VwGH 2013/04/0056

VwGH2013/04/005617.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schweda, über die Beschwerde der

U GesmbH in O, vertreten durch Mag. Timo Gerersdorfer, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Ettenreichgasse 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. März 2013, Zl. uvs-2012/K4/3513-8, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere Partei: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei:

T GmbH in I), zu Recht erkannt:

Normen

62012CJ0094 Swm Costruzioni 2 und Mannocchi Luigino VORAB;
BVergG 2006 §19 Abs1;
BVergG 2006 §69 Z1;
BVergG 2006 §70 Abs1 Z3;
BVergG 2006 §70 Abs4;
BVergG 2006 §74 Abs2;
LVergabenachprüfungsG Tir 2006 §12 Abs4;
LVergRG Wr 2007 §31 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Bescheides werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Die mitbeteiligte Partei (= Auftraggeberin) hat im Jahr 2012 im Zuge des Gesamtprojekts "Neubau Kinder- und Herzzentrum/KHZ West" im offenen Verfahren das Gewerk "Konstruktiver Stahlbau Technikzentrale" als Bauauftrag im Oberschwellenbereich nach dem Billigstbieterprinzip ausgeschrieben. Termin für die Angebotsöffnung war der 23. Oktober 2012. In der (so bezeichneten) "Ausschreibungsordnung" war als Mindeststandard zum Punkt "Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit" u.a. eine "KSV-Auskunft (Gefordertes Rating: 100-350)" angeführt. Unter dem Punkt "Allgemeine Hinweise" zur Eignung war festgehalten, dass - wenn die geforderten Urkunden/Eignungsnachweise aus einem gerechtfertigten Grund nicht beigebracht werden können - gleichwertige Bescheinigungen vorzulegen sind.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 gab die mitbeteiligte Partei die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Billigstbieterin

R GmbH bekannt. Die Beschwerdeführerin lag mit ihrem Angebot an zweiter Stelle.

2. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2012 beantragte die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung. In ihrer Begründung wies sie zum einen darauf hin, dass nach der "Ausschreibungsordnung" eine KSV-Auskunft mit einem Rating zwischen 100 und 350 gefordert gewesen sei, die R GmbH nach einer vorliegenden KSV-Auskunft vom 24. Oktober 2012 aber (nur) über ein KSV-Rating von 0 verfügt habe. Da die geforderte KSV-Auskunft nicht substituierbar sei, habe die R GmbH den Mindeststandard nicht erfüllt und wäre daher auszuscheiden gewesen. Weiters brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sich die R GmbH zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung "in der 'nachkonkurslichen' Zahlungsfrist" befunden habe, weshalb die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit mehr als fraglich sei.

3. Die mitbeteiligte Partei erstattete dazu am 20. Dezember 2012 eine Stellungnahme, in der sie vorbrachte, dass die geforderte KSV-Auskunft auf Grund der Regelung des § 74 Abs. 2 BVergG 2006 substituierbar sei. Da das vorliegende KSV-Rating von 0 laut Auskunft des KSV eine "Nichtbewertung" darstelle, verfüge die R GmbH über einen stichhaltigen Grund, warum sie das geforderte Rating zwischen 100 und 350 nicht habe beibringen können. Die mitbeteiligte Partei habe daher eine detaillierte Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der

R GmbH vorgenommen, und zwar insbesondere anhand nachstehender Unterlagen:

eine mit E-Mail vom 5. November 2012 übermittelte Liste über neun öffentliche Aufträge, mit deren Durchführung die R GmbH während der Zahlungen im Rahmen des Sanierungsplans beauftragt worden sei;

ein Schreiben des KSV Tirol vom 7. November 2012, in dem dieser bestätige, dass die R GmbH die bisherigen Ratenzahlungen pünktlich erfüllt habe;

Bestätigungen des Finanzamtes und der Gebietskrankenkasse, denen zufolge keine offenen Forderungen gegenüber der R GmbH bestünden;

eine Bestätigung der BTV - Bank für Tirol und Vorarlberg vom 15. November 2012, wonach die R GmbH ihre Verpflichtungen erfüllen könne;

eine am 18. Dezember 2012 übermittelte Bankgarantie der BTV - Bank für Tirol und Vorarlberg;

der mit E-Mail vom 20. Dezember 2012 an das Insolvenzgericht I "übermittelte Vollzugsnachweis in Bezug auf die 8. und letzte Quote".

Nach Prüfung sämtlicher Unterlagen sei die mitbeteiligte Partei zur Auffassung gelangt, dass der Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dadurch erbracht sei.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. März 2013 wies der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol (im Folgenden: Behörde) diesen Antrag als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren ebenfalls abgewiesen (Spruchpunkt 2.) und die zuvor erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben (Spruchpunkt 3.).

4.1. Die Behörde gab zunächst den Nichtigerklärungsantrag der Beschwerdeführerin sowie die dazu erstattete Stellungnahme der mitbeteiligten Partei wörtlich wieder. Zudem wies sie darauf hin, dass die Beschwerdeführerin mit einer weiteren Stellungnahme vom 5. Februar 2013 eine Bonitätsauskunft des Unternehmens D & B vorgelegt habe, aus der sich ergebe, dass bei der R GmbH "ein überdurchschnittliches Ausfallrisiko" gegeben sei.

4.2. Weiters fasste die Behörde die Ergebnisse der am 7. Februar 2013 durchgeführten mündlichen Verhandlung zusammen. Dabei habe der Zeuge H (Zweigstellenleiter des KSV in I) zum KSV-Rating der R GmbH angegeben, dass die R GmbH - die sich in der Erfüllungsphase eines Sanierungsplans befunden habe - mit einem Rating von 0 und somit "neutral gereiht" worden sei. Daraus ergebe sich für Auskunftssuchende, dass diese "mehr hinterfragen" müssten. Der als Zeuge befragte Vertreter der mitbeteiligten Partei habe angegeben, zum Zeitpunkt der Angebotsbewertung sei bei der R GmbH ein Rating von 0 aufgeschienen. Da somit keine aktuelle Berechnung vorgelegen sei, habe man versucht, "Ersatznachweise" hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit zu bekommen. Aus den daraufhin vorgelegten Unterlagen habe die mitbeteiligte Partei auf die Leistungsfähigkeit der R GmbH geschlossen.

4.3. In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die Behörde wie folgt aus:

Aus der Aussage des Zeugen H ergebe sich schlüssig, dass ein KSV-Rating von 0 keinesfalls bedeute, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Unternehmens nicht gegeben sei. Die mitbeteiligte Partei habe daher zu Recht gemäß § 74 Abs. 2 BVergG 2006 zusätzliche Erhebungen durchgeführt und ersatzweise eine andere Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der R GmbH vorgenommen. Die Behörde verwies dazu auf den von der mitbeteiligten Partei dargelegten Schriftverkehr sowie auf die diesbezüglich vorgelegten Unterlagen (u.a. Bankbestätigungen, Bankgarantie, Auskünfte der Gebietskrankenkasse). Nach intensiver Prüfung habe die mitbeteiligte Partei das Vorhandensein der finanziellen Leistungsfähigkeit der R GmbH angenommen, wobei sie durch die Vorlage umfangreicher Urkunden anschaulich ihre ausführliche Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der R GmbH nachgewiesen habe. Die Behörde könne in der Vorgehensweise der mitbeteiligten Partei keine Rechtswidrigkeit erkennen. Weiters führte die Behörde aus, es könne "nicht festgestellt werden, dass die (R GmbH) zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung nicht die in der Ausschreibung geforderte finanzielle Leistungsfähigkeit aufgewiesen" habe.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, wobei ausdrücklich alle drei Spruchpunkte des Bescheides angefochten werden.

5.1. Die Beschwerdeführerin moniert zunächst, die Behörde habe nicht geprüft, ob die Leistungsfähigkeit (wie in § 69 Z 1 BVergG 2006 gefordert) zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorgelegen sei. Vielmehr gründe sich die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit ausschließlich auf erst nachträglich eingetretene Umstände bzw. erstellte Nachweise. Die Behörde habe zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung abgestellt.

5.2. Weiters wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Zulässigkeit alternativer Nachweise der finanziellen Leistungsfähigkeit. Da das KSV-Rating der R GmbH von 0 eine Folge dessen sei, dass die R GmbH ein Insolvenzverfahren hinter sich habe und sie sich immer noch im Stadium der Überwachung der Erfüllung des Sanierungsplans befunden habe, liege kein gerechtfertigter Grund vor, um den verlangten Bonitätsnachweis nicht beibringen zu müssen.

5.3. Schließlich führt die Beschwerdeführerin noch ins Treffen, die Behörde hätte sich nicht darauf zurückziehen dürfen, die Prüfungsergebnisse der mitbeteiligten Partei darzustellen und zu übernehmen, sondern sie hätte selbst die finanzielle Leistungsfähigkeit der R GmbH prüfen müssen. Mit näherer Begründung vertritt die Beschwerdeführerin diesbezüglich die Auffassung, dass die von der R GmbH vorgelegten Nachweise nicht geeignet gewesen seien, eine überdurchschnittliche Bonität, wie sie im geforderten KSV-Rating von 100 bis 350 zum Ausdruck komme, zu belegen.

6. Die Behörde legte die Akten des Verfahrens (allerdings ohne die Vergabeakten der mitbeteiligten Partei) vor.

7. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie geltend macht, dass die von ihr bei der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der R GmbH herangezogenen Nachweise sehr wohl Rückschlüsse auf das Vorliegen der Eignung zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung am 23. Oktober 2012 ermöglichen würden. Es liege auch ein gerechtfertigter Grund vor, der die Zulassung anderer Nachweise nach § 74 Abs. 2 BVergG 2006 ermögliche. Weiters verweist sie erneut auf ihre detaillierte Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der R GmbH, die von der Behörde gewürdigt und als rechtskonform angesehen worden sei.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend nicht um einen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

2. Die relevanten Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 17 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 50/2012, lauten auszugsweise wie folgt:

"Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung

§ 69. Unbeschadet der Regelung des § 20 Abs. 1 muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit spätestens

1. beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der

Angebotsöffnung,

...

vorliegen.

Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den Auftraggeber

§ 70. (1) Der Auftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen gemäß den §§ 71 bis 75 Unternehmer, die an einem Vergabeverfahren teilnehmen, ihre

...

3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

sowie

...

zu belegen haben. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt

werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt

ist. ...

...

(4) Nach Maßgabe des Abs. 3 kann der Auftraggeber den Unternehmer auffordern, erforderliche Nachweise binnen einer angemessenen Frist vorzulegen bzw. vorgelegte Bescheinigungen binnen einer angemessenen Frist zu vervollständigen oder zu erläutern. Nachweise können auch in Kopie oder elektronisch vorgelegt werden.

(5) ... Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis,

Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch mit anderen als den vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen führen, sofern die festgelegten Unterlagen aus einem gerechtfertigten Grund nicht beigebracht werden können und die vorgelegten Unterlagen die gleiche Aussagekraft wie die ursprünglich festgelegten aufweisen. Der Nachweis der gleichen Aussagekraft ist vom Unternehmer nach Aufforderung zu erbringen.

...

Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen

Leistungsfähigkeit

§ 74. (1) ...

(2) Kann ein Unternehmer aus einem von ihm glaubhaft zu machenden berechtigten Grund die vom Auftraggeber gemäß Abs. 1 geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom Auftraggeber für geeignet erachteten Nachweises erbringen. Als geeignete Nachweise sind jedenfalls anzusehen:

1. Angaben über die Anzahl der beschäftigten

Dienstnehmer;

2. Angaben über Unternehmensbeteiligungen;

3. Angaben über Kapitalausstattung, Anlagevermögen,

Grundbesitz."

3. Zur Vorlage anderer geeigneter Nachweise

3.1. In der Ausschreibung der mitbeteiligten Partei ist bestandfest festgelegt worden, dass hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit als Mindeststandard u.a. eine KSV-Auskunft mit einem geforderten Rating zwischen 100 und 350 vorzulegen ist. Weiters sieht die Ausschreibung in den allgemeinen Hinweisen zur Eignung vor, dass - wenn die geforderten Urkunden/Eignungsnachweise aus einem gerechtfertigten Grund nicht beigebracht werden können - gleichwertige Bescheinigungen vorzulegen sind. Nicht bestritten wurde, dass - wie von der Beschwerdeführerin schon im Vergabenachprüfungsverfahren behauptet - die KSV-Auskunft der R GmbH zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung auf 0 lautete.

3.2. Die Behörde erachtete die von der mitbeteiligten Partei vorgenommene Prüfung der von der R GmbH vorgelegten anderen Nachweise als rechtmäßig und ging damit implizit vom Vorliegen eines berechtigten Grundes iSd § 74 Abs. 2 BVergG 2006 aus, der die Vorlage anderer geeigneter Nachweise ermöglichte. Dies ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstanden.

3.3. Für die Zulässigkeit der Vorlage anderer (als der vom Auftraggeber geforderten) Unterlagen zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit iSd § 74 Abs. 2 BVergG 2006 ist ein objektiver Maßstab heranzuziehen, subjektives Unvermögen vermag die Vorlage anderer Nachweise nicht zu rechtfertigen. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines berechtigten Grundes ist der Auftraggeber an das Diskriminierungsverbot gebunden (vgl. auch Jäger, in Schramm/Aicher/Fruhmann (Hrsg.), Bundesvergabegesetz 2006 Kommentar (2012) § 74 Rz 30). Weiters ist zu beachten, dass eine restriktive Vorgehensweise bei der Zulassung alternativer Nachweise den Wettbewerb einschränken kann (vgl. zu dem mit den vergaberechtlichen Richtlinien verfolgten Ziel, den Bereich des öffentlichen Auftragswesens einem möglichst umfassenden Wettbewerb zu öffnen, das Urteil des EuGH in der Rs C-94/12 , Swm Costruzioni 2 SpA, Randnr. 34, mwN).

Im vorliegenden Fall hat die Behörde - basierend auf der im angefochtenen Bescheid dargestellten Aussage des Zeugen H - das KSV-Rating von 0 als neutrale Bewertung bzw. als "Nichtbewertung" angesehen; dieses Rating bedeute aber nicht, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der R GmbH nicht gegeben sei. Der Zeuge H hat diesbezüglich angegeben, dass für das weitere Rating ausschließlich die laufenden Geschäftsergebnisse ausschlaggebend seien und anhand der laufenden Geschäfte sukzessive ein neues Rating aufgebaut werde. Auch wenn die Bewertung mit dem Rating 0 somit in Zusammenhang mit dem vormaligen Insolvenzverfahren der R GmbH steht, hat sie ihre Ursache primär in der fehlenden Verfügbarkeit aktueller, für ein KSV-Rating erforderlicher Unterlagen. Davon ausgehend ist es fallbezogen aber nicht zu beanstanden, dass die Behörde darin einen objektiven berechtigten Grund (betreffend die unterbliebene Vorlage einer KSV-Auskunft mit dem geforderten Rating zwischen 100 und 350) sah und die Nachweiserbringung durch andere Belege grundsätzlich als zulässig erachtete.

3.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Juni 2014, Zl. 2013/04/0033, zum Ausdruck gebracht, dass basierend auf der dort vorgelegenen Sachverhaltskonstellation die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit einer genaueren Überprüfung zu unterziehen und insbesondere zu untersuchen gewesen wäre, warum die Bewertung seitens des KSV ausgesetzt (und das Rating somit auf 0 gesetzt) worden sei. Auch dem liegt zugrunde, dass ein KSV-Rating von 0 die Möglichkeit der Nachweiserbringung auf andere Weise nicht grundsätzlich ausschließt.

4. Zum Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung

4.1. Die Beschwerdeführerin rügt weiters, die Behörde habe bei ihrer Beurteilung der von der mitbeteiligten Partei vorgenommenen Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung abgestellt. Damit zeigt sie im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

4.2. Nach § 69 Z 1 BVergG 2006 muss die Eignung - und damit auch die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit - im offenen Verfahren spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. Das bedeutet zwar nicht, dass Unternehmer nicht aufgefordert werden können, nachträglich erforderliche Nachweise vorzulegen bzw. vorgelegte Bescheinigungen zu vervollständigen (diese Möglichkeit ergibt sich bereits aus § 70 Abs. 4 BVergG 2006). Es ist in diesem Fall aber zu unterscheiden, ob im maßgeblichen Zeitpunkt die Leistungsfähigkeit als solche gefehlt hat und somit ein unbehebbarer Mangel vorlag oder ob es bloß am Nachweis der - im maßgeblichen Zeitpunkt an sich bereits bestehenden - Leistungsfähigkeit gemangelt hat und somit nur ein behebbarer Mangel vorlag (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 2009, Zl. 2009/04/0203, mwN, bzw. das - zur inhaltsgleichen Rechtslage nach dem Bundesvergabegesetz 2002 ergangene - hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2010, Zl. 2005/04/0253). Im Fall des Nachreichens von Unterlagen ist daher zu prüfen, ob der Aussagewert dieser Unterlagen darin besteht, dass der betreffende Bieter schon zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung die erforderliche (hier:) wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit besessen hat und sie nunmehr lediglich bescheinigt.

4.3. Ausgehend davon ist der Behörde anzulasten, dass sie für die Frage des Vorliegens der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung abgestellt hat. Dem angefochtenen Bescheid lässt sich auch nicht entnehmen, dass (bzw. allenfalls auf Grund welcher Annahmen) die Behörde die Leistungsfähigkeit der R GmbH als bereits im Zeitpunkt der Angebotsöffnung gegeben angesehen hat.

4.4. Somit hat die Behörde Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Es erübrigt sich daher, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

5. Da der Ersatz der Pauschalgebühren gemäß § 19 Abs. 5 des Tiroler Vergabenachprüfungsgesetzes 2006 (im Folgenden: Tir VNPG 2006), LGBl. Nr. 70 idF LGBl. Nr. 17/2010, vom zumindest teilweisen Obsiegen des Antragstellers abhängt, fällt mit der Aufhebung des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Bescheides auch die Entscheidungsgrundlage für den Spruchpunkt 2. weg.

6. Soweit sich die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides richtet, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, weil die einstweilige Verfügung gemäß § 12 Abs. 4 Tir VNPG 2006 spätestens mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft tritt und nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. das zum Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2007 ergangene Erkenntnis vom 9. April 2013, Zl. 2011/04/0207, mwN) auch im Falle der Aufhebung dieses Bescheides nicht wieder auflebt.

7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014 - auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. September 2014

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