VwGH 2005/04/0253

VwGH2005/04/025324.2.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der O GmbH in S, vertreten durch Schenz & Haider Rechtsanwälte OG in 2340 Mödling, Enzersdorfer Straße 4, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom 9. September 2005, Zl. VKS - 2673/05, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Partei: W GmbH & Co KG in W), zu Recht erkannt:

Normen

BVergG 2002 §52 Abs5 Z1;
BVergG 2002 §56 Abs1;
BVergG 2002 §94;
BVergG 2002 §98 Z8;
BVergG 2002 §52 Abs5 Z1;
BVergG 2002 §56 Abs1;
BVergG 2002 §94;
BVergG 2002 §98 Z8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Auftraggeberin hat die Vergabe eines Bauauftrages zur Errichtung einer Autobusgroßgarage im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Nach den Angebotsbedingungen sollte der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgen. Die Öffnung der Angebote erfolgte am 24. Juni 2005.

Mit Schreiben vom 8. August 2005 teilte die Auftraggeberin der Beschwerdeführerin mit, den Zuschlag einem anderen Bieter erteilen zu wollen.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und brachte vor, dass nach den Ausschreibungsbedingungen zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine "Bankerklärung für Sicherstellung" beizubringen sei, die bestätige, dass der Bieter einem Auftraggeber die geforderte Sicherstellung binnen 14 Tagen übergeben könne. Diese Erklärung sei zwingend mit dem Angebot abzugeben. Dem Angebot des für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommenen Unternehmens sei eine "Bankerklärung für Sicherstellung" nicht beigelegt gewesen, was einen unbehebbaren Mangel darstelle.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. September 2005 hat die belangte Behörde den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung abgewiesen und dies nach Wiedergabe der maßgeblichen Ausschreibungsbedingungen damit begründet, dass bei der Angebotsöffnung dem Angebot des für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommenen Unternehmens die nach den Ausschreibungsunterlagen verlangte Bankerklärung nicht angeschlossen gewesen sei. Die Auftraggeberin habe dieses Unternehmen am 4. Juli 2005 schriftlich zur Beibringung der fehlenden Bankerklärung aufgefordert. Dieser Aufforderung sei das Unternehmen am 7. Juli 2005 nachgekommen, indem es eine mit 4. Juli 2005 datierte Bankerklärung vorgelegt habe. In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Ansicht, bei der Nichtvorlage der Bankerklärung habe es sich um einen behebbaren Mangel gehandelt. Mit der Vorlage der mit 4. Juli 2005 datierten Bankerklärung habe das für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommene Unternehmen den Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit auch für den Zeitpunkt der Angebotsöffnung am 24. Juni 2005 ausreichend nachgewiesen. Es sei nicht anzunehmen, dass eine Bank am Tage der Aufforderung (4. Juli 2005) eine Erklärung abgebe, einem Unternehmen im Auftragsfall eine Bankgarantie zu gewähren, wenn sie noch am 24. Juni 2005 hätte annehmen müssen, dieses Unternehmen könne die Voraussetzungen für die Bankgarantie nicht erfüllen. Die Auftraggeberin habe demnach zutreffend die Nichtvorlage der Bankerklärung mit dem Angebot als verbesserungsfähigen Mangel bewertet. Da der Mangel auch tatsächlich innerhalb der gesetzten Frist behoben worden sei, sei dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, im gegenständlichen Fall habe das für den Zuschlag in Aussicht genommene Unternehmen durch nachträgliche Vorlage der mit 4. Juli 2005 datierten Bankerklärung den ihrem Angebot bei Angebotsöffnung am 24. Juni 2005 anhaftenden Mangel behoben.

Unstrittig ist, dass nach den Ausschreibungsbedingungen die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch eine "Bankerklärung" nachzuweisen ist, aus der hervorgeht, dass der Bieter - sofern der Auftraggeber eine Sicherstellung in der Höhe von 10 % der angebotenen Auftragssumme (des angebotenen zivilrechtlichen Preises) während der angeführten Leistungsfrist für die zu erbringende Leistung fordert - diese Sicherstellung binnen 14 Tagen übergeben könne (vgl. dazu § 56 Abs. 1 BVergG 2002, der die Mittel zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufzählt, darunter "insbesondere eine entsprechende Bankerklärung").

Gemäß § 52 Abs. 5 Z. 1 BVergG 2002 muss im offenen Verfahren (u.a.) die Leistungsfähigkeit spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. Wird diese Bestimmung nicht erfüllt und haftet daher dem Angebot ein Mangel an, so ist zu unterscheiden, ob im genannten Zeitpunkt die Leistungsfähigkeit - als solche - fehlt (in diesem Fall läge ein unbehebbarer Mangel vor) oder ob es bloß am Nachweis der - im maßgeblichen Zeitpunkt an sich bereits bestehenden - Leistungsfähigkeit mangelt (dabei handelte es sich um einen behebbaren Mangel).

Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie im Fehlen der Bankerklärung - des Nachweises der im Zeitpunkt der Angebotsöffnung bestehenden Leistungsfähigkeit - einen behebbaren Mangel erblickte. Dem Bieter kam daher die Möglichkeit zu, diesen Mangel innerhalb der ihm von der Auftraggeberin gesetzten Frist zu beheben, wovon er auch, wie dargestellt, Gebrauch gemacht hat. Konnte die Auftraggeberin auf Grund der nachgereichten Unterlage davon ausgehen, dass der Bieter die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schon im Zeitpunkt der Angebotsöffnung besaß, wäre die Zuschlagsentscheidung nicht rechtswidrig (vgl. dazu auch das zum BVergG 2006 zur Frage des Vorliegens der technischen Leistungsfähigkeit ergangene hg. Erkenntnis vom 11. November 2009, Zl. 2009/04/0203).

Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Ansicht der belangten Behörde, dass mit der vorgelegten Bankerklärung vom 4. Juli 2005 die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auch für den Zeitpunkt der Angebotsöffnung, den 24. Juni 2005, nachgewiesen wurde. Anhaltspunkte dafür lassen sich der Bankerklärung nicht entnehmen. Mit dieser wird nämlich von der ausstellenden Bank bestätigt, dass sie im Falle der Auftragserteilung hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Projektes dem Bieter eine Vertragserfüllungsgarantie in näher genannter Höhe ausstellen werde.

Damit ergibt sich zusammenfassend, dass die mitbeteiligte Auftraggeberin trotz der ihr vorgelegten Bankerklärung vom 4. Juli 2005 nicht annehmen konnte, der Bieter habe bereits im entscheidenden Zeitpunkt der Angebotsöffnung über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, sodass ein Zuschlag auf dieses Angebot nicht hätte erfolgen dürfen.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Februar 2010

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