VwGH 2012/15/0086

VwGH2012/15/008628.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der GJ in B, vertreten durch die Feilenreiter & Co Wirtschaftsprüfungs GesmbH in 8990 Bad Aussee, Pratergasse 135, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 7. August 2008, Zl. RV/0422-G/07, betreffend Einkommensteuer 2002 bis 2004, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art139 Abs6;
B-VG Art139 Abs6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt eine Bar mit einem umfangreichen Angebot an alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken. Ihr Speisenangebot besteht aus Tiefkühlpizzas, deren Verkauf in den Streitjahren 2002 bis 2004 mit 5 % bis 6 % zu ihrem Gesamtumsatz beitrug.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer der genannten Jahre im Instanzenzug fest, in dem sie den Gewinn des Betriebes durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelte. Dem Begehren der Beschwerdeführerin, den Gewinn unter Zugrundelegung der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung BGBl. II Nr. 227/1999 (in den für die Streitjahre jeweils geltenden Fassungen), zum Ansatz zu bringen, entsprach die belangte Behörde mit der Begründung nicht, dass von der Verordnung nur Betriebe Gebrauch machen könnten, deren primärer Leistungsinhalt in der Bewirtung von Gästen mit Speisen und Getränken bestünde, weshalb ein Betrieb, der seinen Gästen hauptsächlich Getränke offeriere, von der Anwendung der Verordnung ausgeschlossen sei.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Darin erachtet sie sich in ihrem Recht verletzt, die Bestimmungen der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung in Anspruch nehmen zu können.

Auch aus Anlass dieser Beschwerde stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. September 2011, A 2011/0003 bis 0006, gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, u.a. die für die Streitjahre geltenden Bestimmungen der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 14. März 2012, V 113/11-14, sprach der Verfassungsgerichtshof aus:

"I. In der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufzeichnungspflicht bei Lieferungen von Lebensmitteln und Getränken sowie über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes und der Vorsteuerbeträge der nichtbuchführenden Inhaber von Betrieben des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes (Gaststättenpauschalierungs-Verordnung) werden als gesetzwidrig aufgehoben:

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Art. 139 Abs. 6 B-VG lautet auszugsweise:

"Ist eine Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben worden (…), so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch die Verordnung weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist die Verordnung auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden."

Mit dem Erkenntnis vom 14. März 2012, V 113/11-14, hat der Verfassungsgerichtshof die Gaststättenpauschalierungs-Verordnung u. a. in den für die Veranlagungsjahre 2002 bis 2004 maßgebenden Fassungen als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Beschwerdefall stellt einen Anlassfall iSd Art. 139 Abs. 6 B-VG dar.

Gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG ist hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig aufgehobene Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Sacherhalts nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. April 2011, 2010/15/0182).

Daraus folgt, dass die Beschwerdeführerin nicht in dem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf Anwendung der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung verletzt ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Juni 2012

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