtung aus dem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 17. März 1992 nicht nachgekommen. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 22. Juni 2010 wurde dem Beschwerdeführer daher eine Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG in der Höhe von EUR 250 angedroht und auszugsweise ausgeführt:

"Mit der Oö. Bauordnungs-Novelle 1998, LGBl. Nr. 70, entfällt zwar die Bewilligungspflicht für die Herstellung des Hausanschlusses, doch besteht für Hauskanalanlagen im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 12 des Oö. Abwasserentsorgungsgesetzes 2001 eine Anzeigepflicht unter Vorlage eines konkreten Hauskanalanlagen-Projektes bei der Gemeinde W (§ 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a und Abs. 4 Z. 3 Oö. Bauordnung 1994 idF.

LGBl. Nr. 36/2008).

Diese Anzeige kann durch niemanden anderen als den

Grundeigentümer erbracht werden.

(...)

Laut Grundbuchsauszug - Abfragedatum vom 10. Juni 2010 - sind

Sie nunmehr grundbücherlicher Alleineigentümer der

Liegenschaften P(...) 5 (EZ. 151, GB 43202 A(...)). Die

ursprünglich ausgesprochene Kanalanschlusspflicht trifft daher Sie

und es ist ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren gegen Sie

einzuleiten.

Der Verpflichtung zur Bauanzeige der Hauskanalanlage bzw. zum Anschluss sind Ihre Rechtsvorgänger bisher nicht vollständig nachgekommen. Es wurde lediglich eine Lageskizze im Maßstab 1:500, stammend von der H(...) Baugesellschaft mbH, an das Gemeindeamt W übermittelt, welche dort am 22.9.2003 eingelangt ist.

Dieser Plan stellt keine förmliche Bauanzeige des Grundeigentümers/der Grundeigentümerin dar und es fehlt der Längenschnitt der Hauskanalanlage.

(...)

Wir setzen Ihnen für die Erbringung der Leistung (Bauanzeige des Hauskanals mit allen erforderlichen Projektsunterlagen bei der Baubehörde 1. Instanz = Bürgermeister von W(...)) noch einmal eine Frist von 6 Wochen, gerechnet ab der Zustellung dieses Schreibens."

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 30. September 2010 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 250 gemäß § 5 VVG verhängt, weil er der ihm bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen sei. Gleichzeitig wurde ihm zur Erbringung der Leistung eine neue Frist von sechs Wochen gerechnet ab Zustellung des Bescheides gesetzt und eine weitere Geldstrafe von EUR 500 angedroht, sollte auch diese Frist ergebnislos verstreichen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 12. Juli 2012 wurde über den Beschwerdeführer wegen Nichterfüllung der auferlegten Verpflichtung die angedrohte weitere Zwangsstrafe von EUR 500 verhängt, eine neuerliche Frist von sechs Wochen für die Erbringung der Leistung gesetzt und für den Fall des ergebnislosen Verstreichens auch dieser Frist eine weitere Geldstrafe von EUR 726 angedroht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. Dezember 2012 wurde über den Beschwerdeführer die angedrohte (dritte) Zwangsstrafe von EUR 726 wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Erstattung einer Bauanzeige für den Hauskanal des Wohnhauses P 5 (Adresse amtlich geändert) verhängt und dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen zur Erbringung der Leistung gesetzt. Für den Fall des ergebnislosen Verstreichens der Frist wurde eine weitere Zwangsstrafe von EUR 726 angedroht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 27. März 2013 wurde über den Beschwerdeführer die angedrohte (vierte) Zwangsstrafe von EUR 726 wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Erstattung einer Bauanzeige für den Hauskanal des Wohnhauses P 5 (Adresse amtlich geändert) verhängt und dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen zur Erbringung der Leistung gesetzt. Für den Fall des ergebnislosen Verstreichens der Frist wurde eine weitere Zwangsstrafe von 3 Tagen Haft angedroht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 27. Mai 2013 wurde über den Beschwerdeführer die angedrohte (fünfte) Zwangsstrafe von 3 Tagen Haft wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Erstattung einer Bauanzeige für den Hauskanal des Wohnhauses P 5 (Adresse amtlich geändert) verhängt und dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen zur Erbringung der Leistung gesetzt. Für den Fall des ergebnislosen Verstreichens der Frist wurde eine weitere Zwangsstrafe von 4 Tagen Haft angedroht.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wurden die gegen die dritte, die vierte und die fünfte Zwangsstrafe erhobenen Berufungen des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Vollstreckungsverfügungen im Sinne des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VVG) darstellen würden, wogegen nur aus den in § 10 Abs. 2 VVG genannten Gründen Berufung erhoben werden könne. Auch wenn mit der Oberösterreichischen Bauordnungs-Novelle 1996 (richtig1998) die Bewilligungspflicht für die Herstellung des Kanalanschlusses entfallen sei, sei an ihre Stelle jedoch eine Anzeigepflicht getreten. Der Bescheid des Bürgermeisters vom 17. März 1992 sei weiterhin in Geltung. Der Verpflichtung zur Bauanzeige der Hauskanalisationsanlage sei bisher nicht nachgekommen worden. Das Nichtvorliegen eines rechtskräftigen Titelbescheides sei in den Berufungen nicht behauptet worden. Der beanstandeten Gebäudebezeichnung komme lediglich deklaratorische Bedeutung zu; die ausdrückliche Bestimmbarkeit sei durch die Bezeichnung im Spruch des Bescheides Wohnhaus auf Grundstück Nr. 602/1, EZ. 151, KG A, als gegeben anzusehen. Der Titelbescheid entspreche daher den vorliegenden Vollstreckungsverfügungen. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten semantischen Unterschiede zwischen Strang, Endstrang etc. würden nichts an der Tatsache ändern, dass es zum Auslösen der Anschlusspflicht auf das Vorhandensein einer öffentlichen Kanalisationsanlage ankommt.

Gegen die Bescheide vom 4. März 2013 und vom 17. April 2013 erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit den Beschlüssen vom 6. Juni 2013, B 458/2013-4 und B 646/2013-4, ablehnte und die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Der Verfassungsgerichtshof hielt fest, dass Zwangsmittel nach § 5 VVG keine Strafen im Sinne des Art. 7 EMRK seien.

Gegen den Bescheid vom 27. Juni 2013 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof. In dieser Beschwerde und in den Beschwerdeergänzungen stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht auf Nichtverhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG bzw. durch den Bescheid vom 17. April 2013 in seinem Recht auf Einhaltung des Grundsatzes ne bis in idem verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine gemeinsame Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Abstimmung verbunden und erwogen:

1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

2. Die in den Beschwerdefällen maßgeblichen Bestimmungen der §§ 5 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

"b) Zwangsstrafen

§ 5

(1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

(3) Die Zwangsmittel dürfen in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

(...)

Verfahren

§ 10

(1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61, § 61a und der IV. Teil mit Ausnahme der §§ 67a bis 67h des AVG sinngemäß anzuwenden. Im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind ferner die §§ 51 bis 51i VStG und, soweit sich aus dem VStG nicht anderes ergibt, die für dieses Verfahren geltenden Bestimmungen des AVG anzuwenden.

(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn

  1. 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
  2. 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

    3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen."

    Die Bestimmungen der §§ 36 und 41 der Oberösterreichischen Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 35/1976, idF LGBl. Nr. 82/1983, hatten folgenden Wortlaut:

    "§ 36

    Anschlußpflicht an gemeindeeigene Kanalisationsanlagen

(1) In Gemeinden, in denen gemeindeeigene Kanalisationsanlagen betrieben werden, sind die bei Bauten und dazugehörenden Grundflächen anfallenden Abwässer (§ 35 Abs. 1) in die gemeindeeigene Kanalisationsanlage zu leiten, wenn die kürzeste Entfernung des Baues von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als fünfzig Meter beträgt und die Beschaffenheit, die Zweckwidmung und die Aufnahmefähigkeit der gemeindeeigenen Kanalisationsanlage den Anschluß zulassen (Anschlußpflicht).

