VwGH 2012/12/0115

VwGH2012/12/011527.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, in der Beschwerdesache des H B in L, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger und Mag. Markus Miedl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Khevenhüllerstraße 12, gegen die Erledigung des Rektors der Universität Linz vom 1. August 2012, betreffend den Entzug einer Naturalwohnung, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §1;
AVG §6 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
DVG 1984 §2 Abs6;
UniversitätsG 2002 §125 Abs2;
UniversitätsG 2002 §136;
UniversitätsG 2002 §6;
UOG 1993 §9 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §6 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
DVG 1984 §2 Abs6;
UniversitätsG 2002 §125 Abs2;
UniversitätsG 2002 §136;
UniversitätsG 2002 §6;
UOG 1993 §9 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit 1. März 2002 in einem öffentlich-rechtlichen (aktiven) Dienstverhältnis zum Bund und bei der Johannes Kepler Universität Linz in Verwendung.

Mit "Bescheid" des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 10. November 1982 war ihm gemäß § 80 Abs. 2 BDG 1979 mit Wirkung vom 1. Dezember 1981 die Wohnung Nr. 1 im (damals) bundeseigenen Gebäude der Universität Linz in der A. Strasse in Linz als Dienstwohnung zur Benützung für die Dauer seines Dienstverhältnisses als Leiter der Abteilung für Gebäude und Technik an der Universität Linz überlassen worden.

Mit Bescheid vom 10. November 2010 entzog das Rektorat der Universität dem Beschwerdeführer die Dienstwohnung gemäß § 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 30. November 2010. Mit einem weiteren Bescheid vom 11. November 2010 wies das Rektorat der Universität dem Beschwerdeführer diese Wohnung als Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 2 iVm Abs. 9 BDG 1979 zu.

Die angefochtene, als "Bescheid" bezeichnete und vom Rektor "für die Universität" gezeichnete Erledigung lautet:

"Spruch

1. (Dem Beschwerdeführer) wird die Naturalwohnung … im Ausmaß von 99,59 m2 im Sinne des § 80 Abs 9 letzter Satz iVm § 80 Abs 5 Z 3 BDG mit sofortiger Wirkung entzogen.

2. (Der Beschwerdeführer) hat die Wohnung zum ehest möglichen Zeitpunkt, jedenfalls aber bis zum 31. Dezember 2012 zu räumen.

3. Mit Ablauf der Frist endet auch das Benützungsrecht des zur Verfügung gestellten überdachten Abstellplatzes für ein Kraftfahrzeug.

Begründung

1. Wird einem Beamten des Ruhestandes die Benützung einer Naturalwohnung gestattet, gelten gemäß § 80 Abs 9 BDG letzter Satz die Bestimmungen der § 80 Abs 3 bis 8 BDG sinngemäß. Gemäß § 80 Abs 5 Z 3 BDG kann die Dienstbehörde die Naturalwohnung entziehen, wenn die Wohnung auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maße den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung (Eigenbedarf).

2. Die Johannes Kepler Universität Linz (JKU) hat an der gegenständlichen Wohnung dringenden Eigenbedarf. Dies kann wie folgt begründet werden:

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtmittel

zulässig.

Hinweis

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab

Zustellung Beschwerde beim Verfassungs- oder

Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

…"

Die gegen diese Erledigung gerichtete Beschwerde begehrt deren Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.

Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Erledigung primär in einer Unzuständigkeit des Rektors der Universität Linz. Diese sei ausdrücklich vom "Rektor" gezeichnet worden. Dieser sei ein Organ der Universität und könne in gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichen hoheitlich handeln. Daher sei für die Beurteilung der Zurechnung des Bescheides zum Rektor ohne Bedeutung, dass die Unterschrift den Hinweis "für die Universität" enthalte. Die Universität sei nämlich kein Organ, sie könne keinen Bescheid erlassen. Wollte man meinen, der Rektor hätte seinen Bescheid nicht sich als Organ der Universität, sondern nur allgemein der Universität als Körperschaft öffentlichen Rechts zugeordnet, wäre der Bescheid von vornherein nichtig.

Für den Vollzug des BDG 1979 sei aber nicht der Rektor, sondern gemäß § 2 Abs. 1 DVG iVm § 125 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 das Amt der Universität zuständig. Weil im Text des Bescheides jeder Hinweis auf das Amt der Universität fehle, komme eine Zurechnung zu diesem Amt nicht in Betracht. Im Übrigen sei der Verwaltungsrechtsweg unzulässig und ermangle der "Bescheid" einer hinreichenden Begründung.

