VwGH 2012/17/0256

VwGH2012/17/025615.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des ES in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 23. Mai 2012, Zl. UVS- 1-168/E7-2011, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §2 Abs3;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z5;
GSpG 1989 §2 Abs3;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 9. Februar 2011, mit welchem der Beschwerdeführer als Pächter einer Tankstelle einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 und 3, § 3 und § 4 Abs. 2 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt worden war, weil er im Juni 2010 im Cafebereich der Tankstelle einen Glücksspielautomaten der Marke "Global Tronic (Money Changer)" aufgestellt und somit unternehmerisch zugänglich gemacht habe, keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Tatbeschreibung die Wortfolge "durchschnittlich sechs Sekunden lang dauernde" zu entfallen habe.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer betreibe das im angefochtenen Straferkenntnis genannte Lokal und habe die Aufstellung des gegenständlichen "Fun-Wechsler"-Automaten zugelassen und diesen damit außerhalb einer Spielbank zugänglich gemacht.

Bei dem Automaten "Fun-Wechsler" gleiche die Frontseite einem elektronischen Glücksrad, wobei vor Spielbeginn auf einem Symbolkreis eine Musiknote oder eine Zahl aufleuchte. Entsprechend diesem aufleuchtenden Symbol werde nach Einwurf einer 1-Euro-Münze und nach Betätigung der Kaufen-Taste entweder ein Musikstück abgespielt oder ein der Zahl entsprechender Eurobetrag in das Münzausgabefach ausbezahlt. Aufgrund des Einwurfes der 1-Euro-Münze werde wieder jener Vorgang neu durchgeführt, der zum Aufleuchten eines Musiknoten- oder Zahlensymbols führe. Der Spieler könne in weiterer Folge immer wieder durch Einwurf einer weiteren 1-Euro-Münze die Umsetzung des jeweiligen Symbols realisieren. Werde der Automat zum Geldwechseln verwendet, so bleibe bei der Ausgabe des Wechselgeldes jeweils ein Euro im Gerät. Der Kunde könne dann entscheiden, ob er sich diesen ausbezahlen lasse oder die Spielfunktion aktiviere. Gewinn und Verlust seien ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig.

Aufgrund dieser Funktionsweise handle es sich bei dem gegenständlichen Automaten um einen Glücksspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 GSpG, die Entscheidung werde selbsttätig herbeigeführt und der Gewinn selbsttätig ausgehändigt. Es liege auch eine Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG vor, weil der Veranstalter des Spiels den Spielern eine vermögensrechtliche Leistung in Aussicht stelle. Dieses Ergebnis stehe auch in Einklang mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068.

Da das GSpG keine Regelung enthalte, welche die Durchführung des im Beschwerdefall gegenständlichen Glücksspiels vom Glücksspielmonopol des Bundes ausnähme, habe der Beschwerdeführer den Tatbestand der ihm zur Last gelegten Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG verwirklicht.

Auch ein Rechtsirrtum nach § 5 Abs. 2 VStG liege nicht vor, weil der Beschwerdeführer den vorgelegten Gutachten bei Einhaltung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt nicht hätte vertrauen dürfen. Diese bezögen sich entweder auf andere Rechtsgrundlagen oder seien unvollständig bzw. widersprüchlich.

Auch stünden unionsrechtliche Gesichtspunkte der Bestrafung nicht entgegen, da aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) nicht abzuleiten sei, dass die Mitgliedstaaten bei Verfolgung der vom EuGH für die Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit anerkannten Zielsetzungen nicht Vorschriften wie etwa das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform und Kapitalausstattung vorsehen könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Z 5 und Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2008, haben folgenden Wortlaut:

"Straf- und Verfahrensbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

5. wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);

(4) Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG 1950) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 beträgt ein Jahr."

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2009, lautet:

"§ 24. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 51d, 57, 63 Abs. 1, 64 Abs. 2, 66 Abs. 2, 67a bis 67d, 67h, 68 Abs. 2 und 3, 75, 76a zweiter Satz, 78, 78a, 79, 79a, 80, 81 und 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden."

§ 66 Abs. 4. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991

(AVG), BGBl. Nr. 51/1991, lautet:

"§ 66 …

(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."

Die Beschwerde moniert zunächst, die belangte Behörde habe, indem sie die Wortfolge "durchschnittlich sechs Sekunden lang dauernde" habe entfallen lassen, den Tatvorwurf unzulässigerweise nach Eintritt der Verfolgungsverjährung geändert. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sei dem Beschwerdeführer die ihm angelastete Tat "nicht richtig vorgeworfen" worden, weil sich ein wesentliches Sachverhaltselement als unrichtig herausgestellt habe. Es handle sich in diesem Fall nicht um eine bloße Spezifizierung der Tatumstände durch die Berufungsbehörde.

Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Dem Beschwerdeführer wurde - dies ist unbestritten - innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2008 vorgeworfen, wobei eine Ausnahme vom Glücksspielmonopol nicht vorliegt. In der an den Beschwerdeführer adressierten Aufforderung zur Rechtfertigung ist - neben den für die Qualifizierungen des angebotenen Spiels als Glücksspiel wesentlichen Merkmalen - auch angeführt, dass bei einem Verlust nach Drücken der Spieltaste eine sechs Sekunden dauernde Melodie startet. Dies wurde auch in den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses übernommen.

Wenn die belangte Behörde nun in dem angefochtenen Bescheid die Wortfolge "durchschnittlich sechs Sekunden lang dauernde" entfallen ließ, so ist dies aufgrund folgender Überlegungen keine Auswechslung der von der Erstbehörde als erwiesen angenommenen Tat:

Gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid (unter Beachtung des Verbots der reformatio in peius) nach jeder Richtung abzuändern. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus, so nimmt sie aber eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/03/0211).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, zu einem mit dem im Beschwerdefall vergleichbaren Glücksspielautomaten ausgesprochen, dass die Frage, welches Musikstück vor dem Weiterspielen zur allfälligen Realisierung eines Gewinnes abgespielt wird und ob es diesbezüglich eine Auswahlmöglichkeit gibt oder nicht bzw. ob überhaupt ein Musikstück gespielt wird, an dem Umstand nichts zu ändern vermag, dass dem Spieler die Möglichkeit geboten wird, nach Einsatzleistung einen Gewinn zu erzielen. Die Annahme in der Beschwerde, dass es sich bei der Dauer des abgespielten Musikstücks um ein wesentliches Sachverhaltselement handelt, das nicht hätte ausgetauscht bzw. wegfallen dürfen, ist somit nicht richtig. Die belangte Behörde war daher aufgrund der ihr in § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG eingeräumten Befugnis berechtigt, die Wortfolge "durchschnittlich sechs Sekunden lang dauernde" entfallen zu lassen, ohne damit einen Austausch der als erwiesen angenommenen Tat vorzunehmen.

Auch das in der Beschwerde weiters erstattete Vorbringen, die belangte Behörde beschreibe in dem angefochtenen Bescheid einen falschen Spielablauf, weil es sich bei dem gegenständlichen Gerät nicht um einen "Fun Wechsler", sondern um einen "Global Tronic Music Changer" handle, es werde im erstinstanzlichen Straferkenntnis vom Vorliegen von Zitronen auf der Vorderseite und nicht wie im angefochtenen Bescheid von Notenzeichen ausgegangen, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Ob auf der Vorderseite des Geräts (im Glücksrad) Zitronen oder Musiknoten abgebildet sind, bei deren Aufleuchten ein Musikstück abgespielt wird, vermag an der Qualifikation des angebotenen Spiels als Glücksspiel nichts zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2012, Zl. 2011/17/0315). Die Gerätebezeichnung ist für die rechtlich Beurteilung, ob ein Glücksspielautomat vorliegt, nicht entscheidungswesentlich.

Wenn in der Beschwerde schließlich noch geltend gemacht wird, die belangte Behörde hätte es rechtswidrigerweise unterlassen, einen bei der Vorkontrolle anwesenden Beamten zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass es sich bei dem gegenständlichen Gerät um keinen Glücksspielautomat handle, so zeigt auch dieses Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde war nämlich nicht verpflichtet, einen derartigen Erkundungsbeweis aufzunehmen, weil mit diesem Beweisantrag ein konkretes Beweisthema, nämlich welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch die angebotene Zeugeneinvernahme hätte erwiesen werden sollen, nicht genannt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2011, Zl. 2008/15/0010, mwN.).

Bezüglich des Vorbringens, im Beschwerdefall hätte eine Bestrafung nicht erfolgen dürfen, weil die Regelungen des GSpG dem Unionsrecht widersprächen, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2013, Zl. 2012/17/0592, verwiesen.

Der angefochtene Bescheid war aus den dargelegten Erwägungen nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 15. März 2013

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