(2) Zur Herstellung des Anschlusses an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage und zur Tragung der Kosten dieses Anschlusses ist der Eigentümer des Baues verpflichtet (Verpflichteter), und zwar unabhängig davon, ob er auch Eigentümer der zum Bau gehörenden Grundflächen ist.

(3) Die Gemeinde hat bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 die Anschlußpflicht mit Bescheid auszusprechen. In diesem Bescheid sind erforderlichenfalls auch diejenigen Bedingungen und Auflagen vorzuschreiben, die notwendig sind, um sicherzustellen, daß beim Anschluß an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage die Gemeinde ihren in den einschlägigen wasserrechtlichen Vorschriften begründeten Verpflichtungen beim Betrieb der gemeindeeigenen Kanalisationsanlage nachzukommen vermag, überdies ist im Bescheid auch eine angemessene mindestens drei Monate währende Frist für die Herstellung des Anschlusses an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage festzusetzen. Diese Frist ist über Antrag des Verpflichteten angemessen zu verlängern, wenn die Dauer des Baubewilligungsverfahrens für die Hauskanalanlage oder wenn die Planungs- oder Bauarbeiten dies erfordern.

(4) Wird eine gemeindeeigene Kanalisationsanlage neu errichtet oder eine bestehende gemeindeeigene Kanalisationsanlage erweitert und entsteht dadurch die Anschlußpflicht gemäß Abs. 1, so kann der Bescheid gemäß Abs. 3 schon vor der Errichtung bzw. Erweiterung der Anlage erlassen werden, wenn ein mit einem Kostenvoranschlag belegtes Projekt für die Errichtung bzw. Erweiterung der Anlage vor liegt, die nach den jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen für die Errichtung bzw. Erweiterung der Anlage auf Grund dieses Projektes erteilt wurden und die Gemeinde die Errichtung bzw. Erweiterung der Anlage nach diesem Projekt beschlossen und finanziell sichergestellt hat; wird ein Bau errichtet und dadurch die Anschlußpflicht gemäß Abs. 1 begründet, so kann der Bescheid gemäß Abs. 3 schon vor der Benützung dieses Baues erlassen werden. In diesen Fällen gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, daß die festzusetzende Frist für die Herstellung des Anschlusses an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage nicht vor dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der neuerrichteten oder des weiteren Teiles der bestehenden gemeindeeigenen Kanalisationsanlage bzw. nicht vor der Benützung des errichteten Baues enden darf.

(5) Als gemeindeeigen im Sinne dieses Gesetzes gilt eine Kanalisationsanlage, deren sich die Gemeinde zur Erfüllung der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben bedient, auch dann, wenn die Anlage nicht oder nicht zur Gänze im Eigentum der Gemeinde steht.

(...)

§ 41

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung) bedürfen:

(...)

(4) Ausgenommen von der Bewilligungspflicht gemäß Abs. 1 sind:

a) Kanäle, jedoch nicht Hauskanalanlagen bis zum Anschluß an den öffentlichen Kanal; ...;"

Die Bestimmungen der §§ 2 und 12 des Oberösterreichischen Abwasserentsorgungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/2001, lauten auszugsweise:

"§ 2

Begriffsbestimmungen; Abgrenzung

(1) Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

(...)

8. öffentliche Kanalisation: eine für Abwassereinleiter verfügbare Kanalisationsanlage, die von einer Körperschaft öffentlichen Rechts oder von einem in ihrem Auftrag handelnden Dritten betrieben wird;

(...)

12. Hauskanalanlage: Entsorgungsleitung von der Außenmauer des zu entsorgenden Objekts bis zum Übergabeschacht der öffentlichen Kanalisation;

13. Objekt: ein Gebäude, in dem bei bestimmungsgemäßer Nutzung häusliches oder betriebliches Abwasser anfällt; mehrere Gebäude, die den Hofbereich eines land- und forstwirtschaftlichen Anwesens bilden, gelten als ein Objekt.

(...)