Die belangte Behörde hält dem - soweit für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens von Relevanz - entgegen, der Beschwerdeführer sei mit 1. März 2002 in den Ruhestand getreten und somit nicht von § 125 UG erfasst und habe damit zu keiner Zeit dem Amt der Universität angehört. § 2 Abs. 6 DVG bestimme, dass zur Entscheidung in Dienstrechtsangelegenheiten, die aus Tatsachen herrührten, die vor dem Ausscheiden aus dem Dienststand eingetreten seien, die Dienstbehörde berufen sei, die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten aus dem Dienststand zuständig gewesen sei. Im Zeitpunkt des Ausscheidens des Beschwerdeführers aus dem Dienststand seien die Regelungen des UOG 1993 anwendbar gewesen. Nach diesem Organisationsrecht seien die Universitäten, vertreten durch das oberste Leitungsorgan, dem Rektor, unselbständige Einrichtungen bzw. nachgeordnete Dienststellen des Bundes und damit Dienstbehörden erster Instanz im Sinn des § 2 Abs. 2 DVG gewesen. Kraft der Gesamtrechtsnachfolge des § 136 UG 2002 sei die jeweilige Universität Nachfolgeeinrichtung der bis zu diesem Zeitpunkt nachgeordneten Dienststelle geworden. Damit sei die Zuständigkeit zur Erlassung von dienstbehördlichen Bescheiden im Sinn des § 2 Abs. 6 DVG auf die nun selbständige Universität übergegangen. Die für die Erlassung des Bescheides zuständige "Behörde" sei somit die Universität. Da der nunmehr bekämpfte "Bescheid" für die Universität erlassen worden sei, die nach den bisherigen Ausführungen die für die Erlassung des Bescheides zuständige Behörde sei, könnten die Ausführungen der Beschwerde nicht nachvollzogen werden.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass es sich beim Entzug der Naturalwohnung um eine Dienstrechtsangelegenheit handelt, die aus Tatsachen herrührt, die vor dem Ausscheiden aus dem Dienststand eingetreten ist.

Gemäß § 2 Abs. 6 DVG ist bei Personen, die aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand ausgeschieden sind, und bei versorgungsberechtigten Hinterbliebenen und Angehörigen zur Entscheidung in Dienstrechtsangelegenheiten, die aus Tatsachen herrühren, die vor dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand eingetreten sind, die Dienstbehörde berufen, die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand zuständig gewesen ist. In allen übrigen pensionsrechtlichen Angelegenheiten ist die Dienststelle Dienstbehörde, die über den Pensionsaufwand verfügt.

§ 135 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, bleibt unberührt.

Nach § 6 Abs. 1 erster Satz AVG iVm § 1 Abs. 1 DVG hat die (Dienst-)Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen.

Sofern das Gesetz nichts anderes, etwa in "Übergangsbestimmungen", bestimmt, ist für die Beurteilung der Zuständigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (Zustellung oder Ausfolgung oder mündliche Verkündung) maßgeblich. (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz,

1. Teilband, Rz 8 zu § 6 AVG mwN).

Die in § 2 Abs. 6 erster Satz DVG angesprochene "Dienstbehörde" ist für die dort zitierten Angelegenheiten jedoch nur dann (weiter) zuständig, wenn sie auch im Zeitpunkt der zu treffenden Entscheidung überhaupt noch als Dienstbehörde eingerichtet ist. Andernfalls geht die Zuständigkeit auf jene Dienstbehörde über, welche die Agenden der im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand zuständig gewesenen Dienstbehörde übernommen hat.

Nach § 143 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 - UG traten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit 1. Oktober 2002 in Kraft, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wurde. Die Bestimmungen des UOG 1993 traten mit Ausnahme der Verfassungsbestimmungen nach Abs. 4 leg. cit. mit Ablauf des 31. Dezember 2003 außer Kraft.

Daraus folgt, dass für die Beurteilung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit die im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Erledigung maßgeblichen Bestimmungen des AVG, des DVG sowie des UG heranzuziehen sind.

Die belangte Behörde bekräftigt in der Gegenschrift ihre Ansicht, die angefochtene Erledigung sei vom Rektor "für die Universität" als Behörde gezeichnet worden; sie sieht eine Grundlage dafür in § 136 UG.

§ 136 UG regelt den Eintritt der in § 6 UG genannten Universitäten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in jene Positionen, die der jeweiligen Universität nach dem UOG 1993 oder dem KUOG zugewiesen war. Diese Gesamtrechtsnachfolge hat etwa zur Konsequenz, dass die jeweilige Universität in Rechtsverhältnisse oder als Partei in laufende Verfahren eintritt (vgl. Nowotny in Mayer, Kommentar zum UG2, Anm. I.9. und I. 10. zu § 136).

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist § 136 UG jedoch nicht zu entnehmen, dass den jeweiligen Universitäten Behördeneigenschaft in all jenen -fallbezogen: dienstrechtlichen - Angelegenheiten zukommen soll, die vor dem In-Kraft-Treten des UG etwa dem Rektor zufolge der Verfassungsbestimmung des § 9 Abs. 6 UOG 1993 als Dienstbehörde erster Instanz zukamen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 26. Juni 2002, Zl. 2002/12/0166:

mit weiterem administrativem Instanzenzug an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung).

Auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Erledigung maßgebenden UG kam daher weder der Universität noch dem Rektor selbst, dessen Aufgaben in § 23 Abs. 1 UG aufgezählt sind, Behördeneigenschaft zu: § 23 Abs. 1 Z. 3 UG nennt als dessen Aufgabe die Leitung des Amts der Universität. Nach § 125 Abs. 1 UG wird für den Bereich jeder Universität ein "Amt der Universität …" eingerichtet, das in seiner Bezeichnung den Namen der betreffenden Universität zu führen hat. Das "Amt der Universität … " ist der Bundesministerin oder dem Bundesminister unmittelbar nachgeordnet und wird von der Rektorin oder dem Rektor dieser Universität geleitet. Diese oder dieser ist in dieser Funktion an die Weisung der Bundesministerin oder des Bundesministers gebunden. Das "Amt der Universität …" ist Dienstbehörde erster Instanz. Im Dienstrechtsverfahren hat die Rektorin oder der Rektor als Leiterin oder Leiter des "Amts der Universität …" das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, BGBl. Nr. 29/1984, anzuwenden. Über Berufungen gegen Bescheide des "Amts der Universität …" entscheidet die Bundesministerin oder der Bundesminister.

Fallbezogen kam daher ausschließlich dem Amt der Universität Linz Behördeneigenschaft im Sinn des § 2 Abs. 6 DVG zu.

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auch § 125 Abs. 2 UG ins Treffen führt und argumentiert, der Beschwerdeführer habe zufolge seiner Versetzung in den Ruhestand vor dem In-Kraft-Treten des Universitätsgesetzes 2002 zu keiner Zeit dem Amt der Universität Linz angehört, verkennt sie darin den Regelungsgehalt des § 125 Abs. 2 UG, der für die in einem aktiven Dienstverhältnis zum Bund stehenden Beamten, die am Tag vor dem vollen Wirksamwerden des UG 2002 an der Universität im Planstellenbereich Universitäten oder Universitäten der Künste ernannt waren, die Zugehörigkeit zu einer Dienststelle ab dem auf diesen Zeitpunkt folgenden Tag (Stichtag) regelt, ohne damit neben dem Amt der Universität etwa für bereits im Ruhestand befindliche Beamte weitere (Aktiv-)Dienstbehörden zu vorzusehen.

Gegenstand einer Anfechtung nach Art. 130 Abs. 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG ist ein Bescheid. Ein insofern rechtserheblicher Bescheid liegt aber nur dann vor, wenn die Erledigung von einer Verwaltungsbehörde erlassen wurde, der kraft Gesetzes Behördenqualität zukommt, d.h. dass dem Organ kraft Gesetzes die Befugnis zukommt, Bescheide zu erlassen (vgl. etwa Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, S. 571, sowie Grabenwarter in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 9 zu Art. 131 B-VG, mwN).

Da im gegebenen Zusammenhang weder der Universität Linz noch dem Rektor der Universität Linz Behördeneigenschaft zukam, mangelt es der angefochtenen Erledigung der Qualität eines Bescheides im Sinn des Art. 130 Abs. 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG, weshalb die gegen diese Erledigung erhobene Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war,

Ein Zuspruch von Aufwandersatz, etwa auf der Grundlage des § 51 VwGG, hat zu unterbleiben: Weder entstammt der Fehler der bekämpften Erledigung der Sphäre des Beschwerdeführers noch kann ihm das Risiko zugemutet werden, die sich als "Bescheid" gerierende Verwaltungserledigung unbekämpft zu lassen. In einer als "Bescheid" intendierten und als solcher bezeichneten, jedoch (mangels Behördeneigenschaft) qualifiziert mangelhaften Erledigung kann die in der Form einer Zurückweisung der Beschwerde getroffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht einer Zurückweisung im Begriffsverständnis des § 51 VwGG gleichgehalten werden. Es liegt daher keine Entscheidung vor, die es rechtfertigen würde, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) im Sinn des § 51 VwGG so zu beurteilen, als ob die Beschwerde abgewiesen worden und die belangte Behörde als "obsiegende Partei" im Sinn der § 47 Abs. 2 Z. 1 sowie § 48 Abs. 2 VwGG anzusehen wäre (vgl. den hg. Beschluss vom 28. April 2008, Zl. 2007/12/0168, mwN, sowie Grabenwarter aaO, Rz 33 zur Art. 131 B-VG).

Damit hat es bei der allgemeinen Regel des § 58 Abs. 1 VwGG zu bleiben, wonach jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat.

Wien, am 27. Juni 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte