VwGH 2012/12/0156

VwGH2012/12/015616.9.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, in der Beschwerdesache des H P in K, vertreten durch Mag. Herbert Nigl, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 11, gegen die Erledigung vom 5. Oktober 2012, Zl. LAD2-P-1383000/104-2012, betreffend Feststellung i.A. Kinderzulage nach § 68 DPL, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §18;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §58;
B-VG Art106;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art83 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
VwRallg;
AVG §18 Abs4;
AVG §18;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §58;
B-VG Art106;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art83 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.

Mit Eingabe vom 16. Juli 2012 teilte er der Personalabteilung (des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung) mit, dass seine Ehe am 25. Juni d.J. geschieden worden sei.

Am 8. Oktober 2012 wurde dem Beschwerdeführer folgende Erledigung ausgefolgt:

"AMT DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG

Gruppe Landesamtsdirektion

Abteilung Personalangelegenheiten A

3109 St. Pölten, Landhausplatz 1

Amt der Niederösterreichischen Landesregierung

Herrn

(Beschwerdeführer)

Beilagen

LAD2-P-1383000/104-2012

Kennzeichen (bei Antwort bitte angeben)

(0 27

42) 9005

Bezug BearbeiterIn

Durchwahl Datum

P. W. …..

05. Oktober 2012

Betrifft

Kinderzulage

Bescheid

Es wird festgestellt, dass Ihnen die Kinderzulage für die Kinder M., geb. am …, L.-M., geb. am …, und S., geb. am … ab 1. August nicht mehr gebührt.

Rechtsgrundlage:

§ 68 Abs. 4 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972, LGBl. 2200

Begründung

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht

zulässig.

Hinweis

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen nach

seiner Zustellung …

Z.

NIEDERÖSTERREICH

@ AMTSSIGNATUR

Dieses Schriftstück wurde amtssigniert.

Hinweise finden Sie unter:

www.noe.gv.at/amtssignatur "

Die gegen diese Erledigung gerichtete Beschwerde sieht deren Rechtswidrigkeit vorweg darin, diese enthalte keine ausdrückliche Bezugnahme auf die allein zur Erlassung dienstrechtlicher Bescheid zuständige Niederösterreichische Landesregierung. Nach dem Wortlaut des Kopfes stelle sich die Erledigung als solche des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung dar, welchem keine dienstrechtliche Funktion zukomme. Es liege daher insofern ein Verfahrensmangel vor, als nicht zu erkennen sei, von welcher Behörde der Bescheid erlassen worden sei bzw. hätte erlassen werden sollen.

Die in der Beschwerde belangte Niederösterreichische Landesregierung nimmt in ihrer Gegenschrift hiezu keine Stellung.

Gemäß § 1 Abs. 1 DVG ist auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses zum Bund, den Ländern, Gemeinden oder Gemeindeverbänden das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 -

AVG - mit Abweichungen - anzuwenden.

§ 58 Abs. 1 und 2 AVG trifft Bestimmungen über Inhalt und Form der Bescheide. Nach Abs. 3 leg. cit. gilt im Übrigen auch für Bescheide § 18 Abs. 4.

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 5/2008, hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

Unbestritten ist, dass die dem Beschwerdeführer am 8. Oktober 2012 zugegangene schriftliche Erledigung wohl das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden enthält, im Übrigen jedoch nur das "Amt der Niederösterreichischen Landesregierung" als Behörde bezeichnet.

Das Amt der Landesregierung wird grundsätzlich als Hilfsapparat - der Landesregierung, in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung des Landeshauptmannes - tätig. Es kann aber auch von Gesetzes wegen als eigene behördliche Instanz berufen sein. Gerade die Vielfalt der Tätigkeits- und Zuständigkeitsbereiche der Ämter der Landesregierungen macht es erforderlich, dass bei der Ausfertigung von Bescheiden jeweils klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommt, ob das Amt der Landesregierung nun als Hilfsapparat der Landesregierung oder des Landeshauptmannes oder als selbständige Behörde handelt. Die Entscheidung dieser Frage darf auf keinen Fall dem Wohlwollen oder dem Spürsinn der durch den jeweiligen Bescheid Betroffenen überlassen werden. Die Einhaltung der Zuständigkeitsregeln steht in enger Nahebeziehung zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter und stellt damit eine rechtsstaatliche Forderung von grundlegender Bedeutung dar (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetzes I2, unter E 47 zu § 18 AVG wiedergegebene Rechtsprechung). Trifft die Erledigung diesfalls keine Aussage über die genehmigende Behörde, so ist sie absolut nichtig (Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz. 16 zu § 18, Seite 204 mwN).

Daran hat die Neufassung des § 18 AVG durch das Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 nichts geändert (vgl. die ErläutRV 294 BlgNR XXIII. GP 2 und 13f).

Gegenstand einer Anfechtung nach Art. 130 Abs. 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG ist ein Bescheid. Ein insofern rechtserheblicher Bescheid liegt aber nur dann vor, wenn die Erledigung von einer Verwaltungsbehörde erlassen wurde, der kraft Gesetzes Behördenqualität zukommt, d.h. dass dem Organ kraft Gesetzes die Befugnis zukommt, Bescheide zu erlassen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 27. Juni 2013, Zl. 2012/12/0115, mwN).

Da im gegebenen Zusammenhang - dem Vollzug des öffentlichrechtlichen Dienstrechts durch das Land Niederösterreich - dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung keine Behördenzuständigkeit zukam, mangelt es der angefochtenen Erledigung der Qualität eines Bescheides im Sinn des Art. 130 Abs. 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG, weshalb die gegen diese Erledigung erhobene Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz, insbesondere auf der Grundlage des § 51 VwGG, hat aber zu unterbleiben: weder entstammte der Mangel der angefochtenen Erledigung der Sphäre des Beschwerdeführers noch konnte ihm das Risiko zugemutet werden, die sich als "Bescheid" gerierende Verwaltungserledigung unbekämpft zu lassen. In einer als "Bescheid" intendierten und als solcher bezeichneten, jedoch (mangels Behördeneigenschaft) qualifiziert mangelhaften Erledigung kann die in Form einer Zurückweisung der Beschwerde getroffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht einer Zurückweisung im Begriffsverständnis des § 51 VwGG gleichgehalten werden. Es liegt daher keine Entscheidung vor, die es rechtfertigen würde, die Frage des Aufwandersatzes (§ 47) im Sinn des § 51 VwGG so zu beurteilen, als ob die Beschwerde abgewiesen worden und die belangte Behörde als "obsiegende Partei" im Sinn des § 47 Abs. 2 Z. 1 sowie § 48 Abs. 2 VwGG anzusehen wäre (vgl. wiederum den bereits zitierten Beschluss vom 27. Juni 2013 mwN).

Damit hat es bei der allgemeinen Regel des § 58 Abs. 1 VwGG zu bleiben, wonach jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat.

Wien, am 16. September 2013

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