§ 12

Anschlusspflicht

(1) Für Objekte besteht Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation, wenn

1. die Abwässer nach Maßgabe der Einleitungsbedingungen in die öffentliche Kanalisation eingeleitet werden dürfen und

2. die kürzeste, in Luftlinie gemessene Entfernung zwischen dem Messpunkt des Objekts und dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 50 Meter beträgt; der Messpunkt wird ermittelt, indem der am weitesten in Richtung Kanalstrang vorspringende Teil des Objekts auf den Erdboden projeziert wird."

§ 25 der Oberösterreichischen Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 66/1994 idF LGBl. Nr. 36/2008, lautet auszugsweise:

"§ 25

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

(...)

4. die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung von

a) Hauskanalanlagen im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 12 Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001;

(...)"

3. Die Beschwerden sind unbegründet.

3.1. In allen drei Beschwerden wird ausgeführt, die belangte Behörde habe den vollstreckbaren Bescheid zu beachten, der die Verpflichtung zum Kanalanschluss für das "Wohnhaus P(...) Nr. 16 auf dem Grundstück 602/1, Einlagezahl 151, Katastralgemeinde A(...)" vorsehe. Die Vollstreckung sei nicht möglich, da das Wohnhaus Nr. 16 nicht existiere und der Beschwerdeführer nie dessen Eigentümer gewesen sei. Die Vollstreckungsverfügungen seien deshalb mit einer Rechtswidrigkeit belastet, die von der belangten Behörde wahrgenommen hätte werden müssen. Die Vollstreckungsverfügungen, mit denen dem Beschwerdeführer die Erstattung einer Bauanzeige für den Hauskanal des Wohnhauses P Nr. 13 auferlegt worden sei, würden inhaltlich nicht mit dem vollstreckbaren Bescheid vom 17. März 1992 übereinstimmen, da sich dieser auf das Wohnhaus Nr. 16 beziehe. Daher würden Bescheide einer unzuständigen Behörde vorliegen, da die Zuständigkeit zur Aufforderung einer Bauanzeige der Baubehörde erster Instanz, somit dem Bürgermeister, obliege.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Berichtigungsfähigkeit eines Bescheides voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können und die Unrichtigkeit ferner von der belangten Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können. Berichtigungsfähig sind - gleichgültig ob im Spruch oder in der Begründung des Bescheides enthaltene - Fehler, die erkennbar nicht der behördlichen Willensbildung selbst, sondern alleine ihrer Mitteilung anhaften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2014, Zl. 2011/05/0008).

Die Voraussetzungen für eine Bescheidberichtigung lagen im gegenständlichen Fall vor. Das Anführen der falschen Hausnummer stellt eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit und somit einen berichtigungsfähigen Mangel dar, der von der Vollstreckungsbehörde zulässigerweise korrigiert wurde. Durch die korrekte Bezeichnung der Grundstücksnummer und der Einlagezahl ist klar erkennbar, für welches Grundstück der Titelbescheid eine Kanalanschlusspflicht vorsieht. Selbst der Beschwerdeführer bringt vor, ein Haus P Nr. 16 existiere nicht, weshalb keine Verwechslungsgefahr gegeben ist und der Irrtum somit auch für den Beschwerdeführer erkennbar war.

In den Beschwerden zu Zlen. 2013/05/0111 und 2013/05/0139 wird ausgeführt, die den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden erstinstanzlichen Bescheide seien im Hinblick auf den Gebäudeadressaten nicht ident mit dem vollstreckbaren Bescheid der Gemeinde, sodass keine Vollstreckungsverfügungen vorliegen würden, sondern die Vollstreckungsbehörde neue Titelbescheide geschaffen habe. Diese Vorgangsweise sei im Rahmen des VVG nicht zulässig. Damit würden aber die Verjährungsvorschriften des VStG zur Anwendung kommen und es liege demnach Strafbarkeits- und Vollstreckungsverjährung vor, da die rechtswidrige Handlung, nämlich Nichtanschließen an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage, aus dem Bescheid vom 17. März 1992 nur bis 18. September 1992 begangen werden konnte.

Diesem Vorbringen ist die Verschiedenheit der Zwangsstrafe von der eigentlichen Verwaltungsstrafe entgegenzuhalten. Letztere dient der Bestrafung für begangenes, in der Verletzung eines Verwaltungsstrafgesetzes bestehendes Unrecht. Die Zwangsstrafe hingegen ist ein indirektes Zwangsmittel, um Handlungen oder Unterlassungen zu erzwingen und so den in einem Bescheid angeordneten Zustand tatsächlich herzustellen. Zwangsstrafen nach § 5 VVG sind demnach keine Strafen im Sinne des VStG, dieses ist auf sie daher nicht anzuwenden. Weiters stellen Zwangsstrafen nach § 5 VVG keine Strafen im Sinne der Art 6 und 7 EMRK dar (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, B 2 zu § 5, Anmerkung 1). Dies kommt auch in den hier ergangenen Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Juni 2013 zum Ausdruck, wenn ausgeführt wird, dass Zwangsmittel nach § 5 VVG keine Strafen im Sinne des Art. 7 EMRK sind.

In den oben zitierten Beschwerden wird weiters vorgebracht, die Vollstreckungsbehörde ergänze den Titelbescheid in unzulässiger Weise. Der Titelbescheid sehe die Verpflichtung zu einem Antrag auf Baubewilligung vor, weshalb dieser aufgrund der geltenden Rechtsordnung nicht mehr vollstreckbar sei. Die Vollstreckungsbehörde sei nicht berechtigt, nunmehr die Anzeige des Bauvorhabens zu verlangen.

Gegen Vollstreckungsverfügungen kann eine Berufung nur aus den in § 10 Abs. 2 VVG genannten Gründen erhoben werden. Eine Vollstreckung ist dann unzulässig, wenn sich nach der Entstehung des Exekutionstitels die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert haben und damit die objektiven Grenzen der Bescheidwirkungen andere geworden sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. März 1997, Zl. 96/07/0199). Im gegenständlichen Fall hat sich die Rechtslage zwar insofern geändert, als zu dem Zeitpunkt der Erlassung des Titelbescheides gemäß § 41 BO Bewilligungspflicht für Hauskanalanlagen vorlag, nunmehr jedoch Hauskanalanlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 12 Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 unter Vorlage eines Hauskanalanlagenprojektes bei der Baubehörde gemäß § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a und Abs. 4 Z. 3 BO lediglich anzuzeigen sind. Der Bescheid vom 17. März 1992 steht weiterhin in Geltung, auch wenn für die Herstellung eines Kanalanschlusses nunmehr anstelle einer Bewilligungspflicht eine Anzeigepflicht tritt. Es trifft zu, dass im Vollstreckungsverfahren dem Verpflichteten gegenüber dem Titelbescheid keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt werden dürfen. Dies ist im Beschwerdefall aber nicht geschehen, vielmehr ist nach wie vor eine Eingabe bei der Baubehörde nötig.

In den Beschwerden zu Zlen. 2013/05/0110 und 2013/05/0139 wird ausgeführt, die Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe, obwohl die vorherige Zwangsstrafe noch nicht vollstreckt wurde, widerspreche § 5 Abs. 2 VVG.

Wie die belangte Behörde zutreffend feststellt, handelt es sich bei der Bauanzeige um eine unvertretbare Handlung, weshalb § 5 VVG zur Anwendung gelangt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 2005, Zl. 2003/06/0202). Gemäß der zitierten Bestimmung ist der für den Fall der Säumnis zur Anwendung kommende Nachteil anzudrohen. Mit den Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 12. Juli 2012, vom 13. Dezember 2012 sowie vom 27. März 2013 wurden dem Beschwerdeführer die Verhängungen der verfahrensgegenständlichen Zwangsstrafen unter Setzung einer zweiwöchigen Frist angedroht. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 31. Juli 2006, Zl. 2005/05/0020, bezüglich des Vollstreckungsverfahrens zum verfahrensgegenständlichen Titelbescheid festgestellt hat, hindert die einmal erfolgte Verhängung einer Zwangsstrafe im Falle des weiteren Verzuges des Verpflichteten nach einer neuerlichen Androhung nicht die Wiederholung der Verhängung einer Zwangsstrafe. Da die Zwangsstrafe angedroht wurde und die für die Vornahme der Handlung gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist, sind die Voraussetzungen für die Verhängung einer Zwangsstrafe erfüllt. Hingegen ist dem Gesetz nicht entnehmbar, dass die tatsächliche Eintreibung der Geldstrafe bzw. der tatsächliche Vollzug der Haftstrafe Voraussetzung der Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe wäre.

In der Beschwerdeergänzung bezüglich des Bescheides vom 17. April 2013 bringt der Beschwerdeführer vor, für den Fall des weiteren Verzuges sei ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Entgegen dem Grundsatz der Unwiederholbarkeit sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 27. März 2013 neuerlich eine Geldstrafe von EUR 726 verhängt worden.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe ist so oft zu wiederholen, bis die Verpflichtung erfüllt wird. Jede der hier verhängten Strafen betrifft einen anderen Zeitraum der Nichterfüllung. Der vorliegende Fall gleicht nicht dem des hg. Erkenntnisses vom 31. Juli 2006, Zl. 2005/05/0020, in welchem der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen einer entschiedenen Sache wegen der neuerlichen Verhängung der bereits mit rechtskräftigem Bescheid verhängten (vierten) Zwangsstrafe bejaht hat; hier wurde aber eine neue Frist für die Erbringung der Leistung festgesetzt. Auch wenn der Wortlaut des § 5 Abs. 2 VVG die Androhung eines stets schärferen Zwangsmittels vorsieht, ist der Beschwerdeführer dadurch, dass über ihn nochmals die gemäß Abs. 3 leg. cit. höchste Geldstrafe und nicht bereits eine Haftstrafe verhängt wurde, nicht in seinen Rechten verletzt. Die Geldstrafe stellt im Verhältnis zur Haft das gelindere Zwangsmittel dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/11/0323).

Die Beschwerdeergänzung zum Bescheid vom 4. März 2013 führt aus, der Titelbescheid könne nicht vollstreckt werden, weil eine Unmöglichkeit der spruchgemäßen Erfüllung vorliege. Die Entsorgung von Wässern des Grundstückes sei nicht möglich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Titelbescheid über den Anschluss an die Kanalisationsanlage mit Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 97/05/0277, bestätigt. Die Vollstreckungsbehörde hat entsprechend diesem rechtskräftigen Titelbescheid dem Beschwerdeführer die Erstattung einer Bauanzeige für den Hauskanal mit den erforderlichen Unterlagen aufgetragen. Es obliegt dem Beschwerdeführer nach dem Titelbescheid - abgesehen vom Kanalanschluss - nämlich auch, eine Lösung für ein Hauskanalprojekt vorzulegen. Der Beschwerdeführer hat im Übrigen nicht dargelegt, warum seit der Erlassung des Titelbescheides dessen Erfüllung unmöglich geworden sein soll.

4. Der Beschwerdeführer wurde daher durch die angefochtenen Bescheide, mit denen die verhängten Zwangsstrafen als rechtmäßig angesehen wurden, nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

5. Der Verwaltungsgerichtshof kann gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG ungeachtet eines Parteienantrages von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2006, Nr. 4533/02 (Freilinger u.a. gg Österreich) mwN, klargestellt, dass Annexverfahren, die keine Entscheidung in der Hauptsache enthalten, grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen. Das gilt auch für ein Vollstreckungsverfahren, das allein der Durchsetzung einer bereits im Titelverfahren getroffenen Entscheidung über ein civil right dient (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2008, Zl. 2003/10/0276; dazu, dass es sich bei einer Zwangsstrafe grundsätzlich auch nicht um eine strafrechtliche Angelegenheit im Sinne des Art. 6 EMRK handelt, vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. März 1986, Slg. Nr. 10.840).

Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 9. Oktober 2014

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